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Weihnachtsgeschichte 2016

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„Habe ich dich erschreckt?“, fragte<br />

Hans in unschuldigem Ton.<br />

„Mich nicht, aber wenn dich Strauchdieb<br />

jemand anderes sieht, könnte sich<br />

die ganze Stadt erschrecken“, sagte sie<br />

und zog ihn von der Eingangstür weg<br />

in den Hof.<br />

„Was machst Du hier? Mein Onkel ist<br />

Euretwegen außer sich vor Wut“, flüsterte<br />

Marie während sie sich an ihren<br />

Liebsten drückte.<br />

„Ach, war der Pfeffersack bei Euch?<br />

Ich habe gesehen, wie er aufs Stadttor<br />

zulief. Dem haben wir einen ordentlichen<br />

Schrecken eingejagt“.<br />

„Ja, und wir mussten ihm seinen Verlust<br />

ersetzen“, bemerkte Marie verärgert.<br />

„300 Denare hat uns der Kaufmann<br />

abgeluchst. Mein Onkel hat<br />

gesagt, dass er Euch am liebsten hängen<br />

würde.“<br />

Hans hätte fast laut losgelacht. „Er<br />

hätte den Kaufmann aufhängen sollen.<br />

Der Lump hatte gerade mal 20 Denare<br />

bei sich gehabt.“ Marie entgleisten die<br />

Gesichtszüge, was Hans‘ Heiterkeit<br />

nur noch beflügelte.<br />

Nach einer kostbaren schweigenden<br />

Weile der Zweisamkeit ließen sie einander<br />

los und Hans sagte: „Da wir ja<br />

ohnehin des Todes sind, könnten wir<br />

unseren Kredit beim gestrengen Georg<br />

von Neuendorff ja noch ein wenig<br />

ausreizen.“ Damit griff er nach zwei<br />

der nackten Gänse, die vom Balken<br />

herabhingen.<br />

„Übertreib es nur nicht“, mahnte Marie,<br />

nahm ihm eine Gans wieder ab<br />

und hauchte ihm einen Kuss auf die<br />

Wange. Sie wusste, dass er wieder<br />

gehen musste, bevor der Nachtwächter<br />

seine Runde machte und es zu gefährlich<br />

würde, über die Stadtmauer<br />

zu klettern.<br />

***<br />

Hans Pfister war glücklich. Trotz seiner<br />

Abtrünnigkeit hielt Marie, die er<br />

schon als Kind kannte, ihm die Treue<br />

und wartete auf bessere Zeiten, in<br />

denen sie heiraten und fortan alle Tage<br />

zusammen sein konnten. Wie sie<br />

das ihrem Onkel beibringen wollten,<br />

wusste er freilich noch nicht. Sein<br />

Vater hatte dagegen nur ein Schulterzucken<br />

übrig gehabt. „Ihr seid beide<br />

erwachsen.“

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