11/2017
Fritz + Fränzi
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Dossier<br />
Vegane Ernährung kann bei<br />
fehlendem Fachwissen zu<br />
Hirnschädigungen führen.<br />
>>> Säuglingsmilch anboten, nachdem<br />
das Stillen nicht funktioniert<br />
hatte.<br />
Auch am Ostschweizer Kinderspital<br />
mussten schon Kinder behandelt<br />
werden, bei denen die vegane<br />
Ernährung zu schweren Entwicklungsdefiziten<br />
geführt hatte: «Die<br />
meisten davon waren Babys und<br />
Kleinkinder mit irreversiblen Hirnschädigungen,<br />
ausgelöst durch einen<br />
Mangel an Vitamin B12 der Mutter<br />
während Schwangerschaft und Stillzeit.»<br />
Laimbacher betont allerdings,<br />
dass diese Patienten Einzelfälle darstellten,<br />
von denen er in den letzten<br />
Jahren keine mehr gesehen habe:<br />
«Dies ist vermutlich einer intensiveren<br />
Aufklärung zu verdanken.» Das<br />
Bild der veganen Rabeneltern, das<br />
von den Medien kolportiert werde,<br />
sei überzogen.<br />
Seitan und Bohnen haben mehr<br />
Proteine als Fleisch<br />
Eine rein pflanzliche Kost, sagt<br />
Laimbacher, biete durchaus gewisse<br />
gesundheitliche Vorteile, gerade in<br />
Bezug auf Zivilisationskrankheiten<br />
wie Übergewicht. Trotzdem rät der<br />
Jugendmediziner nicht dazu, Kinder<br />
entsprechend zu ernähren: «Weil die<br />
vegane Ernährung schlicht keine<br />
massentaugliche Empfehlung ist. Sie<br />
setzt ein gutes Fachwissen der Eltern<br />
voraus und die Bereitschaft, dafür<br />
einen höheren zeitlichen Aufwand<br />
zu betreiben.» Dazu gehörten die<br />
Beratung durch eine qualifizierte<br />
Ernährungsfachkraft sowie regelmäs<br />
sige Kontrollen beim Kinderarzt<br />
– inklusive Laboruntersuchungen.<br />
Eltern, die auf Pflanzenkost setzen,<br />
müssen die Ernährung ihrer<br />
Kinder sorgfältig zusammenstellen,<br />
damit diese alle wichtigen Nährstoffe<br />
in der richtigen Menge bekommen.<br />
Nüsse, Samen, Hülsenfrüchte<br />
und daraus hergestellte Produkte<br />
wie Tofu liefern Eiweiss und Kalzium<br />
und je nach Sorte auch pflanzliches<br />
Eisen. Auch Vollkorngetreide<br />
sind gute Proteinlieferanten. Manche<br />
Bohnen oder das aus Weizenprotein<br />
hergestellte Fleischersatzprodukt<br />
Seitan übertrumpfen mit<br />
ihrem Proteingehalt sogar Fleisch.<br />
In der Kalziumversorgung spielen<br />
zudem etwa grünes Blattgemüse<br />
und kalziumreiches Mineralwasser<br />
eine wichtige Rolle.<br />
Eisen können Veganer über Ge <br />
treideprodukte, Nüsse und Samen,<br />
Trockenobst, Spinat oder Rucola zu<br />
sich nehmen. Bestimmte Säuren wie<br />
Vitamin C helfen unserem Körper<br />
dabei, das Eisen aus Pflanzen besser<br />
absorbieren zu können. Die Bioverfügbarkeit<br />
von Nährstoffen – das,<br />
was der menschliche Körper davon<br />
effektiv aufnehmen kann – ist in<br />
pflanzlichen Quellen geringer als in<br />
tierischen. «Darum sollten vegan<br />
lebende Kinder täglich etwa einen<br />
Viertel mehr Pflanzenprodukte<br />
essen als traditionell ernährte<br />
Altersgenossen», sagt Laimbacher.<br />
B12 aus Tabletten<br />
Das für unsere Gesundheit zentrale<br />
Vitamin B12 kommt fast ausschliesslich<br />
in tierischen Produkten<br />
vor. Veganer kommen nicht umhin,<br />
es in künstlicher Form zu sich zu<br />
nehmen, beispielsweise in Tablettenform.<br />
«Diese Supplemente sind<br />
zwingend notwendig, um gesund zu<br />
bleiben», sagt Laimbacher. «Gut<br />
informierte Eltern wissen das.» Je<br />
nach Versorgungslage seien zudem<br />
weitere Supplemente nötig. «Ich verteufle<br />
den Veganismus nicht», sagt<br />
Kinderarzt Laimbacher. «Fachpersonen<br />
sollten dazu Stellung >>><br />
Fleischlos glücklich<br />
Die vegetarische Ernährung hat<br />
viele Facetten – eine Übersicht:<br />
Ovo-Lacto-Vegetarier essen Eier<br />
und Milchprodukte, aber nichts,<br />
was aus dem getöteten Tier hergestellt<br />
wird – also weder Fleisch<br />
und Fisch noch tierische Fette und<br />
Gelatine.<br />
Lacto-Vegetarier essen Michprodukte,<br />
aber keine Eier.<br />
Ovo-Vegetarier essen Eier, aber<br />
keine Milchprodukte.<br />
Veganer meiden von Fleisch<br />
über Milchprodukte bis hin zu<br />
Honig jegliche Nahrung tierischen<br />
Ursprungs. Viele verzichten auch<br />
auf tierische Produkte in Textilien<br />
oder Kosmetika.<br />
Frutarier essen nur Früchte,<br />
Gemüse, Nüsse und Samen, deren<br />
Ernte die Pflanze, von der sie<br />
stammen, nicht beschädigt. Dazu<br />
gehören Lebensmittel wie Beeren<br />
oder Bohnen, die gepflückt werden<br />
können, ohne die Pflanze zu zerstören.<br />
Tabu sind dagegen Karotten<br />
oder Kohl, weil beim Ernten die<br />
Wurzeln der Pflanzen ausgerissen<br />
werden.<br />
22 November <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi