Wirtschaftszeitung_04122017
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20 GELD & G<br />
Auf einem sanften Weg<br />
zu mehr Mitverantwortung<br />
Das Münsterland hat jetzt ein Kompetenzzentrum für Corporate Social Responsibility (CSR). Der<br />
Erfolg des Projektes steht und fällt mit dem Zugang zu den Unternehmen.<br />
In Sachen Nachhaltigkeit spielt der<br />
Chef der münsterischen Super-Biomarktkette<br />
seit30Jahreninder Profiliga.<br />
Jetzt will Michael Radau als<br />
CSR-Botschafter die kleinen und<br />
mittleren Unternehmen (KMU) des<br />
Münsterlandes aus der Kreisklasse<br />
heraushieven: Das neu gestartete<br />
Corporate-Social-Responsibility-<br />
Kompetenzzentrum schickt den<br />
Unternehmer als Anstifter durch die<br />
gesamte Region.<br />
„Uns geht es nicht um schnelle<br />
Renditen, sondern um echte<br />
Mehrwerte für kleinere und<br />
mittlere Unternehmen.“<br />
Dr. Udo Westermann<br />
Dabei geht der Münsteraner,<br />
zugleich Vorsitzender des<br />
Einzelhandelsverbandes<br />
Münsterland-Westfalen<br />
und Vizepräsident des<br />
Deutschen Handelsverbandes, selbst als<br />
Unternehmer mit gutem Beispiel voran–<br />
undlegt den Fokus auf Fairness, Nachhaltigkeit<br />
und die Balance zwischen Ökonomie<br />
und Ökologie: „Authentisch gelebte<br />
Nachhaltigkeit kann nur imGleichklang<br />
aller Komponenten und nicht im Fokus<br />
von ein oder zwei Einzelkomponenten<br />
funktionieren – sprich: Die Unterstützung<br />
einigersozialer Projektemacht eine<br />
Firma noch längst nicht zum nachhaltigen<br />
Betrieb.“<br />
Denn Radau ist ein alter Hase auf dem<br />
Gebiet,der die Werteder CorporateSocial<br />
Responsibility (CSR) längst verinnerlicht<br />
und wirtschaftlich verwirklicht hat.<br />
„Natürlich standen wir in der Bio-Lebensmittelbranche<br />
auch immer unter dem<br />
Druck, dass unsereanspruchsvollen Kunden<br />
nachhaltiges Wirtschaften hinter<br />
dem Produkt gefordert haben“, räumt<br />
Radau ein.<br />
Er zeigt, wasCSRmäßig<br />
möglich ist<br />
und will gutes<br />
Beispiel sein für<br />
KMU des Münsterlandes,<br />
von<br />
denen viele seit<br />
Jahren mit dem<br />
Thema und der<br />
mit ihm einhergehenden<br />
strategischen Ausrichtung fremdeln.<br />
Auch wenn die Zukunftsvision, in<br />
der die Betriebe in allen ökologischen, sozialen<br />
und ökonomischenPunkten nachhaltig<br />
wirtschaften, eine sehr reizvolle<br />
ist. Katharina Schwalm-Schäfer, Referatsleiterin<br />
des NRW-Wirtschaftsministeriums<br />
für Gesellschaftliche Verantwortung<br />
von Unternehmen, will einen sanfterenWeg<br />
beschreiten: Die Firmen sollen<br />
sich CSR erst einmal themenbezogen nähern,<br />
ihre Energien Schritt für Schritt in<br />
Ökologie, Mitarbeiterfreundlichkeit oder<br />
Projektpartner in Sachen CSR: Uschi Sander (Stadt Münster) (1. Reihe v. l), Winfried Eismann (Future e.V.), Ralf Weidmann (RP), Dr. Udo Westermann (Future<br />
e. V.), Dr. Norbert Tiemann (Westfälische Nachrichten) (2.Reihe v. l.), Myriam Horstmann (Aschendorff), Silja Steinbock (RP), Ursula Wermelt (Kreis Steinfurt),<br />
Michael Radau (Super-Biomarkt) und Birgit Neyer (Kreis Steinfurt).<br />
Fotos: Maike Harhues<br />
Unternehmenstransparenz stecken.<br />
Denn anders als Großunternehmen hättenKMU<br />
weder die personellen noch die<br />
wirtschaftlichen Mittel, ganze Abteilungenzugründen,<br />
um alle Nachhaltigkeits-<br />
Komponenten gleichmäßig und effizient<br />
zu beackern.<br />
Und für diese Arbeit ist jetzt endlich der<br />
offizielle Startschuss gefallen: „Nicht<br />
schon wieder etwas Neues“, das bekäme<br />
Dr.Udo Westermann vonFuturee.V.von<br />
den Firmenchefs immer wieder zu hören.<br />
Darum will der Leiter des Kompetenzzentrums<br />
mit Sitz am münsterischen<br />
Spiekerhof Hilfestellung leisten: „In gemeinsamen<br />
Workshops unter unserer Anleitung<br />
erarbeiten sich Unternehmer ihre<br />
unternehmensspezifische CSR-Strategie.<br />
Anschließend sollen diese Unternehmen<br />
Netzwerke bilden, sich austauschen und<br />
öffentlich zu CSR positionieren und dadurch<br />
die CSR-Entwicklung verstetigen.<br />
Das werden wir mit einer regionalen Anbieterplattform<br />
zu CSR verstärken.“<br />
Future e.V.und Projektpartner wollen<br />
die Initialzündung für nachhaltigeUnternehmensführung<br />
in der Region schaffen:<br />
„Uns geht es nicht um schnelleRenditen,<br />
sondern um echte Mehrwerte für kleinere<br />
undmittlereUnternehmen“, gibt Westermann<br />
die Marschrichtung vor. Ralf<br />
Weidmann, Abteilungsleiter der Bezirksregierung<br />
Münster, übergab dazu offiziell<br />
den Bewilligungsbescheid für das<br />
CSR-Kompetenzzentrum Münsterland.<br />
Das jüngste von landesweit sieben Kompetenzzentren<br />
kann sich jetzt nicht nur<br />
auf eine Finanzspritze von400 000 Euro<br />
aus Düsseldorf, sondern auch auf starke<br />
Projektpartner aus Wirtschaft und Verwaltung<br />
stützen, die ihm die Türen zu<br />
den Firmen öffnen: Die Kammern, die<br />
Wirtschaftsförderungen der Kreise und<br />
der Stadt Münster,der Bund der katholischen<br />
Unternehmen, die Fachhochschule,<br />
nachhaltig geführte Unternehmen<br />
und der Aschendorff-Verlag als Medienpartner<br />
sollen vor allem ihre Netzwerke<br />
öffnen und persönliche Beziehungen<br />
spielen lassen, um für verantwortungsvolle<br />
Unternehmensführungzusensibilisieren:<br />
„CSR-Strategien in der Firma zu<br />
entwickeln ist kein Nebenjob irgendeines<br />
Mitarbeiters. Für nachhaltige Unternehmensführung<br />
kann ich den Chef als Menschen<br />
am besten in der persönlichen Ansprache<br />
begeistern“, so Westermann.<br />
„Mit dem Zugang zu den Unternehmen<br />
steht und fällt das Projekt“, pfl<br />
ichtet<br />
Schwalm-Schäfer vom Ministerium bei.<br />
Deshalb waren die Ansprüche an den<br />
bundesweiten Verein „Future –Verantwortung<br />
unternehmen“ bei der Projektvergabe<br />
des Landes sehr hoch, der jetzt<br />
mit dem CSR-Kompetenzzentrum regional<br />
agiert. „Nachhaltigkeit ist heute<br />
Mainstream. Als wir die Projektausschreibung<br />
gelesen haben, dachten wir,<br />
den Job machenwir doch seit 30 Jahren“,<br />
resümiert Winfried Eismann, Bundes-<br />
Vorstand von Future e.V.Von Seiten der<br />
FH wird das Kompentenzzentrum von<br />
Petra Teitscheid, Professorin für Nachhaltigkeitsmanagement<br />
und Unternehmensorganisation,<br />
unterstützt. Ihren Blick<br />
möchte die Wissenschaftlerin besonders<br />
auf den Anfang der Wertschöpfungskette<br />
richten –sprich die Rohstoffbf eschaffung<br />
und -herstellung sowie den Transport<br />
zum Unternehmensstandort in der Region.<br />
Geradedas Transportsystem schreit nach<br />
Revolution:Dem CSR-Botschafter Radau<br />
brennenhierbesonders verantwortungsvolle<br />
Digitalisierung und E-Mobilität in<br />
der Logistik auf den Nägeln: „Schauen<br />
Sie mal, was für ein Konvoi an Paketdienstleistern<br />
sich täglich Stoßstange an<br />
Stoßstange durch die Wohngebiete<br />
schiebt“. Er stellt klar: „Nachhaltigkeit ist<br />
längst kein Gutmenschen-Thema mehr.<br />
Unsals Unternehmen ist es wichtig, dass<br />
CSR aus Überzeugung praktiziert wird.<br />
Intrinsische Motivation hat den längeren<br />
Atem.“ Das fordert Radau nicht nur von<br />
sich selbst,sondern auch vonseinen 600<br />
Mitarbeitern. Maike Harhues<br />
Finanzspritze aus Düsseldorf: Katharina Schwalm-Schäfer (Wirtschaftsministerium) (l.)<br />
und Ralf Weidmann (RP) (r.) überreichen Dr. Udo Westermann (Future e.V.) den Bewilligungsbescheid.<br />
CORPORATESOCIAL RESPONSIBILITY<br />
Die Diskussion um die gesellschaftliche Verantwortung<br />
von Unternehmen wird intensiv geführt. Das schlägt sich<br />
auch in neuen Begriffen nieder. Sohat Corporate Social<br />
Responsibility (CSR) als ein Strang der Nachhaltigkeitsdebatte<br />
das Leitbild des verantwortlichen unternehmerischen<br />
Handelns neu belebt. CSR steht für eine unternehmerische<br />
Strategie, bei der der Nutzen für das Unternehmen<br />
und der Nutzen für die Gesellschaft keine Gegensätze<br />
sind, sondern sich ergänzen und befördern. Es geht um<br />
ein Unternehmertum, das ökonomische, ökologische und<br />
soziale Unternehmensziele ausbalanciert. Die NRW-Landesregierung<br />
will verantwortungsvoll wirtschaftende<br />
Unternehmen unterstützen, indem sie gute Beispiele<br />
unternehmerischen Engagements im Kerngeschäft sichtbar<br />
macht und den Dialog voranbringt. Quelle: Land NRW