Der Landkreis Schwäbisch Hall - ganz persönlich
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
216<br />
Doch irgendwann war die Kindheit vorbei,<br />
das Abitur geschrieben, die letzten Feten mit<br />
der Abschlussklasse im Schulzentrum West<br />
gefeiert und wir zerstreuten uns in alle Winde.<br />
Vorläufig kam ich nur bis Stuttgart, doch<br />
trotz der neuen Freiheit, trotz Kino, Theater<br />
und Disco, blieb ich <strong>Hall</strong> immer verbunden.<br />
Wie wenig meine Heimatstadt bereit war,<br />
mich loszulassen, merkte ich, als ich nach den<br />
Irrungen in die Welt der Banken und meinem<br />
Ausflug in die Naturwissenschaften endlich<br />
den richtigen Weg fand. Stift und Papier oder<br />
in der heutigen Zeit das Notebook, ein wenig<br />
Zeit zum Träumen und Grübeln und schon<br />
entstanden immer mehr Geschichten, die aufgeschrieben<br />
werden wollten. Was während<br />
des Studiums als Hobby begann, wurde zur<br />
großen Leidenschaft. Und wieder war die<br />
Heimat <strong>ganz</strong> nah und wollte ein zweites Mal<br />
neu erkundet werden. Mir schwebte ein historischer<br />
Roman vor. Eine Geschichte aus der<br />
Heimat, eine Milieustudie der Sieder mit ihren<br />
Lehensherrn und ihren Siedersknechten,<br />
und natürlich eine Studie der Frauen dieser<br />
Zeit und wie sie diese Gesellschaft erlebten.<br />
Verpackt in eine Krimihandlung, die die<br />
Zwänge und Vorurteile dieser Zeit entlarvt.<br />
„Die Tochter des Salzsieders“ war geboren –<br />
in meinen Gedanken zumindest. Doch wie<br />
aus diesen Ideen einen historischen Roman<br />
machen, dessen Daten und Fakten auch vor<br />
den kritischen Augen der His toriker Bestand<br />
haben? <strong>Der</strong>en Sozialgeschichte so fundiert ist,<br />
dass sich der Leser darauf verlassen kann: so<br />
war das Alltagsleben im sechzehnten Jahrhundert<br />
in <strong>Hall</strong>.<br />
... Kuchen- und Brunnenfest auf dem <strong>Hall</strong>er Marktplatz<br />
Eine Geschichte aus der Heimat, eine Milieustudie<br />
der Sieder mit ihren Lehensherrn und ihren<br />
Siedersknechten, und natürlich eine Studie der<br />
Frauen dieser Zeit. Verpackt in eine Krimihandlung,<br />
die die Zwänge und Vorurteile dieser Zeit entlarvt.<br />
„Die Tochter des Salzsieders“ war geboren –<br />
zunächst in meinen Gedanken.<br />
Es war ein Sprung ins kalte Wasser, doch<br />
Herausforderungen habe ich nie gescheut. Die<br />
Wissbegierde trieb mich – das hatte ich schon<br />
immer mit vielen meiner Romanheldinnen gemein.<br />
Wissenschaftlich zu forschen hatte ich<br />
während meines Geologiestudiums gelernt,<br />
nun war es nur ein anderes Thema, das ich<br />
mir erarbeiten musste. Ich machte mich also<br />
wieder nach <strong>Hall</strong> auf, lieh mir alles aus, was<br />
die Bücherei über die Geschichte zu lesen hatte,<br />
und meldete mich dann im Stadtarchiv an.<br />
Viele Tage saß ich dort, las und fragte und<br />
notierte mir alles. Noch heute bin ich für die<br />
unendliche Geduld aller dankbar, die mir immer<br />
neues Material beschafften und Antworten<br />
gaben.<br />
„Die Tochter des Salzsieders“ wurde ein<br />
riesiger Erfolg. Ich konnte es nicht fassen.<br />
Mehr als dreihunderttausend verkaufte Bücher,<br />
Übersetzungen und neue Verträge bei<br />
den Verlagen. Die Geschichte eines <strong>Hall</strong>er<br />
Mädchens hat mir eine Tür aufgestoßen und<br />
mir einen neuen Beruf ermöglicht, dem ich<br />
noch heute mit Begeisterung nachgehe. Natürlich<br />
bin ich weitergereist, habe Geschichten<br />
in <strong>ganz</strong> Süddeutschland, aber auch in Spanien,<br />
Irland, Wien und Paris gesammelt. Die<br />
Genres begannen sich zu vermischen. Es kamen<br />
zu den historischen Stoffen und Krimigeschichten<br />
noch fantastische Elemente hinzu<br />
und Vampire, die im Europa des 19. Jahrhunderts<br />
ihr Unwesen trieben. Und doch bin ich<br />
immer wieder nach <strong>Hall</strong> zurückgekommen.<br />
Es gab einfach noch so viel zu entdecken und<br />
noch mehr zu erzählen. „Die Tochter des<br />
Salzsieders“ wurde erwachsen und ist in die<br />
Wirren des Bauernkriegs gezogen. Für „Das<br />
Kreidekreuz“ war ich in vielen Orten im<br />
<strong>Landkreis</strong> unterwegs und habe akribisch die<br />
Überlieferungen aus jenen Kriegsjahren gesammelt.