20.11.2017 Aufrufe

download - Campus Verlag

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

44 Kapitel 2<br />

dings »nicht gradlinig und nicht ohne Widersprüche« (Ruban 1981: 13) verlaufen,<br />

da einerseits bis zum Mauerbau 1961 die zeitweise zu nachhaltigem<br />

Ärztemangel führende Abwanderung von Medizinern nach Westdeutschland,<br />

andererseits auch Reformdiskussionen über eine Steigerung von Effektivität<br />

und Effizienz der Behandlung im ambulanten Sektor zu mehrfachen Modifikationen<br />

führten.<br />

Als die sowjetische Militäradministration im Sommer 1945 zur Bekämpfung<br />

von Geschlechtskrankheiten Spezialambulatorien gründen ließ und den<br />

Gesundheitsämtern spezifische ambulatorische, behandelnde Einheiten angeschlossen<br />

wurden, hingegen niedergelassenen Ärzten nur unter einschränkenden<br />

Rahmenbedingungen erlaubt wurde, diese Krankheiten zu behandeln,<br />

17 geschah dies noch weniger aus strategischen Überlegungen zur Umgestaltung<br />

des Gesundheitssystems, als vielmehr aus spezifischen Sachüberlegungen<br />

(Kirchberger 1986: 203–205). Bereits 1946/47 vertrat die Sozialistische<br />

Einheitspartei Deutschlands (SED) allerdings die Forderung nach<br />

»Verstaatlichung« als »demokratischem« Weg einer »Neuordnung des Gesundheitswesens«<br />

(SED 1947a: 168), »unter Ausschaltung aller privatwirtschaftlicher<br />

Interessen« (SED 1946: 37). Dies sollte durch die Errichtung<br />

von »gemeindliche[n] Polikliniken« (SED 1947: 154) bewirkt werden, die<br />

mit angestellten Ärzten arbeiten und »mit allen diagnostischen und therapeutischen<br />

Einrichtungen« ausgestattet sein sollten (SED 1947a: 174), da nur so<br />

»alle Errungenschaften der medizinischen Wissenschaft der gesamten Bevölkerung<br />

dienstbar gemacht« werden könnten (SED 1947a: 168–9). Zudem<br />

sollten »Betriebsambulanzen« (SED 1947: 150) eingerichtet werden, »zur<br />

Verhütung und zur rechtzeitigen Erkennung und Behandlung von Krankheiten«<br />

(SED 1947a: 173).<br />

Die zitierten SED-Forderungen lassen bereits deutlich die fünf programmatischen<br />

Zielrichtungen erkennen, die mit der Forderung nach Einführung<br />

poliklinischer Versorgungsformen verbunden waren: 18 Zum einen ging es<br />

um das allgemeine gesellschaftspolitische Interesse der in Ostdeutschland<br />

Regierenden an einer Überwindung kapitalistischen Wirtschaftens, welches<br />

eine Sozialisierung des Gesundheitssystems einschloß. Diese Sozialisierung<br />

wurde – zweitens – gleichzeitig als Weg zur »Demokratisierung« des Gesundheitssystems<br />

verstanden. Drittens bestand die Vorstellung – die auch<br />

nung, sondern um zwei Systeme aus der Brandbreite in Europa vorfindbarer Gesundheitsdienste,<br />

wird dieser sowjetische Einfluß über Gebühr vernachlässigt.<br />

17 Befehle 25, 30 und 194 der SMAD. Vgl. dazu Pritzel (1977: 29–30).<br />

18 Dazu aus damaliger Sicht der Anhänger dieser Politik auch Winter (1948).

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!