CI-Magazin 42
Gerade ist die jüngste Ausgabe des CI-Magazins erschienen. Im Mittelpunkt des Hefts steht die Stadt Porto mit ihren frisch renovierten Townhouses, den prächtigen Fliesen an den Fassaden und dem vielfältigen Leben in der Altstadt.
Gerade ist die jüngste Ausgabe des CI-Magazins erschienen. Im Mittelpunkt des Hefts steht die Stadt Porto mit ihren frisch renovierten Townhouses, den prächtigen Fliesen an den Fassaden und dem vielfältigen Leben in der Altstadt.
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<strong>42</strong><br />
<strong>42</strong><br />
+<br />
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PORTO<br />
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STANDPUNKT<br />
Porto hat viel Sinn<br />
für Überliefertes<br />
Sam Baron ist ein französischer<br />
Designer, der in Italien, Frankreich<br />
und Portugal lebt. Seine Frau<br />
stammt aus Porto und lehrt an der<br />
dortigen Hochschule der Schönen<br />
Künste. Baron (39) gilt als einer<br />
der kreativsten Designer der Welt.<br />
Er leitet die Designabteilung des<br />
Design -Forschungscenters Fabrica<br />
und arbeitet für Unternehmen wie<br />
Zanotta, Ligne Roset oder Nilufar.<br />
Für Petite Friture entwarf er eine<br />
Reihe von Leuchten. In Porto hat er<br />
nicht nur das Hotel Favorita ge staltet,<br />
sondern jüngst auch eine Flasche<br />
für das Weingut Quinta de Tourais.<br />
SAMBARON.FR<br />
SAM BARON<br />
Seit ewigen Zeiten ist der Name der Stadt Porto mit dem großartigen Wein verbunden, dessen Trauben auf den Hügeln in der Umgebung wachsen. Über den Douro kann<br />
das gekelterte Lesegut dann praktischerweise in alle Welt verschifft werden. Bis heute scheint uns der Fluss eine Menge interessante Dinge näherzubringen.<br />
Das Erste, was man spürt, ist eine gewisse Bedeutung. Porto hat Gewicht. Man kann diese Kraft auf die verschiedenste Art erleben: durch die historische Architektur aus<br />
Granitstein ebenso wie durch die lokale kreative Community mit ihrer tief gehenden Tradition, die in der Fakultät der Schönen Künste zu erfahren ist oder durch den<br />
Sinn für Überliefertes in der regionalen Küche. Was Portugals zweitgrößte Stadt zu einem ganz besonderen Ort macht, sind die Kontraste, die man bemerkt, wenn man ein<br />
paar Tage oder viele Jahre hier ist. Unmittelbar neben einer mit herrlichen Azulejos geschmückten Kirche aus dem 18. Jahrhundert kommt man an einen sehr<br />
modernen Ort, den ein minimalistischer Architekt entworfen hat, der von den beiden international gerühmten Pritzker-Preisträgern Álvaro Siza Vieira und Eduardo Souto de<br />
Moura gelernt hat, die hier seit Jahrzehnten ihre Büros haben. Als Designer kann man in den engen Gassen Kunsthandwerker finden, die einem einzigartige<br />
Arbeiten liefern, und vor den Toren der Stadt gibt es einige Firmen, die mit großem Know-how hochwertige Lifestyle-Möbel produzieren. Die meisten von ihnen beschäftigen<br />
heute junge Designer wie Gonçalo Campos, der bei Wewood aufs Produktportfolio schaut, Tony Grilo, der Korkmöbel für Blackcork entwirft, oder Eduardo Aires,<br />
dessen White Studio die Verpackungen für die klassischen Seifen und Düfte von Musgo redesignt und der die neuen Icons der Stadt Porto entworfen hat (Seite 14).<br />
Was ich persönlich an Porto so liebe, ist die lokale Szene, die man ein wenig suchen muss: den kleinen Indie-Laden im Souterrain, der Fado-Musik-CDs ebenso verkauft wie<br />
elektronische Musik von Materia Prima; oder zeitgenössische Porzellan- und Silberwaren von Marken wie Vista Alegre oder Topázio. Für Porto muss man<br />
neugierig sein, bodenständig und hungrig – ich kann allen Besuchern nur raten, sich in ein Lokal zu setzen, sich eine Francesinha (ein sehr beliebtes Sandwich mit<br />
geschmolzenem Käse und einer Sauce aus Tomaten, Bier und Senf) zu gönnen und dazu ein Sovina zu genießen, das erste portugiesische Craft Beer.<br />
MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN<br />
3
INHALT<br />
03 STANDPUNKT<br />
SINN FÜR ÜBERLIEFERTES<br />
Designer Sam Baron über Portos<br />
Umgang mit Tradition und Moderne<br />
06 PANORAMA<br />
Bilder zum Staunen<br />
49 3 TO WATCH<br />
INNOVATIV<br />
VERPACKT<br />
Einfallsreiche Aufsteiger, die<br />
man im Blick haben sollte<br />
12 TRENDSCOUT<br />
Leuchtende Ideen<br />
14 DESIGN-HISTORY<br />
PORTOS NEUE MARKE<br />
Moderne Icons als Wahrzeichen und<br />
wandelbare Identifikationssymbole Portos<br />
18 HOMESTORY<br />
ES IST UNS EINE EHRE<br />
Die Flattered-Apartments – oder wie drei Tierärzte<br />
zu ganz besonderen Gastgebern wurden<br />
DESIGNTRIP PORTO<br />
STYLE MIT<br />
GESCHICHTE<br />
Die Stadt am Douro hat<br />
ihre schönsten Zeiten hinter<br />
und gleichzeitig vor sich<br />
50<br />
46 DESIGNER-PORTRÄT<br />
EIN SESSEL WIE EIN THRON<br />
Persönliche Erinnerungen inspirieren<br />
Designerin Joana Santos Barbosa<br />
26<br />
50 TRENDSCOUT<br />
DAS BESTE<br />
VOM BAUM<br />
Kork – wie die Baumrinde zum<br />
besonderen Material für besondere<br />
Entwürfe wurde<br />
COVER: Das Santa-<br />
Teresa-Stadthaus wurde<br />
von Architekt Pedro<br />
Ferreira im wahrsten<br />
Sinne renoviert, das<br />
heißt, erneuert: Alte<br />
Strukturen blieben<br />
erhalten, radikal neue<br />
wurden geschaffen.<br />
60<br />
58 SERIE: DER KLASSIKER<br />
Gio Ponti entwarf mit Leggera einen Klassiker<br />
und ein Symbol für südliche Lebensart<br />
35 TRENDSCOUT<br />
News rund ums Einrichten<br />
36 ARCHITEKTUR<br />
TRADITION TRIFFT<br />
MODERNE<br />
Mit Kontinuität und Minimalismus<br />
erschaffen junge Architekten<br />
stilvolle Orte hinter traditionellen<br />
Stadthaus-Fassaden<br />
60 TRENDSCOUT<br />
KREATIVE FLIESEN<br />
Strenge Geometrie, Ornamente oder<br />
dreidimensionale Strukturen – altbewährtes<br />
Fassadenmaterial in neuem Design<br />
66 SERIE: FAMOUS CHAIR<br />
Karl Lagerfeld und Gio Pontis Superleggera<br />
4 MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN
Kaufen Sie im November 2017 einen Repos oder Grand Repos<br />
und wir schenken Ihnen einen Ottoman oder ein Panchina.<br />
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Design: Antonio Citterio<br />
Ihren Vitra-Fachhändler finden Sie unter www.vitra.com/handel<br />
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MUSENTEMPEL<br />
DIE CASA DA MÚSICA erscheint von<br />
außen wie ein Klotz aus Sichtbeton.<br />
Seine vielschichtigen Qualitäten<br />
offenbart das von Rem Koolhaas und<br />
Ellen van Loon geplante und 2005<br />
eröffnete Konzerthaus erst von innen.<br />
Zu den vielen verschiedenen Materialien,<br />
mit denen die Räume gestaltet<br />
sind, zählen mit Blattgold belegtes Holz<br />
und nicht zuletzt die in Porto allgegenwärtigen<br />
Azulejos mit historischen<br />
Szenen.<br />
WWW.CASADAMUSICA.COM
PANORAMA
BRÜCKENSCHLÄGE<br />
ÄHNLICHKEITEN MIT EINEM Pariser Wahrzeichen<br />
sind kein Zufall: Die 1886 vom portugiesischen<br />
König und Namensgeber eröffnete Ponte Dom<br />
Luís I stammt von Gustave Eiffels Kompagnon<br />
Théophile Seyrig und wurde von der belgischen<br />
Société de Willebroek realisiert. Die Gesamtlänge<br />
der schmiedeeisernen Brücke über den Douro<br />
misst 385,25 Meter, die Spannweite des Mittelbogens<br />
beträgt 172 Meter. Lohnenswert ist eine<br />
Fahrt mit der Straßenbahn über die obere Ebene,<br />
die untere wird als Straße genutzt. Die sehr<br />
ähnliche und nicht weniger berühmte Ponte Maria<br />
Pia aus dem Jahr 1877 liegt einen Kilometer<br />
flussaufwärts, sie wurde von Théophile Seyrig und<br />
Gustave Eiffel geplant.
PANORAMA
PANORAMA<br />
TOR ZUR WELT<br />
WIE EINE ERSCHEINUNG wirkt das 2015 eröffnete<br />
Kreuzfahrtterminal in Leixões. Der kühne, scheinbar<br />
spiralförmig gewickelte Bau des Archi tekten<br />
Luís Pedro Silva greift die Form des Hafenbeckens<br />
auf und setzt einen überraschenden Akzent in der<br />
ansonsten eher funktional-industriellen Hafenlandschaft.<br />
Seinen samtigen Glanz verdankt das<br />
Gebäude einer Oberfläche aus Fliesen.<br />
WWW.APDL.PT
TRENDSCOUT<br />
GESCHENKIDEEN<br />
TOM DIXON<br />
VOM<br />
TOPF<br />
ZUR<br />
LEUCHTE<br />
ALS „EXPRESSIVEN MINIMALIS-<br />
MUS“ bezeichnet Tom Dixon<br />
seine Beat-Kollektion aus<br />
Messing-Hängeleuchten, die es<br />
inzwischen in einem halben<br />
Dutzend streng geometrischer<br />
Formen gibt. Sie sollen an<br />
tra ditionelle indische Kochkessel<br />
erinnern, die über dem<br />
Feuer schwarz werden. Das<br />
gehämmerte Messing innen<br />
verteilt das Licht golden<br />
schimmernd.<br />
WWW.TOMDIXON.NET<br />
Die ganze<br />
Pflanze in all<br />
ihrer Schönheit<br />
wird in den<br />
Ikebana-Vasen<br />
sichtbar<br />
FRITZ HANSEN ACCESSORIES<br />
DIE GANZE SCHÖNHEIT<br />
MIT DER OBJECTS-KOLLEKTION hat Republic of Fritz Hansen<br />
seine Produkte um ein Dutzend Accessoires erweitert.<br />
Besonders dekorativ: die Vase Ikebana von Jaime Hayon.<br />
Ganz im Geist japanischer Ästhetik betont das<br />
Gefäß die komplette Pflanze mit all ihren Details und<br />
huldigt nicht nur der dekorativen Blüte.<br />
WWW.FRITZHANSEN.COM<br />
Aus massivem<br />
Messing getrieben<br />
sind Tom Dixons<br />
Beat-Leuchten<br />
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Series 7 Stuhl<br />
mit Lala-Barberry-Bezug<br />
VITRA<br />
SESSEL-GLÜCK<br />
DER WINTER NAHT – und wie<br />
könnte man ihn besser als mit<br />
hochgelegten Beinen in einem<br />
kuscheligen Ohrensessel genießen?<br />
Dazu gibt es bei Vitra im<br />
November die passende Aktion:<br />
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Repos gibt es einen Ottoman oder<br />
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Stuhl Series 7 von Arne<br />
Jacobsen für Republic of Fritz<br />
Hansen in hochwertigen<br />
Samt eingekleidet. Die Sonderausgabe<br />
gibt es – je nach Polste rung –<br />
in den Farben Lala<br />
Barberry und Lala Caspian.<br />
WWW.FRITZHANSEN.COM<br />
12 MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN
MELL LOUNGE<br />
BY JEHS + LAUB<br />
COR.DE
DESIGN-HISTORY<br />
ICONS<br />
IDENTITÄT<br />
PORTOS NEUE<br />
MARKE<br />
Vor vier Jahren erschuf sich Porto eine neues Image: Ein beliebig kombinierbares,<br />
symmetrisches Icon-Ensemble symbolisiert Wandelbarkeit und Charakter der Stadt<br />
TEXT: Wolf-Christian Fink<br />
01<br />
01<br />
Starke Marke im<br />
Stadtbild<br />
Auch der öffentliche<br />
Nahverkehr<br />
trägt Portos „spezielle<br />
Handschrift“<br />
02<br />
Überlebensgroß<br />
Der Punkt hinter<br />
„Porto“ ist ein<br />
Statement, der<br />
Rest vielgestaltiges<br />
Kaleidoskop<br />
14<br />
MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN
DESIGN-HISTORY<br />
ICONS<br />
02<br />
Was macht die Identi -<br />
tät einer Stadt aus?<br />
Einerseits sind es die<br />
Wahrzeichen, die ihren<br />
Charakter formen:<br />
markante Skylines, ikonische<br />
Architektur, Monumente und die<br />
Stadtlandschaft. Das Spektrum prominenter<br />
Bauwerke, die sich in der<br />
öffent lichen Wahrnehmung eingeprägt<br />
ha ben, reicht vom Eiffelturm<br />
bis zum Brandenburger Tor, vom<br />
Kreml bis zum Empire State Building.<br />
Andererseits hat jede Stadt ihren<br />
eigenen Puls, lebt nach ihrem Rhythmus,<br />
vermittelt eine unverwechselbare<br />
Atmosphäre. Anders als Architektur<br />
lässt sich diese Individualität<br />
schwer abbilden. Die mit Monumenten<br />
eher spärlich gesegnete ehemalige<br />
Bundeshauptstadt Bonn versuchte<br />
es in den 70er-Jahren mit dem legendären<br />
Kussmund, der das „o“ im<br />
Schriftzug ersetzte. Einst galt das als<br />
revolutionär bis anrüchig, heute ist es<br />
charmante Fußnote. Doch der Bonner<br />
Schriftzug dokumentierte schon<br />
damals das Bedürfnis einer Kommune,<br />
ihrem Image eine positive<br />
Form zu geben.<br />
Es mag daran liegen, dass Porto<br />
ebenso wie das etwas größere Bonn<br />
ein Dasein im Schatten der Metropole<br />
Lissabon führt. Auf jeden Fall kam<br />
das busselnde Bonn-Logo genauso<br />
selbstbewusst rüber wie heute Portos<br />
Markenauftritt mit umfassend neuer<br />
Corporate Identity.<br />
„Wir haben versucht, die Stadt<br />
über ihre Mentalität zu erklären. Die<br />
MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN<br />
15
DESIGN-HISTORY<br />
ICONS<br />
01<br />
02<br />
04<br />
03<br />
02<br />
Nachfahren<br />
der Azulejos<br />
Kacheln haben<br />
in Portugal eine<br />
jahrhundertealte<br />
Tradition<br />
Menschen in Porto sind sehr charakterfest.<br />
Sie sind konservativ, aber weltoffen“,<br />
sagt der Designer Eduardo<br />
Aires, Gründer und Inhaber des White<br />
Studio in Portugals zweitgrößter Stadt.<br />
Dort kümmert man sich normalerweise<br />
um Markengestaltung, Verpackungen<br />
und Imagekampagnen für Kunden<br />
aus Industrie, Handwerk und<br />
Landwirtschaft.<br />
Seit 2014 aber trägt auch Aires’ Heimatstadt<br />
seine Handschrift auf Plakaten,<br />
Beschilderungen und im Logo.<br />
03<br />
Ironisches<br />
Zusammenspiel<br />
Wort- und<br />
Bildmarke in<br />
„herzlichem“<br />
Einvernehmen<br />
04<br />
Tragende Säule<br />
Im Zweifelsfall<br />
macht Porto<br />
Werbung für<br />
sich selbst<br />
Unter dem Motto „The City is Yours“,<br />
die Stadt gehört dir, entwickelte Aires<br />
mit seinem Team die prägnanten<br />
geometrischen Icons aus einem de mokratischen<br />
Ansatz heraus: „In einem<br />
zweiten Schritt haben wir über die<br />
Icons die verschiedenen architektonischen,<br />
künst lerischen und vielen anderen<br />
Highlights Portos zusammengetragen,<br />
sodass sich jeder darin in<br />
seinem Lebensgefühl wiederfinden<br />
konnte.“<br />
Seit 2013 regiert der parteilose Bürgermeister<br />
Rui Moreira die Stadt am<br />
Douro. Von seiner Verwaltung stammen<br />
Anstoß und Auftrag für das Gestaltungsprojekt.<br />
„Anders als parteigebundene<br />
Politiker verfolgt Moreira<br />
keine Agenda, abgesehen von der<br />
pragmatischen Förderung der Stadt.<br />
Am Ende ist er ihr größter Fan und<br />
suchte deshalb nach neuen Kommunikationswegen“,<br />
beschreibt Aires die<br />
Zusammenarbeit mit der Kommune.<br />
Also wurde jedes Stadtviertel angefragt<br />
und gebeten, ein Thema beizusteuern,<br />
das man dann ikonografisch<br />
umsetzte. Natürlich waren die großen<br />
Sehenswürdigkeiten wie der Torre de<br />
los Clérigos, die Casa da Música oder<br />
die Douro-Brücke dabei. Die Bürger<br />
thematisierten aber auch die vielseitige<br />
Gastronomie der Stadt, ihre spezielle<br />
Weinkultur oder den typisch<br />
nordportugiesischen Sprachakzent:<br />
„Es wurde schnell klar, dass ein einziges<br />
Logo für Porto nicht ausreichen<br />
würde“, erinnert sich der Designer.<br />
So wurde aus dem neuen Markendesign<br />
für Porto eine dynamische,<br />
16<br />
MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN
01<br />
Wiedererkennungswert<br />
Im öffentlichen<br />
Raum dienen die<br />
Icons auch der<br />
Orientierung<br />
jederzeit erweiterbare Vielfalt: „Angenommen,<br />
Porto gewinnt die nächste<br />
Champions League. Dann kämen<br />
ein paar Sterne dazu. Oder noch simpler:<br />
Im Frühling tauchen in der Marke<br />
ein paar Blumen auf. Je nach Anlass<br />
können wir die Marke ‚Porto‘ neu<br />
schärfen. Das nenne ich demokratisch.<br />
Wir haben die Menschen eingeladen,<br />
uns ihre Träume und Hoffnungen<br />
zu nennen, und wir haben<br />
ein Design da raus gemacht“, erklärt<br />
Eduardo Aires.<br />
Kaum ein urbaner Ort, an dem die<br />
insgesamt mehr als 70 verschiedenen<br />
Icons nicht auftauchten, allein oder<br />
in den verschiedensten Kombinationen.<br />
Gebäude, Gastronomie, Kultur<br />
und öffentlicher Nahverkehr – Portos<br />
Markengesicht ist allgegenwärtig, es<br />
repräsentiert und navigiert zugleich<br />
die Menschen dieser Stadt.<br />
Die zweite Inspiration fand das<br />
White-Studio-Team in Portos kunsthistorischem<br />
Erbe. Die typische Bildsprache<br />
der Region hängt eng mit Fliesen<br />
zusammen. Gemusterte, bunt bemalte<br />
Fliesen finden sich überall. Ganze<br />
Geschichten werden aber nur auf<br />
den typischen blau-weißen Kacheln,<br />
den Azulejos, wiedergegeben. Sie waren<br />
das geläufige Medium für erzählte<br />
Geschichte, privat wie öffentlich.<br />
Genauso geschah es mit den modernen<br />
Icons: Verankert in der handwerklichen<br />
und ästhetischen Tradition<br />
Portos, bieten sie Information<br />
und Identifikation zugleich – wie ein<br />
visueller Code, der die ganze komplexe<br />
Geschichte der Stadt und ihrer<br />
Bürger immer wieder neu erzählt.<br />
Freiraum<br />
für das<br />
Besondere<br />
moll unique<br />
Ein ganzheitliches Möbelkonzept, das sich<br />
jeder Arbeits-, Wohn- und Lebenssituation<br />
anpasst – das ist moll unique.<br />
Ob für Tätigkeiten im Sitzen oder im Stehen:<br />
Die Kombination aus ausge zeichnetem<br />
Design, Ergonomie und Komfort führt zu<br />
einer Kollek tion, die grenzenlose Freiheiten<br />
ermöglicht und ein Leben lang erfreut.<br />
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Designkollektion moll unique.<br />
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FLATTERED. TO BE IN PORTO<br />
WOHNEN MIT<br />
BLICK BIS NACH<br />
NEW YORK<br />
Lange war Porto im Schatten Lissabons im Dornröschenschlaf versunken. Dann wurde die<br />
Schönheit der Stadt wiederentdeckt, Porto zu Europas Kulturhauptstadt gekürt. Seitdem strömen<br />
die Touristen. Wenn Sie Glück haben, finden Sie Unterkunft in den Flattered-Apartments<br />
TEXT: FG + SG Architectural Photography<br />
01<br />
Portos Hafen<br />
liegt am wilden<br />
Atlantik<br />
02<br />
Unendlich weit<br />
blickt man von<br />
den Fenstern<br />
der Flattered-<br />
Apartments<br />
übers Meer<br />
03<br />
In einer hübschen<br />
Korbtasche<br />
wird das<br />
Frühstück vor<br />
die Tür gestellt<br />
02<br />
01<br />
18
HOMESTORY<br />
FLATTERED-APARTMENTS<br />
03<br />
MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN<br />
19
„UNSER EINZIGES ZIEL:<br />
JEDER GAST SOLL SICH VOM<br />
ERSTEN MOMENT AN<br />
WIE ZU HAUSE FÜHLEN“<br />
MIGUEL MATEUS<br />
GASTGEBER UND TIERARZT<br />
01<br />
02<br />
H<br />
istorische Bausubstanz<br />
hat in Porto einen<br />
ebenso hohen Stellenwert<br />
wie Familienbetriebe,<br />
Originales und<br />
Tradition werden nach Möglichkeit<br />
erhalten. Ein klassisches Beispiel<br />
für diesen so gar nicht nostalgisch<br />
geprägten Beschützerinstinkt ist das<br />
Apartment-Projekt „flattered. to be<br />
in Porto“.<br />
Dahinter stecken drei ehemalige<br />
Tiermediziner, die nicht nur die<br />
Gründung einer Tierklinik im Jahr<br />
2005 verbindet, sondern sechs Jahre<br />
später der Wunsch, etwas ganz Neues<br />
zu versuchen und ihr Leben grundlegend<br />
zu verändern. Wenig zimperlich<br />
machten es sich die drei zur<br />
01<br />
Sanfte<br />
Farbtöne und<br />
minimalistisches<br />
Interieur<br />
kennzeichnen<br />
die Apartments<br />
Aufgabe, der Gastfreundschaft in<br />
Portugal eine neue Dimension zu<br />
ver leihen. Heute vermieten Miguel<br />
Mateus, Catarina Silva und Catarina<br />
Alves in Porto, Tomar und Lissabon<br />
unter dem Namen Flattered Ferienapartments<br />
mit dem Anspruch, Gästen<br />
nicht einfach eine Bleibe, sondern<br />
ein Zuhause zu bieten. Ihre<br />
Geheimwaffen: familiäre Atmosphäre,<br />
Exklusivität, Qualität, Komfort und<br />
Kunst.<br />
VERSTECKTE IDYLLE<br />
Bus Nummer 500 benötigt von Portos<br />
Zentrum eine kurzweilige Viertelstunde<br />
ins Herz von Foz do Douro.<br />
Nicht weit entfernt von hier sorgt der<br />
Anblick des Leuchtturms für dieses<br />
ganz besondere maritime Fernweh.<br />
Eine warme Brise trägt den Gesang<br />
der Möwen und das Salz des Atlantiks<br />
ins Landesinnere.<br />
Nichts an der gut 100-jährigen Fassade<br />
in der Rua Senhora da Luz zwischen<br />
Atlantik und Ourigo-Strand<br />
deutet auf eine Ferienunterkunft hin.<br />
In der Nachbarschaft finden sich die<br />
besten Restaurants Portos, wunderbare<br />
klassische Cafés und kleine<br />
02<br />
Unterm Podest<br />
versteckt sich<br />
ein zusätzliches<br />
Doppelbett.<br />
Das schafft<br />
Luft und spart<br />
Platz<br />
Läden. Wer nicht weiß, dass sich die<br />
Flattered-Apartments in dem historischen<br />
Stadthaus hinter der Haustür<br />
mit der Nummer 145 verstecken, wird<br />
vergebens suchen.<br />
Holz und Marmor im Treppenhaus<br />
strahlen eine kühle Wärme aus.<br />
Im Apartment stehen zur Begrüßung<br />
Blumen auf dem Tisch, eines der großen<br />
Fenster ist geöffnet und lässt die<br />
Sonne ins Haus und Herz.<br />
Miguel Mateus war in seinem früheren<br />
Leben Tierarzt, mit seinen beiden<br />
guten Freundinnen hat er die<br />
Idee zu Flattered entwickelt und umgesetzt.<br />
Ihr Ziel: auch die anspruchsvollsten<br />
Gäste zufriedenzustellen.<br />
Einige Fenster geben den Blick auf<br />
den Atlantik frei, durch andere zeich-<br />
20 MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN
HOMESTORY<br />
FLATTERED-APARTMENTS<br />
04<br />
03<br />
Direkt an<br />
der Strandpromenade<br />
haben die drei<br />
Gast geber ihr<br />
Haus mit den<br />
Ferienapartments<br />
eröffnet<br />
04<br />
Einzigartig ist<br />
das Licht hier<br />
im Nordwesten<br />
Portugals<br />
03<br />
net sich ein malerisches Bild der<br />
Stadt Porto. Jedes Apartment ist ein<br />
liebevoll gestaltetes Unikat, die Einrichtung<br />
ist handverlesen und bis<br />
hin zu den Heimtextilien von ausgesuchter<br />
Qualität. Vintagemöbel treffen<br />
auf zeitgenössische Nachfolger,<br />
altes portugiesisches Porzellan und<br />
geflochtene Weidenkörbe auf feine<br />
Körperpflegeprodukte, hausgemachte<br />
Kuchen und Marmeladen auf stylishe<br />
Designerleuchten. Und überall<br />
im Haus findet man Arbeiten junger<br />
portugiesischer Künstler: Gemälde,<br />
Grafiken und Fotografien, die übrigens<br />
käuflich sind – so kann man<br />
nach einem Aufenthalt im Flatte red-<br />
Apartment ein Stück mit nach Hause<br />
nehmen.<br />
CLEVERE RAUMAUFTEILUNG<br />
Die pfiffige Raumaufteilung geht auf<br />
das Konto von José Carlos Cruz. Der<br />
Innenarchitekt sah sich bei dem<br />
„flattered. to be in Porto“-Projekt vor<br />
die Herausforderung gestellt, aus<br />
den nicht gerade überdimensionierten<br />
ehe maligen Studio räumen und<br />
Einzimmerapartments wohnliche,<br />
freund liche und nicht zuletzt großzügige<br />
Mehrbettapartments zu gestalten.<br />
So entwarf er eine Einheit,<br />
MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN<br />
in der Einbauküche und sanitäre<br />
Anlagen untergebracht sind. Für die<br />
früheren Studios im ersten Stock<br />
ge staltete Cruz ausgefallene Schlaf -<br />
zimmerblocks: Container sorgen mitten<br />
im Wohn- und Essbereich für Privatsphäre<br />
– und bieten gleichzeitig<br />
eine weitere Schlafgelegenheit, denn<br />
im Fuß der Raum-im-Raum-Einheiten<br />
verbirgt sich ein zweites, ausziehbares<br />
Doppelbett.<br />
Dasselbe Prinzip kam in den<br />
lichtdurchfluteten zweigeschossigen<br />
Apartments im Obergeschoss zur<br />
Anwendung. Die ehemaligen Einzimmerapartments<br />
sollten ebenfalls mit<br />
einem zweiten Doppelbett ausgestattet<br />
werden. Hier löste Cruz die Aufgabe<br />
mithilfe eines Podests, in dem<br />
sich die Schlafgelegenheit platzsparend<br />
verstauen lässt. Das „Deck“ des<br />
Podests wird als Essbereich genutzt.<br />
21
HOMESTORY<br />
FLATTERED-APARTMENTS<br />
22 MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN
HOMESTORY<br />
FLATTERED-APARTMENTS<br />
01<br />
Durch diverse<br />
Einbauten<br />
wur den die<br />
großen Apartments<br />
vielseitig<br />
nutzbar<br />
02<br />
Der Materialmix<br />
aus Holz<br />
und Marmor<br />
verleiht dem<br />
Haus Wärme<br />
und Grandezza<br />
02<br />
01<br />
MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN<br />
23
HOMESTORY<br />
FLATTERED-APARTMENTS<br />
„EINES DER ZIELE WAR, PLATZ FÜR MEHR ALS<br />
ZWEI PERSONEN ANBIETEN ZU KÖNNEN“<br />
MIGUEL MATEUS, GASTGEBER UND TIERARZT<br />
01<br />
02<br />
01<br />
Zimmer im<br />
Zimmer<br />
Die Schlafbox<br />
wird zum<br />
Rückzugsort<br />
im Apartment<br />
24 MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN
HOMESTORY<br />
FLATTERED-APARTMENTS<br />
Es sind nicht zuletzt diese spielerischen<br />
Wohnmodule, die die Flattered-Räume<br />
so besonders machen,<br />
ihnen Gemütlichkeit verleihen. Denn<br />
sie fordern jeden Gast dazu auf, selbst<br />
Hand anzulegen und die einzelnen<br />
Bereiche individuell zu nutzen.<br />
Der Gast gestaltet seinen eigenen<br />
Wohnraum – und macht das Ferienapartment<br />
so gleichsam zu seinem<br />
Zuhause.<br />
Am Morgen steht vor der Wohnungstür<br />
ein geflochtener Korb.<br />
Liebevoll bestückt und sogar mit<br />
Blümchen garniert, enthält er das<br />
Frühstück, ganz nach den persönlichen<br />
Wünschen der Gäste zusammengestellt.<br />
Ach, wäre es doch zu<br />
Hause genauso ...<br />
Weitere Informationen:<br />
flatteredapartments.com<br />
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an katalog@cairo.de mit dem Code 268<br />
Firma<br />
Name<br />
03<br />
Straße<br />
PLZ/Ort<br />
E-Mail<br />
02<br />
Kühle Klarheit<br />
herrscht im<br />
Treppenhaus<br />
des reno vierten<br />
Townhouse<br />
03<br />
Der Leuchtturm<br />
bewacht<br />
die Hafeneinfahrt<br />
Portos<br />
04<br />
Kunst in<br />
jeder Ecke<br />
Die Werke<br />
in den Flattered-Apartments<br />
kann<br />
man kaufen<br />
04<br />
cairo.de<br />
Heute bestellt –<br />
morgen geliefert<br />
MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN<br />
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01<br />
ZWISCHEN EINST UND JETZT<br />
STYLE<br />
MIT<br />
GESCHICHTE<br />
26 MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN
DESIGNTRIP<br />
PORTO<br />
Porto ist hip, keine Frage. Designtrip per Segway? Aber gerne! Neuester Film von<br />
Jim Jarmusch? Heißt „Porto“ und spielt in Porto. Best European Destination? 2012, 2014<br />
und 2017: Porto. Porto ist zum Heulen schön<br />
TEXT: Raphael Fridolin Schmid<br />
02<br />
01<br />
In diesem<br />
schalldichten<br />
Raum der Casa<br />
da Música können<br />
Kinder<br />
Konzerte live<br />
mitverfolgen<br />
02<br />
Das Restaurant<br />
im Yeatman-<br />
Hotel hat<br />
soeben seinen<br />
zweiten<br />
Michelin-Stern<br />
erobert
01<br />
Seit die Innenstadt 1996 von<br />
der UNESCO als Weltkulturerbe<br />
anerkannt wurde und<br />
Porto 2001 Europäische Kulturhauptstadt<br />
war, wird der<br />
Kulturtourismus systematisch gefördert.<br />
Die Früchte dieser Bemühungen<br />
können jetzt geerntet werden.<br />
Um den historischen Kern Portos<br />
legte sich im 19. Jahrhundert ein<br />
Gürtel aus Wohn- und Arbeiterreihenhäusern<br />
mit Fliesenfassaden. Und<br />
genau dort eröffnen heute trendige<br />
Shops und Restaurants. Unten, im<br />
Bereich von Foz, der Flussmündung<br />
des Douro, sind lange Strandpro menaden<br />
entstanden. Dem Ufer entlang,<br />
zum Überseehafen Leixões hin, wird<br />
Porto immer mehr zu einer typisch<br />
atlantischen Küstenstadt mit Beachvolleyballnetzen<br />
und Sandstränden.<br />
02<br />
„PORTO IST VON HERAUSRAGENDEM<br />
UNIVERSALEM WERT“<br />
UNESCO<br />
KOMITEE FÜR DAS WELTKULTURERBE<br />
01<br />
Die Pensão<br />
Favorita, ein<br />
Hotel im<br />
Zen trum von<br />
Porto, hat<br />
Sam Baron<br />
eingerichtet<br />
03<br />
02<br />
Das Restaurant<br />
über dem<br />
Konzertsaal<br />
in der Casa da<br />
Música<br />
03<br />
Die diskrete<br />
Pension Rosa<br />
et al hat<br />
Teekräuter im<br />
Garten<br />
04<br />
Die grandiose<br />
Aussicht<br />
auf Porto von<br />
der Terrasse<br />
des Yeatman-<br />
Hotels aus<br />
05<br />
Porto de<br />
Leixões, die<br />
neue Anlegestelle<br />
für<br />
Kreuzfahrtschiffe<br />
in Porto
DESIGNTRIP<br />
PORTO<br />
WOHNEN<br />
hotelteatro.pt<br />
casadoconto.com<br />
rosaetal.pt<br />
pensaofavorita.pt<br />
theyeatman.com<br />
duasportas.com<br />
KUNST UND KULTUR<br />
apartegaleria.com<br />
galeriapresenca.pt<br />
ogaleria.com<br />
serralves.pt<br />
casadamusica.com<br />
culturanorte.pt<br />
luispedrosilva.com/pt/p1<strong>42</strong>/<br />
05<br />
04<br />
WOHNEN<br />
Einen atemberaubenden Blick auf<br />
Porto bietet das Yeatman-Hotel. Das<br />
selbst für die Luxusklasse außergewöhnlich<br />
geräumige Haus ist<br />
durch und durch auf Portwein getrimmt.<br />
Selbst bei der Massage im<br />
Spa kommen beim Peeling Traubenkerne<br />
zum Einsatz. Im Zen trum der<br />
Altstadt liegt das anstelle eines<br />
Theaters erbaute Hotel Teatro. Und<br />
entsprechend verschreibt sich das in<br />
eher dunklen Tönen gehaltene Hotel<br />
ganz dem Thema Theater.<br />
Schöne Pensionen fürs kleinere<br />
Budget sind etwa die vom mit einer<br />
Portuensin verhei rateten fran zösischen<br />
Designer Sam Baron (siehe<br />
Seite 3) eingerichtete Pensão Favorita<br />
oder das Rosa et al Town house – sogar<br />
mit eigenem Kräutergarten. Abso lut<br />
zu empfehlen sind auch die trendigen<br />
Hotels Duas Portas und Casa do<br />
Conto (siehe ab Seite 38).<br />
KUNST UND KULTUR<br />
Galerien sind in Porto rund um die<br />
Rua de Miguel Bombarda konzentriert.<br />
Die Galerie Ap’Arte bietet vor<br />
DESIGN UND SHOPPING<br />
Pulp Studio, Rua do<br />
Almada 325<br />
facebook.com/almada13/<br />
facebook.com/armazem93/<br />
mondo-deli.com<br />
avidaportuguesa.com<br />
facebook.com/Lobo-<br />
Taste-175769559115251/<br />
livrarialello.pt<br />
saymyname.pt/tag/porto/<br />
ESSEN UND TRINKEN<br />
pedrolemos.net<br />
champanheriadabaixabistro.com<br />
euskaldunastudio.pt<br />
facebook.com/<br />
CreperiaLaBombarde<br />
facebook.com/capelaincomum/<br />
otravessa.com<br />
MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN<br />
29
DESIGNTRIP<br />
PORTO<br />
allem eine hervorragende Auswahl an<br />
portugiesischen Malern von den 60er-<br />
Jahren bis heute. Frecher ist die Galeria<br />
Presença, in der auch Objekte und<br />
Installationen zu finden sind. Beide<br />
Trendsetter zählen zu den Topadressen<br />
für portu giesische Kunst.<br />
Und wer sich den wahrlich atemberaubenden<br />
Julião Sar men to bei Ap’-<br />
Arte für 40 000 Euro nicht leisten<br />
mag, wird bestimmt in der Ô! Galeria<br />
01<br />
Das Innere des<br />
futuristischen<br />
Vodafone-<br />
Headquarters<br />
02<br />
Die Art-déco-<br />
Villa Casa<br />
Serralves<br />
im Park des<br />
Museu<br />
Serralves<br />
02<br />
in derselben Straße fündig. Besitzerin<br />
Ema stellt Grafiken und Zeichnungen<br />
aus aller Welt in einer bezaubernd<br />
femininen Atmosphäre aus.<br />
Das von Álvaro Siza Vieira 1999<br />
fertiggestellte Museu Serralves verkörpert<br />
alle Tugenden der Porto-<br />
Schule. Die zurückhaltende Architektur<br />
überlässt souverän den darin<br />
ausgestellten Werken den Vortritt. Es<br />
gibt keine monumentale Fassade, der<br />
Besucher soll sich nicht klein, sondern<br />
willkommen fühlen. Die Architektur<br />
ist auf das Raumerlebnis ausgerichtet<br />
und überrascht mit dem<br />
Gegenspiel von intimen Patios und<br />
riesigen White Cubes. Enge Korridore<br />
wechseln sich mit gigantischen<br />
Fens tern ab, die den Blick auf den ruhigen<br />
Park freigeben. Das Museu Serralves<br />
ist das bedeutendste Museum<br />
Portu gals für zeitgenössische Kunst.<br />
Als ob das nicht genug wäre, befindet<br />
sich im selben Park die in den 30er-<br />
30 MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN
01<br />
04<br />
03<br />
05<br />
Jahren erstellte Casa de Serralves,<br />
eine der schönsten und besterhaltenen<br />
Art-déco-Villen Portugals.<br />
Von Eduardo Souto de Mouras<br />
Bau ten ist unter anderem die Casa<br />
das Artes („Haus der Künste“) öffentlich<br />
zugänglich. Ihr durchdachtes,<br />
ruhiges, zeitloses Understatement<br />
begründete in den 80er-Jahren den<br />
Ruf des mit dem Pritzker-Preis ausgezeichneten<br />
Architekten.<br />
Unter den neueren Werken ausländischer<br />
Architekten lohnt die Casa<br />
da Música des niederländischen Stararchitekten<br />
Rem Kool haas einen Besuch.<br />
Sie wirkt wie vom Himmel gefallen<br />
– samt Aufschlagwellen am Boden.<br />
Eine Führung gibt Aufschluss über die<br />
ausgeklü gelte Konzerttechnik.<br />
Auch das Kreuzfahrtterminal Leixões<br />
von Luís Pedro Silva, ein mit<br />
einer Million weißen Kacheln bedeckter<br />
Spiralbau, beeindruckt (siehe<br />
ab Seite 60). Ein nicht minder bemerkenswerter<br />
Solitär ist das leider<br />
nur von außen zu besichtigende<br />
Vodafone-Headquarter des Architekten<br />
duos Barbosa & Guimarães mit<br />
sei ner facettierten Fassade.<br />
03<br />
Die moderne<br />
Fassade<br />
des Mondo<br />
Deli von<br />
Christian Haas<br />
04<br />
Das Mondo<br />
Deli serviert<br />
kleine Köstlich<br />
keiten …<br />
05<br />
… und verkauft<br />
ausgewähltes<br />
lokales Design<br />
06<br />
Nicht Vintage,<br />
sondern<br />
bewusst nur<br />
ganz minimal<br />
restaurierte<br />
Designmöbel<br />
aus den 50ern<br />
und später<br />
in der Casa<br />
Almada<br />
07<br />
Die prächtige<br />
Fassade der<br />
Casa Almada<br />
07<br />
06<br />
MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN<br />
31
TIPPS VON SAM BARON<br />
Der französische<br />
Designer ist Porto<br />
eng verbunden (siehe<br />
Seite 3). Seine Vorschläge<br />
für Besucher:<br />
– der traditionsreiche Mercado<br />
do Bolhão in einem<br />
sehenswerten Gebäude;<br />
– der Clérigos-Turm;<br />
– der Bahnhof São Bento;<br />
– Passos Manuel für einen Drink<br />
(passosmanuel.net);<br />
– Restaurante Guarany zum<br />
Lunch (cafeguarany.com);<br />
– Restaurante Cunha für<br />
eine Francesinha<br />
(confeitariacunha.pt)<br />
– Miss’Opo für ein Dinner<br />
mit Style<br />
(missopo.com)<br />
01<br />
02<br />
DESIGN UND SHOPPING<br />
Wer Möbel aus den 50ern oder 60ern<br />
mag, sollte sich bei Armazém in der<br />
Rua do Almada umschauen. Die<br />
Möbel in diesem Geschäft sind ganz<br />
bewusst nur minimal restauriert, alle<br />
Arbeiten daran führten Handwerker<br />
aus derselben Straße aus.<br />
Ganz in der Nähe bietet der Kollektiv<br />
shop Almada 13 ein origi nelles<br />
Sammelsurium feil. Im hinteren Teil<br />
befindet sich ein Café mit kühlem<br />
Innenhof – die Pav lovas, ein Traum!<br />
Im nahe gelegenen, hervorragend<br />
reno vierten Mon do Deli tischt der<br />
deutsche Aussiedler Christian Haas<br />
neben superleckeren Menüs ausgesuchte<br />
De signerstücke für die Wohnung<br />
auf. Und wenn man schon mal in<br />
der Rua do Almada ist, sollte man noch<br />
im Pulp Studio reinschauen.<br />
03<br />
„WAS ICH AN PORTO<br />
SO LIEBE, IST DIE<br />
LOKALE SZENE, DIE<br />
MAN EIN WENIG<br />
SUCHEN MUSS“<br />
SAM BARON<br />
DESIGNER<br />
04<br />
01 / 03<br />
Objekte<br />
zwischen<br />
Kunst<br />
und De sign im<br />
Pulp Studio<br />
an der Rua do<br />
Almada<br />
02<br />
Weltweit zu<br />
den schönsten<br />
ihrer Art zählt<br />
die Buchhandlung<br />
Lello im<br />
neumanuelinischen<br />
Stil<br />
04<br />
Klassiker aus<br />
Portugals<br />
Alltagsdesign<br />
bei A Vida<br />
Portuguesa<br />
32 MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN
DESIGNTRIP<br />
PORTO<br />
05<br />
06<br />
Klassiker des Alltagsdesigns findet<br />
man im A Vida Portuguesa, übersetzt:<br />
das portugiesische Leben. Von dem<br />
Sortiment in dem wundervollen Laden<br />
sind selbst die Portugiesinnen hin<br />
und weg. Alle traditionellen Produkte<br />
Portugals, von Sardinen bis zu Seife,<br />
von Wolldecken bis zu schwarzen Keramikschwalben,<br />
sind hier in erlesener<br />
Qualität versammelt. Alles handgearbeitet,<br />
in Retro-Verpackun gen gehüllt<br />
und auf hochwertigen Eichenholzregalen<br />
und -tischen prä sen tiert.<br />
Ähnlich angesagt ist Lobo Taste. Hier<br />
verbindet Paulo Lobo äußerst erfolgreich<br />
traditionelles Kunst hand werk<br />
mit zeitgenössischem Design.<br />
Geradezu ein Muss ist die Livraria<br />
Lello & Irmão. Die neugotische Buchhandlung<br />
zählt weltweit zu den<br />
schönsten ihrer Art und verfügt über<br />
ein großes Angebot ausländischer<br />
Literatur.<br />
Trotz vieler Versuche will portugiesischen<br />
Modedesignern der internationale<br />
Durchbruch nicht so recht<br />
gelingen. Wer sich trotzdem einen<br />
Einblick verschaffen will, kann zum<br />
Beispiel den Shop Saymy name in den<br />
Galerias Lumiére aufsuchen.<br />
05 / 06<br />
Lobo Taste verbindet<br />
aktuelles Design<br />
mit portugiesischem<br />
Kunsthandwerk<br />
Wir stehen auf perfekt<br />
bearbeitete Haut<br />
Am Anfang war das Leder<br />
Sofa: DS-19 | www.desede.ch
DESIGNTRIP<br />
PORTO<br />
01<br />
02<br />
ESSEN UND TRINKEN<br />
Die Küche in Portugals Norden ist<br />
zweifelsohne die beste im Land. Die<br />
gehobene Gastronomie baut auf der<br />
sorgfältigen, guten Alltagsküche auf.<br />
Das an Agrarprodukten reiche Umland<br />
und der nahe Fischereihafen liefern<br />
die nötigen Zutaten.<br />
Schon vor dem Abflug von zu<br />
Hause sollte man im Euskalduna reser<br />
vieren. Der energiegeladene Chef,<br />
der Portuense Vasco Coelho Santos,<br />
hat schon bei so großen Namen wie<br />
El Bulli, Arzak und Mugaritz gearbeitet.<br />
Vor den Augen der Gäste<br />
wird das einzige Menü des Abends zubereitet,<br />
die Köche selbst servieren<br />
es. Ebenfalls zu den Spitzenköchen<br />
zählt Pedro Lemos. Das gleichnamige<br />
01<br />
Küchenchef<br />
Vasco Santos<br />
vom<br />
Restaurant<br />
Euskalduna …<br />
02<br />
… kochte<br />
schon im<br />
Mugaritz,<br />
Arzak<br />
und El Bulli<br />
03<br />
Bei nur<br />
16 Plätzen<br />
sollte man<br />
frühzeitig<br />
reservieren<br />
04<br />
03<br />
„FÜR PORTO MUSS<br />
MAN NEUGIERIG<br />
SEIN, BODENSTÄNDIG<br />
UND HUNGRIG“<br />
SAM BARON<br />
DESIGNER<br />
Restaurant mit sagenhaftem Ausblick<br />
und Kräutergarten auf der Dachterrasse<br />
gehört zu den Klassikern von<br />
Portos Gas tronomie. Zu erwähnen ist<br />
auch das Restaurant im Yeatman-<br />
Hotel, in dem sich Ricardo Costa<br />
soeben seinen zweiten Michelin-<br />
Stern erkocht hat.<br />
Fast täglich öffnen in Porto neue<br />
Restaurants, Bars und Bistros, teils<br />
mit abenteuerlichem Konzept. Ein<br />
schönes Beispiel ist die Champanharia<br />
da Baixa. Sehr ori ginell wiederum<br />
ist das Capela inco mum mit seinen<br />
stillen Plätzchen unter alten Platanen.<br />
Jüngeren wird das O Travessa gefallen<br />
– cooles Design, coole Musik,<br />
coole Leute. Und wer schon in der<br />
Nähe ist, kann noch bei der Creperia<br />
Bombarda vorbeigehen – kein Designjuwel,<br />
aber wirklich leckere Crêpes.<br />
AT NIGHT<br />
In einer solch dynamischen Stadt<br />
wie Porto ist natürlich jeder Artikel<br />
über Bars und Nachtleben fast schon<br />
veraltet, wenn er geschrieben wird.<br />
So bietet sich als Ausgangspunkt für<br />
eigene Recherchen der Blog O Porto<br />
Cool (oportocool.wordpress.com) an.<br />
Dank vieler Fotos findet man sich<br />
auch ohne Portugiesischkenntnisse<br />
ganz gut zurecht. Die englischsprachigen<br />
Portale portofashion makers.<br />
com oder portugalconfidential.com<br />
sind ebenfalls hilfreich. Aber an<br />
eines sollte man sich in Porto unbedingt<br />
halten: Wer etwas entdecken<br />
will, muss unscheinbare Türen öffnen,<br />
und wer etwas sucht, sollte sich<br />
die Hausnummer merken – die Wunder<br />
der Stadt verstecken sich hinter<br />
ganz unbedeu ten den Fassaden.<br />
04 / 05<br />
In der<br />
Chocolateria<br />
Equador gibt<br />
es die schönste<br />
Schokolade<br />
Portugals<br />
06<br />
Champanharia<br />
da Baixa, der<br />
Klassiker<br />
im Nachtleben<br />
Portos<br />
06<br />
05<br />
34
TRENDSCOUT<br />
NEWS<br />
DREHSTUHL MOLL S9<br />
EIN STUHL<br />
DENKT MIT<br />
MITWACHSENDE KINDER- UND<br />
JUGENDMÖBEL waren bislang die<br />
Spezialität von Moll. Jetzt hat<br />
das Unternehmen einen Bürostuhl<br />
entwickelt, der wirklich für<br />
fast alle Alters- und Gewichtsstufen<br />
funktioniert. Der ungewöhnliche<br />
Drehstuhl moll S9 bietet<br />
eine kombinierte Höhenverstellung,<br />
unterstützt Bewegungen<br />
in alle Richtungen und fördert<br />
ein dynamisches Sitzen. Die<br />
Beweglichkeit des Sitzes reguliert<br />
sich automatisch und passt<br />
sich stufenlos an die Komfortwünsche<br />
der unterschied lichsten<br />
„Be-Sitzer“ an.<br />
MOLL-FUNKTION.DE<br />
Dynamisches Sitzen<br />
Der Drehstuhl moll<br />
S9 passt sich der<br />
Größe und den Komfortwünschen<br />
seiner<br />
„Be-Sitzer“ an<br />
Impressum<br />
HERAUSGEBER <strong>CI</strong> – creative inneneinrichter GmbH & Co. KG, Spreestraße 3, 6<strong>42</strong>95 Darmstadt VERANTWORTLICH Steffen Schmidt (V.i.S.d.P.) OBJEKTLEITUNG Sandra Gotha VERLAG UND ANSCHRIFT DER<br />
REDAKTION HOFFMANN UND CAMPE X, eine Marke der HOFFMANN UND CAMPE VERLAG GmbH, ein Unternehmen der GANSKE Verlagsgruppe, Harvestehuder Weg <strong>42</strong>, 20149 Hamburg,<br />
Tel. +49 40 44188-247. Amtsgericht Hamburg, HRB 81308 Sitz: Hamburg GESCHÄFTSFÜHRUNG Christian Backen OBJEKTLEITUNG Kaja Eilers CHEFREDAKTION Peter Würth CREATIVE DIRECTION<br />
Tobias Zabell ART DIRECTION Nora Luther CHEFIN VOM DIENST Simone Wippern BILD REDAKTION Holger Riemenschneider REDAKTIONELLE MITARBEIT Sarena Brose, Wolf-Christian Fink,<br />
Raphael Fridolin Schmid, Maike Seifert, Rahel Ueding SCHLUSSREDAKTION Ursula Junger HERSTELLUNG Claude Hellweg LITHO PX2@ Medien GmbH & Co. KG DRUCK Ernst Kaufmann<br />
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Dieses <strong>Magazin</strong> und alle in ihm enthaltenen Beiträge, Entwürfe, Abbildungen, des Weiteren die Darstellung der Ideen sind urheberrechtlich geschützt.<br />
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(7); Seite 46–48 © Run Lola! Studio, © INSIDHERLAND (5); Seite 49 © Rosmaninho & Fernandez (2), © José Campos, © João Morgado (3), © Piurra (2); Seite 50–56 © chiquizafra/iStock; © Movecho,<br />
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MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN<br />
35
ARCHITEKTUR<br />
TOWNHOUSES<br />
Wenn es um Restaurierung, Renovation oder Neubau geht, ist für die richtungsweisenden<br />
Architekten in Porto die Entscheidung klar: Pure Nostalgie ist<br />
oberflächlich, Spektakuläres fast schon obszön. Sie setzen auf Erneuerung, indem sie den<br />
verfallenden Townhouses mit Respekt vor der Tradition Neues hinzufügen<br />
TEXT: Raphael Fridolin Schmid<br />
STADTERNEUERUNG<br />
TRADITION<br />
TRIFFT<br />
MO<br />
36 MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN
ARCHITEKTUR<br />
TOWNHOUSES<br />
Die Casa do<br />
Conto,<br />
nach einem<br />
Brand 2011<br />
totalrenoviert,<br />
ist von außen<br />
ganz unauffällig,<br />
von innen<br />
jedoch ein<br />
Monument<br />
moderner portugiesischer<br />
Architektur<br />
DERNE<br />
MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN<br />
37
ARCHITEKTUR<br />
TOWNHOUSES<br />
01<br />
38
ARCHITEKTUR<br />
TOWNHOUSES<br />
02<br />
01<br />
Das Treppenhaus<br />
mit<br />
Lichtschacht<br />
in der Casa<br />
do Conto<br />
02<br />
In Beton<br />
gegossene<br />
Gedichte an<br />
der Decke der<br />
Lobby. Am<br />
Klavier spielen<br />
hie und<br />
da Schüler des<br />
Konservatoriums<br />
zum<br />
Frühstück<br />
Entschuldigung, dass ich<br />
nicht die Zeit hatte, weniger<br />
zu schreiben“ – so<br />
endet die E-Mail eines<br />
blutjungen Architekten<br />
aus Porto, in der er über die neue<br />
Architektur der Stadt im Nordwesten<br />
Portugals berichtet. Der Satz enthält<br />
alles, was die von Legenden wie den<br />
Pritzker-Preisträgern Eduardo Souto<br />
de Moura und Álvaro Siza Vieira geprägte<br />
Architekturschule von Porto<br />
ausmacht: reflektierten Minimalismus,<br />
große Sensibilität, als Kontinuität<br />
verstandene Tradition und<br />
Detailversessenheit.<br />
Die Stadt Porto explodiert im<br />
Moment geradezu. Täglich öffnen<br />
neue Bars und Galerien. Junge Architekten<br />
und Designer haben plötzlich<br />
viel zu tun, und – für sie völlig ungewohnt<br />
– es sind sogar noble Budgets<br />
vorhanden. Die mittlere Generation<br />
verhandelt mit internationalen Immobilieninvestoren,<br />
und die Korken<br />
knallen. Man ist, wie in ganz Portugal,<br />
stolz, den Sparsamkeit verordnenden<br />
Hohepriestern der Finanzmächte<br />
entkommen zu sein, und<br />
darauf, dass man das aus eigener<br />
Kraft geschafft hat. Man ist stolz auf<br />
die boomende lokale Handwerkskunst,<br />
stolz auf die UNESCO-geweihte<br />
Altstadt und stolz auf Porto Cool.<br />
Aber selbst den Profiteuren dieses<br />
Erfolgs ist es mitunter mulmig zumute.<br />
Steil steigende Miet- und<br />
Immobi lienpreise und der überbordende<br />
Tourismus sind Tagesgespräch.<br />
Man hat das Gefühl, erfolgreich<br />
aufs Gaspedal getreten zu sein,<br />
und sucht nun zunehmend ratlos<br />
nach dem Steuerrad. Und ist sich der<br />
urbanis tischen Herausforderungen<br />
sehr bewusst.<br />
Doch zurück zur Porto-Schule der<br />
Architektur. Neben elaboriertem Minimalismus<br />
ist Kontinuität ein besonders<br />
hoher Wert hierzulande. Ein junges<br />
Paar wird eher die Kommode aus<br />
dem Elternhaus mitnehmen, als sich<br />
neu einzurichten, und in der Architektur<br />
gilt Demut vor vorhandener Bausubstanz<br />
als höchste Tugend. Antiquitäten<br />
neben neuen Möbeln empfindet<br />
man hier nicht als stilistischen Kitzel,<br />
sondern als natürliches Weiterleben<br />
des bereits Vorhandenen. Wenn es um<br />
alte Häuser geht, gibt es gemeinhin<br />
drei Alternativen: Konservierung beziehungsweise<br />
Restaurierung, Neubau<br />
oder Renovierung im Sinn von Erneuerung.<br />
Letzteres ist immer öfter der<br />
Weg, der in Porto beschritten wird.<br />
Willkürliche Rückgriffe auf Nostalgisches<br />
gelten als oberflächlich und<br />
respektlos. Und Spektakuläres wie die<br />
Casa da Música des holländischen<br />
Architekten Rem Koolhaas wird von<br />
Portuensen fast schon als ordinär angesehen.<br />
Diese für Nordeuropäer ungewohnte<br />
Sicht brachte in Porto einen ganz<br />
eigenen Stil von Inneneinrichtung<br />
und Architektur hervor. Ein gutes Beispiel<br />
für als Kontinuität verstandene<br />
Tradition und durchdachten Minimalismus<br />
ist das Duas-Portas-Townhouse<br />
(„zwei Türen“), ein kleines<br />
Hotel, das vier Mitglieder aus drei<br />
Genera tionen der Familie Souto de<br />
Moura planten und nun führen.<br />
GEBAUTER RESPEKT<br />
VOR VORHANDENEM<br />
Nichts weist darauf hin, dass es<br />
sich um ein Hotel handelt. Sogar<br />
die Klingel ohne Namensschild ist<br />
lediglich ein kleiner Knopf, der aus<br />
dem Verputz ragt. Wie bei allen Renovierungen<br />
in Porto erkennt man<br />
von außen kaum, dass eine Intervention<br />
statt gefunden hat. Das unauffällige<br />
Haus am Douro wirkt lediglich<br />
frisch gekalkt. Doch der Eindruck<br />
täuscht. Tatsächlich wurde das Haus<br />
um einen Stock erhöht, wobei man<br />
den Granit aus der nicht mehr<br />
renovier baren Rückfassade benutzte.<br />
Das ist gebaute Philosophie, gebauter<br />
Respekt vor Vor handenem.<br />
Beim Eintreten fühlt man sich<br />
sofort wohl. Rechts die Rezeption,<br />
nicht mehr als ein Tisch, ein Stuhl<br />
und ein Sessel, nach vorne die lange<br />
Perspektive zu einem der rückwärtigen<br />
Patios. Das Licht fließt aus<br />
dem Oberlicht ins Treppenhaus und<br />
aus den Patios in den Gang. Das<br />
Haus will mit Ruhe erlebt werden,<br />
nichts wirkt spek takulär – ist es aber.<br />
Ein Groß teil der Möbel wurde eigens<br />
MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN<br />
39
ARCHITEKTUR<br />
TOWNHOUSES<br />
03<br />
für das Hotel entworfen. Alles, was<br />
mit der Hand berührt wird, ist aus<br />
Holz, alles, was gegen den Boden<br />
zeigt, mit weißer Farbe gestrichen.<br />
Die Kunst des Weglassens ist hier zur<br />
Perfektion gereift.<br />
Im hinteren Teil des Hotels führt<br />
ein kühler Innenhof aus Granit in<br />
den Garten hinter dem Haus. Trotz<br />
des Minimalismus wirkt das kleine<br />
Hotel keineswegs kalt. Es gibt eine<br />
wunderbare Langsamkeit vor, und<br />
nur mit dieser ist es zu genießen. Das<br />
erst im Juli 2017 fertiggestellte Hotel<br />
ist ein Juwel der aktuellen Porto-Architektur.<br />
Eine Besonderheit portugiesischer<br />
Architekturgeschichte ist das innige<br />
Verhältnis von Architektur und „Decoração“,<br />
also der Gebäudeverzierung.<br />
Seit dem 15. Jahrhundert wechseln<br />
sich Perioden theatralischen Gebäudeschmucks,<br />
zum Beispiel die sogenannte<br />
Ma nue linik im 15. Jahrhundert,<br />
mit Perioden des Minimalismus<br />
wie dem Estilo Chão im 16. Jahrhundert<br />
ab. In den minimalistischen<br />
Perioden wird dem Decoração aber<br />
keineswegs weniger Aufmerksamkeit<br />
geschenkt. Vielmehr nimmt das Mobiliar<br />
oder auch die Fortschreibung<br />
der vorhandenen Bauele mente die<br />
Funktion etwa von vergoldeten Altären<br />
oder floralem Stuck ein.<br />
Portugiesen ist die Unterscheidung<br />
zwischen Architektur, Gebäudedekoration<br />
und Inneneinrichtung<br />
völlig fremd. Selbst bei kleineren privaten<br />
Projekten ist es im Norden Portugals<br />
üblich, dass der Architekt auch<br />
Teile des Mobiliars zeichnet. Die<br />
hervor ragenden Möbelschreiner der<br />
umliegenden Region sorgen dafür,<br />
dass die Umsetzung der Entwürfe zu<br />
vernünftigen Preisen und in allerhöchster<br />
Qualität erfolgt.<br />
01<br />
01<br />
Die simple<br />
Rezeption<br />
des Duas-<br />
Portas-Townhouse-Hotels<br />
02<br />
Mit Granitblöcken<br />
aus der<br />
Rückfassade<br />
wurde der<br />
dritte Stock<br />
aufgebaut<br />
03<br />
Vogelperspektive<br />
Blick auf das<br />
Erdgeschoss<br />
durchs Treppen<br />
haus im<br />
Duas Portas<br />
02<br />
40<br />
MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN
ARCHITEKTUR<br />
TOWNHOUSES<br />
MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN<br />
41
ARCHITEKTUR<br />
TOWNHOUSES<br />
„UNSER HAUPT AUGENMERK LAG DARAUF, DIE CHARAKTERISTIKA<br />
ZU ERHALTEN, DIE DAS HAUS PRÄGEN: TYPOLOGIE,<br />
RAUMCHARAKTER UND -ORGANISATION, MATERIALOBERFLÄCHEN<br />
UND VOR ALLEM DIE ROMANTIK DES 19. JAHRHUNDERTS“<br />
PEDRO FERREIRA<br />
ARCHITEKT<br />
01<br />
02
ARCHITEKTUR<br />
TOWNHOUSES<br />
03<br />
01<br />
Santa Teresa<br />
ist der Name<br />
des Stadthauses<br />
aus dem<br />
19. Jahrhundert.<br />
Hier<br />
hat Architekt<br />
Pedro Ferreira<br />
Altes erhalten<br />
und Neues<br />
hinzugefügt<br />
02<br />
Integrierte<br />
weiße Boxen<br />
beherbergen<br />
Facilitys<br />
wie Bad oder<br />
Küche<br />
03<br />
Im Zentrum<br />
von Porto<br />
steht das<br />
Stadthaus, das<br />
Pedro Ferreira<br />
renoviert hat<br />
Vielleicht liegt es an dieser Einheit<br />
aus Architektur, Decoração und In neneinrichtung,<br />
dass es zwar mehrere<br />
Weltstars unter den portugiesischen<br />
Architekten gibt, aber kein einziger<br />
portugiesischer Möbeldesigner Starruhm<br />
erlangt hat. Einen schönen<br />
Stuhl zu gestalten ergibt für Portugiesen<br />
schlicht keinen Sinn.<br />
Ein mittlerweile weltberühmtes<br />
Beispiel für die Einheit aus Architektur,<br />
Decoração und Inneneinrichtung<br />
ist die Casa do Conto („Haus<br />
der Geschichten“). Das kleine Hotel,<br />
2010 renoviert, hat eine ganz besondere<br />
Historie. Während der Bauphase<br />
brannte das ursprüngliche Haus<br />
wegen eines Kurzschlusses komplett<br />
aus. Mit dieser Erfahrung im Hintergrund<br />
schuf Architektin Alexandra<br />
Grande bei der Renovierung eine<br />
der Ikonen zeitgenössischer portugiesischer<br />
Architektur und Inneneinrichtung.<br />
Kein Hotellogo, kein Namensschild,<br />
nur die schlichte Fassade eines<br />
typischen Reihenhauses aus dem<br />
19. Jahrhundert. Über eine kleine<br />
Treppe erreicht man die Rezeption.<br />
Sofort fallen die in der Betondecke<br />
04 05<br />
eingelassenen Buchstaben auf. Sie<br />
erzählen Geschichten, „contos“, oder<br />
sind Gedichte und stellen eine Reminiszenz<br />
an die Stuckarbeiten des<br />
originalen Gebäudes dar. Minimaler,<br />
aber hochpoetischer Decoração vom<br />
Feinsten.<br />
Wer weitergeht, den erschlägt<br />
völlig unerwartet die Vertikale. Das<br />
halb freischwebende Treppenhaus<br />
schafft einen sehr hohen Raum, den<br />
eine Lichtkuppel erhellt. Man fühlt<br />
sich an eine Kirche erinnert. Schwere<br />
Teppiche, die den Zimmern eine<br />
angenehmere Akustik verleihen würden,<br />
fehlen, auch der Nachhall erinnert<br />
eher an eine Kirche als an eine<br />
Wohnung. Große Spiegel nehmen<br />
dem schmalen Haus die Enge. Die<br />
Zimmer sind mit Betonreliefs geschmückt.<br />
Ein als Haus im Haus<br />
konzipiertes Badezimmer mit ovalem<br />
Oberlicht lässt den Raum in seiner<br />
Totalen wirken. Wer Le Corbusiers<br />
50er-Jahre-Architektur mag, ist<br />
spätestens jetzt hoffnungslos verliebt<br />
in die Casa do Conto.<br />
Starke Emotionen ruft auch Pedro<br />
Ferreiras großartig renoviertes Stadthaus<br />
Santa Teresa aus dem 19. Jahrhundert<br />
hervor. „Unser Hauptaugenmerk<br />
lag darauf, die Charakteristika<br />
zu erhalten, die das Haus prägen“,<br />
04<br />
Steinerne Säulen und eine moderne<br />
Treppe ergeben einen reizvollen<br />
Kontrast, auch farblich<br />
05<br />
Den Charakter und die besonderen<br />
Merkmale des Hauses<br />
wie Fenster oder Böden hat<br />
Ferreira bewahrt<br />
MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN<br />
43
ARCHITEKTUR<br />
TOWNHOUSES<br />
01<br />
01<br />
Architekt<br />
Pedro Ferreira<br />
hat dem Haus<br />
Licht von<br />
oben gegeben<br />
02<br />
Außen typisch<br />
Porto, innen<br />
modern:<br />
die Casa<br />
D. João IV<br />
02<br />
erzählt Pedro Ferreira. Wände, Böden,<br />
Decken, Türen und Fenster wurden<br />
wiederhergestellt. Im Kontrast<br />
dazu stehen neu eingefügte Elemente,<br />
beispielsweise für die Bäder. „Um<br />
die Schönheit und Poesie des alten<br />
Hauses zu betonen, sind die neuen<br />
Strukturen abstrakte, formlose, pure<br />
weiße Boxen.“<br />
Stilistisch gesehen kommen Portos<br />
Architektur und Design uns<br />
Nordeuropäern zunächst durchaus<br />
vertraut vor. Auf den zweiten Blick<br />
erkennt man jedoch schnell, dass<br />
sie sich in Methode und Philoso -<br />
phie von un seren nordeuropäischen<br />
Sehgewohnheiten und unserem Designver<br />
ständnis fundamental unterscheiden.<br />
44<br />
MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN
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DESIGN DER ERINNERUNGEN<br />
DER THRON DER<br />
JOANA<br />
SANTOS BARBOSA<br />
01
DESIGNER-PORTRÄT<br />
JOANA SANTOS BARBOSA<br />
Ihre sehr persönlichen Entwürfe haben Joana Santos Barbosa zu einer<br />
der erfolgreichsten Designerinnen Portugals gemacht. Nur zu verständlich,<br />
dass sie bei der Umsetzung auf die besten Handwerker Portos vertraut<br />
TEXT: Raphael Fridolin Schmid<br />
Joana Santos Barbosa ist eine<br />
erstaunliche junge Frau. Sie<br />
erzählt vom tiefen Respekt,<br />
den die arabische Kundschaft<br />
vor ihrem Design hat, im<br />
Gegensatz zu ihrer Kundschaft in<br />
Kalifornien, die eher das Narrativ verstehen<br />
will. Und sie beklagt sich, dass<br />
die Londoner Designhändler ihre<br />
Stücke ungefragt nach Hongkong<br />
schicken.<br />
In nur fünf Jahren hat Joana Santos<br />
Barbosa ihre Firma Insidherland<br />
aufgebaut und ist schon eine der<br />
erfolgreichsten Designerinnen Portugals.<br />
Sie hat kein Designteam, alle Stücke<br />
entwirft sie selbst. Sie hat keinen<br />
CEO und koordiniert allein ein Team<br />
von 70 Leuten – Polsterern, Schreinern,<br />
Metallhandwerkern, Marketingund<br />
Kommunikationsleuten, Verkäufern<br />
und Logistikern. Ihr Trick: alle<br />
hinter dem Ziel zu vereinen und dann<br />
von ihnen zu lernen.<br />
Wer sich auf ihren Niemeyer Armchair<br />
setzt, versteht sofort, was Insidherland<br />
mit Luxussegment meint. Der<br />
weiße Samt streichelt eher den Gast als<br />
umgekehrt, und man ertappt sich dabei,<br />
dass man sich fragt, wann man<br />
zuletzt die Hände gewaschen hat. Die<br />
Polsterung ist perfekt ausbalanciert,<br />
weder verschluckt einen der Chair,<br />
noch ist er zu hart. Der Niemeyer Chair<br />
ist von imposanter Gestalt, bedeutend<br />
größer als seine Cousins, die man so<br />
ähnlich seit den Fünfzigern sieht.<br />
01<br />
Signature-<br />
Entwurf<br />
Joana Santos<br />
Bar bosa auf<br />
dem Niemeyer<br />
Armchair.<br />
Vorn: die Tree<br />
Branches Bench<br />
02<br />
Wandleuchte<br />
Inspiring Trees<br />
aus der Beyond-<br />
Memory-<br />
Kollektion<br />
02<br />
„Der“, erklärt Joana Santos Barbosa,<br />
„hat mir einiges Kopfweh bereitet.“<br />
Als die Polsterer anriefen und<br />
erklärten, die Umsetzung sei unmöglich,<br />
sagte sie alle Termine ab und<br />
setzte sich zwei Tage mit ihnen hin.<br />
Die Nähte auf der Innenseite der<br />
Lehnen mussten hinten rundlich in<br />
die Sitzfläche verlaufen, durften sich<br />
aber beim Hinsetzen nicht verziehen.<br />
Dazu musste die richtige Fadenspannung<br />
und -elastizität ausgetüftelt<br />
werden. Joana Santos Barbosa holt<br />
Fotos von Oscar-Niemeyer-Bauten<br />
und Skizzen heraus und zeigt, wieso<br />
die kaum sichtbaren Nähte genau so<br />
MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN<br />
verlaufen müssen. Endlich fällt der<br />
Groschen. Was man anfänglich für<br />
Retrodesign hielt, ist ein durchdachter<br />
Tribut an die Architektur Niemeyers.<br />
Die Retro-Assoziationen sind<br />
das eher nebensächliche Ergebnis der<br />
Designidee, nicht ihr Ausgangspunkt.<br />
Fast alle Designer im 20. und frühen<br />
21. Jahrhundert stellen die Form<br />
oder die Funktion (beziehungsweise<br />
deren Negation) in den Mittelpunkt.<br />
Joana Santos Barbosa hat sich von diesen<br />
Paradigmata gelöst. Für sie heißt<br />
Design, ganz spezifische Empfindungen<br />
beim zukünftigen Besitzer hervorzurufen.<br />
Das Rohmaterial dieser<br />
Empfindungen sind Santos Barbosas<br />
Erinnerungen. Das wirkt neu, ungewohnt,<br />
sehr authentisch und manchmal<br />
auch ein bisschen verwirrend.<br />
Gerade weil Form- und Funktionsparadigmata<br />
nicht zentral sind, sollte<br />
man sich bei ihrem Werk auf Einzelstücke<br />
einlassen.<br />
Santos Barbosas erste Kollektion,<br />
Beyond Memory, basiert auf ihren<br />
Jugenderinnerungen, vor allem in der<br />
47
DESIGNER-PORTRÄT<br />
JOANA SANTOS BARBOSA<br />
01<br />
01<br />
Four for Luck<br />
Die Maserung<br />
der Palisanderplatte<br />
hat die<br />
Form von<br />
Kleeblättern<br />
02<br />
Eingeschaltet<br />
ahmt die<br />
Ständerlampe<br />
Inspiring Trees<br />
aus Messing<br />
das Licht im<br />
Schatten von<br />
Korkeichen<br />
nach<br />
Natur. Sie zeigt alte Fotos von Bergen<br />
und Eichen aus der Alentejo-Region<br />
und wirkt plötzlich wie ein zwölfjähriges<br />
Mädchen, das aus seinem Tagebuch<br />
vorliest. Sie zeigt die Möbel dazu,<br />
und aus der ans Art déco erinnernden<br />
Kommode wird plötzlich eine Baumgruppe.<br />
Es geht ihr nicht darum, irgendwelche<br />
Jugenderinnerungen abzubilden,<br />
sondern darum, die Emotionen,<br />
die sie damals spürte, auf die<br />
Besitzer ihrer Möbel zu übertragen.<br />
Der Tisch Four for Luck aus der<br />
Memory-Kollektion ist Blatt für Blatt<br />
kombinierbar. Die drei Kleeblätter<br />
stehen für die „ernsthaft-schweren“<br />
Begriffe Glaube, Liebe, Hoffnung. Das<br />
vierte Blatt für das ganz leichte „Glück<br />
gehabt“. „Ich möchte, dass die zukünftigen<br />
Besitzer hie und da einen Glückgehabt-Moment<br />
erleben, wie ich damals<br />
…“ Der Name ihres Labels ist<br />
Programm. Inside her land.<br />
Ihre zweite, neueste Kollektion hat<br />
Joana Santos Barbosa Identity genannt.<br />
Sie basiert auf ästhetischen Erlebnissen<br />
während ihrer Ausbildung<br />
als Pianistin und später als Architektin,<br />
der Zeit, in der sich ihre Identität<br />
formte. Entsprechend handeln die<br />
Stücke von Adolf Loos, aus dessen Essay<br />
„Ornament und Verbrechen“<br />
sie sofort zitieren kann, Oscar Niemeyer,<br />
Perspektiven und Pianos.<br />
Insidherland produziert ausschließlich<br />
mit portugiesischen Handwerkern<br />
und lokalen Materialien. Der<br />
Norden Portugals weist bis heute einige<br />
der besten Handwerker Europas<br />
auf, Möbel sind eines der wichtigsten<br />
Exportprodukte Portugals. Joana Santos<br />
Barbosa geht es aber nicht nur um<br />
Qualität, sondern vor allem um die<br />
Nähe zu den Handwerkern.<br />
Insidherland arbeitet hauptsächlich<br />
mit Inneneinrichtern und Architekten<br />
zusammen. Die Hälfte von<br />
Santos Barbosas Möbeln ist verkauft,<br />
bevor die Häuser überhaupt fertig gebaut<br />
sind. Wie bei den meisten jungen<br />
Designfirmen sind alle Stücke in fast<br />
beliebiger Ausführung zu bestellen.<br />
Joana Santos Bar bosa ist sicher<br />
noch nicht am Ende ihrer (Design-)<br />
Reise angekommen – das gelackte<br />
Metall im Showroom wirkt eher wie<br />
für den Markt im Nahen Osten oder in<br />
Asien gemacht. Beim Verlassen des<br />
Showrooms zieht der majestätische<br />
Niemeyer Chair den Blick auf sich,<br />
und man assoziiert unwillkürlich: der<br />
Thron der Joana Santos Barbosa.<br />
02<br />
03<br />
Ebenfalls aus<br />
der Beyond-<br />
Memory-<br />
Kollektion<br />
stammt der<br />
Beistelltisch<br />
Tree Rocks<br />
04<br />
Das Sofa<br />
Western in der<br />
Ausführung<br />
für zwei<br />
Personen<br />
04<br />
03<br />
48 MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN
DESIGN<br />
3 TO WATCH<br />
,<br />
INNOVATIV VERPACKT<br />
Portos etwas andere Designer nutzen<br />
eine sehr sinnliche Formensprache, um<br />
den Menschen Möbel und Räume<br />
näherzubringen. Sie können sich dabei<br />
auf die alte Tradition einer Region<br />
stützen, in der die besten Handwerker<br />
Portugals zu Hause sind<br />
LAMELLENDESIGN<br />
EMA ROSMANINHO &<br />
ANTÓNIO FERNANDEZ<br />
Das Duo António Fernandez und<br />
Ema Rosmaninho beschäftigt<br />
sich mit Möbel- und Grafikdesign,<br />
Innenarchitektur und Architektur.<br />
Es begründete den in Porto sehr<br />
populären Trend zu lamellenartigen<br />
Decken- und Wandelementen.<br />
Seine Bar É Prá Poncha (der Drink<br />
Poncha, der Ursprung des Caipirinha,<br />
be steht aus Rum, Honig und<br />
Zitronensaft) war 2012 die erste, in<br />
der es dieses Stilmittel konsequent<br />
verwendete. Das Duo ist so erfolgreich,<br />
dass aktuell Projekte in London<br />
und Pa nama realisiert werden.<br />
Mehr unter<br />
antoniofernandezarchitects.com<br />
MÖBEL IM TEPPICH<br />
RUI VIANA<br />
Ein Möbeldesigner im wahrsten<br />
Sinne des Wortes ist Rui Viana mit<br />
seiner Firma Piurra, so heißen hier<br />
die geschnitzten Kinderkreisel. In<br />
dritter Generation von Schreinern<br />
und Holzschnitzern aus dem Umland<br />
von Porto abstammend, sorgte<br />
Rui Viana unter anderem mit seiner<br />
Carpet Collection V1 für Aufsehen:<br />
zeitlose, sensible, originelle Möbel,<br />
in Teppiche gekleidet. Seine stapelbare<br />
Seven Skirts Collection spielt<br />
augenzwinkernd auf die traditionelle<br />
Tracht Nordportugals mit ihren<br />
sieben Unterröcken an. Alle Möbel<br />
von Rui Viana stellen lokale Handwerker<br />
in klassischer Schreinermanier<br />
her.<br />
Mehr unter<br />
piurra.com<br />
WOHLFÜHLRÄUME<br />
PAULO MERLINI<br />
Der mehrfach ausgezeichnete Innenarchitekt<br />
und Architekt Paulo<br />
Merlini arbeitet nach dem Motto<br />
„us is more“. Er vertritt die Philosophie,<br />
dass sich Räume an unseren<br />
Körper anpassen müssen, nicht umgekehrt,<br />
und beschäftigt sich damit,<br />
wie das menschliche Gehirn auf<br />
äußere Reize reagiert. Das macht er<br />
zum Maßstab seiner Arbeit. Mer lini<br />
will Wohlfühlräume schaffen,<br />
die den Menschen anregen. Von<br />
der Decke des von ihm gestalteten<br />
Basho Sushi House hängen beispielsweise<br />
8200 Essstäbchen wie<br />
eine Art Wolke. Tropfenartige Auswüchse,<br />
die wie Torten und Gebäck<br />
verzierender Zuckerguss von oben<br />
herabhängen, sorgen für Überraschungsmomente<br />
in einer von ihm<br />
gestalteten Bäckerei. Die Wände<br />
bekamen einen cremigen Pastellton<br />
verpasst, der aus dem Durchschnittsfarbton<br />
der beliebtesten<br />
Backwaren ermittelt wurde.<br />
Mehr unter<br />
paulomerlini.com<br />
MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN<br />
49
TRENDSCOUT<br />
KORK<br />
ALTES HANDWERK, NEUES DESIGN<br />
DAS<br />
BESTE VOM<br />
BAUM<br />
In keinem anderen Land wird so viel Kork geerntet wie<br />
in Portugal. Die Eichen in den „Montados“ liefern feinstes<br />
Naturmaterial. Junge Start-ups machen daraus Möbel<br />
und mehr, und auch renommierte Stardesigner wissen die<br />
Vorteile des robusten Rohstoffs zu schätzen<br />
TEXT: Maike Seifert<br />
50
TRENDSCOUT<br />
KORK<br />
01<br />
01<br />
Die Rinde der<br />
Korkeiche<br />
kann nur alle<br />
neun Jahre<br />
geschält werden.<br />
Der Baum<br />
nimmt<br />
dabei keinen<br />
Schaden<br />
02<br />
Pipe Chair<br />
heißt dieser<br />
Stuhl aus Kork,<br />
den José<br />
Ferreira für<br />
Movecho entworfen<br />
hat<br />
02<br />
MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN<br />
51
TRENDSCOUT<br />
KORK<br />
02<br />
01<br />
03<br />
Die spanische Königin<br />
Letizia und ihr Gemahl,<br />
König Felipe VI., sehen<br />
selbst als Upcycling-Produkt<br />
blendend aus: Der<br />
amerikanische Künstler Scott Gundersen<br />
porträtierte das royale Paar im<br />
Jahr 2015 im Auftrag des portugiesischen<br />
Tourismusverbands als Geschenk<br />
für die Königsfamilie. Sein<br />
Mate rial: 19278 gebrauchte Weinkorken.<br />
Por tugal zeigt mit diesem außergewöhn<br />
lichen Kunstwerk: Wir sind<br />
das Land des Korks. Kein anderer Staat<br />
produziert so viel des natürlichen Rohstoffs.<br />
730000 Hektar Kork eichen wal d<br />
gibt es auf den Hügeln Portugals.<br />
Die Korkeichen stehen in den<br />
„Montados“ viel luftiger als die Bäume<br />
in deutschen Wäldern – und werden<br />
nicht etwa gefällt, sondern geschält.<br />
Korkeichen gehören zu den wenigen<br />
Bäumen, die immer wieder neue<br />
Rinde bilden. Bevor die Rinde zum ersten<br />
Mal geerntet werden kann, muss<br />
eine Eiche 25 Jahre lang wachsen. Die<br />
nächste Schälung wird erst wieder<br />
nach neun Jahren durchgeführt. Und<br />
erst die dritte Schälung ermöglicht<br />
es, Naturkorken aus der Rinde auszustanzen.<br />
Die Ernte beginnt im Mai und<br />
läuft bis in den August hinein. Irgendwann<br />
werden dann die Südwinde<br />
zu heiß, die Luft aus Afrika bläst<br />
über die Wälder, und die Bäume verschließen<br />
ihre Poren. Die Rinde wird<br />
hart, und die Eichen wollen sich<br />
nicht mehr entkleiden lassen. Für die<br />
Korkernte braucht man also einerseits<br />
einen sehr langen Atem – Bäume<br />
werden für die nächste Generation<br />
gepflanzt, zugleich muss man aber<br />
zügig arbeiten. Die Ernte ist echte<br />
Handwerkskunst, einziges Werkzeug:<br />
eine Axt. Der Job gehört zu den best-<br />
01<br />
CC2 Joop<br />
Couwenberg<br />
designte diesen<br />
Freischwinger-<br />
Hocker mit Kork -<br />
sitz für Tecta<br />
02<br />
Zwei Jahre<br />
sammelte Scott<br />
Gundersen alte<br />
Korken, ehe er<br />
ein erstes Porträt<br />
daraus schuf<br />
03<br />
Dupond & Dupont<br />
heißen die Untersetzer<br />
von Amorim<br />
52 MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN
TRENDSCOUT<br />
KORK<br />
04<br />
Corkinho ist<br />
ein Designstudio<br />
aus<br />
Antwerpen,<br />
das alles Mögliche<br />
aus Kork<br />
herstellt, zum<br />
Beispiel Vasen<br />
und Schalen<br />
bezahlten landwirtschaftlichen Tä tigkeiten<br />
der Welt. Die Korkindustrie ist<br />
für Portugal ungefähr das, was die<br />
Autoindustrie für Deutschland ist.<br />
100 000 Arbeitsplätze hängen direkt<br />
oder indirekt mit ihr zusammen.<br />
Gut also, dass die Korkeichenwälder<br />
überlebt haben, als immer mehr<br />
Winzer auf Schraubverschlüsse umgestiegen<br />
sind. Heute weiß man, dass<br />
Kork viel zu schade ist, um allein<br />
Flaschen damit zu verschließen oder<br />
ein paar Pinnwände herzustellen. Ein<br />
winziges Stück Kork hat Millionen<br />
von Luftzellen und deshalb hervorragende<br />
Dämmeigenschaften. Kork,<br />
den man für die Gebäudeisolierung<br />
nutzt, ist meist dunkel und grob. Er<br />
besteht vor allem aus Reststücken, die<br />
bei der Korkenherstellung anfallen,<br />
und aus minderwertigem Rohmaterial,<br />
das unter Wasserdampf aufgeschäumt<br />
wird. Daneben gibt es den<br />
hellen, feinkörnigen Kork.<br />
Der größte Korkproduzent ist die<br />
Firma Corticeira Amorim. Sie hat<br />
maßgeblich zum Durchbruch des<br />
Korks beigetragen. Neben Weinkor-<br />
04<br />
MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN<br />
53
TRENDSCOUT<br />
KORK<br />
02<br />
01<br />
01<br />
Die Korkleuchte<br />
Boolean<br />
stammt aus<br />
Toni Grilos<br />
Kollektion für<br />
Blackcork<br />
02<br />
Auch einen<br />
Spiegel aus<br />
Kork namens<br />
Moon Mirror<br />
hat Toni Grilo<br />
entworfen<br />
03<br />
Cork <strong>42</strong><br />
nannte Paola<br />
Navone ihren<br />
Beistelltisch<br />
für InOut<br />
von Gervasoni<br />
03<br />
Selbst Waschbecken gibt es aus<br />
Kork, hier von Simple Forms Design<br />
ken stellt sie zum Beispiel Korkböden<br />
und -wandverkleidungen sowie di verse<br />
Alltagsgegenstände her. Im Som -<br />
mer dieses Jahres hat Amorim erstmals<br />
3-D-Formkork präsentiert, aus<br />
dem etwa geschwungene Schalenstühle<br />
gebaut werden können.<br />
Der Konzern unterstützt junge<br />
Start-ups, die mit Kork gestalten. So<br />
wie die Marke Sugo Cork Rugs. Susana<br />
Godinho und Sónia Andrade<br />
hatten die Idee, zwei typisch portugiesische<br />
Produkte zu einem zusammenzuführen.<br />
Heraus kamen die ersten<br />
handgewebten Korkteppiche der<br />
Welt. Die beiden Designerinnen kombinieren<br />
schönsten hellen Kork mit<br />
portugiesischer Wolle und Baumwolle.<br />
Die Textilfasern sorgen für Farbe,<br />
der Kork für eine einzigartige Haptik.<br />
„Feel your feet“ lautet der Slogan der<br />
Marke. Die grafischen Muster und<br />
Farbzusammenstellungen sind wunderschön<br />
– und die Teppiche namens<br />
Fuji, Arizona oder Venice haben<br />
längst weltweit Fans.<br />
Das Label Blackcork des Unternehmens<br />
Sofalca verwendet ausschließlich,<br />
wie der Name schon verrät,<br />
dunklen Kork. Sofalca hat ein Verfahren<br />
entwickelt, bei dem Kork mithilfe<br />
von Dampf und dem eigenen<br />
Harz als Bindemittel verbacken wird.<br />
Dabei entsteht die charakteristische<br />
Farbe, die an Schokoladenkuchen erinnert.<br />
Artdirector Toni Grilo entwarf<br />
Stühle, Lounge-Chairs und Side-<br />
Tables, bei denen formschöne Korkkörper<br />
mit Eichenplatten und -stä ben<br />
sowie Bugholz verbunden sind. Außerdem<br />
bat er junge portugie sische<br />
Designer, aus dem Material etwas<br />
Eigenes zu machen. Sie kreierten<br />
Beistelltische, die aussehen wie angespitzte<br />
Bleistifte, oder Sideboards,<br />
die an ineinandergreifende Zahnräder<br />
erinnern.<br />
Ziegelsteine aus Kork presst das Studio<br />
Corkinho. Damit hat es ein Ausgangsmaterial<br />
geschaffen, mit dem<br />
man hervorragend kantige Sitzmöbel<br />
oder Akustikelemente zusammenbauen<br />
kann. Die Antwerpener stellen außerdem<br />
Vasen und Schalen aus Kork<br />
her und designen sogar Küchenschränke<br />
aus dem portugiesischen Material.<br />
54 MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN
05<br />
06<br />
07<br />
Auf Wohnaccessoires hat sich<br />
Mind the Cork spezialisiert. Die portugiesische<br />
Designerin Jenny Espirito<br />
Santo lebt in London, wo sie ihre<br />
Korkkissen, Taschen, Töpfe und<br />
Tischsets von kleinen Manufakturen<br />
fertigen lässt.<br />
Doch nicht nur junge Labels und<br />
Nachwuchsgestalter haben Kork als<br />
„It-Material“ entdeckt. Die niederländische<br />
Stardesignerin Hella Jongerius<br />
hat für Danskina einen Teppich entworfen,<br />
bei dem Filz und Kork miteinander<br />
verwoben sind. Die farbigen<br />
Linien des Filzes verlaufen entlang<br />
des Korks, sodass eine außergewöhnliche<br />
Streifenstruktur entsteht. Cork<br />
& Felt heißt die Teppichreihe.<br />
Jasper Morrison, einer der erfolgreichsten<br />
Designer der letzten Jahrzehnte<br />
und für seinen „Supernormal“-Anspruch<br />
bekannt, ist echter<br />
Korkkenner. Er hat schon 2002 einen<br />
Corks Table für Moooi und 2004 eine<br />
ganze Cork Family für Vitra entworfen,<br />
später gar ein ganzes Mini-Haus<br />
für Muji in Tokio. Die Beistelltische<br />
der Vitra-Serie wirken wie aus einem<br />
Stück gefräst. Ihre Verwandtschaft<br />
zum Flaschenkorken versuchen sie<br />
erst gar nicht zu leugnen; Tische aus<br />
Kork sehen bei Morrison natürlich<br />
auch aus wie Korken. Selbst der Cork<br />
Chair, den er in einer limitierten<br />
Edition für Vitra entwarf, könnte aus<br />
05<br />
Hella Jongerius<br />
entwarf<br />
für Danskina<br />
die Serie Cork<br />
& Felt<br />
06<br />
Die komplette<br />
Fassade<br />
des von José<br />
Carlos Cruz<br />
entworfenen<br />
Ecork-Hotels<br />
in der Region<br />
Evora ist mit<br />
Kork verkleidet<br />
07<br />
Stick ist ein<br />
reduzierter<br />
Tisch mit<br />
Korkplatte<br />
von Jasper<br />
Morrison für<br />
Cappellini<br />
55
TRENDSCOUT<br />
KORK<br />
01<br />
The Whistler<br />
Tea Set von<br />
Amorim vereint<br />
Keramik<br />
und Kork<br />
02<br />
Für Vitra<br />
entwarf Jasper<br />
Morrison im<br />
Jahr 2004 die<br />
Cork Family<br />
03<br />
Fit In von<br />
Amorim ist<br />
ein formschöner<br />
Topfuntersetzer<br />
04<br />
Petite Friture<br />
verbindet in<br />
Basil aufs<br />
Feinste Kork<br />
und Metall<br />
05<br />
Sugo Cork Rugs<br />
produziert<br />
wunderschöne<br />
Teppiche die<br />
aus Kork, Wolle<br />
und Baumwolle<br />
handgewebt<br />
werden<br />
02<br />
03<br />
01<br />
einem überdimensionalen Flaschenverschluss<br />
geschnitten worden sein.<br />
Und sein Tisch Stick, den Morrison für<br />
Cappellini gestaltet hat, lenkt alle Blicke<br />
auf die Schönheit des Materials.<br />
Die wahlweise runde oder eckige Platte<br />
aus Kork steht auf zierlichen, zurückhaltenden<br />
Beinen – Sticks eben.<br />
Das geschwungene Stahlrohrgestell<br />
des Kraghockers CC2 von Joop<br />
Couwenberg für Tecta im Bauhaus-Look<br />
lenkt, anders als die<br />
Sticks, doch ein wenig von der dicken<br />
Korksitzfläche ab. Diese besteht aus<br />
einem Gemisch aus Latex, Jute und<br />
150 alten Weinkorken und zeigt einmal<br />
mehr, wie schön Upcycling-Produkte<br />
aus Korken sein können – auch<br />
ganz ohne royalen Glanz.<br />
04<br />
56 MAGAZIN 05 FÜR EINRICHTEN UND LEBEN
Mehrzweckstuhl Aula:<br />
Kunst-Stück aus Kunst-Stoff.<br />
Wilkhahn-Verwaltung, Bad Münder. Architekt Herbert Hirche, 1959.<br />
Mehrzweckstuhl Aula: Design Wolfgang C. R. Mezger, 2017.<br />
design made in germany
DESIGN<br />
DER KLASSIKER<br />
FOLGE #11<br />
GIO PONTI: LEGGERA<br />
EIN STUHL DES<br />
SÜDENS<br />
GIO PONTI<br />
wurde 1891 in Mailand<br />
geboren, wo er bis 1921<br />
Architektur studierte.<br />
Sein bekanntestes<br />
Gebäude in seiner<br />
Heimat stadt ist das<br />
Pirelli-Hochhaus. Er war<br />
künstlerischer Leiter der<br />
Porzellanmanufaktur<br />
Richard Ginori, designte<br />
zahlreiche Möbel und<br />
gründete die Zeitschrift<br />
„Domus“. Er starb 1979.<br />
RUND UM GENUA wurden Mitte des 20. Jahrhunderts<br />
große Stückzahlen Chiavari-Stühle<br />
hergestellt. Sie wissen schon, diese schlichten,<br />
leichten Holzstühle mit Sprossenverbindungen<br />
und geflochtenem Sitz, Stühle,<br />
die nach Urlaub im Süden aussehen. Von<br />
diesen Klassikern ließ sich Gio Ponti inspirieren,<br />
als er 1952 seinen Leggera für Cassina<br />
entwarf. Heraus kam eine gediegene,<br />
klare, besonders kultivierte Variante – und<br />
eine Vorstufe seines Superleggera, der ab<br />
1957 eine Weltkarriere machen sollte – eine<br />
noch schlankere, noch leichtere Fassung<br />
des ohnehin schon schmalen Leggera<br />
(siehe Seite 66).<br />
Sitz<br />
Hier ist der Sitz<br />
gepolstert und mit<br />
Stoff bezogen. Zur<br />
Auswahl stehen<br />
auch Lederbezüge<br />
oder Sitze, die aus<br />
Seil gefertigt sind.<br />
Kombinationen<br />
Diese Variante<br />
des Leggera<br />
beeindruckt durch<br />
das harmonische<br />
Farbzusammenspiel<br />
von Sitzfläche<br />
und Gestell. Wer<br />
will, kann aber<br />
auch auf Kontraste<br />
setzen und unterschiedliche<br />
Farben<br />
kombinieren.<br />
Beine<br />
Der Leggera hat<br />
Beine mit fast<br />
rundem Querschnitt<br />
– anders als<br />
der Superleggera,<br />
dessen hauchdünne<br />
Beine einen dreieckigen<br />
Querschnitt<br />
aufweisen.<br />
Holz<br />
Die Form wird aus<br />
Eschenkernholz<br />
hergestellt. Es gibt<br />
den Leggera<br />
na turfarben oder<br />
gefärbt: schwarz,<br />
weiß, nussbaumfarben,<br />
schlammfarben,<br />
erdöl grün<br />
oder amarant rot.<br />
58<br />
MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN
IMM-COLOGNE.DE<br />
DIE INTERNATIONALE EINRICHTUNGSMESSE<br />
15.–21.01.2018<br />
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TRENDSCOUT<br />
FLIESEN<br />
PORTUGALS ERBE WIRD NEU INTERPRETIERT<br />
HARTE SCHALE IN<br />
SENSIBLEN FORMEN<br />
60<br />
MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN
In Porto findet man sie an jeder (Haus-)Ecke: Azulejos, die alten,<br />
prächtig handbemalten Fliesen, die die Stadt zum Leuchten<br />
bringen. Nachdem man im Interior Design lange nur gekachelte Coolness<br />
zeigte, sind Azulejos nun Vorbild in den Arbeiten namhafter<br />
Architekten und Designer<br />
TEXT: Sarena Brose<br />
Fliesen im<br />
Stahlrahmen<br />
Der portugiesische<br />
Hersteller<br />
Pátria<br />
Lusa platziert<br />
alte Azulejos<br />
auf modernen<br />
Tischen<br />
Die Fassaden der Häuser<br />
leuchten im Spiel des<br />
Lichts blau-weiß, auch<br />
gelb oder grün. Erst aus<br />
der Nähe erkennt man,<br />
dass die glänzenden Bilder und Muster<br />
aus kleinen bemalten und glasierten<br />
Kacheln bestehen. Portugal ist<br />
das Land der Fliesen, der Azulejos.<br />
Das Wort geht auf das Arabische zurück,<br />
auf al-zuleya, was so viel bedeutet<br />
wie poliertes Steinchen.<br />
Niemand weiß, wer hier als Erster<br />
auf die Idee kam, Fassaden mit Fliesen<br />
einzukleiden. Die einfache Bevölkerung<br />
hatte anfangs nicht viel<br />
dafür übrig und nannte die gekachelten<br />
Häuser spöttisch „casas de penico“,<br />
über dimensionierte Nachttöpfe.<br />
Schnell wusste man in Porto und anderswo<br />
aber zu schätzen, dass die<br />
Fliesen vor Hitze schützen und sich<br />
leicht reini gen lassen. Gleichzeitig er-<br />
61
TRENDSCOUT<br />
FLIESEN<br />
01<br />
02<br />
03<br />
01<br />
Patchwork<br />
in der Mutina-<br />
Kollektion<br />
Azulej<br />
02<br />
Auch auf dem<br />
Boden finden<br />
die Azulejos<br />
ihren Platz<br />
03<br />
Die Farben<br />
sind unregelmäßig<br />
aufgetragen<br />
04<br />
Die Fliesen<br />
passen in dekorative<br />
und in<br />
schlichte Räume<br />
04<br />
öffneten sie neue Gestaltungsmöglichkeiten<br />
und schmückten die Fassaden<br />
der Häuser. Und schließlich sind<br />
die Azulejos mit ihrer strengen Geome<br />
trie, den floralen Muster und Ornamenten<br />
zur Legende geworden.<br />
FLIESEN IN DER ARCHITEKTUR<br />
Heute wissen Architekten und Designer<br />
die Gestaltungsmöglichkeiten<br />
auf und mit der Fliese wieder zu schätzen.<br />
Galt lange in Sachen Fliese: kühl,<br />
schlicht, unspektakulär – bloß keine<br />
Fliesen, an denen man sich sattsehen<br />
könnte. Jetzt dürfen sie wieder etwas<br />
hermachen. Fliesen für draußen und<br />
drinnen, für die Wand und den Boden<br />
„DIESE RELIEFS<br />
SIND KEINE REINE<br />
DEKO RATION,<br />
SONDERN ETWAS, DAS<br />
VON ZERRISSENEN<br />
ERIN NERUNGEN<br />
ÜBRIG BLEIBT“<br />
PATRI<strong>CI</strong>A URQUIOLA<br />
DESIGNERIN<br />
werden komplett neu gedacht und zeigen<br />
sich in verschiedensten Formaten,<br />
mit innovativen Oberflächen und dreidimensionalen<br />
Strukturen.<br />
Auch in Porto: 900 000 Fliesen bilden<br />
etwa die keramische Hülle des<br />
2015 eröffneten Kreuzfahrtterminals<br />
Porto de Leixões, drei Kilometer von<br />
der Stadt entfernt. Die geschwungene<br />
Form, aber vor allem die Fliesen machen<br />
das Gebäude von Luís Pedro Silva<br />
spektakulär. Wobei sich beides bedingt:<br />
Nur wegen ihrer Kleinteiligkeit<br />
kann die Keramik die Form das Baus<br />
annehmen und ihn wie eine Haut aus<br />
Fischschuppen umhüllen. Diese Assoziation<br />
wird dadurch unterstrichen,<br />
dass die glitzernden Fliesen das Licht<br />
reflektieren. Weiterer Vorteil der Azulejos,<br />
die sich gegen Glas und Sichtbeton<br />
als Fassadenmaterial durchsetzten,<br />
ist ihre Haltbarkeit in der rauen<br />
Seeluft. Auch bei der 2016 eröffneten<br />
Casa Acreditar in Porto, einem mit<br />
Spenden finanzierten Patientenwohnheim,<br />
sind die Wandfliesen im Innenund<br />
Außenbereich das entscheidende<br />
gestalterische Element. Mintfarbene<br />
glasierte Fliesen, die in einer portugiesischen<br />
Manufaktur in Handarbeit<br />
entstanden sind, zieren das nach den<br />
Plänen des Lissaboner Atelier do cardoso<br />
realisierte Gebäude. Die leichten<br />
Unregelmäßigkeiten in Farbe und<br />
Form, die der nicht maschinellen Fertigung<br />
geschuldet sind, machen das<br />
Fliesenbild lebendig.<br />
Ein mit Fliesen gemustertes Interieur<br />
schufen Ren Pepe Arquitetos in<br />
einer Zahnklinik in Porto. Mosaike<br />
aus Dreiecken verweisen auf ähnlich<br />
geflieste, alte Fassaden an Häusern<br />
der Stadt. Sie finden sich nicht nur an<br />
den Wänden, sondern auch an Möbeln,<br />
Türen, Leuchten wieder.<br />
FERNWEH UND NEUE ÄSTHETIK<br />
Oberflächen, Dekore, Herstellung,<br />
Verwendung – nichts bleibt vom Einfallsreichtum<br />
unberührt. Das stellt<br />
62 MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN
TRENDSCOUT<br />
FLIESEN<br />
Mintfarbene glasierte Fliesen sind das prägende gestalterische Element der<br />
Casa Acreditar in Porto, eines Patientenwohnheims<br />
MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN<br />
63
TRENDSCOUT<br />
FLIESEN<br />
Angelehnt an die Natur Die Kollektion Phenomenon des Designers<br />
Tokujin Yoshioka greift Elemente aus der Natur auf, hier: Waben<br />
64 MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN
TRENDSCOUT<br />
FLIESEN<br />
01<br />
auch eine Herausforderung für die internationalen<br />
Hersteller dar, die eine<br />
Ästhetik jenseits beigefarbener Durchschnittsware<br />
entwickeln müssen. Kein<br />
Wunder, dass sie mittlerweile renommierte<br />
Künstler wie Tokujin Yoshioka<br />
und Konstantin Grcic mit der Gestaltung<br />
beauftragen. Umgekehrt haben<br />
Designer die Fliese als Plattform ihrer<br />
Kunst schätzen gelernt. „2008 präsentierten<br />
wir unsere erste Kollektion, die<br />
wir noch mit unbekannten Designern<br />
entwickelt hatten. Wir suchten auch<br />
nach prominenten Namen, aber das<br />
war schwierig. Damals interessierten<br />
sich Designer nicht für Fliesen“, sagt<br />
Massimo Orsini vom italienischen<br />
Hersteller Mutina.<br />
Eine bekannte Designerin, die für<br />
Mutina entworfen hat, ist die Spanierin<br />
Patricia Urquiola. Ihre erste Kollektion<br />
Déchirer war ein Erfolg. Die<br />
kombiniert verschiedene Materia lien<br />
– Fein steinzeug, mit reliefartigen Abdrücken<br />
verziert, recycelte Glasmosaik<br />
oberflächen – und kann als Wandund<br />
Bodenfliese verwendet werden.<br />
„Diese Reliefs sind keine reine Dekoration,<br />
sondern etwas, das von zerrissenen<br />
Erinnerungen übrig bleibt“, so<br />
Urquiola. „Ich bin fasziniert von der<br />
Gelegenheit, ein industrielles Produkt<br />
zu entwerfen, das deutliche Spuren<br />
der Vergangenheit zeigt und gleichzeitig<br />
leichte Fingerabdrücke hinterlässt,<br />
die eine neue Identität formen.“<br />
Mit der Kollektion Azulej hat Urquiola<br />
später einen Entwurf vorgelegt,<br />
der unmittelbar an die Tradition der<br />
portugiesischen Fliesen anknüpft und<br />
Fernweh auf moderne Weise inszeniert.<br />
Er verbindet die Natürlichkeit<br />
von Zementfliesen mit künstlerischen<br />
Mustern und klaren Farben. Die Muster<br />
vereinen verschiedene ästhetische<br />
Elemente: Erinnerungen, geometrische<br />
Schemata, Blumenmuster. Die<br />
Dekore können miteinander kombiniert<br />
werden. Neben der großflächigen<br />
Verlegung an Boden und Wand<br />
kann die Kollektion Azulej auch feine<br />
Akzente an kleineren Flächen als Bordüre<br />
oder an Möbeln setzen.<br />
01<br />
Preisgekrönt ist<br />
die Kollektion<br />
Numi, die Konstantin<br />
Grcic<br />
für Mutina entworfen<br />
hat –<br />
mit geometrischen<br />
Formen<br />
02<br />
Dreidimensionaler<br />
Effekt<br />
Die geometrischen<br />
Formen<br />
sind bei Numi<br />
leicht hervorgehoben<br />
03<br />
Verblichen<br />
wirken die Farben<br />
der Kollektion<br />
Azulej –<br />
die Fliesen lassen<br />
sich gerade<br />
dadurch gut<br />
kombinieren<br />
KERAMIKKUNST IM<br />
INTERIOR DESIGN<br />
Inzwischen wird Keramik auch zum<br />
Designelement bei der Inneneinrichtung.<br />
Wenn Fliesen Schmuckstücke<br />
sind, dürfen sie auch auf Möbeln in<br />
Serie gehen. So gibt es von Patricia<br />
Urquiolas Kollektion Déchirer die<br />
Tisch edition Bugs family und von<br />
Tokujin Yoshioka Snow Table und<br />
Snow Bench in der Kollektion Phenomenon.<br />
Nicht nur Inspiration, sondern<br />
auch Werkstoff sind die Azulejos für<br />
den portugiesischen Hersteller Pátria<br />
Lusa. Lokale Handwerker platzieren<br />
historische Fliesen aus dem 17. und<br />
18. Jahrhundert auf Tischen und<br />
Würfeln aus Stahl und Plexiglas und<br />
schaffen so aus den kühlen Rahmen<br />
und den blau-weißen Fliesen ganz<br />
individuelle Möbelstücke. Dabei sind<br />
die Azulejos, die aus einem Wandbild<br />
stammen, zufällig im Mosaikstil<br />
angeordnet. Sofort hat man die funkelnden<br />
Fassaden Portos vor Augen.<br />
Gekachelte Pracht statt Coolness –<br />
zum Glück!<br />
02<br />
03<br />
MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN<br />
65
FAMOUS CHAIR<br />
STUHL SUPERLEGGERA<br />
Gio Ponti<br />
(1891 bis 1979) gründete<br />
1928 das Kunst-,<br />
Design- und Architekturmagazin<br />
„Domus“ und leitete<br />
es bis zu seinem Tod.<br />
Zu seinen wichtigsten<br />
architektonischen<br />
Werken zählen das<br />
Denver Art Museum<br />
(1966 bis 1971)<br />
und das Mailänder<br />
Pirelli-Hochhaus, das<br />
er 1958 gemeinsam<br />
mit Pier Luigi Nervi<br />
realisierte.<br />
699 SUPERLEGGERA<br />
60 JAHRE LEICHTIGKEIT<br />
ZUM 85. GEBURTSTAG von Cassina<br />
warf Karl Lagerfeld einen ganz<br />
besonderen Blick auf einige Highlights<br />
der Kollektion. Darunter war<br />
das Modell 699 Superleggera von<br />
Gio Ponti aus dem Jahr 1957. Vor<br />
60 Jahren schuf der Gestalter den<br />
superleichten Stuhl als Weiterentwicklung<br />
des Leggera, und bis heute<br />
setzt das Ultraleichtgewicht Maßstäbe<br />
in Sachen Haltbarkeit und<br />
graziler Auftritt. Er besteht aus<br />
Eschenholz und wiegt nur rund zwei<br />
Kilo, wes halb er spielend mit nur<br />
einem Finger anzuheben ist. Legendär<br />
ist seine Robustheit. Die wies<br />
Cassina mit ungewöhnlichen Methoden<br />
nach: Vom Dach geworfen,<br />
überstanden die Stühle den Aufprall<br />
fast ohne Spuren.<br />
66 MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN
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