Living_Life_02_2018_140_dpi
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NO2 / <strong>2018</strong><br />
LIVINGLIFE<br />
&<br />
B A D E N - B A D E N<br />
MAGAZIN DER IMMOBILIEN R EGIONAL AG · PRODUKTION: K O PPELSTÄTTER MEDIA GMBH<br />
ARCHITEKTUR · MENSCHEN · KUNST
Lounge Chair & Ottoman Design: Charles & Ray Eames, 1956<br />
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Möbel · Leuchten · Accessoires · Design · Ausstellung auf 4 Etagen · Showroom im Kurgarten · Kaiserallee 1<br />
Merkurstr. 1, 76530 Baden-Baden, Telefon +49 (0) 72 21 / 28 12 00, info@candela-baden-baden.de, www.candela-baden-baden.de
EDITORIAL<br />
LIEBE LESERINNEN,<br />
LIEBE LESER,<br />
Sie halten die neue Ausgabe des Baden-Badener Magazins „<strong>Living</strong> & <strong>Life</strong>“ in den<br />
Händen. Ich muss offen sagen, wir sind alle von den vielen positiven Reaktionen der<br />
ersten Ausgabe überrascht. Baden-Baden lebt von seinem Gesamtambiente, eingebunden<br />
in das grüne Tal der Oos. Es sind die einzigartige Architektur, die Kunst, die<br />
Baukultur und die kreativen Menschen, die diesen Fleck Erde so liebens- und lebenswert<br />
machen. Wir versuchen, gemeinsam mit einem erfahrenen Journalistenteam,<br />
diesem Zauber auf den Grund zu gehen. Internationale Architektur in Baden-Baden<br />
spielt ebenso eine Rolle, wie die Bewerbung Baden-Badens zum UNESCO-Weltkulturerbe<br />
oder die Kunst im Museum Frieder Burda und das Festspielhaus. Aber auch<br />
die erfolgreichen Lichtdesigner Markus Wörgau und Wolfgang Langner sowie der<br />
einzigartige Lampenanzünder vor dem Kurhaus kommen zu Wort.<br />
Wald und Holz spielen eine große Rolle in diesem Heft, wir werfen einen Blick auf die<br />
unglaubliche Faszination des Schwarzwaldes und auch des Baden-Badener Stadtwaldes<br />
– mit der größten kommunalen Waldfläche in Süddeutschland. Wir haben den Landesforstpräsidenten<br />
Max Reger zum Gespräch getroffen und einem der erfolgreichsten<br />
Naturfotografen, Klaus Echle („Der mit dem Fuchs tanzt“), über die Schulter geschaut.<br />
„<strong>Living</strong> & <strong>Life</strong>“ ist ein rein journalistisch geprägtes Magazin. Unsere Reporter sprachen<br />
mit dem weltberühmten britischen Maler, Grafiker und Bühnenbildner David Hockney<br />
und mit der japanischen Künstlerin Masayo Odahashi. Wir beleuchten außerdem die<br />
einzigartige Kindermusikwelt Toccarion im Festspielhaus Baden-Baden. Und es gibt<br />
noch ein Kuriosum: Der britische Komiker „Mr. Bean“ war in Baden-Baden. Er ist ein<br />
ausgesprochener Liebhaber moderner Architektur und liebt das Wechselspiel zwischen<br />
Natur und Wohnen. Der frühere Mannschaftsarzt der Fußball-Nationalmannschaft,<br />
Professor Heinrich Liesen, lebt in Baden-Baden und berichtet über seine Sichtweise auf<br />
diese Stadt. Ein Highlight ist auch die Begegnung mit dem aus Baden-Baden Steinbach<br />
stammenden Innenarchitekten Gunter Fleitz: Seine Entwürfe und Ideen prägen Gebäude<br />
in aller Welt, in allen Erdteilen – und auch mitten in Baden-Baden.<br />
Viel Freude bei der Lektüre!<br />
Ihr<br />
MARTIN ERNST<br />
Immobilien Regional AG<br />
Vorstand<br />
LIVING & LIFE 3
RUBR IK<br />
58<br />
12<br />
INHALT<br />
6<br />
SCHEIBEN-<br />
SCHLÖSSCHEN<br />
Ein Juwel im Herzen<br />
Baden-Badens<br />
26<br />
BR AHMSHAUS<br />
Das Glück vergangener<br />
Stunden<br />
12<br />
18<br />
FÜRSTENBAHNHOF<br />
Kindermusikwelt Toccarion<br />
WELTKULTURERBE<br />
Zukunft Baden-Badens<br />
30<br />
32<br />
T IPPS<br />
SEHNSUCHTSORTE<br />
Gespräch mit dem Architekten<br />
Gunter Fleitz<br />
24<br />
A M ERIKANISCHER<br />
T R AUM<br />
Museum Frieder Burda:<br />
America! America!<br />
38<br />
42<br />
L ICHT IST LEBEN<br />
Candela-Leuchten<br />
LAMPENANZÜNDER<br />
Es ist, als ob er einen neuen<br />
Stern erschafft<br />
6 78<br />
4 LIVING & LIFE
RUBR IK<br />
46<br />
32<br />
46<br />
HARALD WOH L FAH RT<br />
Star-Koch unter Klassikstars<br />
64<br />
DER MIT DEM<br />
F UCHS TANZT<br />
Naturfotograf Klaus Echle<br />
IMPRESSUM<br />
HERAUSGEBER<br />
Martin Ernst, Vorstand<br />
Immobilien Regional AG<br />
48<br />
52<br />
58<br />
GESPRÄCH<br />
mit dem Sportmediziner<br />
Professor Heinrich Liesen<br />
ER NST & ER NST<br />
Interview mit Martin Ernst und<br />
Theresa-Luisa Ernst<br />
BEGEGN UNG<br />
David Hockney<br />
72<br />
78<br />
80<br />
82<br />
ÖKOLOGISCH E<br />
V IELFALT<br />
Gespräch mit Baden-<br />
Württembergs Forstpräsidenten<br />
Max Reger<br />
M ASAYO ODA H ASH I<br />
Es gibt immer ein Morgen<br />
„ M R . BEAN“ I N<br />
BADEN-BA DEN<br />
IM GESPRÄCH<br />
Zahnmediziner<br />
Dr. Sven-Marcus Beschnidt<br />
und Zwei-Sterne-Koch<br />
Paul Stradner<br />
R EDA KTIO N U ND<br />
P RO D U KTIO N<br />
Koppelstätter Media GmbH<br />
Friedrichstraße 2, 76530 Baden-Baden<br />
hok@koppelstaetter-media.de<br />
www.koppelstaetter-media.de<br />
Horst Koppelstätter (V.i.S.d.P.),<br />
Ariane Lindemann, Stefan Tolksdorf<br />
Gestaltung: Sabine Ostholt<br />
Koordination: Judith Kirschner-Forcher,<br />
Hanna Faust und Kristina Lott<br />
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Blick vom Florentinerberg auf die<br />
Stiftskirche Baden-Baden<br />
Foto: Monika Zeindler-Efler<br />
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Judith Kirschner-Forcher<br />
kirschner-forcher@koppelstaetter-media.de<br />
Telefon: 07221-9737215<br />
F O T O S<br />
Koppelstätter Media GmbH, Immobilien Regional<br />
AG, Privat, Monika Zeindler-Efler, Michael Bode,<br />
TASCHEN GmbH / Mark Seelen, Museum<br />
Frieder Burda Baden-Baden, Galerie B, Deutsche<br />
UNESCO-Kommission / Sarah Larissa Heuser,<br />
Oetker Collection, Shutterstock, Zooey Braun,<br />
Sander & Bastian, Bundesministerium der<br />
Finanzen / Thomas Koehler, Ippolito Fleitz Group,<br />
iStockphoto, Ronny Schönebaum, Baden-Baden<br />
Kur & Tourismus GmbH, picture alliance /<br />
Photoshot, Matthias Vriens-McGrath, Klaus Echle<br />
86<br />
3 F R AGE N AN<br />
Nora Waggershauser<br />
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www.kraft-premium.de<br />
© 2017<br />
Alle Rechte für Idee, Gestaltung,<br />
Texte, Fotos bei Koppelstätter Media GmbH.<br />
Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit<br />
Genehmigung der Redaktion.<br />
64<br />
LIVING & LIFE<br />
5
RUBR IK<br />
SCHEIBENSCHLÖSSCHEN<br />
EIN JUW E L IM HER Z E N BA D E N-BA D E N S<br />
6<br />
LIVING & LIFE
PALAIS HAB ER<br />
VON HORST KOPPELSTÄTTER<br />
er Blick aus dem Fenster fällt auf ein heute eher<br />
D unscheinbares Areal. Doch hier bewohnte einst<br />
die badische Großherzogin Stephanie ihr wunderschönes<br />
Gartenpalais inmitten eines großen englischen Parks. Das<br />
war in den Jahren nach 1811, als die (vermutliche) Mutter<br />
des sagenumwobenen Kaspar Hauser regelmäßig in ihrer<br />
herrlichen Sommerresidenz wohnte. Stephanie liebte Baden-Baden.<br />
Heute steht an dieser Stelle die Baden-Badener<br />
Realschule. Die Stephanienstraße ist immer noch nach der<br />
kaiserlichen Prinzessin Stéphanie Louise Adrienne de Beauharnais<br />
– auch Stéphanie Napoléon – benannt, die ja<br />
Adoptivtochter von Napoléon Bonaparte war.<br />
Wir befinden uns genau gegenüber in der Stephanienstraße<br />
7, im so genannten Scheibenschlösschen. Es handelt sich<br />
um eines der ganz wenigen in Süddeutschland noch vollkommen<br />
erhaltenen Stadtpalais nach französischem Vorbild.<br />
Ein Juwel mitten in Baden-Baden in einer Umgebung,<br />
die von einzigartigen biedermeierlichen Häusern geprägt<br />
ist. Dieser Teil Baden-Badens gilt unter Experten als ausgesprochen<br />
wichtig auf dem Weg der Stadt, Weltkulturerbe<br />
der UNESCO zu werden.<br />
Wir sind mit dem Eigentümer des Schlösschens, Alexander<br />
Antonow, verabredet, der mit seiner charmanten Frau die<br />
Gäste in der Beletage empfängt. Wann haben Sie dieses<br />
Haus eigentlich gekauft? Antonow: „Nein, nein, ich habe<br />
es nicht gekauft. Ich habe das Gebäude von meinen Eltern<br />
im Jahr 1993 geerbt. Meine Familie lebt seit Generationen<br />
in Frankfurt. Wir sind bis hin zu meinem Großvater<br />
Bauingenieure und Baumeister. Das ist unsere Passion. Ich<br />
liebe historische Gebäude und plane gerne Großprojekte<br />
mit moderner Technik“, schmunzelt Antonow, dessen leiblicher<br />
Vater ein Russe war.<br />
Und dann kommt er ins Schwärmen: „Wo gibt es noch so<br />
ein komplett erhaltenes Gebäude in Süddeutschland? Das<br />
Anwesen ist ein vollständiges Ensemble mit Wohnbau,<br />
Hofdurchfahrt mit Pförtnerwohnung, Innenhof und Remise<br />
mit Bedienstetenwohnung darüber sowie hochgelegenem<br />
Garten mit Zugang zum ersten Obergeschoss.“<br />
LIVING & LIFE 7
RUBR IK<br />
Es ist ein Palais wie aus einer anderen Zeit. Antonow und<br />
seine Frau begannen in den 90er Jahren, das historische<br />
Ensemble mit viel Geschick und Sachverstand umfassend<br />
zu sanieren. Stück für Stück, Zentimeter um Zentimeter<br />
wurde alles nach Originalvorbild erneuert. „Es hat ein<br />
Vermögen gekostet“, entfährt es Antonow kurz und dann<br />
fügt er hinzu: „ ... , aber es hat sich gelohnt.“ Heute sind alle<br />
Wohnungen vermietet, lediglich ein Stockwerk bewohnt<br />
Alexander Antonow mit seiner Familie selbst.<br />
Welch hohen Rang das Gebäude hat, beschreibt auch Clemens<br />
Kieser vom Landesdenkmalamt Baden-Württemberg<br />
in einem Gutachten über das Scheibenschlösschen, auch<br />
„Palais Haber“ genannt: „Das Anwesen zeichnet sich neben<br />
seiner hohen baulichen Qualität durch seinen außergewöhnlich vollständigen<br />
und guten Erhaltungszustand aus. Dies gilt insbesondere<br />
für die hochwertige und denkmalgerecht restaurierte Innenausstattung.<br />
Fast alle Holzteile besitzen noch ihre Originalsubstanz und<br />
mussten nur selten materialgerecht nachgebildet werden. Dies gilt<br />
für die Fenster der Wohnungen und des Treppenhauses, die Türen<br />
und die Torfahrt, die Stuckdecken und die Fußbodenbeläge. So zeigt<br />
die Tordurchfahrt noch den ursprünglichen Belag mit großen Sandsteinplatten<br />
und das repräsentative Außentor mit reich dekorierten<br />
Gittern aus Gusseisen.<br />
Bemerkenswert ist, dass der Funktionszusammenhang des herrschaftlichen<br />
Stadtpalais noch sehr gut ablesbar ist: In der Torfahrt<br />
befindet sich noch das Fenster zur Pförtnerloge, dahinter die<br />
Pförtnerwohnung. In der Durchfahrt konnten die aus der Kutsche<br />
steigenden Besucher trockenen Fußes das Treppenhaus durch einen<br />
Gang mit Kreuzgewölbe erreichen. Die Kutschen und Pferde fuhren<br />
zum Wenden beziehungsweise Ausspannen in den Hof. Am heute<br />
zu Wohnraum umgenutzten Seitengebäude befanden sich Remise<br />
und Stallungen, die an den Gewänden des Untergeschosses noch<br />
ablesbar sind. Darüber befand sich die Kutscherwohnung. Neben<br />
der Haupttreppe im Wohnhaus kann in der heutigen Waschküche<br />
8<br />
LIVING & LIFE
RUBR IK<br />
BELETAGE<br />
noch der Verlauf einer Nebentreppe nachvollzogen werden, die den<br />
Dienstboten vorbehalten war.<br />
Die heute aufgeteilten herrschaftlichen Wohngeschosse zeigen im<br />
ersten Obergeschoss unter anderem originale Bodenfliesen, Parkette,<br />
Lamperien, aufwändige plastische Stuckgestaltungen und mehrere<br />
stattliche historische Kachelöfen. Auch im zweiten, ebenfalls aufgeteilten<br />
Obergeschoss findet sich eine ähnliche Ausstattungsfülle mit<br />
zwei weiteren bauzeitlichen Öfen. Besonders bemerkenswert ist hier<br />
der historische Ziererker mit farbigen Glasfenstern. Weiterhin zeigen<br />
sich in den herrschaftlichen Wohnungen neben den Fensterläden<br />
noch die historischen Fensterbeschläge und -verschlüsse.“<br />
Eine Expertise des Landesdenkmalamtes, die nicht besser<br />
ausfallen könnte und die für sich spricht. Eigentlich müsste<br />
also alles eitel Sonnenschein sein, perfekter und schöner<br />
kann man sich ein Leben in Baden-Baden kaum vorstellen.<br />
Doch der ausgewiesene Architekturexperte Antonow sieht<br />
manch dunkle Wolke am Himmel aufziehen: Es ist nicht<br />
der Blick auf die Realschule gegenüber, der ihn stört, die<br />
Schule ist längt Bestandteil des Stadtbildes, doch der Blick<br />
aus dem Fenster auf der anderen Seite fällt auf den tristen<br />
Beton des Parkplatzes der lokalen Zeitung Badisches Tagblatt.<br />
Hier stand einst die Jüdische Synagoge Baden-Badens,<br />
die von den Nazis zerstört wurde. Antonow mutmaßt,<br />
dass nach dem Neubau des Zeitungsverlages im Industriegebiet<br />
dieses innerstädtische Filetstück früher oder später<br />
verkauft und einmal mit teuren Wohnblocks bebaut wird.<br />
Noch schlimmer trifft ihn die aktuelle Planung des direkt<br />
angrenzenden Vincenti-Areals. Das dortige Altenheim ist<br />
in die Cité gezogen und nun sollen hier Luxuswohnungen<br />
mit einer nach Antonows Dafürhalten „hässlichen“ Architektur<br />
entstehen. Antonow: „Das wird diesem wunderschönen<br />
historischen Areal überhaupt nicht gerecht. Hier wird<br />
viel zerstört.“ Hören wollte seine Einwände bislang kaum<br />
einer.<br />
LIVING & LIFE 9
RUBR IK<br />
PALAIS HABER<br />
GESCHICHTE DES SCHEIBENSCHLÖSSCHENS<br />
Der Werkmeister Ludwig Britsch erwarb 1853 das Grundstück<br />
und errichtete hier bis 1855 nach eigenen Planungen<br />
ein herrschaftliches Gebäude mit Seitenflügel, Hof und<br />
Garten. Das Gebäude verkaufte Britsch dann bereits 1855<br />
für 40.000 Gulden an den bedeutenden Karlsruher Bankier<br />
Moritz Salomon von Haber (1798-1874), der es für seinen<br />
Sohn Heinrich erwarb. Heinrich von Haber (geboren 1824)<br />
diente als österreichischer Offizier in der nahen Bundesfestung<br />
Rastatt und behielt das Gebäude bis zu seiner Übersiedlung<br />
nach Paris im Jahre 1880. Sein Vater, Moritz Salomon<br />
von Haber, hatte als Karlsruher Großfinanzier und<br />
Berater des großherzoglichen Paares in den frühen 1840er<br />
Jahren im Mittelpunkt der von Ehrenhändeln und öffentlichem<br />
Aufruhr begleiteten „Haber-Affäre“ gestanden.<br />
Seit 1880 war das Haus im Besitz des Arztes Dr. Emil<br />
Knecht, der 1899 Stallungen und Remise zur Wohnnutzung<br />
umbauen ließ. Nach dem 1920 erfolgten Erwerb führten die<br />
renommierten Architekten Scherzinger und Härke als neue<br />
Eigentümer 1926 neben kleineren Grundrissveränderungen<br />
einen Ausbau des Dachgeschosses durch. Auch wurde 1935<br />
nach eigenem Entwurf eine Haustüre eingesetzt, zumal der<br />
Zugang vorher nur über die Torfahrt möglich gewesen war.<br />
Bei dem Anwesen handelt es sich um ein besonders gutes<br />
und gut erhaltenes Beispiel des privatwirtschaftlichen, gehobenen<br />
Wohnungsbaus in der Blütezeit der europäischen<br />
Kurstadt Baden-Baden.<br />
Der zu Wohlstand gekommene Werkmeister Ludwig Britsch<br />
(gestorben 1856) schuf hier auf einem topographisch ungünstigen<br />
Eckgrundstück in Hanglage mit großem Geschick<br />
ein repräsentatives Stadtpalais. Beispielhaft führte Britsch<br />
vor, welches die ästhetischen und lebensweltlichen Bedürfnisse<br />
der europaweit in das Modebad zuziehenden aristokratischen<br />
und großbürgerlichen Oberschicht waren.<br />
Ludwig Britsch, der den Titel „Werkmeister” führte, entwickelte<br />
sich in den 1830er und 1840er Jahren zum erfolgreichsten<br />
lokalen Baumeister in Baden-Baden. Formal von<br />
der Karlsruher Bauschule – unter dem allmächtigen Heinrich<br />
Hübsch – beeinflusst, führte er in der Kurstadt eine<br />
Reihe von Um- und Neubauten durch, die in den Stadtgeschichtlichen<br />
Sammlungen Baden-Baden dokumentiert sind,<br />
darunter sogar einige Hotelbauten. Von der Hand des Ludwig<br />
Britsch stammen weiterhin sein eigenes Wohnhaus in<br />
der Stephanienstraße 14 (1835), das Fürstenbergische Palais<br />
(Stephanienstraße 15, 1833/34), das Haus Stephanienstr. 16<br />
(1832-35) und die Villa von Bose (Stephanienstr. 13, 1853).<br />
10<br />
LIVING & LIFE
P ALAIS<br />
H A B ER<br />
Weiterhin schuf Britsch das Wohnhaus des Gemeinderats<br />
Ehinger in der Lichtentalerstraße 26 (1840, abgebrannt<br />
1935). In ihrer Dissertation zum Villenbau in Baden-<br />
Baden hebt Leni Niemann die Vorliebe des Entwerfers für<br />
bauplastische Zierelemente hervor, die auch an der Fassade<br />
des hier behandelten Hauses sichtbar sind. Weiterhin<br />
bemerkte die Autorin die bemerkenswerte zeichnerische<br />
Qualität der Planvorlagen sowie die Fähigkeit von Ludwig<br />
Britsch, vorgegebene Grundrisstypen für seine anspruchsvollen<br />
Wohnbauten repräsentativ zu interpretieren.<br />
Die Karriere des Ludwig Britsch, er war zunächst Maurermeister,<br />
dann erfolgreicher Architekt und Bauunternehmer,<br />
ist auffallend. Er erwarb Baugrundstücke, schuf vornehme<br />
Wohnbauten auf eigene Rechnung, die er dann gewinnbringend<br />
veräußerte. Sein Erfolg steht damit beispielhaft für die<br />
sozialen Umbrüche des 19. Jahrhunderts, die solche wirtschaftlichen<br />
und sozialen Aufstiege vom Handwerker zum<br />
nicht akademisch gebildeten Baumeister ermöglichten. Seinen<br />
Erfolg verdankte Ludwig Britsch dabei auch dem beispielhaften<br />
Aufstieg der Stadt Baden-Baden zum mondänen<br />
Modebad und den damit einhergehenden Renditen.<br />
Die dreigeschossige Straßenfassade des Hauses Stephanienstraße<br />
7 zeigt eine gut gelungene Umsetzung eines<br />
Stadtpalais des Historismus, das in seinem Stilempfinden<br />
als romantisierende Neorenaissance mit biedermeierlichem<br />
Einschlag charakterisiert werden kann. Das Untergeschoss<br />
der Fassade bildet eine schwere Rustizierung, darüber wird<br />
ein freieres, handwerklich ausgezeichnet umgesetztes Spiel<br />
mit architektonischen Zierformen entwickelt. Die Geländeunterschiede<br />
des Terrains sind durch ein rustiziertes Kellergeschoss<br />
mit Toreinfahrt, die ursprünglich den einzigen<br />
Zugang bildete (zusätzliche Tür 1920), ausgeglichen. Die<br />
Fassaden sind im Gegensatz zu den schlichteren Rückfassaden<br />
reich geschmückt: Rundbogenfenster werden zu den<br />
beiden Mittelrisaliten zusammengefasst und von Säulen in<br />
der Mitte getragen. Hier finden sich, von einem Sohlbankgesims<br />
geteilt, unter einem umlaufenen Kranzgesims Pilaster,<br />
Verdachungen, Brüstungsornamente, Voluten, Bänder,<br />
Rosetten, Balkone auf Konsolen mit verzierten Brüstungen<br />
und ein romantischer Eckerker. Insgesamt gelang dem Architekten<br />
Britsch eine opulente, aber würdevolle, künstlerisch<br />
stimmige Inszenierung eines repräsentativen, städtebaulich<br />
wirksamen Eckgebäudes.<br />
AUSZUG AUS „BEGRÜNDUNG DER DENKMALEIGENSCHAFT“ VON<br />
DR. CLEMENS KIESER, LANDESDENKMALAMT BADEN-WÜRTTEMBERG<br />
LIVING & LIFE 11
RUBR B LAU IK IN DER K UNST<br />
2013 wurde das Toccarion im Alten Fürstenbahnhof eröffnet. Der Bau im italienischen Renaissancestil wurde dafür aufwendig restauriert.<br />
ALTER<br />
FÜRSTENBAHNHOF<br />
IST HEUTE SPIELPLATZ<br />
FÜR MUSIK<br />
12<br />
LIVING & LIFE
TOCCARION<br />
VON A RIANE L INDEMANN<br />
m Westflügel des alten Bahnhofs in Baden-Baden gingen<br />
früher Staatsoberhäupter und weltweit bekannte<br />
I<br />
Künstler ein und aus: Großherzog Friedrich I. von Baden<br />
empfing in dem repräsentativen Gebäude hochrangige<br />
Gäste, die mit dem Zug in die Kurstadt reisten. Vom<br />
Gleis aus ging es überdacht in die edlen Räumlichkeiten<br />
des so genannten Fürstenbahnhofes – eine architektonische<br />
Besonderheit, die man sonst nur in Residenzstädten und<br />
wenigen Kurorten antraf. Der Hofzug des Kaisers hielt<br />
damals exakt so am Baden-Badener Bahnsteig, dass sich<br />
die Flügeltüren zum „Fürstenzimmer“ öffnen konnten, aus<br />
denen der Großherzog seinen VIP-Gästen entgegentrat.<br />
Seit der Stilllegung des Baden-Badener Bahnhofs 1977<br />
wurden die Räumlichkeiten unter anderem mehrere Jahre<br />
als „Automatenspiel“ des Casinos Baden-Baden genutzt,<br />
erstrahlten aber nie wieder in ihrem alten Glanz. Der alte<br />
Bahnhof, der seit 1998 als Vestibül in das Festspielhaus an<br />
Stelle der Gleise einbezogen ist, hat viele prominente Gäste<br />
gesehen, die bis 1918 mit schnaubenden Dampfloks vor<br />
dem Prachtbau quietschend zum Stehen kamen.<br />
Der Bahnhof wurde zwar stillgelegt, das Quietschen aber<br />
ist nicht verhallt. Im Gegenteil. Wer heute vor dem eklektizistischen<br />
Gebäude im italienischen Renaissancestil steht,<br />
kann es ganz laut hören. Es kommt aus dem Inneren des<br />
prächtigen Westflügels: Hier probieren sich Kinder an der<br />
Posaune – das klingt manchmal schräg, macht aber großen<br />
Spaß. Sie pusten in die Tuba, toben und tanzen, springen<br />
auf einem begehbaren Piano, zaubern auf verschiedenen<br />
Instrumenten tolle Klänge und Rhythmen hervor – dirigieren<br />
sogar selbst Mozart und Bach.<br />
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LIVING & LIFE 13
RUBR IK<br />
14<br />
LIVING & LIFE
TOCCARION<br />
TOCCATA · TOCCARE<br />
TOC CARION<br />
Der ehemalige Fürstenbahnhof ist mittlerweile täglich<br />
von Musik erfüllt: Die einzigartige Kindermusikwelt<br />
„Toccarion“ der Sigmund-Kiener-Stiftung im Festspielhaus<br />
Baden-Baden führt junge Menschen zwischen fünf<br />
und zwölf Jahren spielerisch an die faszinierende Welt<br />
der Musik heran.<br />
Auf einer Fläche von 600 Quadratmetern können die Kids<br />
hier nach Lust und Laune aktiv werden, ausprobieren,<br />
selbst komponieren, Töne erzeugen, eine Klarinette auseinander<br />
nehmen oder eine echte Geige streicheln. Spaß an<br />
der Musik, am Erzeugen von Klangwelten, am Lauschen<br />
und Staunen stehen dabei im Vordergrund. Der Name<br />
Toccarion ist eine neue Wortkreation, in der zwei Begriffe<br />
aus der Musik anklingen: „toccata“ (ein frei gespieltes Musikstück)<br />
und „toccare“ (italienisch für berühren, betasten,<br />
anfühlen).<br />
„Es ist ein „Glücksfall“, dass der Originalzustand des Gebäudes<br />
dank des Engagements der Sigmund-Kiener-Stiftung<br />
an vielen Stellen wieder hergestellt werden konnte“, so<br />
der für Baden-Baden zuständige Gebietstreferent des Landesdenkmalamtes,<br />
Dr. Martin Wenz. „Unter den erhaltenen<br />
Bahnhofsbauten der zweiten Generation (um 1890) ist<br />
dies bestimmt der wichtigste in Baden-Württemberg“, so<br />
Wenz zum seit 2013 vollständig restaurierten Gebäude.<br />
Als es an die Planungen für das Toccarion ging, entschied<br />
Stifter Sigmund Kiener, keine Kosten und Mühen zu<br />
scheuen, diese Räume der Öffentlichkeit und vor allem<br />
kommenden Generationen von Musikliebhabern zurückzugeben.<br />
In enger Zusammenarbeit mit dem Landesamt<br />
für Denkmalpflege führten mehrere Restauratoren die aufwendigen<br />
Maßnahmen in den Prunkräumen und an den<br />
Fassaden des früheren Fürstenbahnhofs durch.<br />
Der Fürstenbau hatte den Krieg gut überstanden, entkam<br />
in den Siebziger Jahren nur knapp der Abrissbirne<br />
und gilt heute als Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung<br />
gem. § 12 des Denkmalschutzgesetzes Baden-Württemberg.<br />
Der Bau wies starke Verschmutzungen auf, der<br />
Sandstein der Fassade war durch den Dampflok-Ruß zum<br />
Teil stark beschädigt. Da der Großherzog und viele seiner<br />
Gäste starke Zigarrenraucher waren, musste im Hauptempfangsraum<br />
ein dicker Nikotinfilm mit aufwendiger<br />
Ablösetechnik beseitigt werden. Die schmuckvollen Tapeten<br />
wurden aufgearbeitet und angepasst. Deckenmalereien<br />
und Wände konnten ausgebessert werden, die mit einer<br />
zeittypischen Bierlasur überzogenen Holztäfelungen wurden<br />
behutsam instandgesetzt – auch die Fenster, die alle<br />
noch aus der Bauzeit stammen. „Dabei sollte eine gewisse<br />
Patina ganz bewusst erhalten werden“, so Konservator<br />
Wenz.<br />
LIVING & LIFE 15
RUBR B LAU IK IN DER K UNST<br />
„Es ist unglaublich wichtig, etwas für Kinder zu tun”, findet auch Udo Lindenberg, hier mit Stefan Kiener (rechts),<br />
der die Kindermusikwelt gemeinsam mit seiner Frau Nicole leitet.<br />
Heute führt ein Team aus 14 Musiklotsen täglich Gruppen<br />
von Kindergärten, Schulklassen und Musikvereinen oder<br />
Einzelbesucher durch den liebevoll restaurierten Bau. Das<br />
Konzept ist einzigartig. Der Stifter Sigmund Kiener hat<br />
die Kinderwelt ins Leben gerufen und mit 4,5 Millionen<br />
finanziert. Ein erheblicher Teil des Geldes wurde für die<br />
Restaurierung der historischen Räume eingesetzt. Zur<br />
Eröffnung im Mai 2013 kam Sopranistin Anna Netrebko<br />
und war nicht nur als gefeierter Star der Opernwelt begeistert,<br />
sondern auch als Mutter sofort angetan von den<br />
Möglichkeiten, die Kinder hier haben. Viele große Musiker<br />
unterstützen das Projekt und zeigen den jungen Menschen,<br />
was ihnen persönlich am meisten Freude bereitet,<br />
sind hautnah dabei und machen selbst mit. Die deutsche<br />
Band Glasperlenspiel hat das Toccarion ebenso besucht<br />
wie der russische Geiger Maxim Vengerov oder Stars des<br />
SWR-New-Pop-Festivals.<br />
An den Wochenenden werden neben Führungen für verschiedene<br />
Altersstufen auch Familienführungen für Erwachsene<br />
und Kinder gemeinsam angeboten. Das Interesse<br />
ist groß: Seit Bestehen hat das Toccarion mehr als<br />
42.000 Besucher zu verzeichnen.<br />
Virtuelle Spiele und physikalische Experimente zur Akustik<br />
sind im „Dschungel der Klänge” zu entdecken. Das<br />
„Abenteuer Musik” führt durch mehrere Räume. Selbst<br />
ihren Bewegungsdrang können Kinder hier austoben.<br />
„Lass' es krachen!“ heißt beispielsweise ein Workshop, bei<br />
dem die jungen Menschen ordentlich auf Schlaginstrumente<br />
trommeln, stampfen oder in einer Bodypercussion<br />
ihren angestauten Frust loswerden. Wer will, kann munter<br />
auf einem riesigen Walking-Piano hüpfen und es so zum<br />
Leben erwecken. Über Kopfhörer, Mikro und Zerrspiegel<br />
werden Stimme und Körper verfremdet, was immer wieder<br />
Lachsalven hervorruft. Die jungen Musiker dürfen sogar<br />
ein virtuelles Orchester dirigieren. Kein Wunder, dass<br />
die Benotung der Besucher spitzenmäßig ausfällt: Zwischen<br />
1,0 und 1,4 lag die Bewertung der bisherigen Nutzer.<br />
Wer einmal da war, geht begeistert und beschwingt nach<br />
Hause, mit Musik in den Ohren, einem Lied auf den Lippen<br />
und Tönen im Herzen.<br />
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im Festspielhaus Baden-Baden<br />
Eintritt: Kinder drei Euro, Gruppen 60 Euro,<br />
Erwachsene fünf Euro<br />
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Führung, eines Workshops oder einer<br />
Veranstaltung zu besuchen.<br />
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16<br />
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RUBR IK<br />
WELTKULTURERBE<br />
BADEN-BADEN?<br />
18 LIVING & LIFE
WELTK ULTURERB E<br />
VON S TEF AN T OLK SDORF<br />
FOTOS: M ONIK A ZEINDLER-EFLER<br />
ls 1978 die UNESCO ihre<br />
A Weltkulturerbe-Liste eröffnete,<br />
stand ein deutsches Bauwerk ganz<br />
oben: der Dom zu Aachen. Ein Jahr<br />
vor der Cheops-Pyramide war er als<br />
Kulturdenkmal von „universeller<br />
Bedeutung“ eingestuft worden. Inzwischen<br />
stehen 1.073 Bau- und Naturdenkmäler<br />
in 167 Ländern auf der<br />
berühmten Welterbe-Liste, davon 42<br />
in Deutschland, sechs befinden sich<br />
allein in Baden-Württemberg. Sie<br />
alle erfüllen nach Einschätzung des<br />
Welterbe-Komitees die Kriterien<br />
„Einzigartigkeit, Authentizität und<br />
Integrität (Unversehrtheit)“. Entgegen<br />
der landläufigen Meinung erhalten<br />
im Falle der Anerkennung nur<br />
die bedürftigsten Staaten finanzielle<br />
Zuwendungen aus den UNESCO-<br />
Fonds. Jeder einzelne Mitgliedsstaat<br />
verpflichtet sich indes zum besonderen<br />
Schutz und zur zeitgemäßen Präsentation<br />
seines zum Weltkulturerbe<br />
erklärten Kulturguts.<br />
Seit einem knappen Jahrzehnt stellt<br />
sich auch in Baden-Baden die Frage,<br />
ob nicht die Stadt an der Oos berechtigten<br />
Anspruch auf das begehrte<br />
Prädikat hat. Steht doch die Bedeutung<br />
der Stadt als international in<br />
Kunst und Literatur gefeierter Kurort,<br />
als einstige „Sommerhauptstadt<br />
Europas“, außer Frage.<br />
W I E IST D E R S T AND D E R BEWERB U NG?<br />
LIVING & LIFE<br />
19
RUBR B ADEN-B IK ADEN<br />
Baden-Baden zeigt noch immer das<br />
kulturhistorisch interessante und<br />
baulich geschlossene Gesamtbild einer<br />
der begehrtesten Bäderstädte des<br />
19. Jahrhunderts. Die Idee einer Bewerbung<br />
ging insbesondere auf das<br />
Symposion „Kulturerbe als Grundlage<br />
von Morgen“ zurück, das der<br />
Freundeskreis Lichtentaler Allee e. V.<br />
am 18. Oktober 2006 im Palais Biron<br />
veranstaltete. Da das für die Denkmalpflege<br />
zuständige Ministerium<br />
für Wirtschaft und Finanzen von<br />
einer Einzelbewerbung abriet, formierten<br />
sich als Ergebnis einer internationalen<br />
Fachtagung im Jahr 2010<br />
zunächst 16, später elf europäische<br />
Kurstädte unter dem Namen „Great<br />
Spas of Europe“ zu einem seriellen,<br />
transnationalen Auftragsprojekt. Es<br />
handelt sich um die Kurorte Baden-<br />
Baden, Bad Ems, Bad Kissingen, Spa,<br />
Vichy, Bath, Montecatini in der Toscana,<br />
Baden bei Wien sowie die tschechischen<br />
Traditionsbäder Karlsbad,<br />
Marienbad und Franzensbad. Der<br />
tschechische Staat wird Ende Januar<br />
<strong>2018</strong> diesen Gemeinschaftsantrag bei<br />
der UNESCO in Paris einreichen.<br />
WELCHE NÄHEREN KRI-<br />
TERIEN BEFÖRDERN NUN<br />
DIE CHANCEN DER KUR-<br />
STADT AN DER OOS?<br />
„Der Reigen prominenter Kurgäste<br />
in Baden-Baden wird dabei keinen<br />
Ausschlag geben“, weiß Volkmar Eidloth<br />
vom Landesamt für Denkmalpflege,<br />
der für das UNESCO-Welterbe<br />
in Baden-Württemberg zuständig<br />
ist: „Was zählt, ist das unversehrte<br />
Ensemble einer kulturhistorisch einflussreichen<br />
Kurstadt.“ Der Antrag<br />
konzentriert sich allein auf den innerstädtischen<br />
Bereich. Das Festspielhaus<br />
und die Ruine Hohenbaden bleiben<br />
außen vor.<br />
Bei den sechs Welterbestätten in<br />
Baden-Württemberg handelt es<br />
sich um das Zisterzienserkloster<br />
Maulbronn (1993), die Klosterinsel<br />
Reichenau (2000), den obergermanisch-raetischen<br />
Limes (2005), die<br />
prähistorischen Pfahlbauten um die<br />
Alpen (2011), die beiden Le Corbusier-Häuser<br />
in der Stuttgarter Weissenhofsiedlung<br />
(2016) und seit 2017<br />
die Höhlen und Eiszeitfundorte im<br />
Schwäbischen Jura.<br />
Mit dem „Weltkulturerbe“ ist die<br />
Stadt an der Oos übrigens schon länger<br />
verbunden. Im ehemaligen Südwestfunkstudio<br />
wurde vom damaligen<br />
Kulturchef Gustav Adolf Bär die Idee<br />
zu einer Fernsehserie geboren, die seit<br />
1995 erfolgreich über die Sender geht<br />
– zunächst auf 3sat, dann von zahlreichen<br />
deutschen Rundfunkanstalten,<br />
20 LIVING & LIFE
WELTK ULTURERB E<br />
schließlich international: „Schätze<br />
der Welt – Erbe der Menschheit“. Für<br />
die Produktion der beliebten Dokumentarfilme<br />
ist heute ausschließlich<br />
der SWR zuständig. Ein Bonus mit<br />
Langzeitwirkung! Wie aber kam es<br />
überhaupt zur Idee des Weltkulturerbe-Schutzes?<br />
Der Begriff „Kulturerbe<br />
– patrimoine culturel“ – wurde im<br />
späten 18. Jahrhundert von dem lothringischen<br />
Bischof Henri Grégoire geprägt,<br />
der sich während der Französischen<br />
Revolution erfolgreich für die<br />
Abschaffung der Sklaverei einsetzte.<br />
In der Konvention zum Schutz von<br />
Kulturgut bei bewaffneten Konflikten<br />
von 1954 (Haager Konvention)<br />
wird erstmals im deutschsprachigen<br />
Kontext von schützenswertem „kulturellen<br />
Erbe“ gesprochen. Konkreter<br />
Anlass für die Forderung der<br />
UNESCO, eine Liste schätzenswerter<br />
Bauten und Naturdenkmale von<br />
singulärer Bedeutung zu erstellen,<br />
war die Zerstörung altägyptischer<br />
und nubischer Kulturdenkmäler<br />
beim Bau des Assuan-Staudamms in<br />
den frühen 60er Jahren.<br />
LIVING & LIFE<br />
21
RUBR IK<br />
Der Aufruf der UNESCO hatte damals<br />
unter anderem die Rettung der<br />
herausragenden Tempel von Abu Simbel<br />
und Philae zur Folge. Zwölf Jahre<br />
später einigten sich 190 UN-Mitgliedsstaaten<br />
auf die bis heute verbindliche<br />
Welterbekonvention, 1978 eröffnete<br />
die Liste. Seither befindet das 21-köpfige<br />
„World Heritage Commitee“ über<br />
die Vorschläge der Mitgliedsstaaten.<br />
Für die Anerkennung als Weltkulturerbe<br />
sind von der UNESCO vor allem<br />
sechs Kriterien von Bedeutung:<br />
1<br />
Die Güter stellen ein Meisterwerk<br />
der menschlichen Schöpferkraft<br />
dar.<br />
2<br />
Die Güter zeigen, für einen<br />
Zeitraum oder in einem Kulturgebiet<br />
der Erde, einen bedeutenden<br />
Schnittpunkt menschlicher Werte<br />
in Bezug auf die Entwicklung von<br />
Architektur oder Technologie, der<br />
Großplastik, des Städtebaus oder der<br />
Landschaftsgestaltung auf.<br />
3<br />
Die Güter stellen ein einzigartiges<br />
oder zumindest außergewöhnliches<br />
Zeugnis von einer kulturellen<br />
Tradition oder einer bestehenden<br />
oder untergegangenen Kultur dar.<br />
4<br />
Die Güter stellen ein hervorragendes<br />
Beispiel eines Typus<br />
von Gebäuden, architektonischen<br />
oder technologischen Ensembles oder<br />
Landschaften dar, die einen oder<br />
mehrere bedeutsame Abschnitte der<br />
Geschichte der Menschheit versinnbildlichen.<br />
5<br />
Die Güter stellen ein hervorragendes<br />
Beispiel einer überlieferten<br />
menschlichen Siedlungsform,<br />
Boden- oder Meeresnutzung dar, das<br />
für eine oder mehrere bestimmte Kulturen<br />
typisch ist. Oder sie zeigen die<br />
Wechselwirkung zwischen Mensch<br />
und Umwelt, insbesondere, wenn diese<br />
unter dem Druck unaufhaltsamen<br />
Wandels vom Untergang bedroht<br />
wird.<br />
6<br />
Die Güter sind in unmittelbarer<br />
oder erkennbarer Weise mit Ereignissen<br />
oder überlieferten Lebensformen,<br />
mit Ideen oder Glaubensbekenntnissen<br />
oder mit künstlerischen<br />
oder literarischen Werken von außergewöhnlicher<br />
universeller Bedeutung<br />
verknüpft.<br />
Die „Great Spas of Europe“ werden<br />
sich lediglich zu den Kriterien 2,3,4<br />
und 6 bewerben. Diese Kriterien werden<br />
entsprechend dem Antragsgegenstand<br />
ausgewählt.<br />
Dass die Stadt Baden-Baden zahlreiche<br />
der genannten Kriterien erfüllt,<br />
ist augenscheinlich. Dem künftigen<br />
Welterbe-Status dürfte also an sich<br />
nichts mehr im Wege stehen.<br />
Ob er den Tourismus in Stadt und<br />
Umgebung zusätzlich ankurbelt, ist<br />
abzuwarten. Hierzulande nimmt<br />
man´s gelassen. Wie auch immer man<br />
sich in Paris entscheidet: Baden-Baden<br />
bleibt unverwechselbar!<br />
22 LIVING & LIFE
STIMMEN<br />
ZUKUNFT<br />
W E LTK U LTURERB E<br />
F RANK M A RRENB A CH<br />
Vorstandschef der „Oetker Collection“ und<br />
Chef von Brenners Park-Hotel<br />
„Die Bewerbung als Weltkulturerbe<br />
Baden-Badens ist eine wichtige Zukunftsinitiative.<br />
Es geht darum, im<br />
Bewusstsein des universalen Wertes<br />
der Stadt, den vor uns liegenden Weg<br />
nachhaltig und werteschaffend zu gestalten.<br />
Das ist eine Aufgabe, die Stadt<br />
und Bürger in den unterschiedlichen<br />
Rollen gemeinsam vorantreiben können.<br />
Wie herausragend Modernität<br />
und Historie in Einklang gebracht<br />
werden können, zeigt beispielsweise<br />
das Museum Frieder Burda.“<br />
W OLFGANG N IED ERMEYER<br />
Vorsitzender des Vereins Stadtbild Baden-<br />
Baden e.V.<br />
„Einen Welterbe-Status kann man<br />
nicht erzwingen. Man ist es mit der<br />
vorhandenen Substanz oder man ist<br />
es nicht. „Outstanding universal value”,<br />
also „Bedeutung für die gesamte<br />
Menschheit”. Wichtig am Welterbegedanken<br />
finde ich die Selbstverpflichtung.<br />
Als Architekt denke ich an<br />
die Kollegenschelte des Wiener Architekturlehrers<br />
Georg Franck: „Man<br />
haut der Umgebung eins in die Fresse<br />
und demonstriert, dass man sich auf<br />
ein Spiel mit der Tradition erst gar<br />
nicht einlassen will.“ Liebe Bauherren<br />
und Architekten, legt Euch als Selbstverpflichtung<br />
eine qualitätvolle und<br />
behutsame Auseinandersetzung mit<br />
dem überkommenen Welterbestadtbild<br />
Baden-Badens auf!“<br />
LIVING & LIFE<br />
23
M USEUM FRIEDER BURDA<br />
AMERIKANISCHER TRAUM<br />
M U SEUM F R IED E R BURD A ZEIGT: „A M ERICA! A M E R I C A ! “<br />
ythen, Projektionen, Sehnsüchte:<br />
In Zeiten von „Fake M<br />
News“ und „Alternative Facts“ wird<br />
deutlich, wie sehr der amerikanische<br />
Traum mit emotional aufgeladenen<br />
Bildern und Symbolen verwoben ist.<br />
Zugleich ist sich wohl kaum eine andere<br />
Nation der Wirkungskraft von<br />
Bildern so bewusst. Die Images des<br />
„American Way of <strong>Life</strong>“, die in den<br />
Medien und der Unterhaltungsindustrie<br />
produziert werden, können bestehende<br />
Machtverhältnisse und Vorstellungen<br />
von Wirklichkeit zementieren,<br />
aber auch radikal in Frage stellen.<br />
Mit rund 70 Meisterwerken der US-<br />
Gegenwartskunst, wie Andy Warhols<br />
„Race Riot“ (1964), Jeff Koons lebensgroßer<br />
Skulptur „Bear and Policeman“<br />
(1988) oder Jenny Holzers Leuchtschriftinstallation<br />
„Truisms“ (1994)<br />
zeigt „America! America! How real is<br />
real?“, wie Künstler seit den 60er-Jahren<br />
bis heute die amerikanische Realität<br />
kommentieren. Mit Werken aus der<br />
Sammlung Frieder Burda und zahlreichen<br />
hochkarätigen Leihgaben lädt<br />
die Schau zu einer Exkursion durch<br />
die visuelle Kultur Amerikas ein.<br />
AMERICA! AMERICA!<br />
How real is real?<br />
9. Dezember 2017 – 27. Mai <strong>2018</strong><br />
Öffnungszeiten:<br />
Dienstag bis Sonntag 10-18 Uhr<br />
an allen Feiertagen geöffnet<br />
WWW.MUSEUM-FRIEDER-BURDA.DE<br />
Schon die Stars der Pop-Art, wie<br />
Andy Warhol, Roy Lichtenstein oder<br />
James Rosenquist, transformieren die<br />
Oberflächen der Konsumkultur in<br />
eine Kunst, die von ungeheurer Verführung<br />
und kühler Distanz spricht.<br />
Indem sie die Methoden der kommerziellen<br />
Bildproduktion übernehmen,<br />
verabschieden sie sich von den traditionellen<br />
Vorstellungen von Authentizität.<br />
Das Gefühl von Entfremdung<br />
verkörpern auch die Werke der großen<br />
US-Maler der 80er-Jahre.<br />
Die psychologisch aufgeladenen Leinwände<br />
von Eric Fischl, die hermetischen<br />
Szenen von Alex Katz, die<br />
riesigen Grafitzeichnungen von Robert<br />
Longo sezieren die Träume und<br />
Ängste einer verunsicherten weißen<br />
Mittelschicht. Zur selben Zeit erobern<br />
Künstler wie Jeff Wall oder Cindy<br />
Sherman die Szene, die unsere medial<br />
geprägte Wahrnehmung kritisch<br />
reflektieren. Sie werden zu Vorbildern<br />
für nachfolgende Generationen. Mit<br />
den Strategien der Konzeptkunst,<br />
Performance und Fotografie schaffen<br />
sie Bildwelten, in denen die Grenzen<br />
zwischen Wirklichkeit und Inszenierung<br />
zerfließen: How real is real?<br />
Kurator Helmut Friedel über die Ausstellung:<br />
„Die amerikanische Kunst<br />
trat in den 1960er Jahren mit einer<br />
geradezu jugendlichen Frische auf,<br />
die vieles vom überkommenen europäischen<br />
Erbe hinter sich ließ. Mit der<br />
Pop-Art wandten sich Andy Warhol,<br />
Roy Lichtenstein, James Rosenquist,<br />
aber auch Richard Artschwager und<br />
der aus Schweden nach New York<br />
übersiedelte Claes Oldenburg einer<br />
ganz neuen Darstellungsform zu, bei<br />
der das Banale, Alltägliche, bislang<br />
Bildfremde hervorgehoben wurde.<br />
How real is real? – dieser Frage nach<br />
dem Abbild der Wirklichkeit in der<br />
amerikanischen Kunst von der Pop-<br />
Art bis heute stellt sich unsere Ausstellung.<br />
Eine Frage, die zu stellen aktuell<br />
umso dringlicher sein könnte, als sich<br />
die amerikanische Realpolitik zumindest<br />
verbal von festen Fakten zu entfernen<br />
scheint.“<br />
Henning Schaper, seit<br />
Mai 2017 Direktor des<br />
Museum Frieder Burda<br />
in Baden-Baden:<br />
„Wir freuen uns, dass<br />
wir mit dieser Ausstellung<br />
einen Gedankenaustausch<br />
zu den aktuellen Themen „Umgang<br />
mit der Wahrheit“ und „Respekt vor<br />
der Wahrheit“ im individuellen, aber<br />
auch im globalen Kontext motivieren<br />
können.“<br />
William N. Copley, Imaginary Flag for U.S.A., 1972 (c) VG Bild-Kunst, 2017<br />
24 LIVING & LIFE
Alex Katz, Scott and John, 1966 (c) VG Bild-Kunst, Bonn 2017
RUBR IK<br />
DAS GLÜCK<br />
VERGANGENER STUNDEN<br />
VON S TEF AN T OLK SDORF<br />
ann man einem Komponisten in seiner Wohnung<br />
K nahe kommen? Die entscheidende Begegnung erfolgt<br />
fraglos über das Werk: Beethoven und Mozart sind in<br />
ihren Kompositionen allemal präsenter als in ihren Geburtshäusern<br />
in Salzburg und Bonn oder in ihren häufig gewechselten<br />
Wiener Wohnungen. Auch wer nicht an den genius<br />
loci glaubt, löst aber dennoch gern die Eintrittskarte, umso<br />
mehr, wenn das Haus über „Ambiente“ verfügt.<br />
Von den Wohnstätten des großen Komponisten Johannes<br />
Brahms (1833-1897) hat nur eine die Zeit überstanden: das<br />
„hübsche Haus auf dem Hügel“ in Baden-Baden Lichtental.<br />
Kein Wohnhaus, nur ein behagliches Sommerdomizil,<br />
atmosphärisch dicht und unbedingt sehenswert. Von 1865<br />
bis 1874 quartierte sich der in Wien wohnhafte Hamburger<br />
immer wieder in den zwei oberen Giebelzimmern der Advokaten-Witwe<br />
Clara Becker ein: „Manche glückliche Stunde<br />
habe ich da verlebt und manche hübsche Noten geschrieben,<br />
traurig und lustig. Was auf das Glück der Stunden keinen<br />
Einfluss hat“, schreibt Brahms in einem Brief an seinen<br />
Freund, den Karlsruher Hofkapellmeister Otto Dessoff: Das<br />
„Glück der Stunden“ verdankte sich nicht nur der gesuchten<br />
Ruhe und naturnahen Lage des Hauses, glücklich machte<br />
den Komponisten wohl vor allem die räumliche Nähe zu der<br />
von ihm hoch verehrten (und lange geliebten) Clara Schumann.<br />
26 LIVING & LIFE
BRAH MSH AUS<br />
Die Witwe seines großen Freundes und Förderers Robert<br />
Schumann hatte von Madame Becker 1862 ein schmuckes<br />
Häuschen an der Lichtentaler Allee erworben (heute<br />
Hauptstraße 8), in dem sie auf drei Flügeln musizierte und<br />
sich zahlreiche, teils illustre, Gäste die Klinke in die Hand<br />
gaben: ihre Busenfreundin Pauline Viardot-García und deren<br />
Dauerverehrer Iwan Turgenjew, Johann Strauss (Sohn),<br />
der Geiger Joseph Joachim, der Chef der Kapelle des Karlsruher<br />
Hoftheaters und nachmalige Wagner-Freund Hermann<br />
Levi und viele andere. Brahms war Clara Schumann<br />
in einer innigen, aber zeitweise komplizierten Freundschaft<br />
verbunden. Ihre Karriere als Pianistin zog sie seinem Heiratsantrag<br />
vor. Allein ihr verdankt Johannes Brahms, der<br />
zeitweise auch in einigen Hotels der Kurstadt logierte, seine<br />
Liebe zu Baden-Baden – und seine bescheidene Sommerwohnung:<br />
„Ich kam, sah und nahm gleich das erste beste<br />
Logis. Und wirklich ist es so sehr das beste, dass du deine<br />
Freude haben wirst. Auf einer Anhöhe liegt´s und ich übersehe<br />
alle Berge und Wege von Lichtenthal nach Baden ...“<br />
Auch Claras Haus steht noch. Heute ist es eine Klinik, im<br />
Vergleich mit früheren Abbildungen aber kaum mehr wiederzuerkennen.<br />
Anders das Brahms-Domizil. Zwar liegt es<br />
heute oberhalb einer belebten Hauptstraße – für die Maximilianstraße<br />
wurde 1910 ein Teil des Felsenhügels gesprengt –,<br />
mit seinem steilen Dach und der Schindelfassade bewahrt<br />
es aber noch immer das pittoreske Erscheinungsbild des 19.<br />
Jahrhunderts. Die Fundamente sollen noch aus dem 18.<br />
Jahrhundert stammen, als die Zisterzienserinnen des nahen<br />
Klosters Lichtenthal das damalige Dörfchen Beuern besaßen.<br />
1854 erwarb es die Witwe eines Erfurther Advokaten,<br />
Clara Becker, zwei weitere Besitzerwechsel folgten. Dass dieses<br />
schon seit längerem als Brahms-Haus bekannte Anwesen<br />
am Hang nicht wie geplant dem Abrissbagger zum Opfer<br />
fiel, ist der Verdienst der eigens zu diesem Zweck gegründeten<br />
Brahmsgesellschaft Baden-Baden e. V., die den stark renovierungsbedürftigen<br />
Fachwerkbau 1967 käuflich erwarb<br />
– für 80.000 DM! Zahlreiche Spender (darunter die Firma<br />
Reemtsma) und der Erlös aus Benefizkonzerten ermöglichten<br />
die Instandsetzung. Im vergangenen Jahr nun feierte die<br />
Gesellschaft ihr 40-jähriges Bestehen. Unter Mithilfe des<br />
damaligen Bürgermeisters Fritz Wurz und der unvergessenen<br />
Baden-Badener Archivarin Margot Fuß machte man<br />
sich sogleich daran, in den drei oberen Giebelzimmern ein<br />
kleines, aber feines Museum einzurichten, 1968 wurde es eröffnet.<br />
Exponate für die Dauerausstellung „Brahms – Leben<br />
und Werke in Bildern und Dokumenten“ stellte das Brahmsarchiv<br />
der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg zur<br />
Verfügung. Unzählige Gäste und über 600 Stipendiaten hat<br />
das Haus am Hügel seither beherbergt.<br />
LIVING & LIFE<br />
27
BRAH MSH AUS<br />
Es kamen die Dirigenten Wilhelm Kempf, Karl Richter und<br />
Daniel Barenboim, die Sängerin Elisabeth Schwarzkopf, die<br />
Cellistin Jaqueline du Pré, der Starbariton Dietrich Fischer-<br />
Dieskau und viele andere. „Nagelt die Tür zu, ich muss<br />
Brahms tanken“, soll Kurt Masur bei seinem Besuch gesagt<br />
haben. So weiß Imo Quero-Lehmann, die langjährige Kuratorin<br />
und Seele des Hauses, zu berichten. Das Interesse, auch<br />
der Interpreten, scheint jedoch rapide abzunehmen. Bis zu 20<br />
Besucher täglich führt die Bewohnerin des Hauses im Sommer<br />
mit gleichbleibendem Enthusiasmus durch die liebevoll<br />
gestalteten Räume am Ende der<br />
steilen Treppe, von der Wilhelm<br />
Kempf meinte, man müsse sie<br />
eigentlich auf Knien hinaufsteigen.<br />
Im Winter wird es dann<br />
sehr ruhig im Haus, die Stimmung<br />
aber nimmt zu. Strahlt<br />
doch die Mansarde das aus,<br />
was ihr berühmtester Bewohner<br />
immer sehr zu schätzen wusste:<br />
„Behaglichkeit“.<br />
Einige seiner berühmtesten Kompositionen hat Brahms hier<br />
vollendet, darunter eine erste in Karlsruhe uraufgeführte<br />
Symphonie und die zweite, genannt „Die Lichtenthaler“, die<br />
er erstmals im Kurhaus zu Gehör brachte, und auch das nach<br />
dem Tod der Mutter komponierte „Deutsche Requiem“. Anderes<br />
komponierte Brahms komplett in Baden-Baden, wie die<br />
Liebesliederwalzer Opus 52 und das beliebte Horntrio Opus<br />
40, das er von einem Spaziergang auf den Schafberg mitgebracht<br />
haben soll. Überdies war er ein eifriger Besucher des<br />
Baden-Badener Konzertlebens, im Kurpark lauschte er gern<br />
den Walzern des um zwei Jahre älteren Wiener Kollegen Johann<br />
Strauss (Sohn). Aus den Fenstern von Brahms' Mansarde<br />
blickt man auf den Turm der nahen Bonifatius-Kirche, in<br />
der Clara Schumanns Tochter Julie den italienischen Grafen<br />
Vittorio Radicati di Marmorito heiratete. Brahms, der die<br />
hübsche Braut wohl gern selbst „heimgeführt“ hätte, fungierte<br />
als Trauzeuge. In seiner bewegenden Altrhapsodie, die er den<br />
Jungvermählten schenkte, soll er seiner Trauer Ausdruck verliehen<br />
haben. Eine von unzähligen Episoden aus dem Fundus<br />
von Imo Quero-Lehmann, die in der ehemaligen Küche der<br />
Dachwohnung echte Brahms-Preziosen zeigt: Die Totenmaske<br />
des Komponisten und einen Abguss von Claras Hand neben<br />
originalen Lied-Partituren.<br />
Dazu ein Ring mit einer Locke<br />
von Robert Schumanns Freund<br />
und Förderer Felix Mendelssohn<br />
Bartholdy – ein Geschenk der<br />
Familie. Ein Prachtstück des<br />
Museums ist zweifellos die komplette<br />
Litho-Mappe des Leipziger<br />
Künstlers Max Klinger,<br />
der Brahms Liebesliederwalzer<br />
(reichlich pathetisch) illustrierte.<br />
Zwar hat Johannes Brahms keines<br />
der Möbel gekannt, nur der<br />
Ofen und das wiederhergestellte<br />
Wandmuster – eine hartnäckige<br />
Brahms-Verehrerin hatte ein<br />
Stück Tapete mitgehen lassen –<br />
sind „original“. Doch fühlt man<br />
sich wohl in seinem zeitgemäß<br />
möblierten „blauen Salon“ –<br />
und Brahms sofort nahe: Bilder<br />
und Fotografien schmücken die<br />
Wände und Schrankvitrine,<br />
und es fällt nicht schwer, sich den<br />
nur 1,60 Meter großen Mann, der seine wachsende Korpulenz<br />
schließlich mit einem – von Clara missbilligten – Rauschebart<br />
kaschierte, auf der Chaiselongue oder am Pianino<br />
sitzend, vorzustellen, die obligate Zigarre schmauchend, den<br />
Kopf voller Noten. Nur der Bart kam später.<br />
" I C H KAM, SAH UND NAHM GLEICH<br />
DAS ERSTE BESTE L O GIS. U N D<br />
WIRKLICH IST ES SO SEHR DAS BESTE,<br />
DASS DU DEINE FREUDE HABEN WIRST.<br />
AU F EINER A N HÖHE LIEGT´S UND ICH<br />
ÜBERSEHE ALLE B E RGE UND W EG E VO N<br />
L I CHTENTHAL NACH B A DEN ..."<br />
Johannes Brahms in einem Brief an<br />
Hermann Levi, Lichtenthal, 7. Mai 1865<br />
Ein Gesellschaftsmensch war Johannes<br />
Brahms sicher nicht. „Es<br />
tut mir leid, wenn ich versäumt<br />
habe, einen ihrer Gäste zu beleidigen“<br />
– mit diesen Worten soll<br />
er sich nach dem Besuch eines<br />
Salons von der Dame des Hauses<br />
verabschiedet haben. Ein Hang<br />
zum Eigenbrötlertum, übergroße<br />
Empfindlichkeit und eine Liebe<br />
zum schwarzen Humor sind<br />
dem introvertierten Komponisten<br />
gewiss nicht abzusprechen,<br />
im Umgang mit Freunden erwies er sich aber immer wieder<br />
als warmherziger Gemütsmensch, stets bereit, jungen Musikern<br />
und Komponisten fördernd zur Seite zu stehen.<br />
Im Andenken an diese Hilfsbereitschaft beschloss die Brahmsgesellschaft,<br />
neben der kleinen Kustodenwohnung im Untergeschoss<br />
auch ein voll möbliertes Studio für Musiker und<br />
Brahmsforscher einzurichten. Den eigenen Stipendiaten wird<br />
die mit einer umfangreichen Brahms-Bibliothek, einer Notenund<br />
Tonträgersammlung sowie mit einem Flügel ausgestattete<br />
Wohnung für einen Arbeitsaufenthalt von drei Monaten<br />
zur Verfügung gestellt. Und wie finanziert sich das Haus? Aus<br />
Spenden, Eintrittsgeldern und den Überschüssen aus den<br />
Baden-Badener Brahms-Tagen, einer viertägigen Konzertreihe,<br />
welche die Brahms-Gesellschaft alle zwei Jahre im Festspielhaus,<br />
im Kurhaus und im Brenners Park-Hotel abhält.<br />
Hier kommt man dem genialen Komponisten noch einmal<br />
ungleich näher: „In meinen Tönen spreche ich!”<br />
28 LIVING & LIFE
AUFUNSKÖNNEN SIEBAUEN SEITÜBER85JAHREN<br />
•BAUSANIERUNG<br />
•HOCHBAU<br />
•TIEFBAU<br />
SchnepfBauunternehmungGmbH &Co.KG<br />
Pflostweg6•76532BadenBaden<br />
Tel.:+497221504653 -<br />
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www.schnepf-bauunternehmung.de
TIPPS<br />
RAUCHMELDER<br />
KÖNNEN LEBEN<br />
RETTEN …<br />
WIE VIEL WÄRME<br />
BRAUCHT DER MENSCH?<br />
Die optimale Temperatur eines Wohnraums liegt<br />
laut Bundesumweltamt bei 20 Grad Celsius. Im<br />
Schlafzimmer darf es mit rund 16 Grad auch etwas<br />
kühler sein. Wer seine Wohnung überhitzt, zahlt<br />
kräftig drauf. Dabei spart man mit jedem Grad weniger<br />
rund sechs Prozent Energie und viel Geld. Je<br />
nach Heizungsart, Quadratmetern und Gebäudetyp<br />
reicht die Ersparnis für einen kleinen Wochenendtrip.<br />
Unser Tipp: Wer sich erst ab 24 Grad in<br />
seinen vier Wänden richtig wohlfühlt, ein warmer<br />
Pullover oder Kuscheldecke schaffen Abhilfe. Die<br />
nächste Heizkostenabrechnung kommt bestimmt.<br />
… allerdings nur, wenn sie richtig angebracht<br />
sind. Experten empfehlen, die<br />
Rauchmelder in jedem Raum in der<br />
Raummitte, mindestens aber auf jeder<br />
Etage, mit einem Mindestabstand von<br />
50 Zentimetern zu Wänden und Möbeln<br />
zu befestigen. Sie sind in der Regel auf<br />
Räume von 60<br />
Quadratmetern<br />
ausgelegt. Besonders<br />
ratsam ist<br />
die Anbringung<br />
in zentralen Räumen<br />
wie Fluren.<br />
Für Küchen und<br />
Badezimmer gibt<br />
es Spezialmelder,<br />
die normalen Wasserdampf von Rauch<br />
unterscheiden können. Seit Januar 2017<br />
sind Rauchmelder in allen Wohnungen<br />
Pflicht.<br />
WWW.RAUCHMELDER-LEBENSRETTER.DE<br />
pin it<br />
STAATLICHE FÖRDERUNG<br />
FÜR DENKMALPFLEGE<br />
Wer eine denkmalgeschützte Immobilie sanieren will, muss eine<br />
Reihe rechtlicher Vorgaben beachten. Diese reichen von der<br />
denkmalrechtlichen Genehmigung über Vorgaben zur Wärmedämmung<br />
bis hin zur energieeffizienten Klima-Sanierung. Für<br />
die Klima-Sanierung beispielsweise können Hauseigentümer<br />
Finanzierungs- und Fördergelder der staatlichen KfW-Bank in<br />
Anspruch nehmen. Die Förderbank vergibt zinsgünstige Kredite<br />
für Komplettsanierungen und für Einzelmaßnahmen wie eine<br />
Dach- oder Fassadendämmung. Vorausgesetzt, die Energieeffizienz<br />
wird deutlich verbessert – je besser die Energieeffizienz,<br />
desto mehr Förderung ist also drin.<br />
30 LIVING & LIFE
TIPPS<br />
Parkplatz Hausflur<br />
Schuhe, Sprudelkasten oder Kinderroller – der Vermieter legt fest, was<br />
im Hausflur alles stehen darf. Wichtigstes Kriterium ist das Freihalten<br />
von Rettungswegen, damit im Notfall Blumenkübel oder ähnliches nicht<br />
den Weg versperren. Kinderwagen, Rollstuhl und Gehhilfen dürfen laut<br />
Bundesgerichtshof dann an geeigneter Stelle abgestellt werden, wenn<br />
sie den Fluchtweg nicht behindern (Az.: V ZR 46/06). Garderoben und<br />
Schuhschränke sind in der Regel nicht erlaubt (Az.: 15 Wx 198/08).<br />
Ebenso dürfen Fahrräder nicht in den Hausflur, wie das Amtsgericht<br />
Hannover entschieden hat (Az.: 71 II 547/05). Auch gilt: Mitbewohner<br />
sollten generell nicht beeinträchtigt werden, wie zum Beispiel durch<br />
kurzfristig vor der Haustür abgestellte Mülltüten.<br />
LEGIONELLEN-PRÜFUNG STEHT AN<br />
FÜR VOGELHÄUS-<br />
CHEN AUF DEM<br />
BALKON GIBT ES<br />
REGELN<br />
Im Winter freuen sich Spatzen,<br />
Meisen und Amseln über eine<br />
Futterstelle. Wer in einer Mietwohnung<br />
wohnt und die Piepmätze<br />
unterstützen möchte, sollte ein<br />
paar Regeln beachten. Vogelhäuschen<br />
dürfen ohne Zustimmung des<br />
Vermieters nicht an der Fassade<br />
verankert werden – außer an einer<br />
bestehenden Verankerung für<br />
eine Wäscheleine. Sie sollten so<br />
aufgestellt sein, dass kein Vogelkot<br />
auf andere Balkone fällt. Sollte es<br />
dennoch zu größeren Verschmutzungen<br />
kommen, kann der Vermieter<br />
das Aufstellen der Futterstelle<br />
verbieten. Tauben und Möwen<br />
füttern ist grundsätzlich verboten.<br />
Legionellen können in geringen Konzentrationen über das<br />
Grundwasser in Trinkwasseranlagen gelangen und schwere<br />
gesundheitliche<br />
Folgen haben.<br />
Gebäudeeigentümer<br />
sind daher<br />
verpflichtet,<br />
alle drei Jahre<br />
in Häusern, in<br />
denen die Zentralheizung<br />
auch<br />
das Trinkwasser<br />
erwärmt, eine Legionellen-Prüfung<br />
durchzuführen.<br />
Von der Prüfpflicht befreit sind Ein- und Zweifamilienhäuser.<br />
Mieter können vorbeugen, indem sie regelmäßig drei<br />
Minuten heißes Wasser laufen lassen und den Raum verlassen,<br />
um das Einatmen des Wasserdampfes zu verhindern.<br />
WWW.UMWELTBUNDESAMT.DE<br />
LIVING & LIFE 31
GUNTER FLEITZ<br />
SEHNSUCHTSORTE<br />
G E SPRÄCH MIT D E M AUS BAD E N-BAD E N STAMMEND E N A R CHITEK T E N<br />
G U NTER F L EITZ ÜB E R D I E F A SZINATION UND KRAFTQUELLE BAD E N-BAD E N S ,<br />
Ü B E R A R CHITEK T UR IN UNTERSCHIED L ICHEN KULTUREN UND Ü B E R W O HL-<br />
FÜHLRÄUME FÜR M I TARB E ITER IN U N TERNEHMEN / P L ANUNG UND G E STAL-<br />
TUNG D E R BÜRORÄUME D E R I M MOB I LIEN R E GIONAL AG IN BAD E N-BAD E N<br />
VON HORST KOPPELSTÄTTER<br />
Showroom, Drubba Moments, Titisee-Neustadt<br />
Was sind Sehnsuchtsorte für Sie?<br />
Fleitz: Das ist sehr subjektiv und hängt von persönlichen<br />
Vorlieben ab. Erinnerungen an Orte<br />
werden oft auch von Erlebnissen und anderen<br />
Menschen geprägt. Wir versuchen das natürlich<br />
in unserem beruflichen Alltag einfließen zu<br />
lassen. Wir haben gerade in Frankfurt in einem<br />
sehr modernen Hochhaus eine Unternehmensberatung<br />
gestaltet und da gibt es Kreativ-Räume,<br />
die wir der Hochhausarchitektur entgegensetzen.<br />
Die drei Kreativ-Räume dort bieten ganz zugespitzt<br />
solche Sehnsuchtsräume.. Der erste ist der<br />
„Dschungelraum“, dann die „Wunderkammer“<br />
und passend zu Hessen eine „Appelwoistube“.<br />
Also Räume, die ganz bewusst mit der effizienzgetriebenen<br />
Bürostruktur brechen. Es ist auch<br />
mit einem Augenzwinkern gemacht. Was wollen<br />
wir erreichen? Vielleicht eine andere Atmosphäre<br />
schaffen und ein bisschen Stress lösen bei den<br />
Mitarbeitern. Das erzeugt eine entspannte Atmosphäre<br />
und so etwas wie Gemütlichkeit als Inspirationsquelle.<br />
32 LIVING & LIFE
G U N T E R<br />
FLEITZ<br />
studierte Architektur<br />
in Stuttgart, Zürich<br />
und Bordeaux. Er<br />
war zunächst für<br />
Steidle+Partner<br />
in München tätig,<br />
bevor er für das<br />
Büro Prof. Stübler<br />
die Projektleitung für<br />
die Sanierung des<br />
Bundesgerichtshofs<br />
in Leipzig übernahm.<br />
Gemeinsam<br />
mit Peter Ippolito<br />
gründete er 20<strong>02</strong> die<br />
Ippolito Fleitz Group,<br />
die die beiden<br />
seitdem gemeinsam<br />
leiten. International<br />
bekannt wurde das<br />
multidisziplinäre<br />
Designstudio mit<br />
Innenarchitektur-,<br />
Kommunikationsund<br />
Produktdesignprojekten.<br />
Viele der<br />
Arbeiten wurden mit<br />
namhaften Preisen<br />
ausgezeichnet,<br />
darunter mehrere<br />
iF Gold, red dot<br />
und ADC Awards.<br />
2015 wurden Peter<br />
Ippolito und Gunter<br />
Fleitz als die ersten<br />
deutschen Gestalter<br />
aus dem Bereich der<br />
Innenarchitektur in<br />
die „Interior Design<br />
Hall of Fame“ aufgenommen.<br />
Gunter<br />
Fleitz ist Mitglied<br />
des BDA Baden-<br />
Württemberg.<br />
LIVING & LIFE 33
RUBR IK<br />
Palace of International Forums »Uzbekistan«<br />
Was ist für Sie Gemütlichkeit, was bedeutet Wohlfühlen?<br />
Fleitz: Wohlfühlen ist heute für zeitgemäße Arbeitswelten<br />
ganz wichtig geworden. Da gehört beispielsweise auch eine<br />
gute Raumakustik dazu. Der schönste Raum kann unbehaglich<br />
sein, wenn die Sprachverständlichkeit schlecht ist.<br />
Das Thema Wohlfühlen prägt die Konzepte für moderne<br />
Büros. Das hängt letztlich aber von den Menschen ab, die<br />
dort arbeiten, und muss individuell aufgebaut sein. Das Arbeitsumfeld<br />
ist heute stark inspiriert aus dem Bereich des<br />
Wohnens, die Menschen sollen gerne an ihrem Arbeitsplatz<br />
und in einem inspirierenden Umfeld sein. Die Unternehmen<br />
investieren immer mehr in den Arbeitsplatz eines<br />
jeden Mitarbeiters. Das sind wichtige weiche Faktoren der<br />
Zukunft. Die Bezahlung allein reicht künftig nicht mehr<br />
aus. Nur so lassen sich die besten Talente gewinnen.<br />
Wie schaffen Sie es auf Ihre Kunden optimal einzugehen?<br />
Fleitz: Zuhören ist der Schlüssel. Wir müssen sehr eng<br />
an den Kunden herankommen, um ihn zu verstehen. Wir<br />
stellen immer noch mal Fragen und überraschen die Auftraggeber<br />
damit oftmals, dass wir vorhandene Strukturen<br />
infrage stellen. So lernen wir unsere Auftraggeber immer<br />
besser kennen und verstehen, was sie wirklich wollen. Briefings<br />
werden heute immer kürzer. Wir gehen den anderen<br />
Weg und versuchen am Anfang, längere Gespräche zu<br />
führen und bauen eine große Nähe auf. Was uns auszeichnet,<br />
sind starke Konzeptionen, Leidenschaft und Begeisterungsfähigkeit.<br />
Daraus entsteht am Ende Vertrauen. Wir<br />
müssen das natürlich auch gut vermitteln können.<br />
Können Sie drei Gründe nennen, was ein gut gestaltetes Büro auszeichnet?<br />
Fleitz: Erstens: Konzentriertes Arbeiten zulassen mit<br />
Funktionalität und Akustik im Open-Space und zusätzlich<br />
ein breites Angebot an Rückzugsräumen schaffen.<br />
Zweitens müssen wir es schaffen, den Zusammenhalt zu<br />
fördern innerhalb des Unternehmens, also gute Kommunikation<br />
anbieten. Das kann durch vielfältige Angebote<br />
informeller Kommunikation erfolgen, wie beispielsweise<br />
Stehbesprecher, Lounges und Treffpunkte mit Getränkeangeboten<br />
um den Teamgeist zu fördern und über Fachbereiche<br />
hinaus die Menschen in einem Unternehmen<br />
34<br />
LIVING & LIFE
GUNTER RUBR FLEITZ IK<br />
IDENTITY<br />
ARCHITECTS<br />
Die Ippolito Fleitz Group ist ein<br />
multidisziplinäres Studio für Gestaltung<br />
mit Sitz in Stuttgart, Shanghai<br />
und Berlin. Anspruch des Büros<br />
ist es, die komplexe Identität der<br />
Kunden in eine angemessene<br />
Gestaltung zu übersetzen. Dabei<br />
verstehen sich die Gestalter und<br />
Kreativen als „Identity Architects“.<br />
Identität ist für sie ein fließender<br />
Prozess, den sie in Architektur,<br />
Produktdesign und Kommunikation<br />
begleiten. Die Basis des<br />
Gestaltungsprozesses bildet eine<br />
starke konzeptuelle Idee, die sich<br />
in Raum wie Kommunikation<br />
übertragen lässt. Derzeit besteht<br />
das Team aus 80 Architekten,<br />
Innenarchitekten, Produkt- und<br />
Kommunikationsdesignern aus 16<br />
Nationen.<br />
Das Gerber,<br />
Stadtkaufhaus,<br />
Stuttgart<br />
zusammenzubringen und somit die Unternehmenskultur<br />
zu fördern.<br />
Woher beziehen Sie Ihre Inspirationen?<br />
Fleitz: Wir reisen viel. Wir haben unsere Handschrift,<br />
haben aber keine sich wiederholende Designsprache und<br />
gehen immer wieder aufs Neue auf unsere Kunden ein.<br />
Viele Inspirationen kommen aus dem Kunstbereich, wir<br />
schauen uns sehr viele Ausstellungen an. Und wir arbeiten<br />
natürlich auch international und da fließt vieles ein. Es ist<br />
extrem inspirierend, sich von anderen Kulturen anstecken<br />
zu lassen. Wir versuchen, immer wieder neues Design,<br />
neue Materialien und Materialkonzepte zu entwickeln<br />
oder auch zu entdecken.<br />
Wie passen Sie sich anderen Kulturen international an, etwa in China<br />
oder Russland?<br />
Fleitz: Wir haben ein sehr internationales Team mit 80<br />
Mitarbeitern aus 16 Nationen. Es ist uns wichtig, die andere<br />
Kultur zu verstehen und darin einzutauchen. Wir haben<br />
beispielsweise in Usbekistan ein neues Regierungsgebäude<br />
gebaut. Es war eine Herausforderung, dieses Land zu<br />
verstehen, aber es ist uns gelungen – gemeinsam mit den<br />
Menschen, die dort leben. Das ist ein kulturell reiches Land<br />
an der Seidenstraße, mit einer unglaublichen ornamentalen<br />
Kultur. Das haben wir aufgenommen, aber dann versucht,<br />
selbst zu interpretieren. Es wurden moderne Räume<br />
geschaffen, die auch mit der Historie verbunden sind. Das<br />
waren 45.000 Quadratmeter, die wir in Rekordgeschwindigkeit<br />
geplant und gebaut haben. Das lässt sich auf alle<br />
Länder übertragen, auch auf Russland und China. Wir haben<br />
auch immer einheimische Mitarbeiter im Team.<br />
Können Sie uns etwas zur Planung des Büros der Immobilien Regional<br />
AG in Baden-Baden sagen? Wie war da Ihre Herangehensweise?<br />
Fleitz: Zunächst haben wir uns intensiv mit dem Gebäude<br />
auseinandergesetzt, haben uns der Firma genähert. Die<br />
Frage lautete: Was wollen wir verändern? Geplant war ein<br />
Büro auf zwei Ebenen. Aber auch eine angemessene Empfangssituation<br />
war wichtig, da die Zielgruppe sehr unterschiedlich<br />
ist. Es kann jemand vorbeikommen, der bei der<br />
Wohnungsverwaltung einen Schlüssel abholt, aber auch<br />
LIVING & LIFE 35
RUBR IK<br />
Büro Immobilien Regional AG in Baden-Baden<br />
GEMÜTLICH K E IT ALS I N S P I RATIONSQUELLE<br />
Denkerzelle<br />
ein ausländischer Kunde, der eine große repräsentative<br />
Villa kaufen will. Dennoch soll es nicht zu elitär sein, aber<br />
eine Hochwertigkeit ausstrahlen. Die Showroom-Situation<br />
im Erdgeschoss gibt einen Blick in die Zukunft und die<br />
nächste Generation. Deshalb waren da die Töchter und<br />
Mitarbeiter von Firmeninhaber Martin Ernst eingebunden.<br />
Zum Konzept gehört ebenso der Treffpunkt für die<br />
Mitarbeiter, wo alle locker zusammenkommen können –<br />
ein Platz, der sehr gut angenommen wird. Die große Aufgeschlossenheit<br />
des Auftraggebers hat uns sehr geholfen.<br />
Es ist eine Chance für das Unternehmen, dieses in eine<br />
nächste Qualitätsstufe zu entwickeln. Uns war es wichtig,<br />
dass die Räume eine Wohnkompetenz ausstrahlen, die<br />
sich auf die Kunden überträgt und die Besucher inspiriert.<br />
Wir haben mit Holz und behaglichen Teppichen gearbeitet.<br />
Es gibt viele farbenfrohe Akzente und eine große Lebendigkeit.<br />
Letztlich geht es auch um Lebensfreude und<br />
eine Inspirationsquelle für alle, die hier arbeiten und sich<br />
hier aufhalten. Das darf man natürlich nicht übertreiben,<br />
denn es handelt sich ja um ein sehr seriöses Unternehmen,<br />
das für Tradition und Vertrauen steht. Zu bunt sollte es<br />
also auch nicht sein. Das hat uns sehr viel Spaß gemacht<br />
in der Umsetzung.<br />
Sie sind in Baden-Baden Steinbach geboren und aufgewachsen, heute<br />
sind Sie in der ganzen Welt unterwegs. Was ist das Besondere an<br />
dieser Stadt an der Oos?<br />
Fleitz: Baden-Baden ist für mich Heimat. Da leben meine<br />
Eltern. Ich bin immer noch sehr gerne dort. Es ist die<br />
außergewöhnliche Lage, die Landschaft, diese Ausstrahlung,<br />
die Emotionen weckt. Und die mediterrane südliche<br />
Stimmung. Baden-Baden ist historisch sehr gut erhalten<br />
– vom Friedrichsbad bis zum Museum Frieder Burda<br />
oder der Kunsthalle und dem Festspielhaus. Welche Stadt<br />
in dieser Größe hat schon ein solches kulturelles Angebot?<br />
Baden-Baden hat einen großen Erlebnisraum, etwa in der<br />
Lichtentaler Allee oder bei der Stourdza-Kapelle. Das sauge<br />
ich auf. Letztlich sind es aber die Menschen. Es gibt wenige<br />
Ecken in Deutschland, wo die Menschen so viel Wärme und<br />
Herzlichkeit ausstrahlen. Baden-Baden hat im Übrigen eine<br />
enorme Internationalität und Eleganz, man spürt die Nähe<br />
zu Frankreich und der Schweiz. Ich kann dort Kraft tanken.<br />
Mit dem Weg ins Studium zunächst in Stuttgart, dann<br />
in Zürich und Bordeaux, habe ich Baden-Baden verlassen.<br />
Aber ich komme immer gerne zurück. Ich habe die Stadt<br />
besonders schätzen gelernt, als ich einige Jahre weg war. Sie<br />
strahlt Lebensfreude aus und hat eine besondere Energie.<br />
36<br />
LIVING & LIFE
Vernetzung mit Perspektive aufs<br />
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RUBR IK<br />
C ANDELA<br />
W O LFGANG L A NGNER UND M A R K U S W Ö R G A U<br />
38<br />
LIVING & LIFE
CANDELA<br />
LICHT IST DIE<br />
VORAUSSETZUNG<br />
FÜR UNSER LEBEN<br />
G E SPRÄCH MIT D E N L I CHTD E SIGNERN UND G R ÜND E RN VON „C A N D E L A “ I N<br />
BAD E N-BAD E N, M A R K U S W Ö RGAU UND W O LFGANG L A NGNER, ÜB E R BEHAGLICHK E I T ,<br />
A R CHITEK T UR, FEHLEND E S V I TAMIN D UND D I E GUTE ALTE G L ÜHB I RNE<br />
VON HORST KOPPELSTÄTTER<br />
Licht macht uns die Welt sichtbar - warum ist Licht so elementar<br />
wichtig?<br />
Markus Wörgau: Licht ist eine Voraussetzung für das<br />
Leben an sich. Ob wir uns in unserem Lebensraum wohlfühlen,<br />
hängt auch von der bewussten und unterbewussten<br />
Wahrnehmung des Lichts ab. Behaglichkeit zuhause, Freude<br />
am Arbeitsplatz oder in der Freizeit, das richtige Licht<br />
spielt dabei eine große Rolle. Licht beeinflusst unseren<br />
Tag-Nacht-Rhythmus, unsere Motivation und die Gesundheit.<br />
Heißt also auch, dass die falsche Beleuchtung negative<br />
Folgen für uns hat. Wenn wir zu wenig in der Sonne sind,<br />
fehlt es uns an Vitamin D. Wenn die Beleuchtung zuhause<br />
am Abend zu kühl ist, fahren wir nicht runter.<br />
Wie beeinflussen oder verändern Sie Architektur mit Licht?<br />
Wolfgang Langner: Mit Licht können wir den Betrachter<br />
oder den Besucher durch ein Gebäude führen. Wir können<br />
auf Gestaltungselemente hinweisen, die dem Architekten<br />
wichtig sind. Über die Beleuchtung können wir stilprägende<br />
Elemente – etwa in einem historischen Altbau – hervorheben<br />
oder weniger Imposantes in den Hintergrund treten<br />
lassen. Wir können schwere Gebäudeteile leichter wirken<br />
lassen, indem wir beispielsweise ein Lichtband am Boden<br />
entlang planen. Große Wandflächen lassen sich ebenfalls mit<br />
Licht sehr gut unterteilen. Wir können mit Licht bei Bedarf<br />
auch mehr Tiefe schaffen, als vielleicht vorhanden ist. Oder<br />
durch richtig gesetzte Lichteffekte eine Fassade oder einen<br />
Garten nachts ganz anders erscheinen lassen als tagsüber.<br />
Wie eng hängen Licht und die Wirkung eines Raumes zusammen?<br />
Wörgau: Unserer Meinung nach definiert das Licht erst<br />
den Raum. Zum einen über die Anordnung und Verteilung<br />
des Lichts. Wir können mit gerichtetem Licht raumprägende<br />
Objekte wie Erker, Treppen oder Kunstwerke hervorheben<br />
oder eine komplette Wand als Reflexionsfläche nutzen.<br />
Der Raumeindruck ist dadurch ein ganz anderer. Ebenso<br />
kann man über die direkte oder indirekte Beleuchtung bestimmter<br />
Flächen das empfundene Raumvolumen beeinflussen,<br />
insbesondere die Raumhöhe. Zum anderen aber<br />
auch über die Art des Lichts, die Lichtfarbe, die Blendfreiheit.<br />
Wärme und Behaglichkeit empfinden wir in unserem<br />
Wohnraum nur mit dem richtigen Licht. Die Gestaltung<br />
und Möblierung eines Raumes alleine reicht dafür nicht<br />
aus. Genauso wenig können Angestellte in ihrem Büro produktiv<br />
arbeiten, wenn das Licht nicht stimmt. Sie ermüden<br />
schneller oder werden vielleicht sogar krank.<br />
LIVING & LIFE 39
RUBR CANDELA IK<br />
„Licht beeinflusst unseren Tag-Nacht-Rhythmus,<br />
unsere Motivation und die Gesundheit“<br />
Reden wir über Licht und Stimmungen: Wann ist Licht eher technisch<br />
und wann eher sinnlich? Trauern Sie auch der alten Glühbirne nach?<br />
Langner: Natürlich trauern wir der Glühbirne nach –<br />
das tun wir doch alle. Uns fehlt das warme Licht. Neben<br />
dem Sonnenlicht war die erste Lichtquelle von uns Menschen<br />
das Feuer. Alles Positive, was wir damit verbinden,<br />
die Wärme, die Behaglichkeit, Sicherheit in der Nacht und<br />
eben auch diese warme Lichtfarbe, waren mit der Glühbirne<br />
doch perfekt verpackt. Ihr Licht war im wahrsten Sinne<br />
des Wortes sinnlich und hat Stimmung erzeugt. Wir planen<br />
diese Art Licht hauptsächlich im privaten Wohn- und<br />
Schlafbereich ein, in Gärten, Restaurants, eben überall<br />
dort, wo wir uns zuhause fühlen wollen. Das technische<br />
Licht spielt für uns im Objektgeschäft eine große Rolle,<br />
etwa im gesamten Officebereich, bei der Praxisbeleuchtung,<br />
in Geschäften mit Lichtstärken, die sich dem Tageslichteinfall<br />
anpassen, Lichtfarben, die sich je nach Tageszeit<br />
verändern lassen. Das gesamte Thema Orientierung<br />
und Sicherheit fällt hier rein, Notbeleuchtung, beleuchtete<br />
Hinweisschilder und Fluchtwege, Licht im öffentlichen Bereich.<br />
Technisches Licht ist meist kühler, es hat eine Funktion<br />
oder unterstützt uns beim Funktionieren.<br />
Woher beziehen Sie Ihre Inspirationen für neue Arten von Licht?<br />
Langner: Neben einigen anderen Messen besuchen wir<br />
die light + building in Frankfurt und die Euroluce in Mailand,<br />
das sind mit Abstand die wichtigsten Veranstaltungen<br />
zum Thema Licht und Beleuchtung. Ansonsten gilt es,<br />
mit offenen Augen durch die Welt zu gehen und aufzusaugen,<br />
was geht.<br />
Also ist Italien nach wie vor der Maßstab für gutes Design im Lichtund<br />
Leuchtenbereich?<br />
Wörgau: Italien ist nach wie vor en vogue. Aber auch aus<br />
Deutschland und vielen anderen europäischen Ländern<br />
haben wir inzwischen tolle Entwürfe in der Ausstellung.<br />
Wie sind Sie eigentlich darauf gekommen, als Lichtdesigner zu arbeiten?<br />
Wörgau: Da hat uns das Leben zufällig beide hingespült.<br />
Beleuchtung hat uns interessiert, wobei Licht zu meiner<br />
Studienzeit an der Uni in Stuttgart leider noch kein Thema<br />
war. Unsere Wege haben sich dann in einem Einrichtungshaus<br />
in Stuttgart gekreuzt, Herr Langner war dort Abteilungsleiter<br />
der Leuchtenabteilung. Dass in diesem Markt<br />
und in dieser Branche ein riesiges Vakuum existiert, wur-<br />
40<br />
LIVING & LIFE
CANDELA<br />
de uns schon vor über 20 Jahren klar. Licht und Beleuchtung<br />
war mehr als nur der klassische Einzelhandel und das<br />
Verkaufen von Leuchten. Die Kunden wollten Beratung,<br />
Hausbesuche, Lichtplanung und Beleuchtungskonzepte,<br />
und das hat uns gereizt.<br />
Verraten Sie uns ein Projekt, auf das Sie besonders stolz sind, vielleicht<br />
in Baden-Baden?<br />
Wörgau: Da gibt es ein paar, die wirklich unglaublich viel<br />
Spaß gemacht haben und ganz toll geworden sind. Es ist<br />
schwierig, eines hervorzuheben. Vielleicht die Kinderkrippe<br />
im Klostergarten in Lichtental, die wir für Rolf Metzmaier<br />
gestalten durften. Das war in seinem gesamten Verlauf<br />
schon außergewöhnlich harmonisch und warmherzig,<br />
und es hat vielen Menschen gezeigt, dass die Candela keineswegs<br />
nur eine Institution für Superreiche ist, sondern<br />
dass wir tolle Lösungen anbieten, auch wenn das Budget<br />
eben nicht gegen unendlich geht.<br />
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, welches Beleuchtungsprojekt<br />
würde Sie besonders reizen?<br />
Wörgau: Die Ruine des Alten Schlosses hoch über Baden-<br />
Baden mit Licht in Szene zu setzen.<br />
Welchen Trend sehen Sie beim Lichtdesign?<br />
Langner: Licht wird in Zukunft zu einem ganz wesentlichen<br />
Gestaltungsmittel in der Architektur. Ein schönes, aktuelles<br />
Beispiel dafür ist die Elbphilharmonie. Das Licht wird<br />
in Zukunft noch kleiner, noch flacher verpackt sein. Es wird<br />
viel effizienter und wird dabei noch heller, noch brillanter.<br />
Wir können dadurch Licht noch besser als Werkzeug einsetzen,<br />
um Atmosphäre zu schaffen, es auf unsere Bedürfnisse<br />
abstimmen, und es wird sich viel einfacher steuern lassen.<br />
Ich denke, dass wir Licht viel häufiger an allen möglichen<br />
Produkten wiederfinden werden, an Schmuck, Kleidung,<br />
wahrscheinlich sogar an Lebensmittelverpackungen. Licht<br />
wird unseren Alltag noch mehr durchdringen.<br />
LEUCHTENSTUDIO CANDELA<br />
Im August 2000 eröffnete das Leuchtenstudio<br />
Candela im Gebäude des Steigenberger Hotels<br />
Europäischer Hof. Für die beiden Firmengründer<br />
Wolfgang Langner und Markus Wörgau war die<br />
individuelle Lichtplanung neben dem klassischen<br />
Einzelhandel Teil des Konzepts.<br />
Durch zunehmende Aufträge im Objektgeschäft<br />
wurde das Sortiment schon bald um das Haller-<br />
System von USM und die VITRA-Möbelkollektion<br />
erweitert.<br />
2010 erfolgte der Umzug in die neuen Räume<br />
am Augustaplatz. Vier Etagen Ausstellung mit<br />
Designleuchten und -möbeln in einem liebevoll<br />
und aufwendig restaurierten denkmalgeschützten<br />
Galeriehaus aus dem Jahr 1870. Der Umgang der<br />
Inhaber Wörgau und Langner mit der historischen<br />
Gebäudesubstanz gilt inzwischen weit über Baden-<br />
Baden hinaus als vorbildlich.<br />
Als weiteres Standbein besteht seit 2004 die Filiale<br />
in den Kurhaus-Kolonnaden mit dem Schwerpunkt<br />
Designaccessoires.<br />
WWW.CANDELA-BADEN-BADEN.DE<br />
LIVING & LIFE 41
DER LAMP ENANZ ÜNDER<br />
„ES IST, ALS OB ER<br />
EINEN NEUEN STERN<br />
ERSCHAFFT …“<br />
V ON A RIANE L INDEMANN<br />
W<br />
enn es dunkel wird in Baden-Baden, dann springt in der Kurstadt im wahrsten Sinne<br />
des Wortes der Funke über. Das Casino wird langsam belebt, Restaurants und Bars ziehen<br />
Gäste aus aller Welt an. Spaziergänger schlendern in der Dämmerung durch den Kurpark.<br />
Klaus Peter von der Bäder- und Kurverwaltung Baden-Baden ist gerade dabei, das letzte Gaslicht<br />
anzuzünden. Rund 20 Minuten hat er gebraucht, bis er durch Zünden aller sechs Gaslaternen den<br />
Platz vor dem Kurhaus in eine romantische Stimmung versetzt hat. Passanten sehen ihm gerne zu.<br />
Von Hellrosa bis Pastellorange schimmern die Lichter, bevor ihr warmes Gelb den Platz vor dem<br />
Kurhaus erhellt. Rund 700 dieser stilvoll verzierten Gaskandelaber gibt es noch in Baden-Baden.<br />
Bis auf die sieben Rundmantellaternen vor dem Kurhaus werden mittlerweile alle anderen automatisch<br />
gezündet und frühmorgens um sechs Uhr wieder gelöscht.<br />
WIE VOR 100 JAHREN<br />
Mit einer langen Stange legt Peter an jeder einzelnen Lampe einen Hebel, den Gashahn, um, der<br />
die Gaszufuhr steuert. Er ist einer von 13 Hauswarten des Kurhauses, die abwechselnd jeden Abend<br />
mit langen Stangen zur Tat schreiten. Es zischt leise. Mit einem entzündeten Docht am Ende einer<br />
anderen Stange werden jetzt die eigentlichen Lampen, also die Glühstrümpfe, angezündet, die sich<br />
zuvor vollständig mit Gas füllen müssen. „Schwierig wird es bei Regen oder Wind, wenn die Flamme<br />
immer wieder erlischt“, erklärt Peter. Bei schönem Wetter wird Peter oft von Touristen, die ihm<br />
fasziniert zusehen, um ein gemeinsames Foto gebeten.<br />
BESONDERE AUSSTRAHLUNG<br />
„Wenn er seine Laterne anzündet, ist es, als ob er einen neuen Stern erschafft oder eine Blume.<br />
Wenn er seine Laterne löscht, wiegt er Blume oder Stern in den Schlaf.“ So beschreibt der Schriftsteller<br />
Antoine de Saint-Exupéry in seinem Buch „Der Kleine Prinz“ den Beruf des Laternenanzünders.<br />
Dabei war der Beruf in früheren Zeiten wenig beschaulich. Heute geht es mehr um das<br />
Bewahren einer langen Tradition, die mit dem Gaslicht verbunden ist. Denn das Licht, das durch<br />
die Mischung von Gas und Luft entsteht, hat eine ganz besondere Farbtemperatur, die ein heimeliges<br />
Flair erzeugt.<br />
42 LIVING & LIFE
RUBR IK<br />
D ER LAMPENANZÜND ER<br />
LIVING & LIFE 43
RUBR IK<br />
WIE VIELE L I C HTE R<br />
V E R DAN K E N NUR I H R E M L E U C HTE R ,<br />
D A S S MAN S I E S I E H T !<br />
Christian Friedrich Hebbel (1813–1863)<br />
Den Hauch Nostalgie, den sich die Stadt mit den echten<br />
Gaslichtern vor dem Kurhaus bewahren möchte, lässt sie<br />
sich einiges kosten. Gas, regelmäßige Wartung und Beschaffung<br />
der nicht gerade billigen Glühstrümpfe, die immer<br />
wieder ausgetauscht werden müssen, gehen ganz schön<br />
ins Geld. Rechnet man die Arbeitszeit obendrauf, wird<br />
deutlich, weshalb die Bäder- und Kurverwaltung (BKV),<br />
der die Lampen gehören, lieber heute als morgen auf LED<br />
umrüsten würde.<br />
Auch andere Städte müssen aus Kostengründen um den<br />
Erhalt der Gaslichter bangen. Allein in Berlin leuchten allabendlich<br />
über 42.000 Gaslaternen. Baden-Baden gehört<br />
zu den letzten Bastionen der Gasbeleuchtung in Deutschland.<br />
Hier eingeführt hatte die Laternen der Unternehmer<br />
und Pächter der Spielbank Edouard Bénazet im Jahr 1845.<br />
„Irgendwann werden wohl auch diese Lampen automatisiert,<br />
wie die meisten anderen in Baden-Baden“, sagt Peter.<br />
Einerseits als „Stangenmänner“ verspottet, aber vielfach<br />
auch romantisch verklärt – die Umstellung auf Fernzündung<br />
hat den Beruf des reinen Lampenanzünders inzwischen<br />
überflüssig gemacht. Für die Stadt Baden-Baden sind<br />
die Gaslaternen vor dem Kurhaus und die damit verbundenen<br />
Rituale des Anzündens ein sympathisches Bekenntnis<br />
zum Bewahren liebgewonnener Traditionen. Denn wie<br />
heißt es so schön am Ende des „Kleinen Prinzen“: „Das ist<br />
ein schöner Beruf. Das ist wirklich sehr nützlich, weil es<br />
schön ist.“<br />
44<br />
LIVING & LIFE
RUBR IK<br />
STAR<br />
KOCH<br />
UNTER KLASSIK - S T ARS<br />
H A RALD W OHLFAHRT,<br />
DEUTSCHLAND S<br />
B E RÜHMTESTER KOCH,<br />
VERFEINERT AB<br />
S A ISONB E G I N N<br />
D I E S P EISEN D E R<br />
A I D A - G A S T R O N O M I E<br />
IM F E STSPIELHAUS<br />
er Drei-Sterne-Koch Harald<br />
D Wohlfahrt berät seit Mitte<br />
2017 das Festspielhaus Baden-Baden<br />
in kulinarischen Fragen. Das Festspielhaus<br />
und der Spitzenkoch, der<br />
mehr als drei Jahrzehnte die berühmte<br />
„Schwarzwaldstube“ im Baiersbronner<br />
Hotel „Traube Tonbach“<br />
und damit eines der besten deutschen<br />
Restaurants leitete, vereinbarten eine<br />
entsprechende Zusammenarbeit.<br />
„Ich weiß von Künstlerinnen und<br />
Künstlern, aber auch von Konzertbesuchern,<br />
die ihren Aufenthalt<br />
verlängert haben, um einen<br />
Abend bei Harald Wohlfahrt in der<br />
„Schwarzwaldstube“ zu verbringen“,<br />
erklärt Festspielhaus-Geschäftsführer<br />
Michael Drautz. Der Coup, den<br />
Küchenkünstler als Berater zu gewinnen,<br />
passt in die Strategie des größten<br />
deutschen Opernhauses, seinen Gästen<br />
einen rundum gelungenen Abend<br />
zu bereiten. Harald Wohlfahrt kochte<br />
natürlich auch schon in seiner Funktion<br />
als Küchenchef der „Schwarzwaldstube“<br />
für Künstler, die auch im<br />
Festspielhaus Baden-Baden auftraten<br />
– darunter unter anderem Anne-<br />
Sophie Mutter. Sabine Bernhard,<br />
Leiterin der Festspielhaus-Gastronomie,<br />
erinnert sich noch gern an<br />
eine erste intensive Zusammenarbeit<br />
im März 2017. Für das Dinner zum<br />
musikalischen Ausklang des G20-Finanzgipfels<br />
im Festspielhaus bereitete<br />
Harald Wohlfahrt den Hauptgang:<br />
Kalbsmedaillon und geschmortes<br />
Kalbsbäckchen im Kräutermantel<br />
mit Parmesan-Chip, Hummus und<br />
Spitzmorcheln an Schalottenjus.<br />
„Unser Team erstarrte fast vor Ehrfurcht“,<br />
so Bernhard.<br />
Die Gäste waren begeistert und Gastgeber<br />
Wolfgang Schäuble bedankte<br />
sich persönlich bei den Köchen. Harald<br />
Wohlfahrt: „Wir haben natürlich<br />
auch auf andere Kulturen Rücksicht<br />
genommen, deshalb war der Hauptgang<br />
ohne Schwein und es gab einen<br />
vegetarischen Hauptgang: Risotto<br />
mit gebratenen Kräutersaiblingen<br />
und glacierten Spitzmorcheln.“ Aber<br />
Harald Wohlfahrt ist nicht nur Perfektionist,<br />
sondern auch Pragmatiker,<br />
Allüren sind ihm fremd, er geizt nicht<br />
mit seiner Kunst.<br />
46 LIVING & LIFE
HARALD<br />
W O H L F A H RT<br />
Wohlfahrt weiß, dass er im AIDA-<br />
Restaurant im Festspielhaus an eine<br />
erfolgreiche Entwicklung anknüpfen<br />
kann. Er will Ideen entwickeln und<br />
mit dem Team um Küchenchef<br />
Andreas Hack weiter vorankommen.<br />
Trends hinterherzulaufen war ohnehin<br />
nie die Sache des bodenständigen<br />
Kochkünstlers, der seine Karriere im<br />
Baden-Badener Restaurant „Stahlbad“<br />
begann. Harald Wohlfahrt<br />
schwärmt von den Zwetschgen, den<br />
Himbeeren, dem Spargel der Region,<br />
von den Jahreszeiten, die er in der<br />
AIDA-Karte „einfangen“ möchte.<br />
Es geht um Verfeinerung – und wie<br />
im Konzertsaal sind auch in der<br />
Küche die letzten Schritte die größte<br />
Herausforderung. „Die Festspielhaus-<br />
Gastronomie will diese Schritte mit<br />
Harald Wohlfahrt gehen“, erläutert<br />
Michael Drautz die Zusammenarbeit.<br />
„Wir möchten unseren Gästen auf<br />
allen Ebenen Perfektes bieten: mit den<br />
weltbesten Künstlern und nun auch<br />
mit einem der weltbesten Köche.“<br />
Als Harald Wohlfahrt kürzlich in<br />
einem Interview gefragt wurde, welchen<br />
Spruch er seinen Mitmenschen<br />
gern ans Herz legen wolle, lautete<br />
seine Antwort: „Wer nicht genießt,<br />
wird ungenießbar.“<br />
Und was ist das Geheimnis seines<br />
anhaltenden Erfolgs? Harald Wohlfahrt:<br />
„Ich gehe mit der Jahreszeit<br />
und schaue, was es auf dem Markt<br />
gibt: Wild, Milchlamm, Rebhühner,<br />
Fasane, Zitrusfrüchte. Das muss<br />
wirklich zur Zeit passen. Ich lege<br />
doch nicht bei 30 Grad Hitze im<br />
August eine Mandarine in einen<br />
Sternanisgewürz-Sud. Dieser Duft,<br />
dieses Aroma sind typisch Winter.<br />
Ich setze mich irgendwann hin<br />
und schreibe eine jahreszeitliche<br />
Menükarte. Das ist vielleicht wie<br />
bei einem Musiker, der ein Stück<br />
schreibt. Er schlägt auf dem Klavier<br />
einen Ton an, einen Akkord, er<br />
versucht Melodien zueinander zu<br />
bringen.“<br />
Harald Wohlfahrt ist in Loffenau<br />
geboren und gilt inzwischen auch<br />
europaweit als einer der besten Köche.<br />
Eine Lebensweisheit hat Harald<br />
Wohlfahrt für unsere Leser noch<br />
bereit: „Nimm Dir die Zeit zum Kochen,<br />
sie ist die Quelle des Glücks!“<br />
Frage an den begnadeten Spitzenkoch:<br />
Was schätzen Sie an Baden-Baden?<br />
Wohlfahrt: „Baden-Baden ist eine<br />
wunderbare Kleinstadt mit einem<br />
Großstadtflair. Baden-Baden bietet<br />
eine unglaublich große kulturelle und<br />
auch gastronomische Vielfalt. Wo gibt<br />
es das auf engstem Raum: Festspielhaus,<br />
Südwestrundfunk, Museum<br />
Frieder Burda, Spielbank, Thermen,<br />
Theater und eine der schönsten<br />
Parkanlagen weltweit? Dann der<br />
Rosengarten oder eine Fahrt mit<br />
der Merkurbahn mit Besuch beim<br />
Wildgehege. Baden-Baden ist doch<br />
einmalig! Ich habe ja schon mal zwei<br />
Jahre in der Stadt gelebt und habe<br />
immer gesagt, Baden-Baden ist meine<br />
zweite Heimat.“<br />
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble im Gespräch mit Andreas Hack, Küchenchef des Festspielhauses Baden-Baden, Drei-Sternekoch Harald Wohlfahrt,<br />
Martin Herrmann, Küchenchef des Hotels Dollenberg, und Bernd Werner, Küchenchef von Schloss Eberstein (von rechts nach links).<br />
LIVING & LIFE<br />
47
RUBR M ENSCH IK EN<br />
48<br />
LIVING & LIFE
PROF ESSOR HEINZ L IESEN<br />
DAS NEUE SCHLOSS ALS<br />
KULTURZENTRUM FÜR<br />
DIE DEUTSCH-FRANZÖSISCHE<br />
FREUNDSCHAFT?<br />
G ESPRÄCH MIT D E M RENOMMIER-<br />
TEN S P ORTMED I ZINER P R O F E S S O R<br />
H E INRICH L I ESEN ÜB E R D I E Z U K U N F T<br />
BAD E N-BAD E NS, D I E EINSTIGE<br />
S OMMERRESID E NZ VON C L A R A<br />
S CHUMANN, D A S OBSTGUT L E ISB E R G<br />
UND SEINE Z E IT MIT D E R F U S SBA LL-<br />
NATIONALMANNSCHAFT UND F R A N Z<br />
BECK E N B AUER<br />
er Blick aus dem Fenster fällt auf einen wunderschönen<br />
Garten mit einem riesigen Redwoodbaum in der<br />
D<br />
Mitte und mehr als 200 Rosen. Direkt dahinter die Oos,<br />
mit einer kleinen Brücke zur Lichtentaler Allee und der<br />
Klosterwiese. Die Szene wirkt wie aus einem Bilderbuch.<br />
Hier lebt der emeritierte Sportprofessor Heinz Liesen mit<br />
seiner Frau Viola. Liesen hatte einst als Arzt die Fußballnationalmannschaft<br />
unter Franz Beckenbauer medizinisch<br />
betreut. Heute engagiert sich der 76-Jährige im Stadtrat in<br />
Baden-Baden.<br />
Professor Liesen, was ist eigentlich das Einmalige an Baden-Baden?<br />
Professor Heinz Liesen: Baden-Baden kennt man auf<br />
der ganzen Welt. Diese Stadt hat sich das Flair des 19. Jahrhunderts<br />
erhalten. Mit einer einzigartigen Einbindung in<br />
die Natur. Heute sind noch viele Attraktionen dazugekommen,<br />
die einmalig sind. Es sind natürlich das Museum Frieder<br />
Burda und das Festspielhaus, aber auch das Spielcasino<br />
und die Nähe zu Frankreich und die großen Gemeinsamkeiten<br />
mit dem Nachbarland. Baden-Baden müsste wieder<br />
eine Position wie damals, als einstige Sommerhauptstadt<br />
Europas, erlangen.<br />
Und wie ist Ihre persönliche Beziehung zu Baden-Baden?<br />
Liesen: Am Anfang vor 16 Jahren habe ich mich, ehrlich<br />
gesagt, gar nicht so richtig wohlgefühlt hier. Ich hatte vorher<br />
einen kleinen Bauernhof aus dem 13. Jahrhundert in<br />
der Nähe von Köln, den ich über 30 Jahre Zug um Zug<br />
renoviert habe. Renovieren ist mein Hobby. Erst als ich<br />
hier in Baden-Baden das Glück hatte, wenige Meter von<br />
unserem Wohnhaus entfernt, ein ziemlich heruntergekommenes<br />
Gebäude zu erwerben, hat sich das geändert. Das<br />
Haus direkt an der Oos hat für mich ein faszinierendes<br />
Flair und sollte eigentlich abgerissen werden, um Appartementhäuser<br />
zu bauen. Dort hatte jahrelang die Pianistin<br />
und Komponistin Clara Schumann ihre Sommermonate<br />
verbracht. Ich habe das alte Haus über zwei Jahre in Eigenarbeit<br />
komplett renoviert. Erst damit bin ich eigentlich hier<br />
in Baden-Baden angekommen. Und natürlich auch wegen<br />
meiner Frau, die mich hierher geholt hat.<br />
Sie waren weltweit unterwegs, sind jetzt hier in Baden-Baden gelandet<br />
und politisch im Stadtrat tätig, was läuft gut und was läuft<br />
schlecht in dieser Stadt?<br />
Liesen: Womit soll ich anfangen? Ich finde, die Verwaltung<br />
hier in Baden-Baden ist total aufgebläht. Es kommen<br />
oft viel zu lange keine Entscheidungen zustande und es<br />
fehlen ein Konzept und ein roter Faden für die Stadt. Im<br />
Baubereich sind viele Fehler gemacht worden, es gibt unglaubliche<br />
Bausünden ...<br />
LIVING & LIFE 49
PROF ESSOR HEINZ L IESEN<br />
Können Sie Beispiele nennen?<br />
Liesen: Was jedem Besucher sofort auffällt,<br />
ist die Deutsche Bank. Das kann doch nicht<br />
wahr sein, solch ein Klotz mitten im Herzen<br />
der Stadt. An der Stelle war ursprünglich ein<br />
traumhaft schönes Gebäude, das abgerissen<br />
wurde. Es gibt viele negative Beispiele. Das<br />
schadet uns auch bei der Bewerbung, Weltkulturerbe<br />
zu werden.<br />
Welche Hoffnungen verbinden Sie mit einer Ernennung<br />
Baden-Badens als Weltkulturerbe?<br />
Liesen: Ich setze große Hoffnungen darauf,<br />
dass dann solche Bausünden nicht mehr begangen<br />
werden. Was mich auch sehr stört, ist<br />
der massive Sanierungsstau, den wir haben.<br />
Die Fieserbrücke und andere Brücken dürften<br />
eigentlich schon gar nicht mehr von Lastwagen<br />
befahren werden. Das wurde alles verschlafen.<br />
Sie sehen ja auch das Drama am Leopoldsplatz<br />
oder auch am Augustaplatz und der Lichtentaler<br />
Straße. Wenn wir nicht aufpassen, gerät<br />
Baden-Baden in eine kritische Phase. Wir haben<br />
heute schon extrem hohe Leerstände in<br />
den Geschäften. Damit fehlt den Gästen eine<br />
wichtige Attraktion. Was ich auch kritisiere:<br />
Baden-Baden ist keine Bäderstadt mehr. Es<br />
gibt nicht mal mehr 50 Patienten jährlich, die<br />
zu einer Bäderkur kommen, es gibt kaum noch<br />
Bäderärzte und es gibt kein Konzept dafür.<br />
Ich finde es schlecht, dass das jahrtausendealte<br />
Thermalwasser im Original gar nicht mehr zu<br />
bekommen und zu trinken ist. Die Bäderkultur<br />
geht verloren.<br />
Liegt das auch an Privatisierungen?<br />
Liesen: Sicherlich auch. Die Privatisierung<br />
führt dazu, dass die Betreiber Geld verdienen<br />
wollen und nicht mehr die Frage im Vordergrund<br />
steht, was für diese Stadt wichtig ist.<br />
Und noch ein Problem: das Neue Schloss. Das<br />
ist doch Namensgeber und einer der Ursprünge<br />
hier in Baden-Baden. Ein Jammer, was da<br />
passiert.<br />
PROFESSOR<br />
HEINZ LIESEN<br />
war jahrzehntelang<br />
einer der bekanntesten<br />
Sportmediziner<br />
im deutschen Raum.<br />
Mehr als 20 Jahre<br />
war er an der Sporthochschule<br />
in Köln.<br />
18 Jahre betreute<br />
er die Feldhockey-<br />
Nationalmannschaft.<br />
Franz Beckenbauer<br />
hat ihn vom Hockey<br />
zum Fußball geholt.<br />
Liesen war als<br />
Sportmediziner auch<br />
in anderen Sportarten<br />
wie Radfahren oder<br />
Ringen, ja sogar in<br />
der Nordischen Kombination<br />
engagiert.<br />
Liesen: „Ich habe<br />
viel Wissenschaft<br />
gemacht, habe das<br />
aber auch angewandt.<br />
Das war meine<br />
Philosophie, das war<br />
mein Weg.“<br />
Wie ist der Lösungsansatz?<br />
Liesen: Das kann nicht von Baden-Baden<br />
allein gelöst werden. Dieses Schloss und diese<br />
Stadt haben einen sehr starken Bezug zu Frankreich.<br />
Hier ist die deutsch-französische Freundschaft<br />
nach dem Zweiten Weltkrieg besiegelt<br />
worden. Es gibt nirgendwo in Deutschland einen<br />
Ort, der so eng mit Frankreich verbunden<br />
ist. Ich meine, wir brauchen ein Zentrum für<br />
deutsch-französische Freundschaft. Das könnte<br />
das Neue Schloss in Baden-Baden sein. Es gibt<br />
für diese Idee Unterstützung der EU und der<br />
Bundesregierung. Dafür sind auch europäische<br />
Fördergelder vorhanden. Das Neue Schloss<br />
wäre eine Begegnungsstätte, ein Kulturzentrum,<br />
da lässt sich sehr viel daraus machen. Das<br />
muss dann auch für die Bürger geöffnet und<br />
belebt werden. Auch der Florentinerberg und<br />
der Marktplatz – da muss in den nächsten Jahren<br />
unbedingt etwas passieren.<br />
Und was läuft gut in Baden-Baden?<br />
Liesen: Was unheimlich gut läuft, ist das Engagement<br />
privater Leute im kulturellen Bereich.<br />
Das Festspielhaus in dieser Form, privat<br />
getragen und auf eigene Initiative, ist weltweit<br />
einmalig. Die Berliner Philharmoniker kommen<br />
von Salzburg nach Baden-Baden. Das ist<br />
doch ein Wert, der immens ist. Das, in Verbindung<br />
mit dem Museum Frieder Burda, dem<br />
Museum und Schachzentrum von Wolfgang<br />
Grenke, sucht Seinesgleichen. Wer weiß schon<br />
wirklich, dass die Baden-Badener Mannschaft<br />
quasi Bayern München im Schach ist. Es gibt<br />
in Deutschland nichts Vergleichbares.<br />
Wenn Sie schon Bayern München ansprechen, was<br />
können Sie denn aus Ihrer Zeit mit Franz Beckenbauer<br />
und der Betreuung der Fußball-Nationalmannschaft<br />
erzählen?<br />
Liesen: Meine Erfahrungen hatte ich als<br />
Hochschullehrer an der Sporthochschule Köln<br />
in verschiedenen Sportarten gesammelt. Dann<br />
kam Franz Beckenbauer und hat mich für die<br />
Fußball-Nationalmannschaft engagiert. Ich<br />
wollte das ursprünglich nicht. Ich hatte vorher<br />
schon Bundesligatrainer ausgebildet in einem<br />
neuen Fach: in Sportmedizinischer Trainingslehre.<br />
Das war genau das, was Beckenbauer für<br />
seine Mannschaft wollte. Ich habe viele neue<br />
Methoden eingeführt und wir waren erfolgreich<br />
damit. Damals ging es ja zur WM nach<br />
Mexiko. Da waren Trinken, also ausreichend<br />
Flüssigkeit für den Körper, Aufwärmprogramme<br />
und Regeneration von großer Bedeutung.<br />
50 LIVING & LIFE
ANNE-SOPHIE MUTTER<br />
RUBR IK<br />
Das gab es damals so noch nicht. Ich habe eingeführt, dass<br />
die Kreativität des Gehirns bei den Sportlern durch ganz<br />
andere Dinge als Fußballspielen regeneriert wird, beispielsweise<br />
durch Golfspielen. Franz Beckenbauer hat das<br />
sofort verstanden. Aber da gab es zunächst große Widerstände<br />
beim DFB. Am Ende waren alle glücklich damit,<br />
auch wenn wir in Mexiko nur Vizeweltmeister wurden.<br />
Nach dem Endspiel bekamen dann alle die Silbermedaille,<br />
Franz auch. Franz Beckenbauer holte alle Spieler zusammen,<br />
sie waren deprimiert, weil es nicht für den WM-Titel<br />
gereicht hatte. Franz rief mich dazu und hielt eine kleine<br />
Rede. Er sagte, wir sind viel weiter gekommen als jeder geträumt<br />
hat und wir haben das Endspiel erreicht, was für<br />
eine Leistung. Dann sagte er, einer, dem wir das Meiste zu<br />
verdanken haben, das wäre ich. Er kam zu mir und hängte<br />
mir seine Silbermedaille um den Hals. Das hat mich unglaublich<br />
berührt. Mit Franz Beckenbauer ist bis heute eine<br />
enge Freundschaft geblieben. Vier Jahre später wurden wir<br />
in Rom gemeinsam Weltmeister.<br />
Kommen wir nochmal zurück nach Baden-Baden. Wie ist die Geschichte<br />
vom Obstgut Leisberg?<br />
Liesen: Das liegt ja gerade hier gegenüber von unserem<br />
Haus. Das Obstgut ist so romantisch, das kann doch nicht<br />
einfach geschlossen bleiben. Es bedurfte großer Überzeugungsarbeit,<br />
bis sich die Stadt entschlossen hat, dieses Gelände<br />
der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Da sind<br />
tolle Bäume und eine kleine Scheune drin, wunderschöne<br />
Wiesen, einfach eine Idylle hier in der Stadt. Das kann<br />
man den Menschen doch nicht einfach vorenthalten. Das<br />
ist gelebte Politik. Das Gelände ist auch im Kerngebiet<br />
des Weltkulturerbes. Aber jetzt ist es wieder für alle zugänglich.<br />
Und wie kam es zu den Blumen auf den öffentlichen Brücken?<br />
Liesen: Ende Oktober leert die Stadt alle Blumenkästen<br />
an den öffentlichen Brücken. Das finde ich unmöglich.<br />
Gerade im Winter, wenn alles so trostlos, tot, wirkt. Bei<br />
meinem türkischen Freund, dem Blumenhändler auf dem<br />
Lichtentaler Markt, habe ich winterharte Blumen gekauft<br />
und eingepflanzt. Die Bürger und Gäste freuen sich, sind<br />
darüber glücklich. Hoffentlich motivieren solche kleinen<br />
Aktionen auch andere.<br />
Noch eine letzte Frage, wie hält sich der Sportprofessor fit?<br />
Liesen: Mit Sport geht nicht mehr so viel, ich hatte vier<br />
Hüftoperationen, aber mich halten vier bis sechs Stunden<br />
Gartenarbeit oder das Renovieren unseres Hauses fit. Das<br />
ist meine beste Medizin!<br />
DAS GESPRÄCH FÜHRTE HORST KOPPELSTÄTTER<br />
LIVING & LIFE 51
RUBR INTERV IKIEW<br />
WIE<br />
WOHNEN<br />
UND<br />
ARBEITEN<br />
WIR<br />
MORGEN?<br />
Moderne Büroräume: Immobilien Regional AG in Baden-Baden<br />
52 LIVING & LIFE
RUBR IK<br />
G E SPRÄCH MIT D E M I N HAB E R D E R I M MOB I LIEN R E GIONAL AG, M A RTIN E R N S T ,<br />
UND SEINER T OCHTER T H ERESA-L U ISA E R NST ÜB E R EINE GUTE W O R K - L I F E - B A L A N C E ,<br />
ATTRAK T IVE BÜROWELTEN, D E N RASANTEN N A TUR- UND F L ÄCHENVERB R AUCH UND<br />
D I E Z U K U NFT BAD EN-BAD ENS<br />
LIVING & LIFE 53
INTERV IEW<br />
Wie werden wir künftig wohnen?<br />
Martin Ernst: Vorhersagen sind immer<br />
sehr schwierig. Überlegen müssen<br />
wir uns alle, ob wir den Natur- und<br />
Flächenverbrauch in diesem Tempo<br />
fortführen, wie wir dies momentan<br />
tun. Zu erhalten ist meiner Ansicht<br />
nach ein historischer Stadtkern. Was<br />
spricht allerdings dagegen, in genau<br />
definierten Quartieren, in die Höhe<br />
zu bauen? Wichtig ist, in allen Bereichen<br />
die Erholung der Menschen in<br />
Natur- und Flussauen zu sichern. Das<br />
geht nicht mehr, wenn wir die gesamte<br />
Grünfläche dem Beton opfern.<br />
Theresa-Luisa Ernst: Wahrscheinlich<br />
in einem komplett automatisierten<br />
Haushalt.<br />
Wird Besitz überhaupt noch diese Bedeutung<br />
haben? Es gibt eine Sharing-Tendenz,<br />
etwa etwa beim Auto. Wird das beim Haus<br />
auch einmal kommen?<br />
Martin Ernst: Es liegt in den Urgenen<br />
der Menschen, dass sie sich ihr<br />
eigenes Nest bauen. Kein Vogel ist<br />
bereit, sein Nest mit anderen zu teilen.<br />
Genauso ist dieses Grunddenken<br />
in jedem Menschen vorhanden. Er<br />
will sein eigenes Nest bauen und seine<br />
eigene Familie gründen. Ich glaube<br />
beim Wohnen nicht an den Sharing-<br />
Gedanken.<br />
Theresa-Luisa Ernst: Das sehe<br />
ich etwas anders. Die Autorin Rachel<br />
Botsman hat sich in ihrem Buch<br />
„What‘s mine is yours“ intensiv damit<br />
befasst. Das Thema ist ja schon seit ein<br />
paar Jahren in aller Munde und wird<br />
sich auch im Bereich Wohnen oder<br />
Häuser weiterentwickeln. Airbnb ist<br />
ja bereits ein erfolgreiches Unternehmensmodell.<br />
Besonders in Großstädten,<br />
wo es viele Pendler beziehungsweise<br />
Berufstätige gibt, und auch mit<br />
der Zunahme an Singlehaushalten<br />
wird das Thema sicherlich signifikanter<br />
werden. Nicht jeder möchte dann<br />
viel Geld in die Miete stecken oder<br />
gar über Eigentum nachdenken, wenn<br />
man nur eine geringe Zeit in den „eigenen“<br />
vier Wänden verbringt. Die<br />
Relevanz des Wohneigentums rutscht<br />
somit einfach in eine spätere Lebensphase,<br />
wenn entschieden wurde, wo<br />
man sich final niederlässt.<br />
Wie verändern sich Arbeitswelten?<br />
Martin Ernst: Ein Büro ohne Klimatisierung<br />
ist für die Zukunft nicht mehr<br />
denkbar. Jeder Investor von Büroimmobilien<br />
muss dies in seiner Planung<br />
berücksichtigen. Die Mobilität, also<br />
das kostenlose Parken für die Mitarbeiter,<br />
halte ich auch für sehr wichtig und<br />
dann muss die Umgebung im Büro<br />
selbst attraktiv sein und den Menschen<br />
mit allen Sinnen ansprechen.<br />
MAN MUSS SICH DARAUF<br />
E INSTELLEN, DASS ES<br />
WENIGER GROS S E B Ü R O S<br />
GEBEN UND ES MEHR<br />
AUF G EMEINSCHAF T LICHE<br />
„ W O R K S P A C E S “<br />
HINAUSLAUF E N WIRD<br />
Theresa-Luisa Ernst<br />
Theresa-Luisa Ernst: Arbeitswelten<br />
müssen sich den neuen Generationen<br />
anpassen. Work-<strong>Life</strong>-Balance ist nun<br />
auch schon seit Jahren in aller Munde<br />
und viele Unternehmen haben sich<br />
durch flexible Arbeitsmodelle, wie der<br />
Möglichkeit, sich von zuhause oder<br />
unterwegs in die Server einzuloggen,<br />
umgestellt. Dies geht natürlich nicht in<br />
allen Branchen. Der Generation Y, zu<br />
der ich auch gehöre, ist es auch wichtig,<br />
dass die Arbeit Spaß macht. Das<br />
kann nur passieren, wenn dadurch das<br />
Privatleben nicht zurückstehen muss.<br />
Ich denke, dass wir aber durch unsere<br />
Technologieaffinität, Multi-Tasking-<br />
Fähigkeit und frühe Selbstständigkeit<br />
auch effizienter geworden sind. Das<br />
heißt, man muss sich darauf einstellen,<br />
dass es weniger große Büros geben<br />
wird und es mehr auf gemeinschaftliche<br />
„Workspaces“ hinauslaufen wird.<br />
Viele Themen werden jetzt und auch<br />
in Zukunft sicherlich ausschließlich<br />
mit Videotelefonie und keiner persönlichen<br />
Anwesenheit geregelt werden.<br />
Spart Zeit und Geld.<br />
Sie haben ein altes Gebäude komplett zum<br />
modernen Büro umgebaut, wie war hier Ihr<br />
Ansatz?<br />
Martin Ernst: Ein Grundsatz von<br />
mir ist: Ich mache etwas entweder<br />
richtig oder gar nicht. Nachdem unser<br />
ursprünglicher Plan, das Objekt<br />
abzureißen, daran scheiterte, dass die<br />
Stadtverwaltung meinte, dass dieses<br />
Objekt stadtbildprägend für den Augustaplatz<br />
ist, mussten wir diesbezüglich<br />
vollkommen umdenken. Ich bin<br />
heute sehr glücklich, dass ich das Designbüro<br />
Ippolito Fleitz kennenlernen<br />
durfte und wir den Umbau gemeinsam<br />
realisieren konnten. Qualität kostet<br />
immer Geld, hat allerdings auch<br />
den längsten Bestand.<br />
Wie sind Sie auf die internationalen Architekten<br />
Ippolito Fleitz gekommen?<br />
Martin Ernst: Ich habe von Ippolito<br />
Fleitz gelesen und diese wurden<br />
mir auch empfohlen. Ich rief Herrn<br />
Fleitz einfach an und fragte ihn, ob<br />
er sich vorstellen könnte, in der „Weltstadt“<br />
Baden-Baden tätig zu werden.<br />
Er sagte sofort: „Warum nicht, ich<br />
bin gebürtig aus Baden-Baden Steinbach.<br />
Mein Vater wohnt heute noch<br />
dort.“ Das Büro baut in der ganzen<br />
Welt und wurde kürzlich in die Hall<br />
of Fame des internationalen Designs<br />
aufgenommen. Die erfolgreichen Architekten<br />
sind absolut natürlich, sympathisch<br />
und bescheiden geblieben.<br />
Was ist diesen Architekten in Ihrem neuen<br />
Büro gelungen?<br />
Martin Ernst: Aus unserer Sicht ein<br />
absoluter Wurf. Man sieht sofort die<br />
Handschrift eines einzigartigen Innenarchitekten<br />
und wir können das<br />
ganze Werk nur als absolut gelungen<br />
bezeichnen.<br />
54 LIVING & LIFE
ERNST & RUBR ERNST IK<br />
LIVING & LIFE<br />
55
INTERV IEW<br />
Theresa-Luisa Ernst: Das Büro<br />
hat wirklich Wohlfühlcharakter und<br />
ist modern, stylisch und repräsentativ.<br />
Die offene Gestaltung fördert den<br />
Austausch zwischen den Mitarbeitern<br />
und es gibt genügend Rückzugsorte<br />
für Meetings oder diverse Lounges, in<br />
denen man in unkomplizierter Atmosphäre<br />
einmal Dokumente durchlesen<br />
oder Gespräche führen kann. Ich<br />
selbst war vor meinem Einstieg hier<br />
bei der Immobilien Regional AG bei<br />
einem internationalen Unternehmen<br />
in Frankfurt angestellt. Dort sind wir<br />
vor drei Jahren auch in ein komplett<br />
neues Büro gezogen. Unser Büro hier<br />
in Baden-Baden steht diesem in gar<br />
nichts nach und man merkt sofort,<br />
dass hier renommierte Architekten<br />
am Werk waren.<br />
Wo steht Baden-Baden heute?<br />
Martin Ernst: Leider nicht mehr<br />
dort, wo es vor 50 Jahren stand. Baden-Baden<br />
muss erhebliche Anstrengungen<br />
unternehmen, um das Niveau<br />
im Blick auf Sauberkeit, Gartenpflege,<br />
die Substanz der Straßen und Brücken<br />
wieder zu erreichen. Der Name<br />
Baden-Baden strahlt nach wie vor in<br />
die ganze Welt und ist bekannter als<br />
unsere Landeshauptstadt Stuttgart.<br />
Wer Baden-Baden allerdings kennt<br />
wie wir, sieht, dass sich vieles nicht<br />
zum Besseren verändert hat.<br />
Wie erklären Sie einem Fremden irgendwo<br />
in der Welt, was Baden-Baden ausmacht?<br />
Theresa-Luisa Ernst: Baden-Baden<br />
is so nice that they had to name it twice!<br />
Baden-Baden ist eine einzigartige Stadt<br />
mit vielen tollen Bauten und Einrichtungen.<br />
Es ist landschaftlich wunderschön<br />
am Fuße des Schwarzwalds gelegen<br />
und hat herrliche Grünflächen.<br />
Durch das Museum Frieder Burda und<br />
das Festspielhaus ist Baden-Baden international<br />
bekannt und die Stadt wird<br />
auch für junge Leute interessanter.<br />
Bleibt der Markt für Immobilien in Baden-<br />
Baden so stark?<br />
Martin Ernst: Nennen Sie mir eine<br />
mit Baden-Baden vergleichbare Stadt<br />
in Europa. Ihnen wird keine einfallen.<br />
Damit beantwortet sich Ihre Frage<br />
von selbst.<br />
Wie ist die Situation mit ausländischen und<br />
speziell russischen Immobilienkäufern?<br />
Martin Ernst: Baden-Baden hatte<br />
immer Villen, in denen ein ganz bestimmtes<br />
Land extrem vertreten war.<br />
Nach dem Krieg gab es die arabische<br />
Welle, die japanische Welle, die amerikanische<br />
Welle. Kürzlich die russische<br />
Welle. Jeder Insider weiß, dass<br />
jedem Wellenberg auch wieder ein<br />
Wellental folgt. Deswegen war uns<br />
schon lange klar, dass die russische<br />
Welle auch wieder abnehmen wird.<br />
Dies ist bei den sehr hochpreisigen<br />
Immobilien geschehen – bei den niederpreisigen<br />
nicht. Aber was ist daran<br />
verkehrt, wenn der Markt sich bei realen<br />
Preisen stabilisiert?<br />
Was wird sich in Baden-Baden in den<br />
nächsten zehn Jahren verändern?<br />
Martin Ernst: Ich hoffe sehr, dass<br />
sich die Pflege der Parks, die Sauberkeit<br />
der Innenstadt und der Sanierungsstau<br />
bei Straßen, Brücken und<br />
Plätzen wesentlich verbessern lässt.<br />
Was wünschen Sie sich für Baden-Baden?<br />
Theresa-Luisa Ernst: Ich wünsche<br />
mir für Baden-Baden, dass die Stadt<br />
weiterhin durch Entwicklungen wie<br />
das Roomers und The Grill noch attraktiver<br />
für junge Leute wird und<br />
auch einen Hauch von Großstadtflair<br />
erhält. Zudem können solche Magnetpunkte<br />
sicherlich auch unserem<br />
Einzelhandel helfen, der ja momentan<br />
sehr leidet.<br />
Was ist die Stärke eines Familienunternehmens?<br />
Martin Ernst: Man hat nicht jedes<br />
Quartal Bilanzzahlen zu veröffentlichen<br />
und muss hungrige Kapitalanleger mit<br />
immer größeren Renditenversprechen<br />
ködern. Der Famlienunternehmer<br />
denkt eher wie ein Forstwirt. Dieser<br />
weiß, dass er die Baumsetzlinge, die er<br />
heute in den Boden bringt, frühestens<br />
in 50 bis 60 Jahren ernten kann – also<br />
zwei Generationen später. Ich denke,<br />
dass Qualität und Solidität an oberster<br />
Rangstelle stehen.<br />
Theresa-Luisa Ernst: Ein Familienunternehmen<br />
denkt nicht in Quartalen<br />
sondern in Generationen und ist<br />
deswegen langfristig orientiert. Es gibt<br />
kurze Entscheidungswege und viel Eigenverantwortung,<br />
die Arbeitnehmer<br />
sicherlich schätzen. Es wird meiner<br />
Meinung nach auch eine größere Bindung<br />
zum Unternehmen aufgebaut<br />
und macht die Mitarbeiter loyaler.<br />
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RUBR IK<br />
DAVID HOCKNEY<br />
DIE L U ST AN D E R F R EIHEIT<br />
58 LIVING & LIFE
D A V ID HOCK NEY<br />
DER M A LER DAVID H O C K N EY LIEB T BA D E N-BAD E N<br />
UND AN D E R O O S ENTSTAND E N ERSTE I P A D - Z E ICHNUNGEN<br />
J E TZT WURD E ER 80 JAHRE ALT<br />
VON S TEF AN T OLK SDORF UND HORST KOPPELSTÄTTER<br />
ein anderer hat den Moment des Verschwindens so<br />
K kongenial ins Bild gesetzt. „A Bigger Splash“ heißt<br />
das erste Gemälde, das einem beim Namen „David Hockney“<br />
in den Sinn kommt: ein Swimmingpool kurz nach<br />
dem Köpfer vom Sprungbrett, der Moment des Abtauchens<br />
einer Person, von der nur das aufspritzende Wasser<br />
zeugt – man hört es förmlich spritzen – umso mehr, als<br />
die Umgebung des Pools von fast aseptischer Stille ist. Ein<br />
Sekundenbruchteil, wie ihn nur die Kamera festzuhalten<br />
vermag. Tatsächlich malte Hockney das Bild 1967 nach einem<br />
Foto, erstaunt darüber, dass er für die Abbildung einer<br />
Sekundensequenz ganze zwei Wochen brauchte.<br />
Der junge Engländer war fasziniert von der Sonne und der<br />
Weiträumigkeit Kaliforniens, die er drei Jahre zuvor gegen<br />
das rußschwarze Bradford und die Enge des Elternreihenhauses<br />
eingetauscht hatte. Auch die körperliche Freizügigkeit<br />
gefiel dem bekennenden Homosexuellen. Zuvor an der<br />
Royal Academy hatte er seinem Bedürfnis nach Körperlichkeit<br />
in frechen halbabstrakten Bildern mit Schriftzügen<br />
und becketthaften Figuren Ausdruck verliehen, sämtlich<br />
von gedeckter Farbigkeit. Hier nun, unter dem blauen<br />
Himmel Kaliforniens, in Santa Monica und in Hollywood,<br />
lebte er sich aus. In einigen Bildern aus jenen Jahren der<br />
Befreiung lässt er nackte Männer im Pool schwimmen.<br />
Umso erstaunlicher, dass das Objekt der Begierde in „A<br />
Bigger Splash“ ganz in die Malerei abtaucht, ja darin verschwindet.<br />
Ein programmatisches Bild.<br />
Denn eben darum geht es Hockney in seiner berühmten<br />
Swimmingpool-Serie: eine Malerei zwischen Figürlichkeit<br />
und Abstraktion oder, besser gesagt, um den Einbruch eines<br />
anderen Sehens in die Alltagswelt. Die zu Kringeln<br />
und tanzenden Linien abstrahierten Lichtmuster auf dem<br />
Boden des Pools oder an der Wasseroberfläche – sie verändern<br />
nicht nur die Wahrnehmung, sondern den gesamten<br />
Bildraum. Er war und ist das Dauerthema im ebenso vielseitigen<br />
wie überzeugenden Werk dieses Malers, Zeichners,<br />
Grafikers, Fotografen und Bühnenbildners.<br />
VERSTECKTE SPIEGEL<br />
Es geht ihm um die Erweiterung der Perspektive durch<br />
die Öffnung des Raums. „Der Raum ist eine Illusion, im<br />
Gegensatz zur Zeit, die ich nachweislich dafür brauche,<br />
ihn zu gestalten“, sagte Hockney. In seinem spannenden<br />
Buch über die Geheimnisse der Alten Meister („Secret<br />
Knowledge: Rediscovering the Lost Techniques of the Old<br />
Masters“, 2001) führt uns der Autor zurück zum Beginn<br />
des zentralperspektivischen Zeichnens – zu Filippo Brunelleschi,<br />
den genialen Erbauer der Domkuppel von Florenz.<br />
Hockney zufolge soll er bei der ersten perspektivischen<br />
Zeichnung der europäischen Kunstgeschichte technische<br />
Hilfsmittel – versteckte Spiegel – verwendet haben. Der<br />
Maler, der sich ein Leben lang zur gegenständlichen Malerei<br />
bekannte, sieht in der um 1420 entwickelten Zentralperspektive<br />
indes eine Verengung des Blicks.<br />
LIVING & LIFE 59
RUBR K UNST IK<br />
David Hockney „Portrait of an Artist (Pool with Two Figures)“ 1972, Acrylic on canvas, 84 x 120", © David Hockney<br />
Photo Credit: Art Gallery of New South Wales / Jenni Carter<br />
In vielen seiner großformatigen, in Kalifornien entstandenen,<br />
farbintensiven Bilder bricht er mit diesem Seh-Prinzip<br />
und bietet, ebenso wie in seinen Fotocollagen („Ein Foto<br />
reicht mir nicht!“), mehrere mögliche Perspektiven und<br />
Standpunkte an. Damit gibt er dem Betrachter eine neue<br />
Freiheit. Dieser soll sich nun selbst in Beziehung zum Bild<br />
setzen, statt nur den Vorgaben des Malers zu folgen. Eine<br />
perspektivische Öffnung des Raumes, die der nach England<br />
Heimgekehrte in den 2000er-Jahren durch seine<br />
Neuentdeckung der Landschaftsmalerei fortsetzte: menschenleere<br />
Ausschnitte von Feldern und Baumgruppen,<br />
weitflächige Panoramen von Yorkshire, die farblich an sein<br />
frühes aperspektivisches Bild „Mulholland drive“ anknüpfen.<br />
Nur scheint der Blick auf die klar konturierte Landschaft<br />
hier konventioneller, weiter entfernt von der Grenze<br />
zur Farbfeldmalerei. Was wie eine Neuauflage des Naturmalers<br />
John Constable im Gewand des virtuellen Zeitalters<br />
anmutet, ist aber keineswegs frei von Romantik.<br />
Der Maler, der in L.A. oder New York so oft und gern ins<br />
Club- und Partyleben eintauchte, genießt nun die Stille.<br />
Diese meist großformatigen Panoramen – das Bild „Bigger<br />
trees near water“ misst etwa 12,2 mal 4,4 Meter und besteht<br />
aus 50 einzelnen Leinwänden – schmeicheln durchaus<br />
dem Auge. Hockney scheut sich nicht, die Schönheit<br />
der Baumformen und eine scheinbar vollkommene Landschaft<br />
zu feiern, die gleichwohl immer auch Nutz-Natur ist:<br />
Gefällte Bäume ragen uns entgegen, von Hecken gezirkelte<br />
Wiesen und Felder segmentieren den Blick.<br />
Die Augen des Malers aber suchen die Weite – seinen<br />
höchsteigenen Begriff von Freiheit. Natur, sagt Hockney,<br />
sei für ihn das Synonym für Unendlichkeit. Konservativ<br />
ist der Brite nur auf den ersten Blick. Als erster Künstler<br />
von Weltrang begann er auf iPhone und iBook zu malen<br />
– Bilder, die wirken, als wären sie mit dem Aquarellpinsel<br />
aufgetragen.<br />
60<br />
LIVING & LIFE
DAVID HOCKNEY<br />
„Der Raum ist eine Illusion, im Gegensatz zur Zeit,<br />
die ich nachweislich dafür brauche, ihn zu gestalten“<br />
Jahrzehnte zuvor hatte sich der kongeniale Zeichner schon<br />
als Druckgrafiker und Fotograf einen Namen gemacht. Für<br />
große Opernhäuser wie die Metropolitan Opera entwarf<br />
er phantastische Bühnenbilder, etwa für „Die Zauberflöte“,<br />
Benjamin Brittens „The Rake´s Progress“ oder Erik Saties<br />
„Parade“. Im letzteren Fall, wie auch auf vielen Bildern<br />
der 90er-Jahre, ist der Einfluss von Henri Matisse unverkennbar.<br />
Hockneys Hero aber bleibt Picasso. An dessen<br />
kubistische Raumauffassung erinnern viele von Hockneys<br />
oft mehrteiligen Bildern. Im Gegensatz zum Spanier spielt<br />
die Figur im Werk des Briten aber eine eher untergeordnete<br />
Rolle. Doch gibt es bei Hockney Paarkonstellationen<br />
von der rätselhaften Statik eines Edward Hopper und der<br />
traumhaften Entrücktheit eines Balthus.<br />
Immer aber bleibt er sich und seiner unverwechselbaren<br />
malerischen Handschrift treu. Wie bei seinem eindringlichen<br />
Portrait der 1999 verstorbenen Mutter – so alt wie das<br />
Jahrhundert, dessen künstlerische Entwicklung die Kunst<br />
des Sohnes eindrucksvoll spiegelt. Stets ging es ihm weniger<br />
um das Motiv, als um die Möglichkeiten der Malerei,<br />
die alte Frage, wie wir eigentlich sehen – und wie sich die<br />
Suche nach Freiheit visualisieren lässt. Man mag diesem<br />
„letzten Meister der Klassischen Moderne“ einen gewissen<br />
Konservativismus attestieren, ja eine Liebe für Sujets des<br />
19. Jahrhunderts. Es ist seine Sinnlichkeit, seine farbliche<br />
Frische, seine malerische Akkuratesse, die David Hockney<br />
zu den gefragtesten und herausragenden Künstlern der<br />
Gegenwart machen. Nur mit Pop-Art, wie immer wieder<br />
zu hören, hat seine Kunst denkbar wenig zu tun. Hockney<br />
ist und bleibt ein Solitär, der sich jeder Einordnung entzieht:<br />
ein Anarchist, wie er sich selbst nennt – wenngleich<br />
alles andere als ein „angry old man“.<br />
Im vergangenen Jahr war er der Star der Frankfurter<br />
Buchmesse, wo er das im Taschen-Verlag erschienene<br />
„A Bigger Book“ vorstellte, seinen 500-seitigen Oeuvre-<br />
Katalog, der im aufgeklappten Zustand mit einem eigens<br />
designten Buchständer ganze zwei Meter misst und sage<br />
und schreibe 2.000 Euro kostet. Ein grandioses Buch, das<br />
seinesgleichen sucht.<br />
A BIGGER BOOK<br />
Im Taschen-Verlag ist ein außergewöhnliches<br />
Buch zu David Hockney erschienen:<br />
David Hockney. A Bigger Book, Taschen<br />
Hardcover, 498 Seiten, 13 Ausklappseiten,<br />
50 x 70 cm, mit einem von Marc Newson entworfenen<br />
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250 signierten Exemplaren mit einer iPad-<br />
Zeichnung.<br />
Cover Artwork by David Hockney „Garden with Blue Terrace“ 2015 (detail)<br />
Acrylic on canvas, 48 x 72", © David Hockney<br />
LIVING & LIFE 61
RUBR B LAU IK IN DER K UNST<br />
David Hockney ist regelmäßig in Baden-Baden: Hier vor dem Museum Frieder Burda.<br />
David Hockney liebt Deutschland, am meisten Baden-Baden.<br />
Seit vielen Jahren kommt er regelmäßig ins legendäre<br />
Brenners Park-Hotel direkt an der Lichtentaler Allee. Von<br />
da ist es nur ein Steinwurf rüber ins schneeweiße Museum<br />
Frieder Burda, dessen Ausstellungen der berühmte Maler<br />
regelmäßig besucht. Er macht nie ein großes Aufhebens<br />
darum, dass er weltweit zu den Stars der zeitgenössischen<br />
Malerei zählt. Er kommt einfach vorbei, plaudert mit den<br />
Damen an der Kasse, schaut sich alles an und geht oft wieder,<br />
ohne dass ihn jemand erkannt hat. Frank Marrenbach,<br />
Chef des Brenners Park-Hotel, kann von vielen sympathischen<br />
Begegnungen mit David Hockney erzählen. Eines<br />
Tages brachte Marrenbach David Hockney und Sammler<br />
Frieder Burda zusammen und beide haben sich prächtig<br />
verstanden bei einer spontanen Einladung, die Burda für<br />
den erfolgreichen Künstler in seinem Privathaus mit herrlichem<br />
Blick über die Stadt gab.<br />
Hockney besucht auch mal gerne die Thermen oder bummelt<br />
einfach durch die Stadt. In der Kulturstadt an der Oos<br />
entstanden auch die ersten iPad-Zeichnungen von Hockney.<br />
Im Brenners Park-Hotel hatte er die Idee und deshalb<br />
kann man heute beispielsweise ein Stillleben Hockneys aus<br />
dem Hotel („Nachttisch am Bett“) oder das Bild „Baden-<br />
Badener Villa in Höhenlage“ bewundern. Eine Hommage<br />
an eine Stadt, in der sich der Maler wohlfühlt und die<br />
Hockney aus vielen Gründen sehr schätzt.<br />
Seit einigen Jahren hat der britische Künstler seinen<br />
Hauptwohnsitz wieder am Mulholland Drive über der<br />
Skyline von Los Angeles. Leuchtend farbig wie seine Bilder<br />
sind auch die Wände seines Hauses, das sich hinter Palmen<br />
und subtropischer Vegetation versteckt. Da liegt er<br />
nun, die ehedem blondierten Haare grau, mit seiner noch<br />
immer unverkennbaren schwarzgerahmten runden Brille,<br />
schmaucht ein Zigarettchen und erfreut sich seines rundum<br />
erfüllten Lebens – natürlich an seinem Swimmingpool.<br />
Im Sommer 2017 wurde er 80 Jahre alt.<br />
Chapeau David Hockney!<br />
62<br />
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64<br />
LIVING & LIFE
RUBR IK<br />
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LIVING & LIFE 65
KLAUS<br />
E C H LE<br />
VON HORST KOPPELSTÄTTER<br />
Warum taucht der Fuchs so oft in Ihren Motiven auf?<br />
Klaus Echle: In meinen Augen ist der Fuchs ein sehr<br />
schönes Tier, er ist charismatisch, aber auch umstritten.<br />
In der Literatur hat der Fuchs fast nie eine positive Stellung.<br />
Bei vielen Menschen gibt es Ängste vor dem Fuchs,<br />
das reicht von Tollwut bis zum Fuchsbandwurm. Für mich<br />
ist der Fuchs ein faszinierendes Tier. Jeder, der schon mal<br />
junge Füchse beim Spielen gesehen hat, ist davon ergriffen.<br />
Dieser Zwiespalt ist sehr spannend. Vielleicht kann ich zu<br />
einem etwas besseren Image des Fuchses beitragen.<br />
Es gibt ein Foto, das zeigt, wie Sie hinter der Kamera am Boden<br />
liegen und gespannt beobachten. Hinter Ihnen steht ein Fuchs, der<br />
scheinbar ebenso neugierig schaut, was Sie da eigentlich tun. Ist das<br />
eine Montage?<br />
Echle: Das ist natürlich keine Montage. Das war 2010, da<br />
hatte ich so etwas wie eine Affäre mit einer Füchsin. Ich<br />
hatte eine junge Füchsin ein halbes Jahr begleitet. Sie wurde<br />
am Schluss so vertraut mit mir, dass ich sehr nah an<br />
sie herangekommen bin. Dennoch blieb sie anderen Menschen<br />
gegenüber extrem scheu …<br />
… das heißt, Sie haben die Füchsin sehr früh getroffen und es ist so<br />
etwas wie eine Prägung entstanden …?<br />
Echle: … ja, es war eine persönliche Bindung auf mich<br />
fixiert.<br />
… aber wie hat sich die Füchsin später wieder allein zurecht gefunden?<br />
Echle: Das war kein Problem. Es ist ja mein Anliegen,<br />
dass der Fuchs selbstständig bleibt und selbst jagen muss.<br />
Leckereien, die ich mitgebracht habe, sollten also eher nur<br />
ein kleines Dessert sein und nicht mehr. Wir haben auch<br />
ein Buch darüber geschrieben: „Fuchs ganz nah“. Es ist im<br />
BLV-Verlag erschienen und ist sehr erfolgreich.<br />
Welche Eigenschaften braucht ein erfolgreicher Tierfotograf?<br />
Echle: Eine gewisse Verrücktheit gehört dazu, Leidenschaft<br />
und viel Geduld. Der Naturfotograf ist ja fast ständig<br />
draußen. Und man will immer besser werden. Das ist<br />
wie bei einem Sportler. Eigentlich bin ich eher unruhig und<br />
ungeduldig, aber beim Fotografieren habe ich das nötige<br />
Sitzfleisch.<br />
Wenn Sie bei schlechtem Wetter unterwegs sind und vergeblich warten,<br />
verfluchen Sie dann Ihr Hobby nicht manchmal?<br />
Echle: Der Vorteil ist, man kommt ja schnell wieder an die<br />
Wärme, selbst wenn es nass und kalt sein sollte beim Foto-<br />
66 LIVING & LIFE
RUBR IK<br />
grafieren. Es ist ja nur eine begrenzte Zeit. Ich genieße es,<br />
auch bei schlechtem Wetter, ja bei richtig starkem Regen,<br />
draußen zu sein. Dann entstehen auch faszinierende Fotos.<br />
Und ich erlebe Dinge, die es sonst bei schönem Wetter<br />
nicht gibt.<br />
Wie gelingt es, den Tieren sehr nahe zu kommen und sie dennoch<br />
nicht ernsthaft zu stören?<br />
Echle: Grundsätzlich beschäftige ich mich sehr viel mit<br />
Biologie. Wenn ich an eine Tierart fotografisch rangehe,<br />
muss ich zuvor sehr viel darüber wissen. Ich lese sehr viel.<br />
Dann ist es zunächst eine Annäherung ohne Fotoapparat.<br />
Manche Tiere sind vertrauter als die anderen. Ich muss die<br />
Grenze herausfinden: Wie nah kann ich ran? Natürlich<br />
setzen wir auch mal Hilfsmittel ein, wie Lichtschranken,<br />
Fernauslöser oder Tarnverstecke. Aber Kameras sind auch<br />
laut und ein Störfaktor. Letztlich steht immer das Tierwohl<br />
im Vordergrund.<br />
Was ist das für ein Gefühl, wenn Ihnen ein toller „Fotoschuss“<br />
gelingt? Merken Sie sofort, das ist jetzt ein ganz besonderes Bild?<br />
Echle: Das ist unterschiedlich. Wobei, ich komme fast immer<br />
nach Hause und sage, heute habe ich die besten Fotos<br />
gemacht. Das ist sehr emotional. Manchmal spüre ich sofort,<br />
das ist ein Super-Bild, aber oft braucht es eine gewisse<br />
Zeit, um das zu erkennen. Es kann aber sein, dass ein Foto<br />
nach vier Wochen, wenn die Emotionen weg sind, auch<br />
verliert. Naturfotografie ist immer mit Adrenalin verbunden,<br />
auch wenn gar kein Foto zustande kommt. Wenn ein<br />
Tier auftaucht, ist das immer etwas Besonderes.<br />
LIVING & LIFE 67
KLAUS<br />
E C H LE<br />
Sie waren ursprünglich Koch und haben dann Forstwirtschaft studiert.<br />
Ist Förster ein Traumberuf?<br />
Echle: Ja, absolut. Das ist auch eine Berufung. Ich genieße<br />
es, draußen zu sein. Wir arbeiten täglich mit dem Produkt<br />
Holz.<br />
Was fasziniert Sie an unserer heimischen Landschaft im Schwarzwald?<br />
Sie sind ja viel gereist und haben viel gesehen.<br />
Echle: Unsere Natur wird unterschätzt. Wir haben eine<br />
unglaublich schöne Landschaft hier im Schwarzwald. Ich<br />
war schon in den tropischen Regenwäldern. Das sind wunderbare<br />
Landschaften mit einzigartigen Ökosystemen,<br />
aber über den Schwarzwald lasse ich nichts kommen. Wir<br />
haben vier Jahreszeiten bei uns. Unsere Natur ist weltweit<br />
unvergleichlich, wir müssen das nur entdecken.<br />
Also nach dem Motto „Der Prophet gilt nichts im eigenen Lande“.<br />
Wie würden Sie denn das ganz Besondere am Schwarzwald beschreiben?<br />
Echle: Man muss in alles eintauchen. Es ist vor allem der<br />
Wald, es sind Tannenwälder, die es in dieser Prägung sonst<br />
eigentlich nirgendwo gibt. Die Weißtanne ist der klassische<br />
Baum des Schwarzwaldes mit sehr vielfältigen Waldgesellschaften.<br />
Ein Beispiel sind die bäuerlichen Plenterwälder.<br />
Das sind große und kleine Bäume nebeneinander, wie<br />
eine Großfamilie unter einem Dach. Bei diesen Wäldern<br />
leben mehrere Generationen in einem engen Gebiet zusammen.<br />
Es gibt auch andere Tierpopulationen. Bei uns<br />
ist es beispielsweise der Auerhahn, der ein Kulturgut unserer<br />
Landschaft ist. Nirgendwo in Deutschland gibt es so<br />
viele Auerhähne wie im Schwarzwald. Hier gibt es noch<br />
viele Tiere. Die brauchen einen ganz bestimmten Wald. Es<br />
ist unglaublich reizvoll im Schwarzwald. Der Wald ist oftmals<br />
unterbrochen von offener Landschaft und bäuerlicher<br />
Landwirtschaft, das ist sagenhaft schön.<br />
Also sind die vielen Tannen nicht eintönig?<br />
Echle: Nein, wer genau hinschaut, entdeckt diese unglaubliche<br />
Vielfalt. Wir haben auch eine andere ganz besondere<br />
Geologie. Im Nordschwarzwald sind es eher nährstoffarme<br />
Böden, im Süden dagegen extrem nährstoffreiche, auch<br />
das ist ein Auslöser für eine große Vielfalt. Anders als in<br />
vielen Regionen in Deutschland. Im Nordschwarzwald ist<br />
es überwiegend Buntsandstein, dazwischen Granit, und im<br />
Südschwarzwald Gneis. Teilweise gibt es auch Vulkangestein<br />
mit Lösauflagen.<br />
68 LIVING & LIFE
RUBR IK<br />
K L AUS E C HLE,<br />
geboren 1964 in Oberwolfach, Schwarzwald. Von 1979 bis 1988 Ausbildung<br />
und verschiedene Anstellungen als Koch mit dem Ziel, später den<br />
elterlichen Gaststättenbetrieb zu übernehmen. Von 1988 bis 1994 jedoch<br />
Weiterbildung und Studium zum Dipl. Ing. FH Forstwirtschaft, bekannter<br />
als „Förster“. 1994 bis 20<strong>02</strong> Revierleiter im Staatlichen Forstamt Alpirsbach.<br />
Seit 20<strong>02</strong> Revierleiter im Städtischen Forstamt Freiburg, Revier<br />
Günterstal.<br />
Die Fotografie betreibt Klaus Echle bereits seit der Jugend. Anfänglich<br />
mit Schwarz-Weiß-Aufnahmen und überwiegend Landschaftsmotiven<br />
und Reisefotografie. Schon während des Studiums ist er im Naturschutz,<br />
besonders im Fledermausschutz, aktiv. Hier kamen oft Anfragen für<br />
Vorträge, die mit ausgeliehenen Bildern stattfinden mussten. Seit 1996<br />
ist er von der Naturfotografie ernsthaft „infiziert“. Sein Schwerpunkt:<br />
Verhaltensweisen und ökologische Zusammenhänge ästhetisch und<br />
künstlerisch darzustellen. Hierbei liegt ihm die heimische Natur besonders<br />
am Herzen. 20<strong>02</strong> wurde er als Vollmitglied in die Gesellschaft deutscher<br />
Tierfotografen (GDT) aufgenommen. Preise beziehungsweise Highlights<br />
bei verschiedenen Fotowettbewerben wie „Glanzlichter“, BBC „WPY“,<br />
London (Gartenschläfer) und viele anderen. 2003 „Europäischer Naturfotograf<br />
der Jahres“ (ENJ).<br />
Echles Fotos werden regelmäßig in der in der Galerie Ulrich Marx in<br />
Offenburg ausgestellt: www.marx-galleries.de<br />
LIVING & LIFE 69
KLAUS<br />
E C H LE<br />
Wie sorgsam – oder auch nicht – gehen wir heute mit der Natur um?<br />
Spüren Sie ein Umdenken?<br />
Echle: Es gibt viele Verbesserungen. Beispielweise in der<br />
Forstwirtschaft kommt man vollkommen vom Einsatz von<br />
Pestiziden ab. Wir werden bewusster und naturnäher. Das<br />
ist keine Frage. Ich sehe aber mit Sorge, dass wir einen fast<br />
unaufhaltsamen Flächenfraß haben. Da gibt es auch einen<br />
Egoismus im Blick auf die Natur. Hier muss jeder für sich<br />
persönlich seine Linie finden. Ich war 20<strong>02</strong> zum letzten<br />
Mal auf einer großen Reise. Da bin ich zurückgekommen<br />
und habe mir vorgenommen, nicht mehr zu reisen, auch<br />
nicht als Fotograf. Gerade als Fotograf habe ich die Möglichkeit,<br />
die Natur hier zu zeigen. Ich will einen möglichst<br />
kleinen ökologischen Fußabdruck hinterlassen. Das habe<br />
ich gut 15 Jahre durchgehalten. Ich will natürlich nicht ein<br />
Leben lang auf Reisen verzichten. Das bildet ja auch. Aber<br />
im Blick auf die Rücksicht unserer Lebensräume muss jeder<br />
selbst handeln und nicht darauf warten, dass es die Anderen<br />
für einen erledigen.<br />
Und wie verändert sich das Bewusstsein?<br />
Echle: Das ist wirklich eine schwierige Güterabwägung.<br />
Viele Städte in unserer Region wachsen sehr stark. Da wird<br />
guter Wohnraum gebraucht und neue Arbeitsplätze. Es ist<br />
eine Abwägung mit dem Naturschutz. Man kann sich da<br />
nicht auf eine Seite schlagen. Es geht um Kompromisse und<br />
die sind nicht einfach. Jeder muss bei sich selbst anfangen.<br />
Es gibt einen neuen Heimatgedanken in der Gesellschaft.<br />
Die Wertschätzung für unsere Natur ist unglaublich gewachsen.<br />
Dazu kann ich auch als Fotograf ein wenig beitragen.<br />
Wie schön ist es bei uns. Wir müssen nicht nach Afrika oder<br />
sonst wohin reisen, um herrliche Natur zu erleben. Ich kann<br />
nur sagen, wenn wir genau hinschauen, werden wir staunen<br />
über das Wunder unserer Natur im Schwarzwald.<br />
70 LIVING & LIFE
BRENNERS AUSAVA CLUB
STADTWALD<br />
„ÖKOLOGISCHE VIELFALT<br />
IST UNSERE BESTE<br />
RÜCKVERSICHERUNG“<br />
BEGEGNUNG MIT BAD E N-W Ü RTTEMB E RGS F ORSTPRÄSID E NTEN M A X R E G E R<br />
Ü B E R S I TUATION UND Z U K U NFT D E R D E UTSCHEN W Ä L D E R UND D I E BESOND E R -<br />
HEITEN D ES BAD EN-BAD ENER S T A D T WALD ES<br />
VON HORST KOPPELSTÄTTER<br />
Baden-Baden verfügt über die zweitgrößte Kommunalwaldfläche in<br />
ganz Deutschland. Was zeichnet diesen Stadtwald aus?<br />
Max Reger: Die Stadt Baden-Baden ist der größte kommunale<br />
Waldbesitzer in Baden-Württemberg und der<br />
zweitgrößte in der Bundesrepublik. Der Stadtwald besitzt<br />
eine große Bandbreite an unterschiedlichsten Waldbeständen,<br />
vom Auewald der Rheinebene über den Bergmischwald<br />
bis in die hohen Lagen rund um die Badener Höhe.<br />
Auf den unterschiedlichen Standorten finden sich praktisch<br />
alle in Baden-Württemberg vorkommenden Baumarten.<br />
Der Stadtwald rahmt die Stadt Baden-Baden in einer sehr<br />
sympathischen Form ein – ein Schutzwald im besten Sinne<br />
des Wortes. Neben dem klimaschonenden Rohstoff Holz<br />
liefert der Stadtwald ausgezeichnetes Trinkwasser, gute<br />
Luft und viel lebendigen Raum für Freizeitaktivitäten in<br />
einer großartigen Natur-Atmosphäre. Und zu guter Letzt:<br />
Die Stadt Baden-Baden und ihre Bürgerinnen und Bürger<br />
stehen zu ihrem Stadtwald. Die Baden-Badener haben eine<br />
hohe Waldgesinnung – das spürt und sieht man.<br />
Weshalb ist Holz so faszinierend und wie sehen Sie die Zukunft von<br />
Holz als Material für Bauwerke?<br />
Reger: Ich selbst bin voller Leidenschaft und Begeisterung<br />
für dieses Material. Und ich bin sicher, jeder Mensch, der<br />
sich damit beschäftigt, teilt dies bereits nach kurzer Zeit<br />
mit mir. In den vergangenen Jahren hat Holz als Baumaterial<br />
eine rasante Entwicklung genommen. Holz ist der<br />
Champion unter den Materialien, ein richtiger Hightech-<br />
Baustoff, geworden.<br />
Wir wissen, die anspruchsvollen Ziele im Klimaschutz sind<br />
nur mit modernem Holzbau zu erreichen, denn über 50<br />
Prozent unserer Primärenergie verbrauchen wir mit unseren<br />
Bauten. Zugleich speichert die Verwendung von Holz<br />
beim Bauen über Jahrzehnte, teils über Jahrhunderte, CO ² .<br />
Selbst wenn wir ein Gebäude abbrechen, haben wir im<br />
Holz immer noch einen vollständig verwertbaren Rohstoff.<br />
Und dieser Rohstoff wächst als einziger Baustoff ganz<br />
natürlich in unseren Wäldern ständig nach. Das bewirkt<br />
unsere nachhaltige Waldwirtschaft. Alle fünf Sekunden<br />
wächst praktisch ein Einfamilienhaus in unseren deutschen<br />
Wäldern nach. Holzbau ist die Bauform, die alle Umweltauflagen<br />
auch im Recycling problemlos erfüllt.<br />
Mit keinem anderen Baustoff können Sie dank Vorfertigung<br />
so präzise, wirklich auf den Millimeter genau, und<br />
72 LIVING & LIFE
ANNE-SOPHIE MUTTER<br />
RUBR IK<br />
so schnell bauen. Damit ist selbst in eng bebauten Städten<br />
jeden Tag ein neues Stockwerk fertig und die Umgebung<br />
nur minimal beeinträchtigt. Dazu schaffen Sie mehr Fläche,<br />
da mit Holz deutlich schlankere Wandaufbauten möglich<br />
sind. Und dieser gesunde, trockene Bau ist sehr schnell<br />
bezugsfertig. Nichts muss erst trocknen. Mit innovativem<br />
Holzbau sind mittlerweile enorme Spannweiten und Höhen<br />
möglich. In Kürze wird in Heilbronn das erste Holzhochhaus<br />
in Baden-Württemberg entstehen. Dazu ist Holz<br />
unser leichtester tragender Baustoff. Das ist ideal für alle<br />
Aufstockungen, An- oder Ausbauten. Ressourcenschonender<br />
geht es nicht. Mit keinem Material erzielen Sie eine<br />
so hohe Wohn- und Arbeitsqualität wie mit Holz, das ein<br />
geradezu therapeutisches Innenklima schafft. All das mit<br />
verlässlichen Kosten.<br />
Und bevor ich nicht mehr aus dem Schwärmen herauskomme:<br />
Auch im gekonnten Mix mit anderen Baustoffen<br />
präsentiert sich Holz von seiner besten Seite. Mittlerweile<br />
entsteht jedes vierte Bauwerk in Baden-Württemberg aus<br />
Holz. Die intelligente Zukunft im Bauen wird auf Holz<br />
basieren, ebenso wie unsere künftige bioökonomische<br />
Wirtschaftsweise. Materialien auf Holzbasis werden erdölbasierte<br />
Materialien immer mehr ersetzen. Davon bin ich<br />
überzeugt.<br />
Im Ausland gilt die deutsche Forstwirtschaft als ausgesprochen vorbildlich.<br />
Weshalb?<br />
Reger: Deutschland hat sehr vielfältige und naturnahe<br />
Wälder. Im Gegensatz zu vielen Regionen weltweit sind<br />
auch unsere bewirtschafteten Waldflächen von einer großen<br />
biologischen Vielfalt geprägt. Unsere Wälder sind<br />
Heimat für über 20.000 Pflanzen und Tiere, viele davon<br />
haben im Wald ihren letzten Lebens- und Rückzugsraum.<br />
Dazu kommt, dass viele Menschen diese reichhaltigen<br />
Wälder auch als besonders schön empfinden. Der Grund<br />
dafür ist die lange Tradition einer geordneten Forstwirtschaft.<br />
Die Nachhaltigkeit, heute Grundprinzip für viele<br />
Lebensbereiche, wurde vor fast 300 Jahren in Deutschland<br />
für die Forstwirtschaft erfunden. Heute ist dieses<br />
System vielfach weiterentwickelt und ausgebaut worden<br />
und umfasst alle Bereiche der Waldbewirtschaftung. In<br />
Baden-Württemberg wurde dies mit einem strategischen<br />
Nachhaltigkeitsmanagement in die praktische Arbeit vor<br />
Ort integriert, ein Ansatz, den Sie so eigentlich nirgends<br />
auf der Welt wiederfinden.<br />
LIVING & LIFE 73
STADTWALD<br />
Was macht die besondere Faszination des Schwarzwalds aus?<br />
Reger: Seine Vielfalt und die abwechslungsreichen Landschaften.<br />
Der Schwarzwald ist das größte Mittelgebirge<br />
in Deutschland, er umfasst über ein Viertel der Fläche<br />
Baden-Württembergs. Die fast baumfreien Gipfellagen<br />
mit ihrer faszinierenden Fernsicht, der Übergang aus den<br />
warmen Regionen des Rheintals mit den Weinbergen und<br />
den Obstbaumregionen, die Nadelwaldgebiete im Nordschwarzwald,<br />
die mächtigen Weißtannen mit einer Höhe<br />
von über 50 Metern, die vielfältige Tier- und Pflanzenwelt,<br />
die mal engen, mal weiten Täler mit ihren Bächen und<br />
Flüssen, all dies und noch viel mehr macht den Schwarzwald<br />
mehr als besonders.<br />
Vor welchen Herausforderungen stehen die Wälder?<br />
Reger: Der Klimawandel wird die Wälder und vor allem<br />
die Baumartenzusammensetzung verändern. Die Effekte<br />
nehmen wir jetzt schon wahr, aber leider gibt es keine<br />
zuverlässigen Prognosen für das Klima in 50 oder 100<br />
Jahren. Diese für uns Menschen sehr lange Zeitspanne ist<br />
für den Wald eher kurz. Wir pflanzen heute Bäume, die<br />
erst 2150 geerntet werden. Auch die Belastung durch Luftschadstoffe<br />
setzt dem Wald noch immer zu. Auch wenn in<br />
den letzten 30 Jahren Vieles erreicht wurde, können wir<br />
keine Entwarnung geben.<br />
Was ist zu tun?<br />
Reger: Zentrales Ziel ist der Aufbau von stabilen und<br />
vielfältigen Waldbeständen. Ökologische Vielfalt ist unsere<br />
beste Rückversicherung gegenüber dem Klimawandel.<br />
Dies sind in der Regel Mischbestände aus Baumarten, die<br />
optimal zum Standort passen. Damit dies gelingt, investieren<br />
wir viel in die Forschung und die Standortuntersuchung.<br />
Verbunden ist dies mit der Hoffnung, dass der Klimawandel<br />
gebremst werden kann und die Waldbestände<br />
sich anpassen können.<br />
Max Reger leitet als Landesforstpräsident seit 2007 die<br />
Abteilung Waldwirtschaft und ist gleichzeitig Leitender<br />
Geschäftsführer des Landesbetriebs ForstBW in Baden-<br />
Württemberg. Er ist damit verantwortlich für die gesamte<br />
Waldfläche des Landes und hat wichtige Steuerungsfunktionen<br />
für den Staatsforstbetrieb.<br />
74 LIVING & LIFE
STADTWALD<br />
RUBR IK<br />
DEN SCHWARZWALD ENTDECKEN<br />
Mit knapp 1.500 Metern ist der Schwarzwald das höchste deutsche Mittelgebirge.<br />
Von Pforzheim im Norden erstreckt er sich Richtung Süden über 160 Kilometer<br />
bis zum äußersten Südwesten Deutschlands. Der Schwarzwald ist das größte geschlossene<br />
deutsche Waldgebiet und gehört zu den beliebtesten Erholungsräumen<br />
in Deutschland. Weit mehr als 24.000 Kilometer Wanderpfade lassen sich zu beliebig<br />
langen Touren kombinieren. Auch auf dem Fahrradsattel ist der Schwarzwald ein<br />
wahres Eldorado für Mountainbiker und Radwanderer.<br />
WEITERE INFORMATIONEN: WWW.SCHWARZWALD-TOURISMUS.INFO<br />
LIVING & LIFE 75
Herrlicher Blick von der Badener Höhe<br />
über den Baden-Badener Stadtwald<br />
G E SPRÄCH MIT D E M L E ITER D E R BAD E N-BAD E NER F O RSTB E HÖRD E , T H OMAS H A UCK<br />
Was schätzen Sie am Baden-Badener Stadtwald?<br />
Thomas Hauck: Der Stadtwald Baden-Baden hat eine<br />
sehr lange Tradition in der touristischen Nutzung. Seit gut<br />
180 Jahren gibt es eine eigene städtische Forstverwaltung,<br />
die den Wald im Sinne der Stadt bewirtschaftet. Es ist ein<br />
sehr naturnaher Wald, in dem auch der Naturschutz und<br />
die Waldästethik eine bedeutende Rolle spielen.<br />
Wirft solch eine große Waldfläche auch jährlich gute Erträge ab?<br />
Hauck: Betrachtet man nur den Produktbereich Holzproduktion<br />
und klammert die umfangreichen touristischen<br />
Einrichtungen aus, so würden gute Erträge erwirtschaftet<br />
werden. Leider hat der Orkan Lothar im Jahr 1999 etwa<br />
ein Drittel des Waldes geworfen und die neu entstandenen<br />
artenreichen Mischwälder benötigen einige Jahrzehnte an<br />
Pflege – mit den entsprechenden Kosten.<br />
Welche Bedeutung hat der Wald hinsichtlich Erholung und für den<br />
Tourismus?<br />
Hauck: Die Erholungs- und Freizeitnutzung hat eine sehr<br />
hohe Bedeutung. Neben einem umfangreichen Wanderwegenetz<br />
gibt es auch Angebote für Mountainbiker, Schutzhütten<br />
und Einrichtungen, wie unser vielbesuchtes Wildgehege.<br />
Besonders hervorzuheben ist, dass die Stadt gute 400 Hektar<br />
ihres Waldes als Nationalpark zur Verfügung gestellt hat und<br />
dort zwei sehr attraktive Erlebnispfade eingerichtet sind.<br />
Gibt es eine Stelle, die Sie im Baden-Badener Stadtwald besonders<br />
lieben?<br />
Hauck: Eine schwierige Frage, da der Wald so unterschiedliche<br />
Facetten hat, aber besonders schön ist sicherlich der<br />
Blick vom Turm der Badener Höhe auf gut 1.000 Meter<br />
über Meereshöhe über den Stadtwald bis hin in die benachbarten<br />
Vogesen.<br />
Welchen Wanderweg in Verbindung mit dem Baden-Badener Stadtwald<br />
würden Sie empfehlen?<br />
Hauck: Ein sehr schöner Weg ist unser Panoramaweg, der<br />
auf 40 Kilometern die Stadt umrundet, dabei herrliche<br />
Ausblicke eröffnet und sich zwischen Streuobstwiesen und<br />
dem Wald bewegt. Natürlich ist er auch in Teilabschnitten<br />
zu begehen.<br />
HOK<br />
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MORGEN<br />
Erfahrungen, die wir alle teilen, die aber nicht immer bewusst<br />
wahrgenommen werden. Dies alles steht am Beginn<br />
meiner künstlerischen Ausdrucksweise. Ich wähle davon<br />
einiges aus und kombiniere es, bevor ich daraus schließlich<br />
ein Kunstwerk kreiere. Für mich ist das eine Art und Weise<br />
meine Lebenseinstellung zu teilen. Meine Objekte aus Glas<br />
sind eine Möglichkeit, ohne Worte und darüber hinaus<br />
miteinander zu kommunizieren“, sagt Odahashi.<br />
ie Künstlerin Masayo Odahashi ist 1975 in der japanischen<br />
Präfektur Mie geboren. Diese Präfektur<br />
D<br />
liegt im Zentrum der japanischen Inselkette, auf der Pazifikseite,<br />
zwischen Osaka und Kyoto im Südwesten und<br />
Nagoya im Nordosten. Masayo Odahashi fasziniert die<br />
Menschen mit der Ausdrucksweise ihrer Skulpturen. Sie<br />
wirken meditativ, nach innen gekehrt, und strahlen große<br />
Ruhe und Kraft aus. Oft sitzen sich Paare gegenüber, in<br />
schmalen, kleinen Booten oder auf Sockeln. Für Masayo<br />
Odahashi ist es jedoch immer eine Person im Spiegelbild,<br />
zwei Seiten des Lebens, zwei Seiten einer Persönlichkeit.<br />
Ihre Kunstwerke sind Kommunikation ohne Worte.<br />
„Ich finde oft viele verschiedene Inspirationsquellen im<br />
Alltag und sammle sie in meinem Gedächtnis. Das können<br />
Farben oder Formen sein, Texte, alte Geschichten,<br />
Erinnerungen, der Gesichtsausdruck von Menschen oder<br />
Vorwiegend in einem Studio in Kanazawa entstehen ihre<br />
faszinierenden Pâte-de-Verre-Arbeiten, die Menschen aus<br />
aller Welt und aus unterschiedlichen Kulturen begeistern.<br />
Mädchen, nachdenklich und fast meditierend, junge Frauen<br />
mit hochgestecktem Haar oder seitlich gewellter, flügelgleicher<br />
Haarpracht, die teilweise wie Engel aussehen. Und<br />
dann die Dualität: das Mädchen und der Hase und gegenüber<br />
in einem Boot der Mann und der Hase. Sie erzählt<br />
Märchen von dem weißen Hasen und von den Fahrten mit<br />
ihren Eltern zum Ise-Schrein, dem höchsten japanischen<br />
Heiligtum, zu dem jährlich etwa sechs Millionen Menschen<br />
pilgern.<br />
Die meditativen kleinen Skulpturen von Masayo Odahashi<br />
machen großen Eindruck auf alle, die sie sehen. Sie erzeugen<br />
eine intensive Nähe und laden den Betrachter zum<br />
Reflektieren ein. Die Künstlerin ist mit zahlreichen Preisen<br />
geehrt worden, unter anderem mit dem Internationalen<br />
Glaspreis von Kanazawa.<br />
Die Faszination der alten Materie Glas ist in der Galerie<br />
B in Sinzheim/Baden-Baden in den abstrakten und figurativen<br />
Arbeiten neu zu entdecken: transparent wie nichts<br />
oder lichtundurchlässig, glänzend wie poliertes Silber oder<br />
rauh wie Sandstein. Geheimnisvoll schimmernde, vielfältige<br />
Kunst, die einen nicht so schnell wieder loslässt.<br />
78 LIVING & LIFE
M ASAYO<br />
O DAH ASH I<br />
<strong>Living</strong> & <strong>Life</strong> sprach mit Masayo Odahashi<br />
bei ihrem Besuch in Baden-Baden.<br />
Wie viel Einfluss haben Ihre Reisen auf Ihre<br />
Werke?<br />
Masayo: Meine Erfahrungen im Ausland<br />
geben mir oftmals einen anderen<br />
Blick auf das Leben. Ich habe verschiedene<br />
Kulturen und die Natur außerhalb<br />
Japans erlebt. Ich erkannte die Unterschiede<br />
zwischen Japan und anderen<br />
Ländern. Das beeinflusst auch meine<br />
Kunst.<br />
Worüber können Sie lachen?<br />
Masayo: Ich lache oft, wenn ich mit<br />
meinen Freunden rede. Wenn ich meine<br />
Zeit mit einem Hund oder einer Katze<br />
verbringe, fühle ich mich glücklich und<br />
lache oft.<br />
Gibt es in der künstlerischen Welt ein Vorbild<br />
für Sie?<br />
Masayo: Das ist der Professor aus meiner<br />
Universitätszeit: Michael Rogers.<br />
Außerdem die Künstler Katsura Funakoshi,<br />
Hideki Maekawa, Paul Delvaux,<br />
Joseph Cornell, Friedensreich Hundertwasser,<br />
Mario Giacomelli, Anna Gaskell,<br />
Judy Hill, Ann Wolff.<br />
Kann Kunst als Brücke zwischen Menschen<br />
und Kultur dienen?<br />
Masayo: Ja, das hoffe ich. Das ist unglaublich<br />
wichtig.<br />
Was hat sich für Menschen und auch für<br />
Künstler in Japan nach dem Fukushima-<br />
Unfall verändert?<br />
Masayo: Nach dem Erdbeben dachte<br />
ich: Es gibt immer ein Morgen und dass<br />
der Mensch nicht allmächtig ist. Ich<br />
möchte mit einem Blick auf die Zukunft<br />
handeln und nicht für den unmittelbaren<br />
Gewinn.<br />
T H E E N TRANCE TO THE I N NER W O RLD<br />
Was gefällt Ihnen an Baden-Baden?<br />
Masayo: Die herzlichen Menschen,<br />
der warme Frühling, die Natur und die<br />
Weinberge.<br />
HOK<br />
MEHR INFORMATIONEN: WWW.GALERIEB.DE<br />
LIVING & LIFE 79
RUBR NATALIE IK<br />
R O WAN A T K I N S O N<br />
ALIAS M I STER BEAN<br />
80<br />
LIVING & LIFE
R OWAN<br />
A T K INSON<br />
„MR. BEAN“ IN<br />
BADEN-BADEN<br />
R OWAN A T K INSON ZU BESUCH IM M USEUM F RIED ER BURD A / A NREGUNGEN<br />
FÜR SEINE VILLA VON R ICHARD M EIER IM ENGLISCHEN O XFORD SHIRE<br />
er sieht ja aus wie Mister Bean“, tuscheln zwei<br />
„D Besucher im Museum Frieder Burda und deuten<br />
auf den Mann, der gerade die Rampe hochläuft. Und<br />
tatsächlich war es Rowan Atkinson alias „Mr. Bean“<br />
höchstpersönlich, der vor einiger Zeit zu einem Besuch<br />
nach Baden-Baden kam. Großes Aufsehen wollte der weltberühmte<br />
Schauspieler und Komiker nicht haben: „Keine<br />
Presse bitte“, sagte er mit einigermaßen ernster Miene,<br />
aber schmunzeln muss man dennoch bei seinem Anblick.<br />
Millionen von Menschen hat er zum Lachen gebracht mit<br />
seiner in viele Sprachen übersetzen Comedyserie. „Mr.<br />
Bean“ verkörpert einen weltfremden Mann, der herrlich<br />
tollpatschig kein Fettnäpfchen auslässt. Das Besondere:<br />
Atkinson gewinnt seine Zuschauer fast ausschließlich mit<br />
Gestik und Mimik, er spricht fast nie. Seine häufigsten<br />
Begleiter sind sein Teddy, das mit Ellbogenschützern besetzte<br />
altmodische Sakko und sein grüngelb-schwarzer<br />
Mini Cooper. Oftmals entsteht aus der normalen Alltagssituation<br />
eine kleine Katastrophe. Vorbilder sind für den<br />
mit unzähligen Preisen geehrten Schauspieler Charlie<br />
Chaplin und Buster Keaton.<br />
„Mr. Beans“ Hauptaugenmerk in Baden-Baden galt<br />
freilich nicht dem Humor, sondern der Architektur von<br />
Richard Meier, der 2004 das Museum Frieder Burda als<br />
„ein Juwel im Park“ vollendet hatte. Das Museum Frieder<br />
Burda gilt bis heute als Maßstab für die vielfach preisgekrönte<br />
klare Architektur von Richard Meier, zu dessen<br />
Markenzeichen die Farbe Weiß gehört und der von sich<br />
selbst sagt, zu den wichtigsten Elementen seines Schaffens<br />
gehöre das Licht.<br />
Genau das interessiert auch den 62-jährigen „Mr. Bean“,<br />
der sich von Richard Meier eine schneeweiße Villa im<br />
englischen Ipsden in Oxfordshire bauen ließ. Das alte historische<br />
„Handsmooth House“, das auf diesem Traumgrundstück<br />
mit 16 Hektar Land stand, musste für das<br />
dreistöckige, großzügige Wohngebäude aus Stahl und<br />
Glas weichen, das einen atemberaubenden Blick auf die<br />
„Chiltern Hills“ freigibt.<br />
Für den mit dem renommierten Pritzker-Preis geehrten<br />
Richard Meier war es eines der ersten Gebäude in Großbritannien<br />
und die eine oder andere Anregung und Inspiration<br />
holte sich Atkinson mitten in Baden-Baden in der<br />
Lichtentaler Allee im Museum Frieder Burda.<br />
Dass Rowan Atkinson nicht nur Komiker ist, bewies er<br />
erst kürzlich mit der Verfilmung von Krimis des legendären<br />
französischen „Kommissar Maigret“. Und Atkinson<br />
findet große Worte für seine Rolle als Maigret: „Ich war<br />
mir sicher, dass ich seine Nachdenklichkeit wiedergeben<br />
kann. Sein Grübeln, das Gedankenvolle, seine Hingabe<br />
haben mich eingenommen. Er ist kein Selbstdarsteller, er<br />
ist nicht exzentrisch oder verrückt.“<br />
HOK<br />
LIVING & LIFE 81
RUBR ANNE-SOPHIE<br />
IK<br />
M UTTER<br />
GENIESSEN<br />
MIT ALLEN<br />
SINNEN<br />
G ESPRÄCH MIT D E M Z A HNMED I Z I N ER<br />
DR. S V EN M A RCUS BESCHNIDT UN D D E M<br />
BAD E N-BAD E NER Z W EI-S T ERNE-KOCH PAU L<br />
S T RAD N ER ÜB ER GESUND E S ES SEN, A N G S T<br />
VOR D E M Z A HNARZT, DA S ER R EI C H E N V O N<br />
S P ITZENLEISTUNGEN UND D I E S U CHE NACH<br />
AU SGLEICH IN D ER N ATUR<br />
Was bedeutet Genießen für Sie?<br />
Dr. Sven Marcus Beschnidt: Meinen Sie „kulinarisch<br />
genießen“? Genießen kann ich ja auf unterschiedliche<br />
Weise. Ich genieße eine Massage ebenso sehr wie ein leckeres<br />
Essen. Beim Kulinarischen geht es darum, das Essen<br />
mit allen Sinnen wahrzunehmen. Ein Essen muss im Geschmack<br />
gut sein, aber auch im Geruch, in der Optik, und<br />
man fühlt sehr viel im Mund – übrigens ist da der Gaumen<br />
sehr wichtig. Ich fühle eine sämige Soße. Zum Genuss gehören<br />
viele Faktoren.<br />
DR. SVEN MARCUS BESCHNIDT<br />
(Jahrgang 1969) gilt als einer der herausragenden<br />
Zahnmediziner in Deutschland. Seit 2004<br />
betreibt er eine privatzahnärztliche Praxis im<br />
Brenners Park-Hotel in Baden-Baden. Beschnidt<br />
ist spezialisiert auf Mikrochirurgie, Implantologie<br />
und ästhetische Zahnheilkunde.<br />
Der Baden-Badener Zahnarzt hat einen Lehrauftrag<br />
im Fach Implantatprothetik am Universitätsklinikum<br />
in Freiburg und ist unter anderem<br />
Mitglied der European Academy of Esthetic<br />
Dentistry (EAED). Seit 1998 hat Dr. Beschnidt<br />
mehr als 500 Vorträge, Tageskurse, Live-OPs<br />
und Hands-on-Kurse zum Thema Implantologie<br />
und Implantatprothetik gehalten.<br />
Paul Stradner: Für mich bedeutet Genießen, mir mal<br />
Zeit zu nehmen, worauf ich gerade Lust habe. Das heißt,<br />
stressige Situationen lassen sich nicht genießen. Natürlich<br />
hat bei mir Genuss meistens auch mit Essen zu tun, und da<br />
schätze ich auch die Zeit, die man dabei verbringt. Man<br />
sitzt mit anderen Menschen am Tisch zusammen, unterhält<br />
sich und kommt anderen Menschen näher – wenn man<br />
sich nicht so gut kennt. Das gilt aber auch für die Familie:<br />
Am Esstisch passiert sehr viel, da wird viel besprochen, am<br />
besten Positives. Aber Genießen kann bei mir auch einfach<br />
Zeit mit meiner Frau und meinen beiden kleinen Kindern<br />
sein.<br />
Weshalb sind gesunde Zähne so wichtig für die Lebensqualität?<br />
Stradner: Gesunde Zähne sind unglaublich wichtig beim<br />
Essen. Ohne Kauen gibt es wenig Genuss. Meine Oma<br />
konnte viele Speisen einfach nicht mehr essen. Da ist dann<br />
auch Schluss mit dem Spaß am Essen.<br />
Beschnidt: Wenn einem das Gebiss den Speiseplan vorschreibt,<br />
dann wechselt der Genuss in Askese. Es geht ja<br />
nicht nur ums Zerkleinern der Nahrung, sondern es geht<br />
darum, dass wir auch viele Geschmacksrichtungen und<br />
82<br />
LIVING & LIFE
ANNE-SOPHIE MUTTER<br />
RUBR IK<br />
Aromen wahrnehmen. Das geht nur über das Kauen. Und<br />
die Kunst eines Sternekochs wie Paul Stradner käme beim<br />
Gast gar nicht richtig an. Es geht ums Schmecken: Zunge,<br />
Gaumen, Nase sind sehr wichtig, aber eben auch die Zähne.<br />
Es gibt viele medizinische Studien, die genau zeigen,<br />
dass jemand, der sein Essen gut zerkleinern kann, damit<br />
auch die Nährstoffe überhaupt erst ins Blut aufnimmt.<br />
Schlechte Zähne bedeuten also auch schlechte Blutwerte<br />
und umgekehrt.<br />
Wie kann falsche Ernährung die Zähne schädigen? Zu viel Zucker<br />
richtet ja beispielsweise Schaden an …<br />
Beschnidt: … der Zucker ist es eigentlich nicht. Der<br />
Zucker ist eher schlimm, weil er auf den Hüften landet.<br />
Schlimmer sind die Säuren. Damit werden die Zähne geschädigt.<br />
Das kann durch Wein kommen, Dressings, Obstsorten.<br />
Also nach dem Essen nicht sofort die Zähne reinigen.<br />
Das gibt Schäden. Man kann niemandem verbieten,<br />
das Glas Wein zu trinken. Aber nach dem Essen eine halbe<br />
Stunde mindestens warten bis zum Zähneputzen und am<br />
besten auch viel Wasser trinken, das neutralisiert.<br />
Können Sie denn als Spitzenkoch darauf Rücksicht nehmen, Herr<br />
Stradner?<br />
Stradner: Die Gesundheit spielt in der Küche von heute<br />
eine immer größere Rolle. Das gilt auch für die Zähne.<br />
Grundsätzlich sind wir körper- und gesundheitsbewusster<br />
geworden im Alltag. Da müssen wir Köche mit der Zeit gehen<br />
und auch eine Vorreiterfunktion einnehmen. In einem<br />
Sterne-Restaurant koche ich natürlich für Gäste, die einen<br />
höchstmöglichen Genuss haben wollen, das geht nicht ohne<br />
süß, salzig, sauer. Da müssen wir auch einen guten Mittelweg<br />
finden …<br />
Sie stehen beide für Spitzenleistungen. Was ist das Geheimnis hinter<br />
dem Erfolg?<br />
Stradner: Ich brauche ein klares Ziel, wo ich hin will, und<br />
muss mir dann den Weg dazu suchen. Gute Partner im<br />
Rücken sind sehr wichtig. Und noch ein Punkt: Kochen<br />
ist wie Fußball. Wenn nur ein einziger Spitzenstürmer auf<br />
dem Feld steht, funktioniert das nicht, es ist ganz klar die<br />
Mannschaft, die zählt.<br />
Beschnidt: Was mir sehr geholfen hat, war, dass ich extrem<br />
gute – durchaus harte – Lehrer hatte. Dann kam die<br />
Chance, hier ins Brenners Park-Hotel zu kommen, um das<br />
Qualitätsniveau dann auch umzusetzen und zu halten.<br />
Hier kann ich umsetzen, was alles möglich ist und nicht<br />
nur, was medizinisch notwendig ist ... mein oberstes Ziel<br />
bei der Behandlung von Patienten: Ich muss auf die Menschen<br />
eingehen. Das Geheimnis ist zunächst einmal Zuhören.<br />
Ich will das Problem verstehen und es dann zusammen<br />
mit dem Patienten lösen. Zeit ist heute unser höchstes Gut.<br />
Ich habe drei, maximal fünf Patienten am Tag.<br />
PAUL STRADNER<br />
(Jahrgang 1981) war von August 2012<br />
bis Oktober 2017 Küchenchef im Brenners<br />
Park-Restaurant in Baden-Baden.<br />
Bereits im November 2012 erhielt er<br />
den ersten Michelin-Stern. Im November<br />
2014 erkochte sich Stradner als<br />
einer der jüngsten deutschen Spitzenköche<br />
den begehrten zweiten Michelinstern.<br />
Zuvor war der in Graz geborene<br />
Koch weltweit in erstklassigen Häusern<br />
tätig – unter anderem mehrere Jahre<br />
bei Deutschlands bestem Koch Harald<br />
Wohlfahrt in der Schwarzwaldstube<br />
der Traube Tonbach in Baiersbronn.<br />
Stradner gilt als eines der ganz großen<br />
Kochtalente im deutschsprachigen<br />
Raum.<br />
LIVING & LIFE 83
RUBR ANNE-SOPHIE<br />
IK<br />
M UTTER<br />
Noch eine Frage an Herrn Stradner. Was ist eigentlich schwieriger:<br />
Zwei Sterne zu erreichen oder diese zu verteidigen?<br />
Stradner: Wenn man 20 Jahre zwei Sterne verteidigen<br />
will, ist das doch sehr aufwendig und mühselig. Ich selbst<br />
sehe das Thema Sterne nicht als Belastung. Es macht einfach<br />
Spaß. So lange man Freude an der Sache hat, ist das<br />
eine gute Grundlage für den Erfolg.<br />
Wie tanken Sie auf?<br />
Stradner: Ich würde gerne noch wesentlich mehr Sport<br />
machen. Meine Energie hole ich mir bei meiner Familie<br />
und draußen in der Natur. Meine Kinder nehmen mich<br />
voll in Beschlag. Da fahren wir gerne bei den ersten Sonnenstrahlen<br />
in den Schwarzwald mit meiner Frau, den<br />
Kindern und unserem Hund. Das entschleunigt auch. Ich<br />
bin sehr naturverbunden. Bei meinem Lieblingshobby –<br />
Mountainbiken im Schwarzwald – muss ich gerade etwas<br />
zurückstecken.<br />
Beschnidt: Sport spielt eine sehr große Rolle bei uns. Meine<br />
Tochter ist sechs Jahre alt und sie möchte jetzt schon mit<br />
mir joggen. Das ist der Ausgleich zum Sitzen. Die Tiefenentspannung<br />
finde ich, wenn ich meine Bonsaibäume pflege.<br />
Ich habe eine große Sammlung Bonsais. Da überlegt<br />
man sich, bevor man einen Ast abschneidet: Der ist viel<br />
älter als Du. Es ist meditativ und entspannt mich.<br />
Was essen Sie besonders gerne, Herr Dr. Beschnidt?<br />
Beschnidt: Zunächst mal muss ein Gericht mit Herzblut<br />
gekocht sein. Das schmeckt man. Wenn meine Frau zuhause<br />
frisches Gemüse mit gutem Olivenöl und Zwiebeln und<br />
einem Hauch Knoblauch anbrät, läuft mir das Wasser im<br />
Mund zusammen. Das ist ein wunderbarer Geruch und es<br />
schmeckt auch grandios.<br />
Herr Stradner, ich frage Sie jetzt nicht nach Ihrem Lieblingsgericht,<br />
das sind Sie schon 100 Mal gefragt worden, aber haben Sie Angst<br />
vor dem Zahnarzt?<br />
Stradner: Na ja, nicht wirklich. Wir Köche sind vermutlich<br />
für Zahnärzte eine gute Kundschaft, also, es ist wirklich<br />
so, dass wir den ganzen Tag am Probieren und Essen<br />
sind. Da sind wir schon ständig übersäuert im Mund und es<br />
ist für uns auch nicht ganz so leicht, die Zähne immer auf<br />
Vordermann zu halten. So gesehen gibt es eine Partnerschaft<br />
zwischen Köchen und Zahnärzten.<br />
… und hat der Zahnarzt Angst vor dem Zahnarzt?<br />
Beschnidt: Ja, ich habe Angst vor dem Zahnarzt. Ich<br />
habe mal schlechte Erfahrungen gemacht und seitdem ist<br />
es so, dass ich in der Nacht vor dem Zahnarzttermin sehr<br />
schlecht schlafe … nicht , dass ich meinem Kollegen nicht<br />
vertraue, sondern ich mag einfach das Gefühl des Ausgeliefertseins<br />
nicht. Man muss sehr viel Vertrauen aufbringen.<br />
Ich habe übrigens auch Angst vor Spritzen, aber es ist<br />
immerhin deutlich besser geworden in den vergangenen<br />
Jahren.<br />
Dann geben Sie uns doch noch einen Tipp: Wie lässt sich die Angst<br />
vor dem Zahnarzt überwinden?<br />
Beschnidt: Es muss ein Vertrauen entstehen zum Zahnarzt<br />
und der Zahnarzt muss sich viel Zeit nehmen für den<br />
Patienten und sich mit ihm und seiner Angst auseinandersetzen.<br />
Die Angst nicht kleinreden, mit der Angst umgehen<br />
und sie annehmen. Das hilft. Im schlimmsten Fall auch<br />
erwägen, eine Behandlung in Sedierung oder Narkose zu<br />
machen. Dann bekommt der Patient gar nichts mit.<br />
DAS GESPRÄCH FÜHRTE HORST KOPPELSTÄTTER<br />
84<br />
LIVING & LIFE
Wohlfühlen<br />
ist einfach.<br />
Wenn man einen Immobilienpartner<br />
hat, der von Anfang<br />
bis Eigentum an alles<br />
denkt.<br />
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D REI FRAGEN AN<br />
NOR A WAGGERSHAUSER<br />
G ESCHÄFTSFÜHRERIN D E R<br />
BAD EN-BAD EN KUR & T OURISMUS G M BH<br />
Wenn Sie Baden-Baden einem Touristen, der noch nie hier war, mit<br />
zwei Sätzen beschreiben müssten, was würden Sie sagen?<br />
Es erwartet Sie eine kleine, feine, elegante und kulturell pulsierende<br />
Stadt in einer der schönsten, von der Sonne verwöhnten<br />
Regionen Deutschlands. Unser Savoir-vivre auf<br />
schönen gastronomischen Plätzen, die einzigartige Architektur<br />
auf hohem Niveau und die prachtvolle Natur, gepaart<br />
mit einem außergewöhnlichen kulturellen, erstklassigen Angebot,<br />
wird Sie begeistern und immer wieder nach Baden-<br />
Baden locken.<br />
Was braucht Baden-Baden, um auch in den nächsten Jahrzehnten<br />
konkurrenzfähig zu sein?<br />
Wir müssen uns mit unserem Angebot keinesfalls verstecken<br />
und sind uns unserer Einzigartigkeit bewusst. Eine Weiterentwicklung<br />
und zukunftsorientierte Ausrichtung ist jedoch<br />
absolut notwendig. Wie erreichen wir künftig unsere Gäste?<br />
Wie sprechen wir sie an? Was erwartet man von einer Stadt<br />
wie Baden-Baden? Themen wie <strong>Life</strong>style, Erlebnisse, Freizeittrends<br />
werden immer wichtiger. Auch die Digitalisierung<br />
leistet einen Beitrag zur Veränderung unserer Wünsche und<br />
Ansprüche. All dem müssen wir gerecht werden: Produkte<br />
schaffen, welche begeistern, welche „anders“ sind und<br />
unserer schönen Stadt eine besondere Erlebbarkeit geben.<br />
Unsere Angebote müssen den Zeitgeist treffen und unsere<br />
Zielgruppe ansprechen – dann machen wir alles richtig.<br />
In welchen Ländern sehen Sie das größte Entwicklungspotential für<br />
Besucher der Stadt in der Zukunft?<br />
Alle Auslandsmärkte spielen für uns touristisch gesehen eine<br />
große und sehr wichtige Rolle. Baden-Baden genießt einen<br />
internationalen Ruf und das macht unsere kleine Stadt kosmopolitisch,<br />
interessant und belebt sie ungemein. Unsere<br />
Bädergeschichte, die kulturellen Leuchttürme, das weltberühmte<br />
Casino und alle Besonderheiten der Stadt bringen<br />
uns auf den Weltmärkten große Aufmerksamkeit. Sicher<br />
gibt es Zukunftsmärkte, wo wir in den nächsten Jahren große<br />
Reisetrends erwarten (zum Beispiel Brasilien, China, Indien).<br />
Wir bespielen alle relevanten Reisemärkte und bringen<br />
Baden-Baden immer wieder weltweit in den Fokus.<br />
HOK<br />
NORA WAGGERSHAUSER,<br />
1972 in Rheinfelden geboren, verheiratet.<br />
Lange berufliche Hotelkarriere in Baden-Baden<br />
als Hoteldirektorin und acht Jahre Mitglied im<br />
Aufsichtsrat der Baden-Baden Kur & Tourismus<br />
GmbH. 2014-2016 Konzernerfahrung in der Europazentrale<br />
von Best Western Hotels Central Europe<br />
als Direktorin für den Bereich Hotelentwicklung.<br />
86 LIVING & LIFE
Was nahe liegt, ist oft am besten. Das finden<br />
auch wir. Deshalb beziehen wir viele unserer Produkte<br />
aus der Region. Auf diese Weise sparen<br />
wir uns nicht nur lange Transportwege, sondern<br />
sorgen auch dafür, dass wir Ihnen unsere Waren<br />
immer frisch und knackig anbieten können.<br />
Überzeugen Sie sich selbst in unseren EDEKA<br />
Märkten vor Ort. Die Märkte in Ihrer Region finden<br />
Sie unter www.edeka-suedwest.de<br />
Wir freuen uns auf Ihren Besuch.