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November 2017 - coolibri Dortmund

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K U N S T<br />

Dinge selbst<br />

in die<br />

Hand nehmen<br />

M Ü L H E I M<br />

In Mülheim ist eine Ausstellung der Künstlerin Alice Könitz zu<br />

erleben, die in Essen geboren, seit einigen Jahren in Los Angeles<br />

lebt. Dort konzipiert sie 2012 das Los Angeles Museum of Art<br />

(LAMOA), ein experimenteller Ausstellungsraum auf kleinstem<br />

Raum. In Mülheim ist Könitz daher als Künstlerin mit eigenen<br />

Werken vertreten, und führt als Betreiberin des LAMOA zudem<br />

Werke von Künstlern aus Amerika und Europa zusammen. Im<br />

Interview mit Stefanie Roenneke spricht sie über die Bedeutung<br />

von Los Angeles für ihre Arbeit.<br />

Max Pechstein, Tänzerin im Spiegel, 1923, Farbholzschnitt Kunstverein Oberhausen<br />

Foto: © Alexander Pechstein/Max Pechstein-Urheberrechtsgemeinschaft, Dobersdorf<br />

Warum haben Sie sich nach Ihrem Studium in<br />

Düsseldorf für das California Institute of the<br />

Arts (Cal Arts) entschieden und sind letztendlich<br />

in Los Angeles geblieben?<br />

Ich hatte nach dem Studium ein DAAD-Stipendium,<br />

um ein Jahr in Nordamerika zu studieren.<br />

Ich hatte auch eine Einladung vom Center for<br />

Land Use Interpretation (CLUI), um ein Projekt<br />

in der Salzwüste Utahs zu realisieren. Los Angeles<br />

als Stadt schien für Kunst interessant zu<br />

sein, man hörte oft von Künstlern, die daher kamen.<br />

Mir war das Cal Arts als Schule empfohlen<br />

worden. Ich habe eigentlich nie eine richtige<br />

Entscheidung getroffen, hier zu bleiben, es kam<br />

immer eins zum anderen. Los Angeles hat sich<br />

in den letzten Jahren sehr verändert. Als ich<br />

hierher gezogen bin, war es eine sehr offene<br />

Stadt, die Kunstszene war klein, man hatte das<br />

Gefühl alle persönlich zu kennen. Mittlerweile<br />

gibt es hier so viele Galerien und Institutionen,<br />

dass es kaum noch zu überblicken ist. Die Stadt<br />

ist sehr groß und facettenreich.<br />

Wie nehmen Sie die kulturelle Landschaft in ihrer<br />

Wahlheimat war?<br />

Kunst und Filmindustrie existieren hier nebeneinander<br />

her, sie haben nicht viel miteinander zu<br />

tun, ihre Ansätze sind eher gegensätzlich, aber<br />

50<br />

es gibt einige Berührungspunkte: Es gibt<br />

Schauspieler, Produzenten etc., die Kunst sammeln<br />

und fördern, manche Künstler arbeiten in<br />

der Filmindustrie.<br />

Hat Los Angeles als zentrumslose Metropole<br />

Einfluss auf Ihre Arbeit?<br />

Los Angeles ist sehr fragmentiert. Die Zentrumslosigkeit<br />

schafft eine Notwendigkeit, sich eigene<br />

Zentren zu suchen. Die Stadt besteht aus einer<br />

Aneinanderreihung von Nachbarschaften,<br />

die sich durch ethnische Gruppen, Geografie,<br />

Stadtpolitik und Wirtschaft voneinander unterscheiden.<br />

Man sieht den Nachbarschaften verschiedene<br />

Lebenshaltungen an, die sich oft<br />

überlagern. Meine Skulpturen nehmen Bezug<br />

auf die Formensprache, die dadurch entsteht.<br />

Die Entstehung meines Museums hat auch mit<br />

der relativ offenen Struktur der Stadt zu tun: Ohne<br />

den freien Platz, der mir zur Verfügung<br />

stand, hätte ich das Museum nicht bauen können.<br />

Haben Sie das LAMOA als Reaktion auf die Rolle<br />

der Kunst und der Kunsträume in L.A. konzipiert?<br />

Ich wollte eine benutzbare Struktur bauen. Viele<br />

meiner Arbeiten haben einen Modellcharakter.<br />

Mit dem Museum wollte ich etwas machen, was<br />

benutzbar war und trotzdem etwas darstellte,<br />

was es nicht direkt war. Das Museum entstand<br />

inmitten der Wirtschaftskrise. Viele Museen und<br />

Galerien hatten finanzielle Probleme, die sich in<br />

Ausstellungen mit größtmöglicher Publikumswirksamkeit<br />

ausdrückte. Ausstellungen, die<br />

mich als Künstlerin interessiert hätten, blieben<br />

dabei auf der Strecke. Ich habe das LAMOA genutzt,<br />

um Ausstellungen zu organisieren, die ich<br />

selber sehen wollte.<br />

Möchten Sie mit dem LAMOA auch Fragen zur<br />

Rolle der Institution des Museums aufwerfen<br />

und den Bedingungen zur Kunstproduktion?<br />

Wenn man eine alternative, halb fiktionale Institution<br />

aufbaut, stellt es ganz automatisch Fragen<br />

nach der Bedeutung und Funktion von gegebenenInstitutionen.<br />

Man fragt sich, warum es<br />

so und nicht anders aussieht. Mit dem LAMOA<br />

habe ich mir darüber hinaus die Möglichkeit gegeben,<br />

Dinge selbst in die Hand zu nehmen.<br />

Alice Könitz: Das Los Angeles Museum of Art<br />

(LAMOA) präsentiert: Mülheim/Ruhr und die<br />

1970er-Jahre; bis 4. Februar 2018, Kunstmuseum<br />

Mülheim an der Ruhr; muelheim-ruhr.de

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