4 L’estime / Stima Zusammenleben erfordert Respekt und Wertschätzung Die Erde ist sehr gross und bevölkerungsreich. Die Interaktion zwischen Menschen ist unvermeidlich und wir wollen diese Interaktion ja auch nicht vermeiden. Menschen sind wie Herdentiere. Zusammenleben ist ein Teil unserer Existenz. LINDA VAN VLIET Odd Fellows Niederlande Gleichzeitig will jeder Mensch seine Individualität ausleben. Jeder beansprucht Lebensraum. Dies ist nur möglich, wenn wir einander Freiraum geben und andere Meinungen respektieren. Als Odd Fellows haben wir das Prinzip, dass wir uns gegenseitig mit Respekt und Wertschätzung behandeln. Tatsächlich führt gegenseitige Ignoranz zu Frustration. Ehe man sich vorsieht, fokussieren wir uns auf Unterschiede und Schwächen. Es wäre wunderbar, wenn wir, anstatt auf unseren Schwachstellen herumzureiten, uns auf unsere Stärken besinnen und uns dazu bringen könnten, verschiedene Ansichten zu respektieren. Es ist erstrebenswert, so unterschiedlich wie möglich zu sein und sich auch darüber freuen zu können. Vielfalt und Verständnis Vielfalt gibt uns die Möglichkeit zu lernen und zu wachsen. Vielfalt war schon immer ein Teil von uns. Sätze, die mit «Zu meiner Zeit...» oder «Die Jugend von heute...» beginnen, zeigen uns, dass Vielfalt unsere grösste Stärke, aber in gleichem Mass auch unsere grösste Schwäche ist. Respekt und gegenseitiges Verständnis können Vielfalt jedoch zu unserer stärksten Eigenschaft machen. Jeder Mensch ist anders. Es gibt keine zwei Personen, die absolut identisch sind. Nicht einmal Zwillinge! Weil Vielfalt ein wesentlicher Teil von uns ist, gibt es immer Unterschiede, egal, wie klein diese sind. Wenn wir uns gegenseitig nur so anerkennen könnten, wie wir sind. Wenn wir auch einen ganz anderen Standpunkt schätzen könnten. Wenn wir Freude daran haben könnten, etwas Neues zu lernen. Wenn wir den Denkansatz eines anderen Standpunkts verstehen können, gibt es Wachstum. Wachstum im Denken und Handeln. Unser Orden würde sich erweitern. Denken wir an einen Hausbau. Wenn alle Wände in die gleiche Richtung stehen, wird das Haus schon beim ersten Sturm zusammenbrechen. Eine Kraft nach links muss mit einer Kraft nach rechts ausgeglichen werden. Vielfalt in Gedanken kann – wenn sie auf Respekt und Wertschätzung basiert – uns unterstützen und uns stärker machen. Jeder Mensch braucht Anerkennung, Bestätigung und Respekt. Es spielt keine Rolle, woher du kommst, wie du aufgewachsen bist, wie deine Ausbildung verlief oder welche Religion du hast. Wertschätzung in Facebook Dieses Gefühl der Zugehörigkeit: «Ich möchte gesehen werden, ich möchte, dass meine Handlungen anerkannt werden», ist mehr oder weniger in jedem präsent. Ein gutes Beispiel dafür ist Facebook. Die Leute posten die seltsamsten Dinge: was sie essen, wo sie sind, was sie tun oder wie glücklich sie sind. Mit einem Ziel und nur einem einzigen Ziel: so viele «Like»-Zeichen («Mag ich» oder «Daumen hoch») wie möglich zu sammeln. Die Anzahl dieser «Likes» ist ein Mass für den Grad der Wertschätzung und wir verwenden es, um dieses Gefühl der Wertschätzung zu bestärken. Facebook nutzt dieses menschliche Bedürfnis, sich geschätzt und anerkannt fühlen zu wollen. «Ich habe so viele Likes erhalten! Alle Es ist wirklich sehr erstaunlich, was Facebook alles für uns tut... ! meine Freunde denken, ich bin fantastisch und führe ein wundervolles Leben!» Wenn wir kurz darüber nachdenken, erkennen wir, dass dies eine leere Wertschätzung ist. Sie hat keinen nachhaltigen Wert. Die Wertschätzung, die wir von Facebook mit den Likes erhalten, ist nur eine Momentaufnahme und hat keinen wirklichen Wert. Sie ist vergleichbar mit einer Drogensucht. Wenn ein Abhängiger seine Droge benutzt, bekommt er kurzzeitig ein gutes Gefühl, aber dieses Gefühl vergeht sehr schnell. Das Verlangen nach diesem Wohlgefühl wird zur Sucht. Dies ist eine Abwärtsspirale. Wenn wir Facebooks Likes benötigen, um uns gut zu fühlen, werden wir die nächsten Like-Zeichen bald wieder brauchen. Wir werden auch immer mehr davon brauchen. Wir werden sehr enttäuscht sein, wenn die Anzahl der Likes unsere Erwartungen nicht mehr erfüllt. Ich denke, dass die Wertschätzung, welche wir auf Facebook erleben können, einen höheren Stellenwert erhalten könnte, wenn es eine Möglichkeit gäbe, «Don’t Like»-Zeichen («Mag ich nicht» oder «Daumen nach
unten») auszuwählen. Dann erst können wir sehen, ob unsere Beiträge wirklich gemocht werden oder nicht. Aber ein Daumen nach unten wird auf Facebook nicht geduldet. Alles muss gemocht