Festspielzeit Sommer 2017 Extra
Das Magazin der Bregenzer Festspiele
Das Magazin der Bregenzer Festspiele
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SOMMER <strong>2017</strong> EXTRA<br />
FESTSPIEL<br />
ZEIT<br />
DAS MAGAZIN DER<br />
BREGENZER FESTSPIELE<br />
DER REIZ DER<br />
KOMPLEXEN GEFÜHLE<br />
Regisseur Jörg Lichtenstein<br />
im Gespräch über Mozarts<br />
Die Hochzeit des Figaro<br />
BRASS<br />
ESPAGNOLE<br />
Junge Talente beim Schlusskonzert<br />
des Internationalen<br />
Blasmusik-Camps<br />
BREGENZER<br />
FESTSPIELE 2018<br />
Kirchliche Korruption im<br />
Festspielhaus und Carmens<br />
Rückkehr auf die Seebühne
INHALT<br />
4<br />
Sehnsucht nach<br />
Spanien<br />
Mehrere Werke in diesem<br />
Festspielsommer verbinden<br />
spanische und französische<br />
Motive<br />
16<br />
Im Einklang<br />
Unerlässlicher Mitwirkender seit<br />
vielen Jahren: der Bregenzer Festspielchor<br />
7<br />
Spiel auf dem Sand<br />
In Kennelbach ist die wohl<br />
kleinste Seebühne der Welt<br />
entstanden<br />
8<br />
Der Reiz der<br />
komplexen Gefühle<br />
12<br />
Ferienprogramm<br />
mit anspruchsvollen<br />
Noten<br />
Das Internationale Blasmusik-<br />
Camp für junge Musik-Talente<br />
geht in die dritte Runde<br />
18<br />
Programmübersicht<br />
Der Spielplan der Bregenzer<br />
Festspiele im August<br />
Regisseur Jörg Lichtenstein im<br />
Gespräch über Die Hochzeit des<br />
Figaro<br />
19<br />
Carmen in der<br />
Zirkuswelt<br />
Eine Spendenkampagne für eine<br />
außergewöhnliche Aufführung<br />
zum Mitmachen<br />
2
20<br />
»Ach! Carmen!«<br />
Ein Einblick in die spektakuläre<br />
Aufführung von Carmen auf der<br />
Seebühne<br />
27<br />
Das<br />
SWR4 Blechduell<br />
SWR4 Baden-Württemberg sucht<br />
die mitreißendsten Blasmusiker des<br />
Landes<br />
28<br />
Ein singendes<br />
Saxofon mit vielen<br />
neuen Klängen<br />
Absolventen und Absolventinnen<br />
der Akademie Opus XXI präsentieren<br />
ihr Abschlusskonzert<br />
30<br />
Bregenzer<br />
Festspiele 2018<br />
Carmens Rückkehr auf die Seebühne,<br />
kirchliche Korruption und<br />
symphonische Meisterwerke<br />
INHALT<br />
24<br />
Eine gemeinsame<br />
Vision<br />
Impressum<br />
BREGENZER FESTSPIELE GMBH<br />
Platz der Wiener Symphoniker 1<br />
6900 Bregenz | Austria<br />
T +43 5574 407-5<br />
Der Komponist Zesses Seglias<br />
29<br />
über seine neue Oper To the<br />
Lighthouse<br />
Lieblingswerke<br />
Dallmayr Kaffee wünscht<br />
eine schöne <strong>Festspielzeit</strong><br />
Herausgeber Bregenzer Festspiele GmbH<br />
Intendantin Elisabeth Sobotka<br />
Redaktion Kathrin Grabher | Axel Renner |<br />
Olaf A. Schmitt<br />
Gestaltung moodley brand identity | Bregenzer<br />
Festspiele – Kathrin Grabher<br />
Druck Buchdruckerei Lustenau | Lustenau<br />
Lektorat Thorsten Bayer Text<br />
Tex te Olaf A. Schmitt (S. 5ff., S. 8ff., S. 24ff., S. 28<br />
f., S. 30, S.31) | Axel Renner (S. 7, S. 19) | Katharina<br />
von Glasenapp (S. 12ff.) | Catherine Muther<br />
(S. 16f.) | SWR4 (S.27) | Dallmayr Kaffee (S. 29 r.)<br />
Abbildungsnachweise Karl Forster (Titelbild<br />
– Carmen) | shutterstock (S. 2 l. o., S. 4) | moodley<br />
(S. 2 l. u., s. 3 r. o., S. 11, S. 30, S. 31) | Anja Köhler –<br />
andereart (S. 2 m., S. 3 l. u., S. 13 – 15, S. 24, S. 25) |<br />
Dietmar Mathis (S. 2 r. o., S. 17) | Raffaele Siniscalco<br />
(S. 2 r.u.,S. 19) | Neda Navaee (S. 3 m. o., S. 28) |<br />
Dallmayr Kaffee (S. 3 u., S. 29) | akg-images (S. 6) |<br />
Karl Forster (S. 9, S. 3 l.o., S. 16, S. 21 – 23) | SWR4<br />
(S. 27) | Claudia Stemberger, privat (S. 7)<br />
Erschienen im August <strong>2017</strong><br />
3
BREGENZER FESTSPIELE
SEHNSUCHT<br />
NACH SPANIEN<br />
SPIELZEIT <strong>2017</strong><br />
Mehrere Werke in<br />
diesem Festspielsommer<br />
verbinden spanische<br />
und französische Motive.<br />
Im spanischen Sevilla sind gleich<br />
zwei Opern angesiedelt, die in<br />
diesem <strong>Sommer</strong> bei den Bregenzer<br />
Festspielen zu erleben sind:<br />
Während Carmen und Don José in<br />
der andalusischen Stadt ihre leidenschaftliche,<br />
aber auch verhängnisvolle<br />
Liebe entdecken, prallen<br />
im Schloss des Grafen Almaviva die<br />
Intrigen und Gefühlsverwirrungen<br />
um den Barbier Figaro aufeinander.<br />
Nach der geglückten Befreiung<br />
seiner Rosina mit Hilfe Figaros hat<br />
der Graf ihn zu seinem Angestellten<br />
gemacht. Wolfgang Amadeus<br />
Mozarts Die Hochzeit des Figaro<br />
und Georges Bizets Carmen teilen<br />
sich nicht nur den spanischen Ort<br />
der Handlung, beide Opern beruhen<br />
auch auf einer französischen Vorlagen,<br />
die zu ihrer Zeit für Aufregung<br />
in der Öffentlichkeit sorgten.<br />
5<br />
Prosper Mérimée, Autor der Novelle<br />
Carmen, die Bizet als Grundlage<br />
seiner Oper diente, reiste Mitte des<br />
19. Jahrhunderts wie viele französische<br />
Autoren nach Spanien und ließ<br />
sich von der Landschaft, Kultur und<br />
Mentalität inspirieren. 1830 traf<br />
er bei seiner ersten Reise auf die<br />
Gräfin Montijo und deren Tochter<br />
Eugenia. Die Gräfin erzählte<br />
ihm von einem Jaque, der seine<br />
Geliebte umgebracht habe, weil<br />
sie als Prostituierte gearbeitet<br />
hat. 15 Jahre später verwandelte<br />
Mérimée die Erinnerung an diese<br />
wahre Begebenheit in seine berüchtigte<br />
Novelle. Aus Jaques Geliebten<br />
machte er eine Zigeunerin, die sich<br />
als Prostituierte und – genauso wie<br />
Don José – mit kriminellen Handlungen<br />
ihren Unterhalt verdient.<br />
Als Bizet dem Vizedirektor der<br />
Pariser Opéra Comique mitteilte,<br />
dass er diese Novelle vertonen wird,<br />
fürchtete dieser um sein Publikum.<br />
Besonders die Ermordung Carmens<br />
durch José am Ende der Geschichte<br />
und überhaupt »das Milieu der Diebe,<br />
der Zigeuner, der Tabakarbeiterinnen«<br />
versetzte den Auftraggeber<br />
in Schrecken. Das Libretto zur Oper<br />
wurde gegenüber der zugrunde<br />
liegenden Novelle abgemildert,<br />
die Oper wegen ihrer radikalen<br />
Handlung aber dennoch distanziert<br />
aufgenommen und erst nach Bizets<br />
Tod zum Welterfolg.<br />
Etwas mehr als ein halbes Jahrhundert<br />
vor Mérimées Carmen hatte<br />
eine Komödie das Pariser Theaterleben<br />
in Aufruhr versetzt: Der<br />
tolle Tag oder Figaros Hochzeit von<br />
Pierre Augustin de Beaumarchais.<br />
Nach den bejubelten Aufführungen<br />
von Der Barbier von Sevilla oder<br />
Die nutzlose Vorsicht, das 1775 zum<br />
ersten Mal auf die Bühne gekommen<br />
war, erwartete man die angekündigte<br />
Fortsetzung mit Spannung.<br />
Der französische Königshof verbot<br />
aber jede öffentliche Präsentation<br />
der 1778 entstandenen Komödie.<br />
Erst 1784 konnte das Stück gespielt<br />
werden. Für Aufsehen sorgten<br />
offenbar die frechen Intrigen des<br />
Titelhelden, der sich anmaßte,<br />
gegen die Autorität des Grafen<br />
Almaviva zu opponieren. Dieser<br />
berief sich auf ein zweifelhaftes<br />
Recht des Adels, vor der Hochzeit<br />
seines Personals die erste Nacht<br />
mit der Braut verbringen zu dürfen.<br />
Im letzten Akt von Beaumarchais'
Drama fasst Figaro wütend seine<br />
Situation zusammen: »Ein vornehmer<br />
Edelmann kommt nach Sevilla;<br />
er erkennt mich, ich verheirate ihn,<br />
und als Dank dafür, dass ich ihm seine<br />
Frau verschafft habe, will er mir<br />
die meine wegschnappen. Intrigen<br />
und Lärm deswegen. Kurz bevor ich<br />
in den Abgrund stürze und fast meine<br />
Mutter heirate, tauchen meine<br />
Eltern auf.«<br />
BREGENZER FESTSPIELE<br />
Mozart und sein Librettist Lorenzo<br />
da Ponte fanden Gefallen an Beaumarchais'<br />
berüchtigtem Stück und<br />
verwandelten es 1786 in eine Oper.<br />
Figaros Versuche, die Autorität des<br />
Grafen mittels Intrigen infrage zu<br />
stellen, spiegeln sich in Mozarts<br />
Musik beispielsweise darin wider,<br />
dass der Angestellte sich eines<br />
höfischen Tanzes bedient und sich<br />
darin über seinen Herrn lustig<br />
macht. Mit einem Fandango im<br />
dritten Akt taucht in Mozarts Oper<br />
ein weiterer Tanz auf, diesmal sogar<br />
ein spanischer.<br />
Weder Mozarts noch Bizets Partitur<br />
sind spanische Musik. Aber<br />
beide Komponisten integrieren<br />
vor allem spanische Tanzrhythmen.<br />
Besonders in Carmen lassen<br />
sich zahlreiche Nummern mit<br />
spanischen Elementen erkennen,<br />
seien es Rhythmen oder auch<br />
Instrumente wie die Kastagnetten,<br />
zu deren Klängen Carmen ihrem<br />
geliebten Don José etwas vortanzt.<br />
Der Komponist musste gar nicht<br />
nach Spanien reisen, um die Musik<br />
kennenzulernen: Sie war zu seiner<br />
Zeit allgegenwärtig in Paris, da<br />
zahlreiche spanische Künstler nach<br />
Frankreich gekommen waren.<br />
Die beiden in Spanien angesiedelten<br />
Opern auf der Seebühne und im<br />
Vorarlberger Landestheater werden<br />
von mehreren Veranstaltungen<br />
flankiert, die den musikalischen<br />
Austausch zwischen Spanien und<br />
Frankreich veranschaulichen. Bereits<br />
im ersten Orchesterkonzert<br />
waren Werke von Claude Debussy,<br />
Maurice Ravel und Manuel de<br />
Tanzende Zigeunerin (bei Sevilla) – Holzstich nach einer Zeichnung des französischen<br />
Malers und Illustrators Gustave Doré (1832 - 1884). Für einen Reisebericht in der<br />
Zeitschrift »Le Tour du monde« reiste Doré 1861 in Begleitung des Spanienexperten<br />
Baron Jean Charles Davillier nach Spanien. Dorés Aufenthalt gründete vor allem auf der<br />
geplanten Illustration des Don Quichotte.<br />
Falla zu hören. Wer dieses Konzert<br />
verpasst hat, kann zumindest einen<br />
Teil aus de Fallas Dreispitz bei der<br />
Blasorchestermatinee erleben.<br />
Unter dem Titel Brass Espagnole<br />
werden viele junge Musikerinnen<br />
und Musiker außerdem Ausschnitte<br />
aus Carmen und Werke spanischer<br />
Komponisten spielen. Auch ein spanischer<br />
Tanz aus Dmitri Schostakowitschs<br />
Filmmusik zu The Gadfly<br />
wird zu hören sein.<br />
Das Symphonieorchester Vorarlberg<br />
verbindet in seinem Konzert<br />
die Opern auf der Seebühne und<br />
im Landestheater musikalisch miteinander.<br />
Die Brücke ist hier nicht<br />
Spanien, sondern das Lächeln, das<br />
der französische Komponist Olivier<br />
Messiaen dem von ihm bewunderten<br />
Mozart aufs Gesicht zauberte.<br />
Zu dessen 250. Todestag schrieb er<br />
Un sourire, womit er Mozarts häufiges<br />
Lächeln in ein Orchesterwerk<br />
verwandelte. Von Mozart selbst<br />
ist dessen Sinfonia concertante zu<br />
hören, worin der Konzertmeister<br />
des Symphonieorchesters Vorarlberg,<br />
Paweł Zalejski, gemeinsam mit<br />
seinem musikalischen Partner im<br />
preisgekrönten Apollon Musagète<br />
Quartett, Piotr Szumieł, als Solist<br />
auftreten wird. Im Anschluss ist eines<br />
der symphonischen Meisterwerke<br />
aus Frankreich zu erleben. César<br />
6
Francks Symphonie d-Moll gehört<br />
bis heute zu den zentralen Werken<br />
des französischen Konzertrepertoires.<br />
Francks Komposition mag zwar<br />
bei der Uraufführung 1889 einigen<br />
seiner Kollegen ungewohnt vorgekommen<br />
sein, verschreckte aber<br />
keineswegs das Publikum ihrer Zeit,<br />
wie es die beiden in Sevilla spielenden<br />
Opern taten, die dieses Konzert<br />
am letzten Festspielwochenende<br />
einrahmen.<br />
SPIEL AUF DEM SEE<br />
CARMEN<br />
Georges Bizet<br />
Die Bregenzer Festspiele zeigen<br />
Bizets mitreißende Oper um Liebe<br />
und Freiheit auf der Seebühne.<br />
Vorstellungen<br />
noch bis 20. August <strong>2017</strong> –<br />
21.00 Uhr<br />
Seebühne | Festspielhaus<br />
SPIEL AUF<br />
DEM SAND<br />
In Kennelbach (Vorarlberg) ist die wohl<br />
kleinste Seebühne der Welt entstanden.<br />
Der vierjährige Niklas hat die Carmen-Kulisse<br />
vom Bodensee in den Sandkasten verlagert.<br />
Sogar Publikum sitzt auf der (fast)<br />
ausverkauften Tribüne. Und als heimischer<br />
Nachwuchs-Baumeister verwendet Niklas<br />
selbstverständlich Jasskarten-Motive, die<br />
im echten Leben an keinem Vorarlberger<br />
Stammtisch fehlen.<br />
SPIEL AUF DEM SAND<br />
FESTSPIELHAUS<br />
ORCHESTERKONZERT<br />
SYMPHONIEORCHESTER<br />
VORARLBERG<br />
Unter der Leitung von Gérard<br />
Korsten spielt das Symphonieorchester<br />
Vorarlberg Messiaen,<br />
Mozart und Franck.<br />
Orchesterkonzert<br />
20. August <strong>2017</strong> – 11.00 Uhr<br />
Festspielhaus<br />
OPERNSTUDIO AM KORNMARKT<br />
DIE HOCHZEIT DES FIGARO<br />
Wolfgang Amadeus Mozart<br />
Zum dritten Mal nach Così fan<br />
tutte und Don Giovanni erarbeiten<br />
junge Sängerinnen und Sänger<br />
im Opernstudio eine Oper von<br />
Mozart und da Ponte.<br />
Premiere<br />
14. August <strong>2017</strong> – 19.30 Uhr<br />
Vorstellungen<br />
15., 17. & 19. August – 19.30 Uhr<br />
Vorarlberger Landestheater<br />
7
OPERNSTUDIO AM KORNMARKT<br />
Der Reiz<br />
der komplexen<br />
Gefühle<br />
Regisseur Jörg Lichtenstein inszeniert mit Die Hochzeit des Figaro<br />
zum zweiten Mal eine Mozart-Oper im Opernstudio am Kornmarkt.<br />
Nach Così fan tutte vor zwei<br />
Jahren folgt nun die Inszenierung<br />
von Die Hochzeit des<br />
Figaro. Was verbindet diese beiden<br />
Stücke und was unterscheidet sie?<br />
Spielte diese Frage bei der Konzeption<br />
eine Rolle?<br />
Jörg Lichtenstein: Natürlich habe<br />
ich versucht, mich Figaro zu nähern,<br />
ohne allzu oft an die Così-Arbeit<br />
zu denken. Das hat auch geklappt,<br />
denn die Werke sind extrem unterschiedlich,<br />
auch wenn sie denselben<br />
Librettisten da Ponte haben und<br />
gemeinsam mit Don Giovanni oft als<br />
Zyklus gesehen werden. Was Figaro<br />
von Così fundamental unterscheidet,<br />
ist vor allem die dramatische<br />
Grundlage. Bei Così hatten mich,<br />
vereinfacht gesagt, als erstes die<br />
Widersprüchlichkeiten und Seltsamkeiten<br />
des Librettos fasziniert. Es<br />
machte Spaß, zu überlegen: Welche<br />
schön absurde Stelle ließe sich ins<br />
Extrem treiben, um eine interessante<br />
szenische Qualität zu erreichen,<br />
und könnten die Frauenfiguren nicht<br />
aktiver sein? All das ist bei Figaro<br />
anders. Beaumarchais' zugrunde<br />
liegendes Stück Der tolle Tag ist<br />
eine sehr gut gebaute Komödie, deren<br />
politische Dimension legendär<br />
ist. Sie hat kaum Schwächen, dafür<br />
tolle Rollen, die ich sofort spielen<br />
möchte! Mir Così ohne Mozarts<br />
Musik vorzustellen, gelänge mir<br />
dagegen gar nicht. Die beiden Annäherungsphasen<br />
waren also sehr<br />
verschieden.<br />
Mit Beaumarchais' Stück vertonte<br />
Mozart als einzige Oper ein zeitgenössisches<br />
Drama, das zudem zensiert<br />
war und nicht aufgeführt werden<br />
durfte. Hat das heute noch eine<br />
Relevanz für die Konzeption, wenn<br />
ein paar hundert Jahre zwischen der<br />
Komposition und der Inszenierung<br />
liegen?<br />
Mozart wollte Der tolle Tag unbedingt<br />
komponieren, obwohl er nun<br />
8<br />
wirklich keinen Auftrag dazu hatte,<br />
vor allem weil er die politischen<br />
Themen seiner Zeit darin fand und<br />
verarbeiten konnte. Sein persönliches<br />
und berufliches Schicksal<br />
von Wohlwollen oder Schikane<br />
einer absolutistischen Obrigkeit<br />
abhängig zu sehen, prägte schließlich<br />
sein ganzes Leben. Außerdem<br />
war das Stück in aller Munde,<br />
obwohl es verboten war oder gerade<br />
deshalb. Das zu wissen, ist wichtig,<br />
zeigt mir aber nicht, was die Oper<br />
für uns heute brisant macht. Zum<br />
Glück erzählt uns die Musik, welche<br />
Konflikte Mozart besonders erregten,<br />
wo er sich mit Beaumarchais'<br />
Zorn identifizieren konnte, welche<br />
Figuren ihn besonders berührten<br />
und für wen er Räume des Unnennbaren<br />
und Verrätselten entdeckte.<br />
Damit übertraf er weit die Möglichkeiten<br />
des Schauspiels. Auf Anhieb<br />
spannend fand ich die verwickelten<br />
Liebeskämpfe, Verzweiflungen und<br />
Einsamkeiten vor allem der weiblichen<br />
Figuren und natürlich die
9<br />
DIE HOCHZEIT DES FIGARO
OPERNSTUDIO AM KORNMARKT<br />
großartig komischen Situationen,<br />
die Beaumarchais erfunden und<br />
Mozart durch die Musik vertieft und<br />
pointiert hat.<br />
Schauen wir uns diese Verwicklungen<br />
etwas näher an: Es gibt eine enttäuschte<br />
Gräfin, einen zudringlichen<br />
Grafen, ein heiratswilliges Angestelltenpaar,<br />
einen lustgeladenen Pubertierenden,<br />
ein sich notgedrungen<br />
wiederfindendes Paar. Wie lassen<br />
sich diese Gefühlswelten heute auf<br />
die Bühne bringen?<br />
Nur durch Einsatz aller musikalischen,<br />
emotionalen und komödiantischen<br />
Ressourcen, die wir<br />
aufbieten können! Interessant sind<br />
die tiefen, in ihrer Vielschichtigkeit<br />
aber unscharfen emotionalen<br />
Bedürfnisse der Figuren. Vor allem<br />
Frauen schenkt Mozart vieldimensionale<br />
Gefühlswelten, die bei den<br />
Männern etwas einfacher erscheinen.<br />
Beim genauen Hören der Musik<br />
zeigt sich, dass sich kein schlichtes<br />
Diagramm entwerfen lässt: Die liebt<br />
den; der hat früher mal die geliebt ...<br />
Es ist zum Glück sehr differenziert,<br />
und mitten in Scharade und Verstellung<br />
sind wahrhaftige Gefühle zu<br />
eigentlich verbotenen Adressaten<br />
zu hören. Aus spaßig ausgeklügelter<br />
Intrige wird plötzlich emotionale<br />
Verwirrung und überraschendes<br />
Verlangen. Zielstrebige Umsetzung<br />
von kleinteiligen Täuschungsplänen<br />
steht tief ehrlicher Auseinandersetzung<br />
mit den eigenen Lebenswidersprüchen<br />
gegenüber. Ich suche auch<br />
nach Erkenntnismomenten der Figuren,<br />
in denen ihnen das Missverhältnis<br />
zwischen ihren Sehnsüchten<br />
einerseits und den Kämpfen mit<br />
Billets und Schlüssellöchern andererseits<br />
bewusst wird.<br />
Den Schlüssel zur Tür dieser<br />
schönen Kompliziertheit lieferte<br />
mir übrigens eine von mir schlau<br />
entdeckte vermeintliche dramaturgische<br />
Schwachstelle des<br />
zweiten Aktes: Kaum der Entdeckungsgefahr<br />
des eingeschlossenen<br />
Cherubinos im Kabinett entronnen,<br />
outen Rosina und Susanna, ohne<br />
sich abzusprechen, den Liebesbrief<br />
an einen imaginären Liebhaber als<br />
Figaros Fälschung, womit sie dessen<br />
sorgfältig eingefädelte Dreifachintrige<br />
fröhlich und in Terzen schon<br />
im Anfangsstadium in die Tonne<br />
treten und ihn außerdem sicherer<br />
Bestrafung ausliefern. Warum?<br />
Leichtsinn, Naivität? Oder verlieren<br />
sie und auch Mozart nicht vielmehr<br />
für einen Augenblick Interesse und<br />
Lust an der Verstellungskomödie<br />
und wollen für einen Moment nicht<br />
akzeptieren, Liebe und Glück erkämpfen<br />
zu müssen, indem sie ihren<br />
Geliebten Fallen stellen und Lehren<br />
erteilen, bevor sie gleich darauf die<br />
nächste situative Verwicklung zu<br />
meistern gezwungen sind?<br />
Wenn das Werk scheinbar perfekt<br />
komponiert ist, wo liegt da der<br />
Spielraum für einen Regisseur? Die<br />
Oper gibt genau vor, wann eine Figur<br />
hinter dem Sessel sitzen oder aus<br />
dem Fenster springen muss, damit<br />
die Szene vorangeht. Sind diese klaren<br />
Vorgaben eine Herausforderung,<br />
eine willkommene Einladung oder<br />
doch eher ein Hindernis?<br />
Handwerklich ist es eine großartige<br />
Herausforderung. Es ist ganz<br />
klar zu ermitteln, wer was von wem<br />
weiß und wer wen wann nicht sehen<br />
oder hören darf. Worauf achtet<br />
Almaviva, wenn er in Anwesenheit<br />
Figaros Susanna und Rosina, die<br />
Gräfin, verhört, während er auf<br />
seine »Geheimwaffe« Marcellina<br />
wartet? Das ist gar nicht so einfach<br />
zu spielen, schon ohne Gesang. Da<br />
gilt es erst einmal, dem gerecht<br />
zu werden, was geschrieben bzw.<br />
komponiert ist. Darüber hinaus<br />
dürfen die Sängerinnen und Sänger<br />
gemeinsam mit dem Dirigenten und<br />
mir herausfinden, wo die Punkte<br />
und Themen sind, an denen sie sich<br />
selbst mit ihren Figuren verbinden<br />
können. Nur so werden wir dem<br />
Reichtum der Partien gerecht und<br />
geben ihnen die Persönlichkeit, die<br />
die Musik verlangt. Und auch die<br />
Fragen bleiben: Ist Figaro nun Revolutionär<br />
oder gekränkter Wüterich?<br />
Wie wird Susanna zur eigentlichen<br />
Hauptfigur, wo sie doch meist nur<br />
auf die anderen Figuren zu reagieren<br />
gezwungen ist? Wie naiv oder<br />
raffiniert ist Barbarina eigentlich<br />
wirklich?<br />
»Die Arbeit mit einem so<br />
jungen Team ermöglicht<br />
Chancen, die erfahrenere<br />
Kräfte kaum bieten können.«<br />
10<br />
Die Inszenierung entsteht erneut mit<br />
jungen Sängerinnen und Sängern am<br />
Beginn ihrer Karriere. Wie wirkt sich<br />
das auf die Konzeption aus? Schafft<br />
die Tatsache, dass es so junge Sänger<br />
sind, einen besonderen Zugang?<br />
Ja, es eröffnet Chancen, die ein<br />
Opernhaus mit erfahreneren<br />
Kräften kaum bieten kann. Bei Così<br />
fan tutte war die Arbeit mit den<br />
jungen Sängern über weite Strecken<br />
überraschend leicht, weil ich auf<br />
ungewöhnlich große Einsatz- und<br />
Entdeckerfreude traf, was sich mit<br />
dem stimmlichen und darstellerischen<br />
Talent auf schöne Weise<br />
verband. Deshalb habe ich mir<br />
vorgenommen, mich diesmal noch<br />
weniger »abzusichern«, sondern<br />
darauf zu setzen, dass alles von den<br />
Sängerinnen und Sängern darge-
stellt werden kann und wir kaum äußerliche<br />
Erfindungen brauchen. Wir<br />
werden eine reduzierte Ausstattung<br />
haben, auf deren Wirkung ich sehr<br />
gespannt bin. Wenn wir es schaffen,<br />
uns den situativen Turbulenzen bis<br />
hin ins spielerische Extrem genauso<br />
zu stellen wie den emotionalen<br />
Abstürzen, kann das einen großen<br />
Reiz ergeben und ein hohes Maß<br />
an Konzentration auf Musik und<br />
Darstellung erzeugen. Wenn wir<br />
scheitern sollten, werden wir das<br />
auf ganzer Linie tun. Einige der<br />
Sängerinnen und Sänger habe ich<br />
anlässlich von Brigitte Fassbaenders<br />
Meisterklasse kennengelernt,<br />
und das hat zu großen Hoffnungen<br />
meinerseits geführt. Da war viel Begabung,<br />
Akribie und Musizierfreude<br />
zu erleben.<br />
Sie arbeiten vor allem als Schauspieler<br />
und Professor für Schauspiel am<br />
Salzburger Mozarteum. Wie wirken<br />
sich diese Erfahrungen auf die Rolle<br />
als Opernregisseur aus?<br />
Wenn es anekdotisch werden darf:<br />
Ich spiele zurzeit unter anderem in<br />
Antigone bei Hans Neuenfels, der ja<br />
Oper und Schauspiel inszeniert. Er<br />
sagte kurz vor der Premiere: »Wenn<br />
ich euch Schauspielern zusehe, bin<br />
ich viel aufgeregter, als wenn ich<br />
Oper mache. In der Oper weiß ich,<br />
was passiert. Ich habe die Musik<br />
und im Übrigen machen die Sänger<br />
das schon. Wenn ich euch sehe,<br />
kann viel mehr schiefgehen.« Mir<br />
geht das umgekehrt. Ich habe beim<br />
Schauspiel viel öfter das Gefühl<br />
eines Heimspiels, wenn ich auf die<br />
Bühne gehe. In der Oper rechne<br />
ich mit viel mehr Unerwartetem<br />
und Aufregendem auf von mir noch<br />
immer recht wenig erforschtem<br />
Terrain.<br />
Unterscheidet sich der Zugang zu<br />
einer eigenen Rolle auf der Bühne<br />
von der Erarbeitung durch den<br />
Opernregisseur?<br />
Zu Beginn seltsamerweise wenig,<br />
denn wie eine Rolle oder eine Oper<br />
auf mich zukommt, kann ich zunächst<br />
kaum beeinflussen. Ich lese<br />
ein Stück oder höre die Musik, erinnere<br />
mich an Aufführungen, die ich<br />
gesehen habe und entwickle dann<br />
unabsichtlich ein Bedürfnis: Was<br />
würde ich gerne erleben, wenn ich<br />
dieses Stück sehe und höre? Welche<br />
Rolle würde mir Spaß machen bzw.<br />
welche Bilder entstehen mir unwillkürlich<br />
durch die Musik? Erst dann<br />
beginnt die bewusste Auseinandersetzung,<br />
und da wird es natürlich<br />
ganz verschieden. Ich freue mich<br />
sehr, zu meinem ursprünglichen Berufswunsch<br />
wieder einmal zurückkehren<br />
zu dürfen.<br />
Die Fragen stellte<br />
Olaf A. Schmitt.<br />
OPERNSTUDIO AM<br />
KORNMARKT<br />
DIE HOCHZEIT DES FIGARO<br />
Wolfgang Amadeus Mozart<br />
Opera buffa in vier Akten |<br />
Libretto von Lorenzo da<br />
Ponte | In italienischer Sprache<br />
mit deutschen Übertiteln<br />
Premiere<br />
14. August <strong>2017</strong> – 19.30 Uhr<br />
Vorstellungen<br />
15., 17. & 19. August –<br />
19.30 Uhr | Vorarlberger<br />
Landestheater<br />
Das Opernstudio<br />
wird präsentiert von<br />
GrECo Internaonal<br />
Risiko- und<br />
Versicherungsmanagement<br />
VMG Versicherungsmakler<br />
DIE HOCHZEIT DES FIGARO<br />
11
CROSSCULTURE<br />
Ferienprogramm<br />
mit anspruchsvollen<br />
Noten<br />
Das Internationale Blasmusik-Camp geht in die dritte Runde: Auch<br />
in diesem <strong>Sommer</strong> erarbeiten erfahrene Mitglieder der Wiener<br />
Symphoniker mit jungen Musik-Talenten ein fulminantes<br />
Abschlusskonzert.
Vom 8. August an geht es<br />
rund und wird es laut in der<br />
Bregenzer Schule Marienberg,<br />
denn 100 Holz- und Blechbläser<br />
sowie Schlagwerker treffen sich<br />
zum dritten Internationalen Blasmusik-Camp<br />
(IBC), um gemeinsam<br />
mit den Dozenten aus den Reihen<br />
der Wiener Symphoniker an einem<br />
höchst anspruchsvollen Programm<br />
zu arbeiten. Höhepunkt der Woche<br />
wird der 13. August sein. Im Festspielhaus<br />
findet dann die Matinee<br />
Brass Espagnole unter der Leitung<br />
von Martin Kerschbaum in Zusammenarbeit<br />
mit dem Vorarlberger<br />
Blasmusikverband und dem ORF<br />
Vorarlberg statt. Das IBC ist integriert<br />
in das Kinder- und Jugendprogramm<br />
der Bregenzer Festspiele,<br />
crossculture, und vermittelt<br />
den Jugendlichen unvergessliche<br />
Eindrücke.<br />
»Die Erfahrungen aus den ersten<br />
beiden Blasmusik-Camps 2013<br />
und 2015 waren sehr schön und<br />
spannend. Wir hatten eine große<br />
Nachfrage bei der Ausschreibung«,<br />
sagt Christoph Indrist, der stellvertretende<br />
Landesjugendreferent im<br />
Vorarlberger Blasmusikverband.<br />
»Es haben sich fast 100 Musikerinnen<br />
und Musiker angemeldet. Es<br />
ist uns gelungen, eine ausgewogene<br />
Besetzung in allen Registern zusammenzustellen.«<br />
Aus Österreich,<br />
Deutschland, Liechtenstein und der<br />
Schweiz kommen die Teilnehmer, die<br />
in ihrer bisherigen Ausbildung schon<br />
die höchste Qualifikation, das heißt<br />
Nach Brass Impossible 2013 und Brass meets Banda 2015 bringt in diesem Jahr das<br />
dritte Konzert Brass Espagnole temperamentvolle Melodien ins Festspielhaus.<br />
die Leistungsprüfung in Gold bzw.<br />
D3 erreicht haben müssen, um das<br />
anspruchsvolle Programm meistern<br />
zu können. In den Kapellen und<br />
Musikvereinen, in denen sie sonst<br />
spielen und daheim sind, werden sie<br />
ein solches Repertoire noch nicht<br />
kennengelernt haben, geht es doch<br />
in diesem Programm sehr international<br />
zu: spanisch, italienisch,<br />
französisch.<br />
13<br />
Anspruchsvoll und gut zum Hören<br />
soll es sein, jede und jeder im Publikum<br />
soll mit einer oder gar mehreren<br />
Lieblingsmelodien beglückt werden,<br />
so Indrist. Das wird, führt man<br />
sich die Programmfolge vor Augen,<br />
sicherlich gelingen. Denn Martin<br />
Kerschbaum, Dirigent und stets<br />
präsenter Schlagwerker bei den<br />
Wiener Symphonikern, hat in enger<br />
Zusammenarbeit mit den Bregenzer<br />
Festspielen ein Programm mit<br />
zahlreichen Querverbindungen und<br />
Anspielungen vorbereitet. Natürlich<br />
gibt es mehrere Verbeugungen<br />
vor Carmen, ihrer Heimat Spanien,<br />
ihrem Schöpfer Bizet und dessen<br />
französischer Heimat: Der Japaner<br />
Eiji Suzuki hat in seiner ungemein<br />
farbenreichen Carmen-Fantasie alle<br />
bekannten Motive und Themen auf<br />
wenige Minuten verdichtet. Carmen,<br />
Don José, Micaëla, Escamillo und<br />
all die anderen Personen treten<br />
in einem spannenden Wirbel mit<br />
großem Orchester und einer ganzen<br />
Heerschar von Schlagwerkern auf.<br />
Ähnlich temperamentvoll geht es in<br />
Manuel de Fallas Dreispitz zur Sache<br />
und die stimmungsvolle Bearbeitung<br />
von Granada durch Kazuhiro Morita<br />
bringt, ganz ohne Tenorsolisten, andalusische<br />
Sonne an den Bodensee.<br />
Auch Schostakowitsch hat in seine<br />
BRASS ESPAGNOLE
Ein bunter Haufen, vereint<br />
durch die Liebe zur Musik und<br />
gemeinsame harte Arbeit:<br />
Unter der fachmännischen<br />
Anleitung von Mitgliedern der<br />
Wiener Symphoniker erarbeiten<br />
die Jugendlichen in der<br />
Bregenzer Schule Marienberg<br />
ein anspruchsvolles Konzertprogramm.<br />
CROSSCULTURE<br />
Filmmusik zu The Gadfly spanischen<br />
Tanz mit folkloristischen<br />
Rhythmen und Melodien eingearbeitet.<br />
Der Pasodoble El Cumbanchero<br />
von Rafael Hernandez Marín<br />
lebt, mit oder ohne gesungenen<br />
Text, ganz vom südamerikanischen<br />
Rhythmus, mitreißend, farbig und<br />
inspirierend.<br />
Neben diesen spanischen Anklängen<br />
präsentieren die Musikerinnen<br />
und Musiker mit der Farandole aus<br />
Bizets Arlesienne-Suite auch eine<br />
gewisse südfranzösische Leichtigkeit.<br />
Ernster, dunkler ist dagegen<br />
Der Gang zum Richtplatz aus der<br />
Symphonie phantastique von Hector<br />
Berlioz – die Musik spiegelt einen<br />
Angsttraum, durchzogen mit dem<br />
alten gregorianischen Thema des<br />
Dies irae, dies illa aus dem Requiem.<br />
Auch das passt zu Carmen, denn<br />
schließlich legt sich die schicksalsgläubige<br />
Protagonistin gerne einmal<br />
die Karten und liest aus ihnen die<br />
Prophezeiung ihres baldigen Todes,<br />
»toujours la mort«.<br />
Zu Beginn des Programms aber<br />
verneigen sich die Musikerinnen<br />
und Musiker des IBC vor Gioachino<br />
Rossini, dem Komponisten der<br />
Hausoper Moses in Ägypten: Dessen<br />
Ouvertüre zu Wilhelm Tell vereint<br />
stimmungsvolle Einleitung, federnde<br />
Rhythmen und schmetternde<br />
Blechbläser, das Arrangement des<br />
berühmten japanischen Kosei Wind<br />
14
BRASS ESPAGNOLE<br />
Orchestra wird den jungen Musikern<br />
gleich sehr viel an Präzision<br />
abverlangen. Große Oper, große<br />
Gefühle vermittelt dann Isoldes<br />
Liebestod aus Richard Wagners<br />
Tristan und Isolde, der berührende<br />
Schlussgesang, denn ausgewählte<br />
Werke des Bayreuther Meisters<br />
werden ja auch im Programm der<br />
Bregenzer Festspiele zu hören sein.<br />
Mit dem OBI-Konzert für Pauken<br />
und Bläser von Norbert Rabanser,<br />
dem, so Christoph Indrist, »begnadeten<br />
Schlagzeuger« und Professor<br />
am Konservatorium Innsbruck,<br />
kommt sogar eine Originalkomposition,<br />
bearbeitet für diese große<br />
Orchesterbesetzung, zur Aufführung.<br />
Reichlich Stoff also für fünf<br />
Tage Probenzeit ist da zusammengekommen,<br />
doch die jungen<br />
Musikerinnen und Musiker freuen<br />
sich darauf, neue Stücke und neue<br />
Freunde aus anderen Vereinen und<br />
Ländern kennenzulernen. Die Noten<br />
haben sie vorab schon bekommen<br />
und kommen somit gut vorbereitet.<br />
Registerproben am Vormittag mit<br />
den Dozenten der Wiener Symphoniker<br />
– Meister für Flöte und<br />
Piccolo, Oboe und Fagott, Klarinette,<br />
Saxophon, Horn, Trompete<br />
und Flügelhorn, Posaune, Tuba und<br />
Schlagwerk sind da versammelt –<br />
bringen einen intensiven Kontakt<br />
untereinander. Am Nachmittag<br />
arbeitet Martin Kerschbaum dann<br />
jeweils mit dem gesamten Orchester,<br />
und auch die Freizeitaktivitäten<br />
dürfen bei so einem intensiven<br />
Miteinander natürlich nicht fehlen.<br />
Der Bodensee lockt ebenso wie eine<br />
Führung über die Seebühne und<br />
eine Aufführung der Carmen, in der<br />
die jungen Musiker im Festspielhaus<br />
die Arbeit der »großen« Kollegen<br />
verfolgen können.<br />
Festspielintendantin Elisabeth<br />
Sobotka und die Verantwortlichen<br />
des Vorarlberger Blasmusikverbands<br />
sind glücklich, dass die<br />
Wiener Symphoniker so offen für die<br />
Jugendarbeit sind und die Jugendlichen<br />
von der Musik angefasst,<br />
verzaubert, mitgerissen werden<br />
können. Denn »Begabung ist nur ein<br />
Teil«, sagt die Intendantin, »hinzu<br />
kommen viel Arbeit, Fleiß und die<br />
Freude am gemeinsamen Gestalten.<br />
Das Instrument ist ein Teil von einem<br />
selbst, eine engere Verbindung<br />
gibt es nur bei der Stimme.« Und<br />
wenn Posaunen, Hörner, Euphonium<br />
oder Klarinetten, Oboen und Flöten<br />
die großen Themen anstimmen und<br />
Pauken, Kastagnetten, Schellentrommeln<br />
oder Marimbas dazu die<br />
atmosphärische und pulsierende<br />
Grundlage bilden, kann sich auch<br />
das Publikum von Brass Espagnole<br />
begeistern lassen.<br />
KINDER- UND<br />
JUGENDPROGRAMM<br />
BRASS ESPAGNOLE<br />
13. August <strong>2017</strong> – 11.00 Uhr,<br />
Festspielhaus<br />
Dirigent Martin Kerschbaum<br />
Absolventen des 3. Internationalen<br />
Blasmusik-Camps |<br />
Dozenten der Wiener<br />
Symphoniker<br />
15
IM<br />
EINKLANG<br />
BREGENZER FESTSPIELCHOR<br />
Mit ihren Stimmen, aber auch ihrer Begeisterung und Hingabe gestalten<br />
die Mitglieder des Bregenzer Festspielchors das facettenreiche<br />
Festspielprogramm mit.<br />
Der Bregenzer Festspielchor, Tänzer und Statisten<br />
16
Am Ende einer Aufführung<br />
gelten die lang anhaltenden<br />
Ovationen meist<br />
den Solisten. Doch die Mitglieder<br />
des Bregenzer Festspielchors sind<br />
alles andere als Statisten an der<br />
Seite großer Stimmen. Ganz im<br />
Gegenteil: Der Bregenzer Festspielchor,<br />
1946 gegründet, gehört seit<br />
Jahrzehnten zu den bedeutendsten<br />
Chören dieser Region. Seine 40<br />
Sängerinnen und Sänger bieten ein<br />
unersättliches stimmliches Repertoire,<br />
verstehen sich sowohl auf<br />
klassische Musik als auch auf zeitgemäße<br />
Avantgarde und präsentieren<br />
sich immer wieder aufs Neue<br />
in sprachlicher und stilistischer<br />
Vielseitigkeit. Der Festspielchor<br />
vermag bei Orchesterkonzerten im<br />
Festspielhaus ebenso zu überzeugen<br />
wie in Zusammenarbeit mit dem<br />
Vorarlberger Landestheater, beispielsweise<br />
in Christoph Willibald<br />
Glucks Orpheus und Eurydike oder<br />
beim Spiel auf dem See.<br />
28-mal steht der Chor in diesem<br />
<strong>Sommer</strong> bei Georges Bizets Carmen<br />
auf der Seebühne. Bis zur Premiere<br />
am 19. Juli wird die intensive Probenzeit<br />
zu einer Herausforderung für<br />
alle Beteiligten. Dabei wird nicht<br />
nur für Carmen geprobt, sondern<br />
auch für den Festgottesdienst sowie<br />
Musik & Poesie Special. In ihrer Arbeit<br />
dürfen sich die Sängerinnen und<br />
Sänger auf ihren Dirigenten Benjamin<br />
Lack verlassen. Dieser leitet<br />
seit neun Jahren den traditionsreichen<br />
Chor, ist zudem als Domkapellmeister<br />
an St. Nikolaus in Feldkirch<br />
und als Dozent am Landeskonservatorium<br />
tätig. Dort studieren viele<br />
der Choristen Gesang und erwecken<br />
gemeinsam mit professionellen<br />
Sängern, aber auch hochqualifizierten<br />
Amateuren den Klangkörper<br />
des Bregenzer Festspielchors zum<br />
Leben.<br />
Der Bregenzer Festspielchor vereint<br />
professionelle Sänger und talentierte<br />
Laien zu einem vielseitigen und stimmkräftigen<br />
Klangkörper.<br />
Um- und Neubesetzungen finden<br />
im Rahmen des jährlichen Vorsingens<br />
statt. So erneuert sich der<br />
Qualitätsanspruch immer wieder,<br />
der bereits während der wöchentlichen<br />
Proben spürbar ist, wenn in<br />
ruhiger, aber konzentrierter Stimmung<br />
die geforderte Literatur eingeübt<br />
wird. Benjamin Lack führt seinen<br />
Chor mit großer Ruhe, Klarheit<br />
und Liebe zur Musik. Die Vorfreude<br />
auf dem Weg zur Aufführung trägt<br />
ihn und seine Choristen, die sich<br />
immer wieder in vielen Facetten<br />
zeigen, wenn nötig bemerkenswert<br />
kantabel, klangsinnlich, aber auch<br />
temperamentvoll.<br />
Während das Hauptaugenmerk<br />
<strong>2017</strong> den Aufführungen auf der<br />
Seebühne gilt, lädt ein Ensemble<br />
des Bregenzer Festspielchors im<br />
Rahmen von Musik & Poesie Special<br />
gemeinsam mit der Sopranistin<br />
Measha Brueggergosman auf<br />
eine musikalische Reise zu deren<br />
afroamerikanischen Wurzeln unter<br />
dem Titel Songs of Freedom. Die<br />
Kammermusikreihe im Festspielhaus<br />
eröffnet weitere Perspektiven,<br />
literarische Dimensionen und Einblicke<br />
in Verbindung mit den Opern<br />
an den verschiedenen Spielorten.<br />
SEESTUDIO | FESTSPIELHAUS<br />
MUSIK & POESIE SPECIAL –<br />
SONGS OF FREEDOM<br />
7. August 2107 – 22.00 Uhr |<br />
Werkstattbühne<br />
Sopran Measha<br />
Brueggergosman<br />
Mitglieder des Bregenzer<br />
Festspielchors<br />
Leitung Benjamin Lack<br />
IM EINKLANG<br />
17
PROGRAMM<br />
ÜBERSICHT<br />
AUGUST <strong>2017</strong><br />
OPERNSTUDIO AM KORNMARKT<br />
DIE HOCHZEIT DES FIGARO<br />
Wolfgang Amadeus Mozart<br />
Musikalische Leitung Hartmut Keil<br />
Inszenierung Jörg Lichtenstein<br />
14., 15., 17. & 19. August – 19.30 Uhr<br />
FESTSPIELHAUS<br />
ORCHESTERKONZERT<br />
SYMPHONIE ORCHESTER<br />
VORARLBERG<br />
SPIELPLAN<br />
SPIEL AUF DEM SEE<br />
CARMEN<br />
Georges Bizet<br />
Musikalische Leitung<br />
Paolo Carignani | Jordan de Souza<br />
Inszenierung Kasper Holten<br />
noch bis 20. August – 21.00 Uhr<br />
WERKSTATTBÜHNE<br />
TO THE LIGHTHOUSE<br />
Zesses Seglias<br />
Musikalische Leitung Claire Levacher<br />
Inszenierung Olivier Tambosi<br />
16. & 18. August – 20.00 Uhr<br />
SEESTUDIO | FESTSPIELHAUS<br />
EINBLICK 7 | OPERNATELIER<br />
Die letzte von insgesamt sieben Veranstaltungen<br />
in Kooperation mit dem Kunsthaus<br />
Bregenz gewährt einen Einblick in die<br />
anspruchsvolle Arbeit der Dirigenten mit<br />
dem Symphonieorchester Vorarlberg an<br />
ZessesSeglias' neuer Oper To the Lighthouse.<br />
6. August – 19.00 Uhr<br />
20. August – 11.00 Uhr<br />
Dirigent Gérard Korsten<br />
Violine Paweł Zalejski<br />
Viola Piotr Szumieł<br />
Olivier Messiaen Un sourire<br />
Wolfgang Amadeus Mozart<br />
Sinfonia concertante Es-Dur<br />
KV 364 (320d)<br />
César Franck Symphonie d-Moll<br />
SEESTUDIO | FESTSPIELHAUS<br />
MUSIK & POESIE SPECIAL<br />
7. August – 22.00 Uhr | Werkstattbühne<br />
SONGS OF FREEDOM<br />
Sopran Measha Brueggergosman<br />
Mitglieder des Bregenzer Festspielchors<br />
Leitung Benjamin Lack<br />
Band<br />
FESTSPIELHAUS<br />
FESTSPIELFRÜHSTÜCK<br />
Künstler und Mitwirkende des<br />
Festivals zum Kennenlernen<br />
13. August – 9.30 Uhr<br />
SEESTUDIO | FESTSPIELHAUS<br />
OPUS XXI<br />
Werke von Zesses Seglias, Miroslav Srnka,<br />
Bertrand Plé, Georges Aperghis u. a.<br />
11. August – 19.30 Uhr<br />
AUSSTELLUNG | VORARLBERG MUSEUM<br />
ROMANE THANA.<br />
ORTE DER ROMA UND SINTI<br />
Sonderausstellung<br />
noch bis zum 8. Oktober <strong>2017</strong><br />
TICKET CENTER<br />
T +43 5574 407-5<br />
ticket@bregenzerfestspiele.com<br />
www.bregenzerfestspiele.com
MITMACHEN FÜR KINDER<br />
CARMEN<br />
IN DER<br />
ZIRKUSWELT<br />
Die Bregenzer Festspiele<br />
starten eine Spendenkampagne,<br />
um 2018 bis zu 3.000<br />
Kindern eine außergewöhnliche<br />
Carmen-Aufführung im Großen<br />
Saal des Festspielhauses zu bieten:<br />
Die Oper von Georges Bizet wird in<br />
die Zirkuswelt verlegt. Kinder im<br />
Alter von fünf bis elf Jahren können<br />
nicht nur zuschauen, sondern auch<br />
mitmachen. Das Projekt ist Teil<br />
des 1996 gegründeten Kinder- und<br />
Jugendprogramms crossculture,<br />
das jährlich rund 10.000 junge Menschen<br />
anzieht.<br />
Die Bregenzer Festspiele möchten<br />
Kindern und Jugendlichen einen<br />
erlebnisreichen Zugang zu Musik<br />
und Theater ermöglichen. Passend<br />
zum Spiel auf dem See der Jahre<br />
<strong>2017</strong> und 2018 lädt das Festival<br />
Schulklassen und Familien aus der<br />
gesamten Bodenseeregion ein, in<br />
die Welt von Carmen einzutauchen<br />
und selbst Teil dieser Oper zu werden.<br />
Um allen Kindern unabhängig<br />
von ihrer sozialen Herkunft eine<br />
Teilnahme an diesem Projekt zu<br />
ermöglichen, bitten die Festspielverantwortlichen<br />
um Spenden. Die<br />
Realisierung ist für 2018 geplant,<br />
Spenden werden ab sofort entgegengenommen.<br />
Partner der Initiative ist Opera<br />
Domani aus Italien. Das Vermittlungskonzept<br />
des Teatro Sociale di<br />
Como sieht vor, Kinder nicht nur<br />
passiv, sondern selbst kreativ tätig<br />
werden lassen. Um den Kindern<br />
die Inhalte und die Musik der Oper<br />
altersgerecht zu vermitteln, werden<br />
Lehrer vorab mit Unterrichtsmaterialien<br />
versorgt und zu Workshops<br />
eingeladen. Die Kinder werden dann<br />
Teil der Opernvorstellung, indem<br />
sie bei ihrem Besuch aus dem Publikum<br />
mitsingen und ihre selbstgebastelten<br />
Requisiten einsetzen.<br />
Der anschließende Austausch mit<br />
Dirigent, Sängern und Orchester<br />
soll weitere Einblicke vermitteln.<br />
Spenden in jeder Höhe sind ab<br />
sofort auf untenstehende Kontoverbindungen<br />
erbeten. Unter allen<br />
Spendern verlosen die Bregenzer<br />
Festspiele zwei Tickets für Carmen<br />
im zweiten Spieljahr 2018.<br />
SPENDENKONTO ÖSTERREICH:<br />
IBAN: AT80 5800 0000 1041<br />
3125, BIC: HYPVAT2B,<br />
Verwendungszweck: Carmen für<br />
Kinder 2018<br />
SPENDENKONTO<br />
DEUTSCHLAND:<br />
IBAN: DE23 6002 0290 6670<br />
3294 00, BIC: HYVEDEMM473,<br />
Verwendungszweck: Carmen für<br />
Kinder 2018<br />
SPENDENKONTO SCHWEIZ |<br />
LIECHTENSTEIN:<br />
IBAN: CH51 0025 4254 6685<br />
5060 Z, BIC: UBSWCHZH80A,<br />
Verwendungszweck: Carmen für<br />
Kinder 2018<br />
Zuwendungen an die Bregenzer Festspiele<br />
sind in Österreich und Deutschland<br />
steuerlich abzugsfähig. Spenden<br />
aus Österreich werden von den Bregenzer<br />
Festspielen an das zuständige<br />
Finanzamt weitergeleitet und automatisch<br />
in Ihrer Veranlagung berücksichtigt,<br />
sofern Sie Ihren Vor- und Zunamen<br />
sowie Ihr Geburtsdatum im Zug der<br />
Spendenüberweisung korrekt angeben.<br />
CARMEN IN DER ZIRKUSWELT<br />
19
SPIEL AUF DEM SEE<br />
»Ach! Carmen!«<br />
Am 20. August wirft Carmen auf der Seebühne zum vorerst letzten Mal<br />
die Karten ihres Lebens in die Luft. Während sie der freiheitsliebenden<br />
Spanierin allabendlich nichts Positives verheißen, kommt hier die gute<br />
Vorhersage für alle Festspielfans: Auch im <strong>Sommer</strong> 2018 spielen die<br />
Bregenzer Festspiele Carmen auf dem See.<br />
Ein Einblick in eine spektakuläre Aufführung, der für sich selbst spricht.<br />
20
»Wenn in dem Buch dort oben<br />
deine Seite Glück enthält,<br />
mische und hebe ohne Furcht ab [...].<br />
Aber wenn du sterben musst, wenn<br />
das furchtbare Wort vom<br />
Schicksal geschrieben ist,<br />
fange zwanzig Mal wieder an ...<br />
Die unerbittliche Karte<br />
wiederholt: Der Tod!«<br />
CARMEN, 3. AKT<br />
CARMEN<br />
21
SPIEL AUF DEM SEE<br />
»Carmen gibt niemals nach;<br />
frei ist sie geboren,<br />
und frei wird sie sterben.«<br />
CARMEN, 4. AKT<br />
22
CARMEN<br />
»Unter dem Rhythmus des Liedes<br />
glühend, verrückt, fiebrig,<br />
ließen sie sich, berauscht,<br />
forttragen von dem Strudel.«<br />
Die Spieltermine für<br />
Carmen 2018 finden Sie<br />
im Magazin auf Seite 31.<br />
Karten können ab 21. August<br />
<strong>2017</strong> gebucht werden.<br />
Mit freundlicher Unterstützung<br />
der Hauptsponsoren<br />
CARMEN, 2. AKT<br />
23
EINE<br />
GEMEINSAME<br />
WERKSTATTBÜHNE<br />
VISION<br />
DER KOMPONIST ZESSES SEGLIAS ÜBER SEINE NEUE OPER<br />
TO THE LIGHTHOUSE
Die Arbeit mit dem Librettisten<br />
und Regisseur Ernst<br />
Binder an der Idee für eine<br />
Oper begann 2014. Seit Mai 2015<br />
hat das Publikum im Opernatelier<br />
des Kunsthauses Bregenz die Ideen,<br />
Zweifel und Herausforderungen<br />
dieses Prozesses verfolgen können.<br />
Jetzt wird die Oper zum ersten Mal<br />
auf der Werkstattbühne aufgeführt.<br />
Wie lässt sich dieser Prozess aus<br />
Sicht des Komponisten beschreiben?<br />
Zesses Seglias: Es ist bekannt, dass<br />
das Komponieren, vielleicht mehr<br />
als jede andere Kunstform, eine<br />
einsame Tätigkeit ist. Deshalb mag<br />
es verwunderlich klingen, dass es<br />
in diesem Fall gar nicht einsam war.<br />
Der kreative Entwicklungsprozess<br />
wich vom Üblichen enorm ab, wir<br />
arbeiteten vielmehr gemeinsam im<br />
Team. Auch die Einbindung des Publikums<br />
in den ganzen Prozess war<br />
sicherlich unüblich.<br />
Nach zweieinhalb Jahren kann ich<br />
jetzt sagen, dass ich nicht mehr hätte<br />
verlangen können. Schon während<br />
unseres ersten Treffens begannen<br />
wir mit der Entwicklung einer künstlerischen<br />
Vision. Sehr bald danach<br />
wurde mir klar, dass es erforderlich<br />
ist, diesen langen Weg gemeinsam zu<br />
bestreiten. Ein Bühnenwerk beinhaltet<br />
viele verschiedene Elemente. Es<br />
ist notwendig, alle in größtmöglicher<br />
Harmonie zueinander zu konzipieren,<br />
zumindest wenn wir etwas<br />
schaffen wollen, dass über die Summe<br />
einzelner Elemente hinausgeht.<br />
Mit der Zeit wuchs unsere Vision<br />
mehr und mehr, das Libretto war<br />
vorhanden, die Konzepte für Bühne<br />
und Kostüme ebenfalls. Selbstverständlich<br />
hatte ich ab einem gewissen<br />
Punkt die Partitur allein zu komponieren.<br />
Aber auch dabei fühlte ich<br />
mich niemals allein. Immer wieder<br />
kamen mir unsere langen Gespräche<br />
in den Sinn. Ich finde mich wirklich in<br />
jedem Detail des Stücks wieder.<br />
Ähnliches trifft auf die Arbeit nach<br />
Vollendung der Partitur zu. Schon<br />
zuvor gab es ein fruchtbares Treffen<br />
mit Olivier Tambosi, der die Oper<br />
nach Ernst Binders plötzlichem Tod<br />
inszenieren wird. Nun war ich an der<br />
Reihe, meine Arbeit im Opernatelier<br />
zu teilen. Jede einzelne der Einblick-<br />
Veranstaltungen glich für mich<br />
einem wieder neuen Blick durch das<br />
Kaleidoskop. Manchmal ermöglichte<br />
uns die Präsentation roher Ideen<br />
vor Publikum, noch tiefer zu gehen<br />
und uns an Orten wiederzufinden,<br />
an die wir ansonsten nicht gekommen<br />
wären. Vielleicht beschreibt es<br />
ein Gedanke, den mir Ernst Binder<br />
in einer E-Mail geschrieben hatte,<br />
besser: »Ich habe das Gefühl, etwas<br />
Besonderes entsteht. Ich empfinde<br />
uns als Bildhauer, die an einem<br />
großen Steinquader mit Hammer<br />
und Meißel arbeiten und schön<br />
langsam entsteht das Monument;<br />
immer deutlicher zeichnen sich die<br />
Konturen ab.«<br />
Was war das Faszinierende an Virginia<br />
Woolfs Roman To the Lighthouse<br />
beim ersten Lesen? Wie hat sich<br />
die Beziehung zum Buch durch das<br />
Komponieren einer Oper darüber<br />
verändert?<br />
Das Buch lernte ich erst durch das<br />
Projekt kennen. Zu Beginn hatte ich<br />
nur eine rohe Konzeption dessen,<br />
was ich damit machen könnte. Was<br />
ich jedoch von Anfang an beabsichtigte,<br />
war eine Geschichte zu erzählen,<br />
die die Seelen der Menschen<br />
tief berührt, ohne dass dafür zu<br />
viel Handlung benötigt würde. Ich<br />
erinnere mich noch an den Moment,<br />
nachdem ich die ersten Zeilen gelesen<br />
hatte und einfach nur dachte:<br />
Das ist genau das, worauf ich gehofft<br />
hatte, vielleicht geht es sogar darüber<br />
hinaus. Dafür sollten wir Virginia<br />
Woolf dankbar sein.<br />
Es ist erstaunlich, wie tief man nur<br />
durch das Lesen eines Textes in Gedanken<br />
und das Unterbewusstsein<br />
eines anderen Geistes eintauchen<br />
kann. Meine Beziehung zu diesem<br />
Buch wurde immer tiefgründiger.<br />
Darüber hinaus versuche ich bei<br />
jedem Lesen zu begreifen, wie Ernst<br />
Binder diese poetische und geniale<br />
Adaption schreiben konnte. Mit anderen<br />
Worten: Ich möchte dahinter<br />
kommen, wie ein Text einen neuen<br />
Text aus seinem Inneren heraus erschaffen<br />
konnte. Dieses Prinzip lässt<br />
sich auch als Reflexion von Woolfs<br />
eigener Erzähltechnik auffassen: Die<br />
Menschen denken, reagieren, philosophieren,<br />
aber sie reden nur wenig.<br />
Virginia Woolfs Sprache benutzt<br />
verschiedene Dimensionen von Stimme,<br />
vor allem innere Stimmen. Dazu<br />
zählen Gedanken, Ängste, unausgesprochene<br />
Emotionen. Die menschliche<br />
Stimme ist auch in der instrumentalen<br />
Komposition der Oper von<br />
hoher Bedeutung. Wie werden die<br />
Stimmen der Sänger in der Partitur<br />
behandelt?<br />
Die Stimme ist das stärkste Element,<br />
mit dem ich in meiner Musik arbeite.<br />
Eine Stimme wird mit vielen Ebenen<br />
im zwischenmenschlichen Verhältnis<br />
in Verbindung gebracht. Gleichzeitig<br />
ist sie der Inbegriff von Klang in<br />
seiner ältesten bekannten Form. Bei<br />
einer Oper, die auf Virginia Woolf basiert,<br />
kommen diese beiden Aspekte<br />
dann zusammen. Einerseits musste<br />
ich die Geschichte erzählen, wie sie<br />
das Libretto vorgibt. Andererseits<br />
war es erforderlich, tief in Woolfs<br />
Sprache einzutauchen. Sie verwendet<br />
die Sprache auf eine Weise, die,<br />
meiner Meinung nach, beinahe als<br />
zerlegt bezeichnet werden könnte.<br />
Diese Tatsache bringt es mit sich,<br />
die Stimme so einzusetzen, dass sie<br />
nicht nur die Geschichte erzählt,<br />
sondern sich auch diese weiteren<br />
Aspekte in ihr wiedererkennen<br />
TO THE LIGHTHOUSE<br />
25
»Manchmal ermöglichte uns die<br />
Präsentation roher Ideen vor Publikum,<br />
noch tiefer zu gehen und uns an Orten<br />
wiederzufinden, an die wir ansonsten<br />
nicht gekommen wären.«<br />
ZESSES SEGLIAS<br />
WERKSTATTBÜHNE<br />
lassen. Um ein Beispiel zu nennen:<br />
Die zwanghafte Unsicherheit einer<br />
der Charaktere, Lily Briscoe, brachte<br />
mich dazu, ihre Sätze in der Oper<br />
auf einzelne Silben zu reduzieren.<br />
Das setzt natürlich voraus, dass das<br />
dominierende Gefühl durch andere<br />
Mittel ausgedrückt wird. Eine weitere<br />
von mir häufig verwendete Technik<br />
ist das innere Sprechen oder<br />
Singen. Die Anweisung an die Sänger<br />
lautet, die Worte für sich selbst zu<br />
transportieren, ganz weit hinten in<br />
ihrem Mund, wie sanftes Murmeln.<br />
Durch die Mikrophone verstärkt<br />
vermittle ich bewusst bestimmte<br />
Wörter durch dieses Gemurmel<br />
und kreiere dadurch eine Stimme<br />
mit mehreren Ebenen, eine Art<br />
Polyphonie zwischen Gedanken und<br />
gesprochener Sprache, zwischen<br />
Bewusstsein und Unbewusstsein.<br />
Sehr unterschiedliche Musiker<br />
haben die Behandlung der Stimme in<br />
To the Lighthouse inspiriert. Außer<br />
Salvatore Sciarrino, Luciano Berio,<br />
Beat Furrer gehören auch Demetrio<br />
Stratos, Diamanda Galas, Tom Waits<br />
und Nick Cave dazu. Wie haben diese<br />
Künstler die Komposition beeinflusst?<br />
Über die gesamte Musikgeschichte<br />
hinweg ist die Stimme auf verschiedene<br />
Weisen behandelt worden. Von<br />
antiken Ritualen zu barocker Rhetorik,<br />
von tibetischen Mönchen bis<br />
zur Popkultur – Inhalt durch Klang<br />
hervorzubringen und umgekehrt<br />
war schon immer faszinierend. Es<br />
ist nicht mehr nötig und schon lange<br />
kein Tabu mehr, sich auf das Gebiet<br />
der sogenannten zeitgenössischen<br />
Musik zu beschränken. Aus meiner<br />
Sicht wäre das dumm.<br />
In diesem Sinn dokumentiere ich. Ich<br />
versuche, mir so viele unterschiedliche<br />
Dinge wie möglich anzuhören<br />
und den eigenen Weg jedes Künstlers<br />
zu erkennen. Offenkundig gibt<br />
es Fälle wie die genannten, die ich attraktiver<br />
finde als andere. Am Ende<br />
muss es aber das Ziel sein, meinen<br />
eigenen Weg zu finden, um das zu<br />
erfüllen, woran ich glaube. Auf der<br />
anderen Seite wäre es anmaßend,<br />
nicht denjenigen Respekt zu zollen,<br />
die meinen Horizont erweitert<br />
haben.<br />
Schon während des Entstehungsprozesses<br />
haben die Musiker des Symphonieorchesters<br />
Vorarlberg einige<br />
Ausschnitte aus der Komposition<br />
gespielt. Die Instrumentation der<br />
Oper schließt auch Instrumente wie<br />
Saxophon, E-Gitarre und Akkordeon<br />
ein, die klassischerweise nicht zu<br />
einem Symphonieorchester gehören.<br />
Was ist das Konzept für das große<br />
Ensemble, wie es in der Partitur<br />
genannt wird?<br />
Die Verwendung des Ensembles in<br />
To the Lighthouse birgt zahlreiche<br />
Rollen: Manchmal erzeugt es eine<br />
Klanglandschaft für die menschlichen<br />
Stimmen, manchmal kommentiert<br />
das Ensemble den Text und die<br />
Geschichte, manchmal wird es zu<br />
einer großen Meta-Stimme. Zu jeder<br />
gegebenen Zeit dient es jedoch der<br />
übergeordneten Dramaturgie. Der<br />
Hauptgrund, warum mir ein großes<br />
Ensemble von 18 Musikern erforderlich<br />
schien, waren die unterschiedlichen<br />
Gestaltungsmöglichkeiten, die<br />
es mit sich bringt: Sowohl orchestrale<br />
Strukturen als auch kleinere<br />
Besetzungen lassen sich verwenden.<br />
Für die Instrumente entschied ich<br />
mich schlichtweg, weil mir deren<br />
Klang gefällt.<br />
Die Fragen stellte<br />
Olaf A. Schmitt.<br />
WERKSTATTBÜHNE<br />
TO THE LIGHTHOUSE<br />
Zesses Seglias<br />
Kammeroper in drei Teilen |<br />
Libretto von Ernst Binder<br />
nach Virginia Woolf | In englischer<br />
Sprache mit deutschen<br />
Übertiteln | Uraufführung<br />
Premiere<br />
16. August <strong>2017</strong> – 20.00 Uhr<br />
Vorstellung<br />
18. August – 20.00 Uhr |<br />
Werkstattbühne<br />
26
DAS SWR4<br />
BLECHDUELL<br />
GEHT IN DIE<br />
VIERTE RUNDE<br />
SWR4 BADEN-WÜRTTEMBERG SUCHT DIE<br />
MITREISSENDSTEN BLASMUSIKER DES LANDES<br />
SWR4 Baden-Württemberg<br />
bereitet allen Blas- und Brassbands<br />
zum vierten Mal eine<br />
große Bühne. Bis 28. Februar 2018<br />
sind diese deshalb aufgefordert,<br />
sich für das SWR4 Blechduell zu<br />
bewerben. Das Motto lautet<br />
»Blasmusik mal anders«: Von<br />
traditioneller Polka über Jazz bis<br />
hin zu Schlager, Pop und Urban<br />
Brass dürfen die Bands zeigen, was<br />
Blasmusik alles kann. Es darf ruhig<br />
ein wenig frech und in jedem Fall<br />
unterhaltsam sein. Voraussetzungen<br />
für eine Teilnahme sind eine<br />
schriftliche Vorstellung der Band<br />
mit Foto sowie ein Hörbeispiel. Die<br />
Band darf aus mindestens zwei,<br />
maximal 30 Musikern bestehen, die<br />
mindestens 14 Jahre alt sind. Die<br />
Blechblasinstrumente sollen in der<br />
Band dominieren, aber selbstverständlich<br />
können auch Instrumente<br />
wie Saxofon oder Klarinette zum<br />
Einsatz kommen.<br />
In drei Vorentscheiden können die<br />
Bands zeigen, was in ihnen steckt.<br />
Die Vorentscheide sind Open-Air-<br />
Partys, bei denen eine fachkundige<br />
Jury und das Publikum entscheiden,<br />
welche Band ins Finale kommt. Auf<br />
den Sieger wartet eine zweitägige<br />
Aufnahmesession im hochprofessionellen<br />
SWR-Aufnahmestudio. Dort<br />
spielt zum Beispiel die SWR Big Band<br />
ihre Stücke ein. Dort waren auch<br />
schon Moop Mama, Ernst Hutter<br />
mit seinen Egerländern oder<br />
Stumpfes Zieh und Zupfkapelle.<br />
Also am besten gleich bewerben<br />
unter swr4.de/blechduell.<br />
PARTNER DER BREGENZER FESTSPIELE<br />
DAS SWR4 BLECHDUELL<br />
IM ÜBERBLICK<br />
Bewerbung<br />
bis zum 28. Februar 2018<br />
Vorentscheide<br />
8. - 10. Juni 2018<br />
Finale<br />
29. Juni 2018<br />
27
EIN SINGENDES<br />
SAXOFON MIT<br />
VIELEN KLÄNGEN<br />
OPUS XXI<br />
Junge Musikerinnen und Musiker der Akademie Opus XXI präsentieren<br />
ihr Abschlusskonzert in Bregenz.<br />
28
Mit Musik von Johann<br />
Sebastian Bach und<br />
Robert Schumann,<br />
die sie auf dem Saxofon spielt,<br />
begeisterte Asya Fateyeva in den<br />
vergangenen Jahren die Musikwelt.<br />
Sie erhielt zahlreiche Preise<br />
und wurde mit einem ECHO<br />
Klassik 2016 ausgezeichnet.<br />
Besonders am Herzen liegt der<br />
1990 in der Ukraine geborenen<br />
Künstlerin die zeitgenössische<br />
Musik. Sie wünscht sich, dass viel<br />
mehr Komponisten neue Werke<br />
für ihr Instrument schreiben.<br />
Bei den Bregenzer Festspielen<br />
wird sie ein neues Werk aus der<br />
Taufe heben, gemeinsam mit<br />
den Teilnehmern der Akademie<br />
Opus XXI. Die jungen Musikerinnen<br />
und Musiker treffen sich<br />
zehn Tage lang in Trossingen<br />
(Schwarzwald), um gemeinsam<br />
die besonderen Herausforderungen<br />
von zeitgenössischen<br />
Werken zu meistern. Für das<br />
Abschlusskonzert kommen sie<br />
nach Bregenz.<br />
Neben dem neuen Werk des<br />
französischen Komponisten<br />
Bertrand Plé für Saxofon, Sopran<br />
und Ensemble gab Opus XXI<br />
ein weiteres in Auftrag: Der<br />
griechische Komponist Zesses<br />
Seglias, dessen Oper To the<br />
Lighthouse auf der Werkstattbühne<br />
uraufgeführt wird, schrieb<br />
ein kurzes Stück für weibliche<br />
Stimme und Ensemble, worüber<br />
er sich folgendermaßen äußert:<br />
»Gewissermaßen betrachte ich<br />
es als ein Impromptu zu To the<br />
Lighthouse, da es kaum Text<br />
und keine Nachfolgegeschichte<br />
mehr gibt. Nichtsdestotrotz<br />
klingt es wie ein Echo der Oper.<br />
Das Stück trägt den Titel Where<br />
the light never reaches. Im Kopf<br />
hatte ich dabei die Rückseite<br />
einer Leuchtturmlampe.« Die<br />
Mezzosopranistin Stefanie Flaig<br />
wird das Werk zur Uraufführung<br />
bringen und zudem in einem Auftragswerk<br />
von Mioko Yokoyama<br />
zu hören sein.<br />
Wie die Sopranistin Louise<br />
Leterme, die Bertrand Plés Stück<br />
singen wird, erhält auch Stefanie<br />
Flaig in der Arbeitsphase des<br />
Konzerts wertvolle Erfahrungen<br />
von Donatienne Michel-Donsac,<br />
einer der bedeutendsten Interpretinnen<br />
zeitgenössischer Musik.<br />
Sie selbst wird gemeinsam<br />
mit den erfahrenen Musikern<br />
des Ensembles instant donné<br />
das im Jahr 2000 geschriebene<br />
Stück La nuit en tête aufführen.<br />
Es stammt aus der Feder eines<br />
der wichtigsten Komponisten<br />
des 20. Jahrhunderts: Georges<br />
Aperghis. Der Grieche hat<br />
maßgeblich den musikalischen<br />
Umgang mit der menschlichen<br />
Stimme beeinflusst und lebt<br />
seit den 1960er-Jahren in Paris.<br />
Dort erhielt auch der tschechische<br />
Komponist Miroslav Srnka<br />
wesentliche Impulse für seine<br />
Arbeit. Im vorigen Jahr wurde<br />
seine Oper Make No Noise als<br />
österreichische Erstaufführung<br />
auf der Werkstattbühne präsentiert.<br />
Sein Ensemblewerk Les<br />
Adieux schrieb er im Gedenken<br />
an die drei verstorbenen Kinder<br />
Antonín Dvořáks: Jedem der drei<br />
Kinder widmete er eine eigene<br />
Weiterführung der Kadenz aus<br />
Ludwig van Beethovens berühmter<br />
Klaviersonate Les Adieux.<br />
SEESTUDIO | FESTSPIELHAUS<br />
OPUS XXI<br />
Werke von Zesses Seglias,<br />
Miroslav Srnka, Bertrand Plé,<br />
Georges Aperghis u. a.<br />
11. August <strong>2017</strong> – 19.30 Uhr<br />
29<br />
Lieblingswerke<br />
Jede Veränderung, jede<br />
neue Idee kann der<br />
Schlüssel zum Erfolg sein.<br />
Als Carmen 1875 uraufgeführt<br />
wurde, revolutionierte diese<br />
Aufführung die bis dato gängige<br />
Form der Oper. Mit der realistischen<br />
Milieuschilderung voller<br />
Tragik tanzte Carmen aus der<br />
Reihe. Nur: Das Publikum war<br />
damals noch nicht reif dafür.<br />
Ähnlich erging es Kaffee im 17.<br />
Jahrhundert. Auch wenn das<br />
»Schwartz Wasser« am Hofe<br />
bereits begeisterte Anhänger<br />
fand, wurde das neumodische<br />
Getränk doch anfangs mit viel<br />
Skepsis betrachtet. Französische<br />
Winzer wollten den Kaffee als<br />
Gift in die Apotheken verbannt<br />
wissen. Manche verteufelten ihn<br />
so sehr, dass sich Papst Clemens<br />
VIII. persönlich davon überzeugen<br />
musste: Mit einem Schluck<br />
war Kaffee von höchster Stelle<br />
rehabilitiert. Und was ist das<br />
Ende vom Lied? Carmen zählt zu<br />
den meistaufgeführten Werken<br />
des Opernrepertoires – und Kaffee<br />
zu unseren Lieblingsgetränken.<br />
Schön, beides zusammen<br />
genießen zu können. Dallmayr<br />
wünscht Ihnen viel Vergnügen<br />
bei den Bregenzer Festspielen!<br />
OPUS XXI | PARTNER DER BREGENZER FESTSPIELE
BREGENZER FESTSPIELE 2018<br />
PROGRAMM<br />
VORSCHAU<br />
BREGENZER FESTSPIELE 2018<br />
OPER IM FESTSPIELHAUS<br />
BEATRICE<br />
CENCI<br />
BERTHOLD GOLDSCHMIDT<br />
Francesco Cenci besitzt mehrere<br />
Paläste in und um Rom,<br />
genießt sein ausschweifendes<br />
Leben mit opulenten Festen und<br />
schreckt vor Gewalttaten nicht<br />
zurück, um unliebsame Menschen<br />
aus dem Weg zu räumen. Für seine<br />
Verfehlungen kauft er sich bei der<br />
Kirche frei, der er mehrere Besitztümer<br />
überlassen muss. Freudig<br />
verkündet er den Tod seiner beiden<br />
Söhne und versetzt die anwesende<br />
Festgesellschaft in Schrecken.<br />
Die Verzweiflung seiner Tochter<br />
Beatrice beantwortet er mit noch<br />
größeren Misshandlungen. Gemeinsam<br />
mit ihrer Stiefmutter Lucrezia<br />
plant Beatrice die Ermordung ihres<br />
Vaters.<br />
Den Stoff um die 1599 hingerichteten<br />
Frauen Beatrice und Lucrezia<br />
vertonte Berthold Goldschmidt<br />
1949 für einen britischen Opernwettbewerb.<br />
Seit 1935 lebte der<br />
jüdische Komponist in London, wo<br />
er 1996 starb. Obwohl die Wettbewerbsjury<br />
Goldschmidts Entwurf<br />
prämierte, kam es nicht zu der in<br />
Aussicht gestellten Aufführung. Erst<br />
1988 wurde das Werk konzertant in<br />
London uraufgeführt. Eine »richtige<br />
Belcanto-Oper« sei es geworden,<br />
sagte Goldschmidt über seine Oper,<br />
die mit einem ergreifenden Requiem<br />
für die beiden hingerichteten Frauen<br />
endet. Diese spannungsgeladene<br />
Oper um kirchliche Korruption und<br />
menschliche Gewalt wird Johannes<br />
Erath inszenieren. 2016 erntete der<br />
Regisseur für seine Interpretation<br />
von Miroslav Srnkas Make No Noise<br />
auf der Werkstattbühne ein vielbeachtetes<br />
Echo bei Publikum und<br />
Presse. Am Dirigentenpult ist Johannes<br />
Debus zu erleben, der dem Publikum<br />
der Bregenzer Festspiele durch<br />
seine Interpretation von Jacques<br />
Offenbachs Hoffmanns Erzählungen<br />
in Erinnerung ist.<br />
30<br />
Oper in drei Akten (1949/50) |<br />
Libretto von Martin Esslin nach<br />
The Cenci von Percy Bysshe Shelley<br />
(1819) | Deutsche Version von<br />
Berthold Goldschmidt | Mit<br />
Übertiteln<br />
PREMIERE<br />
18. Juli 2018 – 19.30 Uhr<br />
VORSTELLUNGEN<br />
22. Juli – 11.00 Uhr<br />
30. Juli – 19.30 Uhr<br />
Festspielhaus<br />
Musikalische Leitung Johannes Debus<br />
Inszenie rung Johannes Erath<br />
Bühne Katrin Connan<br />
Kostüme Katharina Tasch<br />
Wiener Symphoniker<br />
Prager Philharmonischer Chor
SPIEL AUF DEM SEE<br />
CARMEN<br />
GEORGES BIZET<br />
Karo! Pik! … Der Tod!« Die<br />
Karten, aus denen Carmen<br />
ihr Schicksal liest, verheißen<br />
ihr nichts Gutes. Sie wird sterben,<br />
gefolgt von Don José. Dessen Liebe<br />
lehnt sie nach der anfänglichen Verliebtheit<br />
ab, weil er nicht bereit ist,<br />
ihr bedingungslos ins Schmugglerleben<br />
zu folgen. Die Avancen des<br />
Stierkämpfers Escamillo kommen<br />
ihr dann gerade recht. Der schicksalsgeladene<br />
Moment, in dem<br />
Carmen die Karten in die Luft wirft,<br />
gab Es Devlin die Idee für ihr Bühnenbild<br />
im Bodensee. Die Spielkarten<br />
in Kasper Holtens Inszenierung<br />
können noch viel mehr als über<br />
Glück und Schicksal entscheiden:<br />
Sie sind Spielfläche für Sängerinnen<br />
und Sänger, Chor, Tänzerinnen und<br />
Stuntmen. Projektionen auf ihre<br />
Oberflächen lassen die verschiedenen<br />
Welten des Stierkampfs, des<br />
Schmuggels und der glühenden Liebe<br />
entstehen. Der leidenschaftlichen<br />
Liebe des Soldaten Don José verlieh<br />
der französische Komponist Georges<br />
Bizet ebenso eine unsterblich gewordene<br />
Melodie wie der Titelfigur<br />
Carmen, wenn sie von ihrer Arbeit<br />
aus der Zigarettenfabrik tritt und in<br />
ihrer Habanera die Widerspenstigkeit<br />
der Liebe besingt.<br />
Oper in vier Akten (1875) | Libretto<br />
von Henri Meilhac und Ludovic<br />
Halévy | Nach Carmen von Prosper<br />
Mérimée (1845) | In französischer<br />
Sprache mit deutschen Übertiteln<br />
PREMIERE<br />
19. Juli 2018 – 21.15 Uhr<br />
VORSTELLUNGEN<br />
20., 21., 22., 24., 26., 27., 28., 29.,<br />
31. Juli – 21.15 Uhr<br />
1., 2., 3., 4., 5., 7., 8., 9., 10., 11.,<br />
12., 14., 15., 17., 18. & 19. August –<br />
21.00 Uhr<br />
Seebühne | Festspielhaus<br />
Musikalische Leitung Paolo<br />
Carignani | Jordan de Souza<br />
Inszenie rung Kasper Holten<br />
Bühne Es Devlin<br />
Kostüme Anja Vang Kragh<br />
Wiener Symphoniker | Prager<br />
Philharmonischer Chor |<br />
Bregenzer Festspielchor | Kinderchor<br />
der Musikmittelschule Bregenz-Stadt<br />
VORSCHAU<br />
ORCHESTER<br />
KONZERTE<br />
WIENER SYMPHONIKER<br />
23. Juli 2018 – 19.30 Uhr<br />
Dirigent Andrés Orozco-Estrada<br />
Werke von Bohuslav Martinů und<br />
Antonín Dvořák<br />
Meisterwerke des symphonischen<br />
Repertoires sind bei<br />
den Orchesterkonzerten<br />
zu erleben. Mit zwei Symphonien<br />
Beethovens, der bekanntesten<br />
Symphonie Dvořáks und zwei bedeutenden<br />
Schöpfungen Richard<br />
Strauss' sind beliebte Werke erneut<br />
zu hören. Neu zu entdecken ist die<br />
riesige Symphonie für Bariton und<br />
Orchester des Tiroler Komponisten<br />
Thomas Larcher, der an einer Oper<br />
im Auftrag der Bregenzer Festspiele<br />
arbeitet. Auch Martinůs virtuoses<br />
Doppelkonzert wird hier zum ersten<br />
Mal erklingen. Im selben Konzert mit<br />
Werken ausschließlich von tschechischen<br />
Komponisten feiern die<br />
seit 2011 regelmäßigen Gäste des<br />
Prager Philharmonischen Chors die<br />
einhundertjährige Unabhängigkeit<br />
ihres Landes mit Dvořáks Te Deum.<br />
Anknüpfend an das erste Orchesterkonzert<br />
<strong>2017</strong>, aus dem ersten<br />
Aufführungsjahr von Bizets Carmen<br />
auf der Seebühne, werden gleich<br />
zwei weitere Werke aus Frankreich<br />
gespielt: Neben Ravels Klavierkonzert<br />
für die linke Hand ist dessen<br />
Abgesang auf den Wiener Walzer<br />
zu hören, der in Strauss' Rosenkavalier-Suite<br />
aufblüht.<br />
31<br />
29. Juli 2018 – 11.00 Uhr<br />
Dirigent David Afkham<br />
Werke von Richard Strauss und<br />
Maurice Ravel<br />
6. August 2018 – 19.30 Uhr<br />
Dirigentin Karina Canellakis<br />
Werke von Thomas Larcher und<br />
Ludwig van Beethoven<br />
SYMPHONIEORCHESTER<br />
VORARLBERG<br />
19. August 2018 – 11.00 Uhr<br />
Dirigent Gérard Korsten<br />
Werke von Benjamin Britten und<br />
Ludwig van Beethoven
Viel Freude wünschen die Bregenzer<br />
Festspiele und ihre Partner:<br />
HAUPTSPONSOREN<br />
GREEN ENERGY<br />
PARTNER<br />
PRODUKTIONSSPONSOREN<br />
CO-SPONSOREN & PARTNER<br />
SUBVENTIONSGEBER<br />
ArsRhenia Stiftung<br />
GrECo International<br />
Hilti Foundation<br />
LIEBHERR-Turmdrehkrane<br />
Wiener Städtische Versicherung AG<br />
Wolford<br />
AGM<br />
Antica Gelateria del Corso<br />
Coca-Cola<br />
Dallmayr Kaffee<br />
Gebrüder Weiss<br />
Klosterbrauerei Weltenburg<br />
Mohrenbrauerei<br />
Pfanner & Gutmann<br />
Rauch Fruchtsäfte<br />
Red Bull<br />
Ricola<br />
Römerquelle<br />
Schlumberger (Wein- und<br />
Sektkellerei)<br />
PARTNER<br />
BREGENZER FESTSPIELE GMBH<br />
Platz der Wiener Symphoniker 1 | 6900 Bregenz, Austria<br />
T +43 5574 407-5 | www.bregenzerfestspiele.com