buchreport.express 41/2017
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<strong>buchreport</strong>.<strong>express</strong> Nr. <strong>41</strong> · 11. Oktober <strong>2017</strong><br />
MARKT<br />
Verlorene Selbstverständlichkeit<br />
Die Branche feiert sich selbst, aber der Branchenalltag zeigt ein anderes Gesicht<br />
■ DATEI<br />
Heinolds Trendthemen<br />
Ehrhardt F. Heinold hat „durch die Beraterbrille“<br />
12 Trends aufgeschrieben, hier nur<br />
als Überschriften, ausführlich unter<br />
www.<strong>buchreport</strong>.de/Heinold12<br />
▪ Die strukturellen Veränderungen in der<br />
Mediennutzung gehen weiter.<br />
▪ Bücher haben eine abnehmende Relevanz<br />
für gesellschaftliche Diskurse und die<br />
Akkumulation von „kulturellem Kapital“.<br />
▪ Die richtigen Inhalte, prominente Autoren<br />
und langlebige Medienmarken bleiben<br />
der zentrale Erfolgsfaktor.<br />
▪ Trends sind wie Wellen – wer sie reitet,<br />
gewinnt.<br />
▪ Der stationäre Handel wird immer mehr<br />
zum Nadelöhr.<br />
▪ Der direkte Kontakt zu den Lesern wird<br />
immer wichtiger.<br />
▪ Die Unterstützung von Autoren wird<br />
wichtiger.<br />
▪ Enhanced E-Books, Apps, „Books in<br />
Browsers“ bleiben weiterhin ein marginales<br />
Experimentierfeld.<br />
▪ Fachverlage sind auf dem Weg zum Zielgruppendienstleister.<br />
▪ Markenpflege bleibt wichtig.<br />
▪ Interne Strukturen sind genauso wichtig<br />
wie Innovationen.<br />
▪ Konsolidierungsprozess schreitet voran.<br />
Quelle: Ehrhardt F. Heinold / www.hspartner.de<br />
<strong>buchreport</strong><br />
Das Kaleidoskop Frankfurter Buchmesse dürfte bei aller Vielfältigkeit zwei<br />
Entwicklungen besonders deutlich machen:<br />
■ Es gelingt der Buchbranche einerseits, sich und ihr eher stilles Medium zu<br />
„eventisieren“ und Publikumsereignisse zu schaffen: durch die Buchmessen,<br />
durch eine Inflation von Buchpreisen, durch Literatur-Festivals bis hin<br />
zu den ungezählten Buchhandlungs-Veranstaltungen.<br />
■ Diese Eventisierung und die große Aufmerksamkeit der Buchmessetage<br />
machen andererseits auch schmerzlich klar, dass Bücher in der Alltagskultur<br />
tatsächlich immer weniger sichtbar sind. Viel Feiertag, zu wenig Selbstverständlichkeit.<br />
Fehlende Sichtbarkeit: Das gilt erstens rein körperlich durch weniger<br />
und kleinere Buchhandlungen als „Schaufenster“ und zweitens (als generelles<br />
Einzelhandelsproblem:) weniger Seh- und Laufkunden, aber drittens<br />
auch ganz grundsätzlich im Sinne nachlassender Relevanz.<br />
Zwischen Diskursmedium und Kundenschwund<br />
Klar, hat jetzt wieder mancher genickt, als Verbandsvorsteher Heinrich<br />
Riethmüller zur Messe-Eröffnung pflichtgemäß die Bedeutung der Branche<br />
mächtig aufgeladen hat: „Das ist die Stunde der Buchbranche. In unruhigen<br />
Zeiten fördern Verlage und Buchhandlungen Dialog, verlässliche Information<br />
und Meinungsbildung. Sie stoßen gesellschaftliche Debatten an, stehen<br />
für Pluralität und den Austausch von Meinungen.“<br />
So weit das Festredenbild der Buchbranche, das seine Berechtigung hat,<br />
sofern der Stolz nicht von den Herausforderungen ablenkt, auf dass der<br />
Buchbranche nicht die Stunde schlägt. Tatsächlich ist die Rolle des Buches als<br />
Leitmedium bedroht, nicht zuletzt mit spürbaren wirtschaftlichen Folgen:<br />
■ „Käufer und Leser kommen uns in erschreckendem Maß abhanden“, hat<br />
etwa Piper-Verlegerin Felicitas von Lovenberg, soeben in den Börsenvereins-Vorstand<br />
nachgerückt, Anfang dieser Woche in einem „Handelsblatt“-Interview<br />
Klartext geredet. Es gehe mittlerweile darum, das Kulturgut<br />
Lesen „vorm Aussterben“ zu bewahren. Mit Ursachenforschung in der<br />
Selbstbeobachtung: Zwischen Mails und Messages werde es immer schwerer,<br />
sich in einen Buchstoff zu versenken.<br />
■ Diskurse zu gesellschaftlich relevanten Themen werden immer öfter auf<br />
digitalen Plattformen initiiert und geführt, zum anderen gehört es nicht<br />
mehr zur Pflicht des „Bildungsbürgers“, bestimmte Bücher gelesen zu<br />
haben, akzentuiert auch Verlagsberater Ehrhardt F. Heinold die veränderte<br />
Mediennutzung als Ursache für den abnehmenden Stellenwert von Büchern<br />
(s. <strong>buchreport</strong>.datei: 12 Messetrends).