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FINDORFF GLEICH NEBENAN Nr. 4

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PROFILE<br />

q STEFAN BROCKMANN ÜBER DIE ZUKUNFT DES EINZELHANDELS<br />

» Eine eindeutige Positionierung ist wichtig. «<br />

STEFAN BROCKMANN<br />

EINZELHANDELS-<br />

EXPERTE<br />

H<br />

err Brockmann, Sie sind Experte für den<br />

Einzelhandel und engagieren sich in der<br />

Handelskammer Bremen. Wir sind in der<br />

Vorweihnachtszeit. Jetzt wird eingekauft und<br />

ein Großteil des Jahresumsatzes gemacht.<br />

KundInnen kaufen im eigenen Stadtteil, in<br />

der City, in Einkaufszentren oder bestellen<br />

im Internet. Wie sehen Sie den stationären<br />

Einzelhandel bei uns in Findorff aufgestellt ?<br />

Findorff gehört im Wettbewerb mit anderen Stadtteilzentren zu<br />

den Standorten, die gute Chancen für die Zukunft haben, auch<br />

wenn es natürlich noch ungenutzte Potentiale gibt. Es gibt in<br />

Bremen viele Stadtteile, die deutlich schlechter aufgestellt sind.<br />

Nach einer Prognose des Handelverbandes Deutschland (HDI)<br />

könnten 30 Prozent der lokalen Ladengeschäfte bis zum Jahr<br />

2020 verschwunden sein. Was kann der Handel in Findorff<br />

unternehmen, damit es bei uns soweit nicht kommen muss ?<br />

Man sollte das Internet nicht nur als Bedrohung sehen. Es ist<br />

ein weiterer Vertriebskanal, der neue Chancen bietet – so wie es<br />

früher auch den Versandhandel als Distanzhandel gegeben hat.<br />

Der Internethandel hat heute einen etwas größeren Anteil als<br />

vor 30 Jahren der klassische Versandhandel, aber es gibt keine<br />

große Verschiebung. Ich würde EinzelhändlerInnen empfehlen,<br />

den Handel im Internet auch als eine Chance zu sehen, sich<br />

weitere Möglichkeiten für neue Wege zu potentiellen KundInnen<br />

zu eröffnen. Die vom Handelsverband prognostizierten 30<br />

Prozent sind vorrangig bezogen auf die Situation in kleinen und<br />

mittelgroßen Städten bis 30.000 EinwohnerInnen. Dort gibt<br />

es wesentlich größere Herausforderungen im Vergleich zu den<br />

Stadtteilzentren in den großen Städten. In die großen Städte<br />

ziehen ja immer mehr Menschen, um dort zu wohnen und in<br />

»ihrem Stadtteil« dann natürlich auch einzukaufen.<br />

Wie wichtig sind in diesem Zusammenhang in den Bremer<br />

Stadtteilen die einzelnen Werbegemeinschaften ?<br />

Ich halte es für extrem wichtig, das sich HändlerInnen vor Ort<br />

in Werbegemeinschaften zusammenschließen. Der gemeinsame<br />

Auftritt macht stark und nur eine gemeinsame Vermarktung des<br />

Standortes schafft vor Ort auch die notwendigen Frequenzen in<br />

der jeweiligen Straße oder in den jeweiligen Bereichen. Das betrifft<br />

sowohl den innerstädtischen Handel, aber natürlich auch<br />

die Stadtteilzentren und sogar die OnlinehändlerInnen, die sich<br />

mittlerweile ebenfalls über verschiedene Plattformen zusammenschließen.<br />

Kooperationen sind in jedem Fall ein Modell,<br />

das unbedingt wünschenswert und vorteilhaft ist.<br />

Im Vergleich zu früheren Jahren stagnieren oder sinken die<br />

Mitgliederzahlen vieler Werbegemeinschaften. Wie kann es<br />

gelingen, potentielle Mitglieder neu zu gewinnen ?<br />

Dafür gibt es kein Patentrezept. Grundsätzlich muss die<br />

Werbegemeinschaft für alle Mitglieder ein Angebot schaffen,<br />

das überzeugt und für das sich eine Mitgliedschaft lohnt.<br />

Welchen Nutzen sollte eine Werbegemeinschaftt denn ganz<br />

konkret ihren Mitgliedern bieten ?<br />

Ein wesentlicher Nutzen, den sie bieten muss, ist die gemeinsame<br />

Vermarktung des Standortes. KundInnen entscheiden sich<br />

für Einkäufe in der Regel zwischen Einkaufszentren oder dem<br />

Angebot im Stadtteil – also sollten die Vorteile des Stadtteils<br />

unbedingt herausgestellt werden. Werbegemeinschaften sollten<br />

aber auch ein Sprachrohr gegenüber den Ortsbeiräten oder der<br />

Politik allgemein sein. Sie können auch Probleme lösen – zum<br />

Beispiel bei Maßnahmen, die den öffentlichen Raum betreffen.<br />

Man kann Feste und Events organisieren und dadurch eine unmittelbare<br />

Nähe zu den KundInnen herstellen. Überall wo sich<br />

Gemeinsamkeiten ergeben, bis hin zur günstigeren Beschaffung<br />

als Einkaufsgemeinschaft, ergeben sich viele Vorteile für die<br />

organisierten HändlerInnen.<br />

Stadtteilfeste, Nikolauslaufen und Weihnachtsbeleuchtung<br />

sind wichtig für den Stadtteil – Aufgaben, die der Verein der<br />

Findorffer Geschäftsleute seit Jahren freiwillig übernimmt.<br />

Steigern solche Maßnahmen eigentlich auch den Umsatz ?<br />

Kurzfristg betrachtet eher nicht, wobei das vom Warenangebot<br />

abhängt. Wer Süßwaren wie Schokolade anbietet, der hat vom<br />

Nikolauslaufen sicher mehr als ein Textilhändler. Es wird aber<br />

vielleicht negativ wahrgenommen, wenn man bei solchen Aktionen<br />

nicht dabei ist. Insofern ist »dabei sein« eher eine Pflicht.<br />

Wie wichtig ist eine eindeutige Positionierung für die<br />

Geschäftsleute im Stadtteil ?<br />

Eine eindeutige Positionierung ist für Werbegemeinschaften<br />

und für EinzelhändlerInnen heute extrem wichtig. Man muss<br />

unterscheidbar aufgestellt sein, sollte ein eigenes Profil haben,<br />

Kundennähe zeigen und KundInnen eine klare Antwort geben:<br />

Warum unbedingt bei mir und warum nicht woanders ?<br />

Der Handel spielt sich bei uns zuerst in der Hemmstraße und<br />

in der Admiralstraße ab. Wie wichtig ist die Kommunikation<br />

von Angeboten im ganzen Stadtteil, der ja weitaus größer ist ?<br />

Sollte man also auch über Findorff hinaus werben ?<br />

Der Findorffmarkt ist ein sehr gutes Beispiel. Der ist als eine<br />

Bremer »Institution« einfach unverwechselbar, im Angebot sehr<br />

gut aufgestellt und schafft es über Findorff hinaus KundInnen<br />

auch aus anderen Stadtteilen anzuziehen. Grundsätzlich fahren<br />

Menschen um so weiter, je höher Nutzen und Vorteil sind. Ich<br />

glaube aber nicht, das sich KundInnen aus Oberneuland expliziet<br />

nach Findorff bewegen, um dort einzukaufen. In diesem<br />

Fall ist der Angebotsvorteil einfach nicht groß genug.<br />

<strong>FINDORFF</strong> <strong>GLEICH</strong> <strong>NEBENAN</strong> | 10<br />

<strong>FINDORFF</strong> <strong>GLEICH</strong> <strong>NEBENAN</strong> | 11

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