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Einleitung 13<br />
ein Verlust effektiver demokratischer Selbstbestimmung, der das steigende<br />
Unbehagen an der Politik erklären könnte.<br />
In diesem Buch können nicht alle Aspekte der Interaktion zwischen Politik<br />
und Ökonomie behandelt werden. Ich konzentriere mich auf den Beitrag<br />
der europäischen Integration zur Entstehung und zur Bewältigung der durch<br />
die ökonomische Integration erzeugten Legitimationsprobleme. Im Mittelpunkt<br />
des zweiten Kapitels steht deshalb die »negative Integration« in der<br />
Europäischen Gemeinschaft und ihr einzigartiger Erfolg bei der Beseitigung<br />
der in den Nachkriegsjahrzehnten gewonnenen Kontrolle des Nationalstaats<br />
über seine ökonomischen Außengrenzen. Durch die »Konstitutionalisierung«<br />
des Wettbewerbsrechts haben die Europäische Kommission und der Europäische<br />
Gerichtshof den Mitgliedstaaten die Möglichkeit genommen, die zunehmend<br />
mobileren finanziellen und wirtschaftlichen Interaktionen jeweils<br />
eigenen marktkorrigierenden Regelungen zu unterwerfen. Dieser Kompetenzverlust<br />
auf der nationalen Ebene könnte durch eine Politik der »positiven<br />
Integration« kompensiert werden, welche den weiteren Handlungsspielraum<br />
der Gemeinschaft für Zwecke einer marktkorrigierenden Re-Regulierung<br />
auf europäischer Ebene nutzt. Aber da Maßnahmen der positiven<br />
Integration von einem weitgehenden Einvernehmen der nationalen Regierungen<br />
im Ministerrat abhängen, können sie leicht durch Interessenkonflikte<br />
zwischen diesen blockiert werden. Im Ergebnis hätte dann die europäische<br />
Integration die Problemlösungsfähigkeit der Politik in Europa insgesamt<br />
vermindert.<br />
Im dritten Kapitel werden die Bedingungen, unter denen dies der Fall<br />
sein könnte, genauer analysiert. Es zeigt sich, daß es in der Tat Politikbereiche<br />
gibt, in denen die Handlungsfähigkeit der nationalen Politik durch die<br />
wirtschaftliche Integration nur unerheblich eingeschränkt wird und in denen<br />
auch die europäische Politik Regelungen beschließen kann, deren Schutzniveau<br />
das in den fortschrittlichsten Mitgliedstaaten erreicht oder sogar noch<br />
verbessert. Aber es gibt auch Politikbereiche, die für die Legitimität demokratischer<br />
Sozialstaaten von höchster Wichtigkeit sind und in denen die nationale<br />
Problemlösungsfähigkeit durch die wirtschaftliche Integration stark<br />
eingeschränkt wird, während alle Bemühungen um einheitliche europäische<br />
Regelungen durch Interessenkonflikte zwischen den Mitgliedstaaten blokkiert<br />
werden. Diese Problemlösungsdefizite gefährden in der Tat die demokratische<br />
Legitimität der europäischen Mehrebenenpolitik.<br />
Das vierte Kapitel wendet sich der nationalen Ebene zu, wo die größten<br />
der gegenwärtigen Probleme − Langzeitarbeitslosigkeit und die finanzielle<br />
Erosion des Sozialstaats − weithin als Folge der wirtschaftlichen Integration