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Landkreis Marburg Biedenkopf - ganz persönlich

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NINA<br />

KRONJÄGER<br />

Foto: Christine Fenzl<br />

geb. 1967 in <strong>Marburg</strong> | zwei Kinder | 1986<br />

Abitur in <strong>Marburg</strong> | 1986 bis 1990 Schauspielschule<br />

Otto-Falckenberg-Schule in<br />

München | 1990 bis 2011 Theater-<br />

Engagements im Schauspielhaus<br />

Kiel, Schauspielhaus Zürich, Theater<br />

am Turm (Frankfurt) und an der<br />

Volksbühne Berlin | 1993 Kinodebüt<br />

im Film „Abgeschminkt“ | seither<br />

zahlreiche Kino- und Filmproduktionen,<br />

wie „Typisch Mann“ (2004),<br />

„Elementarteilchen“ (2006) oder „Ostwind“<br />

und „Ostwind 2“ (2013, 2015)<br />

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Nina Kronjäger<br />

TRAUMHAFTE KINDHEIT<br />

IN ZAUBERHAFTER STADT<br />

Keiner will das Baby sehen. 1967 sterben in <strong>Marburg</strong><br />

drei Mitarbeiter der Behring-Werke an einem<br />

Virus, der dem Ebola-Erreger gleicht: dem <strong>Marburg</strong>-Virus.<br />

Eingeschleppt von Meerkatzen, die als<br />

Versuchstiere für Behring importiert wurden. Die Freunde<br />

meiner Eltern rufen an und sagen am Telefon: „Wir haben<br />

Schiss vor Ansteckung. Wir schauen uns Nina nach der Eindämmung<br />

des Virus an.“ Diese Angst war unbegründet, denn<br />

die Stadt reagiert umgehend mit Quarantäne-Maßnahmen.<br />

<strong>Marburg</strong> hat alles, was ich mir als Kind wünschen kann. Es<br />

gibt den Fluss vor unserer Haustür. Ein Schloss oberhalb der<br />

Stadt. Verwinkelte Gassen. Es ist gemütlich! Aber nicht spießig.<br />

Mit Massen von jungen Menschen, die an der alten Uni<br />

studieren. An der Hand meines Vaters oder meiner Mutter<br />

gehe ich an der Lahn entlang zum Kinderladen. Ich passiere<br />

die eindrucksvolle Elisabeth-Kirche und lasse mir immer<br />

wieder das Leben der Heiligen Elisabeth aufs Neue erzählen.<br />

Wie sie jung verheiratet wurde, ihren Mann verlor, sich gegen<br />

den Willen des Hofes um die Armen kümmerte und<br />

selbst so früh verstarb. Sie wird mein erstes Idol.<br />

Unser Weg führt nach Zwischenhausen, wo 10 Elternpaare<br />

einen Kinderladen selbst auf die Beine stellen. Einen Ort, an<br />

dem die Eltern, Männer wie Frauen, an der Erziehungsarbeit<br />

beteiligt sind. Wir Kinder gewöhnen es uns an, unsere Eltern<br />

mit Vornamen zu rufen, denn Mami oder Papi heißen ja alle.<br />

Mit diesen Kindern bin ich heute noch befreundet, denn sie<br />

sind eher wie Geschwister, die ich nie hatte. Mittags gehen<br />

die Gründerfamilien in die Mensa essen und wir Kinder<br />

spielen dort mit dem überdimensionalen Vorhang der Aula<br />

oder am Fluss, stundenlang, selbstverloren, jeder Tag ein<br />

Abenteuer. Das Leben ein Traum.

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