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Paula * überlegt lange,<br />
wie sie das jetzt am<br />
besten formulieren<br />
soll, sie will bloß nicht<br />
ausländerfeindlich rüberkommen.<br />
Sie, die Künstlerin, die ihre Kinder<br />
bewusst an Schulen mit MigrantInnen<br />
geschickt hat. Aber sie muss<br />
es jetzt einfach loswerden: „Die<br />
Migrantenkinder und ihre Eltern<br />
sind nie zu den gemeinsamen<br />
Festen gekommen, egal wie sehr<br />
wir uns bemüht haben.“ Paula war<br />
Elternvertreterin an der Volksschule<br />
ihrer Tochter im neunten Wiener<br />
Bezirk. Die Schule legt viel Wert auf Interkulturalität, viele<br />
SchülerInnen mit nichtdeutscher Muttersprache besuchen<br />
die Volksschule. Es gibt nicht nur Deutschförderung<br />
und Muttersprachenunterricht, sondern auch Türkisch<br />
und Arabisch sprechende SchulpsychologInnen. Sie hat<br />
sehr viel Mühe in diese Arbeit gesteckt. Damit es nicht an<br />
dem Finanziellen scheitert, übernimmt der Elternverein<br />
die Kosten für die Feste. Paula selbst bietet an, andere<br />
von zuhause abzuholen – trotzdem, die Migranten kommen<br />
nicht. „Ich glaube, manche haben die Sorge, dass<br />
Alkohol getrunken wird oder sie fühlen sich unwohl, weil<br />
ihr Deutsch nicht perfekt ist“, sagt Paula. „Die Kinder tun<br />
mir leid, sie sind nie auf den Festen oder Geburtstagsfeiern<br />
dabei.“ Am Anfang hat Paulas Tochter noch ihre<br />
türkischen Klassenkolleginnen zu ihren Geburtstagsfeiern<br />
eingeladen, mittlerweile hat sie aufgegeben. „Die kommen<br />
ja eh nicht“, hat sie zu Paula gesagt.<br />
Auch an der NMS, die Paulas Sohn besucht hat,<br />
zeichnet sich ein ähnliches Szenario ab. Sogar der<br />
Unterricht leidet darunter. „Die Migrantenkinder machen<br />
keine Hausübungen, sprechen schlechter Deutsch, die<br />
Eltern sind nicht dahinter“, sagt Paula.<br />
Ihr Sohn ist unterfordert, die LehrerInnen<br />
wiederholen nur den Volksschul-Stoff.<br />
Mittlerweile besucht ihr Sohn eine andere<br />
Schule mit weniger MigrantInnen. Die<br />
alten Probleme hat er jetzt nicht mehr.<br />
Dafür dreht sich auf einmal alles um<br />
Markenkleidung und Leistungsdruck.<br />
Auch mit den neuen KlassenkollegInnen<br />
kommt ihr Sohn nicht mehr so gut aus.<br />
„In der Ausländerklasse war mein Sohn<br />
etwas Besonderes, die Kinder haben<br />
„<br />
Mit den österreichischen<br />
Kindern, die an<br />
unserer Schule<br />
bleiben, stimmt<br />
etwas nicht.<br />
“<br />
ihn beneidet, die LehrerInnen<br />
haben ihn hervorgehoben. Jetzt<br />
ist er nur einer von vielen“, erzählt<br />
Paula nachdenklich. Sie hätte sich<br />
gewünscht, wenn es in seiner<br />
alten Schule geklappt hätte, das<br />
wäre die Art von Integration, die<br />
sie sich eigentlich vorstellt. Aber<br />
gleichzeitig glaubt sie, dass seine<br />
neue Schule ihrem Sohn bessere<br />
Zukunftschancen ermöglicht und<br />
das ist ihr in diesem Fall wichtiger.<br />
Sandra * versteht Eltern, die<br />
ihr Kind lieber in eine Schule mit<br />
weniger MigrantInnen geben. Beim<br />
Wohl ihrer Kinder wird die weltoffene Einstellung oft über<br />
Bord geworfen. Sandra selbst würde ihre Kinder niemals<br />
an eine Wiener NMS mit hohem Migrantenanteil schicken.<br />
Dabei unterrichtet sie an genau so einer Schule. Sandra<br />
ist seit 25 Jahren Lehrerin und unterrichtet an einer<br />
sogenannten Brennpunktschule. Der Anteil von SchülerInnen<br />
mit Migrationshintergrund an ihrer Schule beträgt<br />
95 Prozent. Sie hat viele österreichische Kinder kommen<br />
und gehen sehen. „Alle paar Jahre wagen es ein paar<br />
österreichische Akademiker ihre Kinder an unsere Schule<br />
zu geben, die bleiben aber nicht lange“, sagt Sandra.<br />
Jene österreichischen Kinder, die bleiben, haben ein<br />
Defizit. „Mit den österreichischen Kindern, die an unserer<br />
Schule bleiben, stimmt etwas nicht. Sie haben eine<br />
Lernschwäche, kommen aus sozial schwachen Familien<br />
oder haben irgendein anderes Problem“, so die Lehrerin.<br />
In der vierten Klasse, in der Sandra Klassenvorständin ist,<br />
sitzt ein solches Kind. Jaqueline * , die einzige Schülerin<br />
in dieser Klasse ohne Migrationshintergrund. Jaquelines<br />
Mutter arbeitet als Putzfrau, was der Vater macht, weiß<br />
man nicht genau. Das Mädchen fehlt oft, zuhause gibt es<br />
Probleme, das Geld ist knapp.<br />
Jaqueline ist eine aufgeweckte<br />
13-Jährige. Mit ihren blonden Haaren<br />
und den blauen Augen sticht sie in ihrer<br />
Klasse tatsächlich heraus. Was auch<br />
hervorsticht: Sie ist die einzige in der<br />
Klasse, die ohne Akzent spricht. Ihre<br />
KlassenkollegInnen halten Jaqueline für<br />
etwas Besonderes, dabei ist sie weder<br />
Klassenbeste noch trägt sie coolere<br />
Klamotten als die anderen. Das Thema<br />
um ihre Nationalität ist ihr unangenehm.<br />
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