KuS_2017-5_GzD
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Im Kirchhof von St. Arbogast in Muttenz steht eine der<br />
bedeutendsten Grenzsteinsammlungen in der Schweiz.<br />
Dominiert wird sie von Buntsandsteinen aus südwestdeutschen<br />
Steinbrüchen. Die zwei Steine im Vordergrund mit Pilgerstab<br />
und Pilgermuscheln gehörten dem St. Jakob-Gut. Der<br />
breite Stein links mit Salbenbüchse dem Steinenklostergut.<br />
Steine setzen Grenzen<br />
Gegend mit und verabreichte ihnen vor Ort einen<br />
Satz kräftiger Ohrfeigen, damit sie den Standort<br />
des Steines auch ja nicht vergässen.<br />
ZEUGEN VERGANGENER EPOCHEN<br />
Die Jahrhunderte vom Hochmittelalter bis ins<br />
frühe 19. Jahrhundert waren die grosse Zeit der<br />
Grenzsteine. Mit dem Aufkommen von Katastern<br />
im Zuge der napoleonischen Flurbereinigung wurden<br />
sie zunehmend überflüssig. Heute spielen<br />
Grenzsteine kaum mehr eine Rolle im rechtlichen<br />
Sinn. Dennoch werden sie vielerorts noch immer<br />
gepflegt. So begehen die zuständigen deutschen<br />
und Schweizer Vermessungsämter im Gebiet von<br />
Kreuzlingen/Konstanz in regelmässigen Abständen<br />
gemeinsam ihre Grenzsteine. Für die Zollgrenze<br />
seien die Steine durchaus noch relevant, sagt<br />
Thomas Zehnder, Kommandant der Grenzwachtregion<br />
II. Wie alle neueren Grenzsteine sind die von<br />
Kreuzlingen/Konstanz aus Granit. In moderner<br />
Schlichtheit stehen sie da, in Gärten, an Strassenecken<br />
und im offenen, zaunlosen Gelände am See.<br />
Nach dem letzten Stein am Seeufer löst sich die<br />
Grenze in den Tiefen des Schwäbischen Meers auf.<br />
Das ist kein poetisches Bild, sondern ganz wörtlich<br />
zu verstehen: Der Bodensee ist völkerrechtliches<br />
Niemandsland, hier verläuft die einzige Grenze in<br />
Europa, die nie genau festgelegt wurde.<br />
Ganz anders sieht das in der Region Basel aus.<br />
Immer wieder neu definierte Gemeinde-, Kantons-,<br />
Bistums- und Landesgrenzen haben in dieser<br />
Gegend zu einer aussergewöhnlichen Dichte<br />
an Grenzsteinen geführt. Zu den Hotspots gehört<br />
die Enklave Biel-Benken, die seit 1526 zu Basel gehörte<br />
und vom katholischen Solothurn umschlossen<br />
war. Es gab hier auch eine Gegenreformation,<br />
DER GRENZSTEIN ALS BILDERSCHATZ<br />
Frühe Grenzsteine dienten der nüchternen<br />
Markierung der Hoheitsgebiete, trugen dabei<br />
aber oft eindrucksvoll gestaltete Motive:<br />
Bischofsstäbe, Kronen und Fürsteninsignien,<br />
Steinmetzzeichen, Glocken, Kreise,<br />
Türme, Rosetten, Davidsterne, Halbmonde,<br />
Schwurhände, Schlüssel, Stöcke, Lilien,<br />
Schwerter, Pilgerstäbe, Monstranzen, Salbenbüchsen,<br />
Krücken und natürlich vielerlei<br />
Tiere wie Hirsche, Stiere, Widder, Bären,<br />
Pferde, Fische, Adler und Hähne.<br />
die von Basel unterdrückt wurde und in deren<br />
Folge man an allen Grenzsteinen den Baselstab<br />
einhauen liess. Kein Wunder, wird Biel-Benken<br />
vom Lokalhistoriker O. Gass die «Wetterecke aller<br />
Markstreitigkeiten» genannt. Hier beeindrucken<br />
vor allem die Bistumssteine mit einem Reichtum<br />
an Formen und Wappen. Diese gehen auf die Basler<br />
Fürstbischöfe zurück, die vom 16. Jahrhundert<br />
an in Basel regierten. Es sind in der Regel geviertete<br />
Wappen, die den Bistumsstab mit dem Familienwappen<br />
des jeweiligen Bischofs kombinieren.<br />
SAMMELN, ARCHIVIEREN, SCHÜTZEN<br />
Dass in der Region Basel eine der wichtigsten<br />
Schweizer Grenzsteinsammlungen zu finden ist,<br />
erstaunt da nicht. Der Grenzsteinfriedhof bei der<br />
Kirche St. Arbogast in Muttenz mit 140 Steinen ist<br />
nach einer Idee des Muttenzer Schatzungsbaumeisters<br />
Jakob Eglin entstanden. «Im Verlaufe<br />
der Güterzusammenlegungen verschwinden die<br />
meisten alten Grenzen und damit verlieren die<br />
vielen, zum Teil uralten Gütersteine ihre Daseinsberechtigung.<br />
In die neuen Flurgrenzen dürfen sie<br />
nicht mehr gesetzt werden, da die kantonalen Bestimmungen<br />
für Neuvermarchungen Grenzsteine<br />
aus Granit vorschreiben», begründete Eglin seine<br />
Motivation. Die früheren Grenzsteine der Region<br />
bestehen meist aus Buntsandstein oder Jurakalk-<br />
38 Grenzsteine aus Granit<br />
befinden sich auf der 2,8<br />
Kilometer langen Berührungslinie<br />
zwischen Deutschland<br />
und dem Kanton Thurgau.<br />
Sie werden alle sechs Jahre<br />
von beiden Seiten gemeinsam<br />
überprüft.<br />
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