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FINE DAS MAGAZIN FÜR GENUSS UND LEBENSSTIL

FINE DAS MAGAZIN FÜR GENUSS UND LEBENSSTIL - 3|2017 - Sonderbeilage in der Süddeutschen Zeitung

FINE DAS MAGAZIN FÜR GENUSS UND LEBENSSTIL - 3|2017 - Sonderbeilage in der Süddeutschen Zeitung

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DAS MAGAZIN FÜR GENUSS UND LEBENSSTIL

EINE SONDERBEILAGE DES TRE TORRI VERLAGS · DER VERLAG FÜR ESSEN, TRINKEN UND GENUSS 3 |2017

ZEIT FÜR CHAMPAGNER !


OLYMP.COM/SIGNATURE

GERARD BUTLER’S CHOICE

DAS HEMD, DAS SICH WIE

KEIN ANDERES TRÄGT.

PHOTO: GREG WILLIAMS


VERLEGER UND HERAUSGEBER

Ralf Frenzel

ralf.frenzel@fine-magazines.de

Advent, Advent, die Zeit, sie rennt: Steigt langsam Unruhe in

der Brust auf? Der Nikolaus war schon da, morgen wird die

zweite Kerze brennen, das Weihnachtsfieber steigt allent halben;

jetzt bleiben tatsächlich nur noch zwei Wochen, um endlich zu besor-

CHEFREDAKTEUR

Thomas Schröder

thomas.schroeder@fine-magazines.de

gen, worauf man schon seit Monaten herumdenkt – Geschenke für all

die Lieben und Liebsten. Indes: keine Panik! Die Kunst des Schen-

REDAKTION

Katja Richter

kens kennt als erste, wichtigste Regel: entspannen, tief ent spannen

und ruhig werden. Dies gilt es nun zu befolgen. Denn das Schenken

ART DIRECTION

Guido Bittner

MITARBEITER DIESER AUSGABE

Kristine Bäder, Hannah Conradt,

Ursula Heinzelmann, Robert Krispin,

Dr. Stefan Pegatzky, Angelika Ricard-Wolf,

Christian Volbracht

FOTOGRAFEN

Guido Bittner, Johannes Grau,

Marco Grundt, Arne Landwehr,

Marc Volk, Thilo Weimar

soll leicht sein. Und leicht sollen die Schenkenden sein, zumindest im

Gemüt, damit die Liebesgabe von Herzen kommen und an ein anderes

Herz rühren kann. Schließlich gibt man, wie es in der Operette heißt,

»sich selber mit auch drein«. Beim Bedenken der Gabe also nicht vergrübeln!

Ein Geschenk soll den Bedachten ja nicht beschweren, soll ihn

nicht fordern oder gar verpflichten, sondern erfreuen, im idealen Fall

gar ent zücken. Nun hilft freilich das schiere Räsonieren keinen Schritt

TITEL-FOTO

Guido Bittner

VERLAG

Tre Torri Verlag GmbH

Sonnenberger Straße 43

65191 Wiesbaden

www.tretorri.de

Geschäftsführer: Ralf Frenzel

ANZEIGEN

Judith Völkel

Tre Torri Verlag GmbH

+49 611-57 990

anzeigen@fine-magazines.de

weiter. Wir haben daher erfahrene Weihnachtsmänner und -frauen um

ihre Expertise gebeten, und sie haben nicht gezögert, sie reichlich zu

spenden. So finden sich in diesem Heft, an verborgener Stelle oder ganz

unverblümt, eine Vielzahl nützlicher Hinweise für Unent schlossene auf

der Suche nach einem passenden Präsent zum Fest der Feste. Jetzt nur

noch etwas Schönes aussuchen, hübsch einpacken und mit einem lieben

Lächeln über reichen – dann klappt’s auch mit dem Weihnachtsabend!

DRUCK

Prinovis Ltd. & Co. KG · Nürnberg

FINE Das Magazin für Genuss und Lebensstil

ist eine Sonder beilage des Tre Torri Verlags

und erscheint im Verbund mit FINE

Das Wein magazin viermal Jährlich im ausgesuchten

Zeitschriftenhandel.

INHALT

8

DAS ERBE DES GENERALS

Das Weingut Château Palmer – ein Glanzpunkt im Medoc

Please enjoy responsibly – www.massvoll-geniessen.de

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht

unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Der

Verlag haftet nicht für unverlangt eingereichte Manuskripte,

Dateien, Datenträger und Bilder. Alle in diesem

Magazin veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich

geschützt.

12

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28

VON »MODERN TALKING« ZU »MODERN COOKING«

Der Sänger und Entertainer Thomas Anders präsentiert sein Kochbuch

FRISCHER, STRAHLENDER, ERFOLGREICHER

Wie der Beauty-Konzern Shiseido gekonnt Tradition und Moderne verbindet

DOLCE VITA – STATT KAMPF UND INTRIGEN

Zwei Game of Thrones-Stars sind die Gesichter des neuen Dufts »The One« von Dolce & Gabbana

DESTINATION DER TRÄUME

Das thailändische Resort Amanpuri entführt seine Gäste in ein sündhaft sorgloses Paradies

VON ERFAHRENEN WEIHNACHTSMÄNNERN EMPFOHLEN

Eine Liste schöner Dinge und erwünschter Gaben

30

ZONIN - DAS UNBEKANNTE IMPERIUM

Wie die Weine des italienischen Unternehmens Masse und Klasse vereinen

34

FROM RUSSIA WITH LOVE

Der neue Ardbeg-Whisky Kelpie feierte in Berlin seine Premiere

38

DER GENUSS DER FRÜHEN JAHRE

Als man in den »Schweizer Stuben« begann, nach den Sternen zu greifen

42

ZEIT FÜR CHAMPAGNER

Festlich trinken aus großen Flaschen

46

KAVIAR

Der mit dem Plopp!

DAS MAGAZIN FÜR GENUSS UND LEBENSSTIL FINE 3 | 2017 7


DAS ERBE DES GENERALS

CHÂTEAU PALMER – EIN WEINGUT DER KONTRASTE

Die Herren der großen Weingüter im Bordelais folgen dem Trend zum ökologischen Weinbau nur zögernd. Doch es

gibt Ausnahmen. Thomas Duroux hat den »Super second«-Cru von Château Palmer auf den Weg zur Bio dynamik

geführt – den großen Rivalen Château Margaux stets im Blick.

Von CHRISTIAN VOLBRACHT Fotos: JOHANNES GRAU

»Ich zeige Ihnen auch den neuen Keller«, sagt Thomas Duroux, »aber da gibt es

eigentlich gar nichts Besonderes.« Der dynamische Generaldirektor von Château

Palmer führt mich lieber zu den Neuheiten in seinen Weinbergen und auf die

nasse Weide mit den zehn schwarzbunten Kühen des Gutes. Er ist siebenundvierzig

Jahre alt, ein erfahrener Önologe und Kellertechniker, der nun auch zum

ganzheitlich denkenden Ökobauern geworden ist.

Er führt ein Gut der Kontraste. Hinter der imposanten Fassade des

Schlosses aus dem 19. Jahrhundert mit den vier Türmchen liegen

keine beeindruckenden Designer-Keller. Die Schlosskulisse verstellt

vielmehr den Blick auf ein eher kleines, fast dörfliches Ensemble

mit flachen alten Gebäuden zwischen Blumenrabatten und Bäumen.

Straßenschilder tragen die Namen ehemaliger Weinmacher und Besitzer.

Die Weinlese ist auf ihrem Höhepunkt. Nach Frost im April und

viel Regen im Sommer hat sich der 2017er im schönen September noch

zu einem »hübschen« Jahrgang entwickelt. Thomas Duroux steht in

Jeans und hellblauem Hemd auf dem Hof – kurzer Haarschnitt, knapper

Bartwuchs und runde Brille – und ist konzentriert bei der Sache.

Seine Familie kommt aus Nordfrankreich, seine Mutter aus Modena in

Italien. Mit dem Motorrad pendelt er täglich nach Bordeaux zu seiner

aus den Vereinigten Staaten stammenden Frau und den beiden Töchtern.

Er hat hier Önologie studiert, arbeitete danach in verschiedenen Ländern

und zuletzt bei der Tenuta dell’Ornellaia in der Toskana, bis ihm

2004 die Leitung von Château Palmer in Cantenac übertragen wurde.

Das Gut umfasst sechsundsechzig Hektar Weinberge, ein Mosaik

unterschiedlich kiesiger Böden, überwiegend auf der Anhöhe rund um

das Schloss gelegen. Der Blick reicht am benachbarten Château Margaux

vorbei bis zum breiten Strom der Gironde, die sich hier gerade aus den

Flüssen Garonne und Dordogne gebildet hat. Das Weinbau gebiet Margaux,

die südlichste Appellation des Médoc, bringt vor allem in der Gemarkung

Cantenac besonders feine und elegante, aber auch füllige Weine

hervor. »Mollig« seien sie, heißt es 1893 in der ersten deutschen Übersetzung

des berühmten Bordeaux-Weinführers von Cocks und Feret.

Zum besonders duftigen Charakter der Weine von Château Palmer

trägt bei, dass hier ebensoviel Merlot wie Cabernet Sauvignon angepflanzt

ist, je siebenundvierzig Prozent, dazu sechs Prozent Petit Verdot.

»Außerdem stehen die Merlots bei uns auf den besten Böden«, sagt

Thomas Duroux. »Normalerweise nimmt man im Médoc die besten

Terroirs für Cabernet Sauvignon.« Aus kleinen Flächen stellt der Weinmacher

nach alter Bordeaux-Tradition jetzt auch etwas Weißwein her,

aus den fast vergessenen Rebsorten Sauvignon Gris, Muscadelle und

Loset. Auf zwei Parzellen sind die Rebstöcke – wie zu Zeiten vor der

Reblausplage in Frankreich – doppelt so dicht wie üblich gepflanzt:

zwanzigtausend statt zehntausend pro Hektar, damit die Reben noch

mehr konkurrieren und tiefer wurzeln müssen.

Ebensoviel Aufmerksamkeit wie den Rebflächen widmen Thomas

Duroux und sein Team heute aber den dreißig Hektar Wiesen und Wald

des Gutes, die tiefer und näher an der Gironde liegen. Vor neun Jahren

haben sie begonnen, sich »aus Neugier« für den ökologischen und

den biodynamischen Weinbau zu interessieren. Duroux befasste sich

mit den Erkenntnissen des Anthroposophen Rudolf Steiner, der 1924

postulierte, dass Landwirtschaft ein lebender Organismus sei, in dem

es Harmonie geben müsse. »Wir haben jetzt eine globale Vision von

unserem Besitz«, sagt er. »Es interessieren uns nicht nur die Reben,

die den Boden benutzen, um Wein zu produzieren, sondern das Ganze.

Wir wollen ein Gleichgewicht zwischen all den Elementen dieses Gutes

finden. Wir sind nicht mehr nur Menschen, die einen Boden ausbeuten,

um ein Produkt herzustellen. Wir sind heute Winzer, Züchter, Bauern

und selbst Teil eines Systems.«

Also Verzicht auf chemische Mittel, Herstellung des eigenen

Düngers, Begrünung der Rebflächen. »Als wir gesehen haben,

dass der Wein jedenfalls nicht schlechter wird, haben wir unser

Konzept 2010 dem Aufsichtsrat präsentiert. Der hat überraschend schnell

sehr positiv reagiert.« Das ist keine Selbstverständlichkeit, denn der

biodynamische Weinbau hat sich nach einem Überblick der Zeitschrift

»Revue du Vin de France« zwar in vielen Weinbaugebieten Frankreichs

ausgebreitet – nur nicht in Bordeaux. »Für einen Bordelaiser ist das

eine echte Revolution«, sagt Thomas Duroux. Auf nur zehn bis fünfzehn

wird die Zahl der Weingüter geschätzt, die biodynamisch arbeiten.

»Pontet-Canet, Latour, Durfort-Vivens, La Lagune, Climens«, zählt er

auf. Palmer wurde 2017 als biodynamisch zertifiziert.

»Jetzt haben wir den Eindruck, dass der Wein dadurch langsam

auch noch besser wird«, sagt er. Ebenbürtig mit Châteaux Margaux

zu sein, war seit jeher das Ziel des Weinguts. Von der Qualität her wird

das immer wieder erreicht, obwohl Château Margaux seine Schwächeperiode

der sechziger und siebziger Jahre weit hinter sich gelassen hat.

Bei den Preisen für die jungen Weine liegt Margaux noch stets um etwa

fünfzig Prozent vorn. »Ich sehe das nicht als Konkurrenz an«, sagt

Thomas Duroux. »Ich stelle nur fest, dass die Reputation von Margaux

als Premier Cru von 1855 höher ist als die von Palmer. Viele Kunden

finden uns gleichwertig. Wir haben ebenso gute Böden – die haben

vielleicht etwas mehr davon. Wenn man die letzten zwanzig Jahrgänge

verkostet, sieht man, dass das Niveau dasselbe ist.«

Ursprünglich zählte das heutige Château Palmer zum Château

d’Issan, dessen Weinbautradition bis ins zwölfte Jahrhundert zurückreicht.

1748 wurde ein Teil der Domaine abgetrennt und an eine alte

Bordelaiser Adelsfamilie verkauft, die es nach dem eigenen Namen

Château de Gascq nannte. Dann folgte die tolle Geschichte des britischen

Offiziers und Parlamentsabgeordneten Charles Palmer aus Bath

in Südwestengland.

Der wohlhabende Erbe des Erfinders der ersten englischen Postkutschenstrecke

zwischen Bristol und London hatte an Wellingtons

Spanien feldzug gegen Napoleon teilgenommen, den er als Colonel

(Oberst) beendete. Anfang 1814 kam er mit den siegreichen englischen

Truppen nach Bordeaux. Kurz darauf begegnete der Siebenund dreißigjährige

in einer Kutsche auf dem Weg nach Paris der jungen Witwe

Marie Brunet de Ferrière, die um ihren früh verstorbenen Mann trauerte,

den Besitzer von Château de Gascq. Sie sei auf dem Weg in die

Hauptstadt, um das Weingut, gleich nach Lafite eines der feinsten von

Bordeaux, für nur ein Viertel seines wahren Werts zu verkaufen, um das

Erbe aufteilen zu können. Diese Geschichte, so heißt es in den »Erinnerungen

und Anekdoten« eines Captain Gronow von 1862, »hatte

nicht nur eine wunderbare Wirkung auf Palmers empfindsames Herz,

sondern auch auf seine wohlgefüllte Börse«.

Der Offizier, fasziniert vom möglichen Spekulationsgewinn, wurde

nach der dreitägigen Kutsch fahrt Eigentümer des kleinen und etwas

heruntergekommenen Weinguts. Laut Kaufvertrag vom 16. Juni 1814

zahlte Charles Palmer einhundert tausend Francs.

Für fast das Vierfache dieser Summe erwarb er in

den folgenden fünfzehn Jahren rund ein Dutzend

weiterer Weingüter in Cantenac, Issan und Margaux

und vergrößerte die Anbaufläche seines »Château

Palmer« von anfangs nur dreißig auf zweiundachtzig

Hektar.

Der Wein wurde in der Londoner Society

fashio nable. Palmer pries ihn 1825 im Parlament

in einer Debatte über Weinsteuern als genauso gut

wie den des berühmteren Château Margaux. Sein

»Claret« habe es auch nicht nötig, von den Weinhändlern

für den englischen Markt, wie damals

üblich, mit Hermitage-Wein von der Rhône angereichert

zu werden – er habe genug Körper.

Doch Palmers Werbung für den eigenen Wein,

seine mili tärische und seine geschäftliche Laufbahn

endeten im Desaster. Er wurde noch General major

und brachte es zum Ordonnanzoffizier des britischen

Prinzregenten und späteren Königs Georg IV.

Beim Prinz regenten fiel er wegen einer Offiziersintrige

und eines Duells zeitweise in Ungnade. Dennoch

ließ der Palmers Wein um 1830 bei einer Art

Testessen mit Londoner Feinschmeckern servieren.

Der Claret wurde zunächst auch hochgelobt, fiel

dann aber im Vergleich zum Wein des königlichen

Einträchtig beieinander:

Château

Palmer, der Grand

Vin, mit seinem

kleinen Bruder,

dem Alter Ego.

8 FINE 3 | 2017 DAS MAGAZIN FÜR GENUSS UND LEBENSSTIL DAS MAGAZIN FÜR GENUSS UND LEBENSSTIL FINE 3 | 2017 9


VON »MODERN TALKING«

ZU »MODERN COOKING«

Thomas Anders hat in seiner Pop-

Karriere mehr als 120 Millionen

Ton träger verkauft. In seinem

Kochbuch »Modern Cooking –

Einfach, Lecker, Anders« zeigt

der Star, dass gutes Kochen

und Entspannen eine Menge

gemeinsam haben. Vor allem an

Weihnachten.

Von ROBERT KRISPIN

Fotos JOHANNES GRAU

Hobbykoch hatte Thomas Anders im Januar 1999 in der Koch sendung

»alfredissimo« des legendären Moderators Alfred Biolek. Der Titel

der damaligen Sendung: »Modern Cooking«, eine Anspielung auf

das einstige Erfolgsduo »Modern Talking« mit Thomas Anders und

Dieter Bohlen.

Seitdem ist er oft mit der Kochschürze vor die Kamera getreten.

Doch das habe er nie selbst forciert, erinnert er sich: »Ich bin

nicht rausgegangen: Hey, ich will in einer Koch sendung auftreten.

Die Anfragen kamen alle von außen.« Auf die Frage, bei wem er

die nötigen Koch techniken gelernt hat, antwortet er nur: »Learning by

doing« und lacht. »Mir sind im Lauf der Jahre viele Rezepte nicht gelungen.

Aus diesen Erfahrungen habe ich mein Grundwissen gesammelt«,

berichtet er über seine Kochlaufbahn. »Ich weiß inzwischen, was ich

wie miteinander kombinieren kann. Ich lese Kochbücher heute anders

als früher – einmal quer übers Rezept, das genügt. Dann weiß ich, was

ich wie zu tun habe.« Diese, bei Sterneköchen verpönte Lässigkeit hat

zu den rund achtzig Gerichten im Buch geführt, die der Buchtitel trotz

Hitfabrik-Assoziation präzise trifft.

»Wer ein wenig kochaffin ist, wird bei diesen Rezepten nicht ins

Schwitzen kommen«, betont der Entertainer, »ich will es allen leichter

machen, die sich fürs Kochen interessieren, aber davor scheuen, weil

sie einen Fehler machen könnten oder weil sie sich es nicht zutrauen.«

weltweiter Erfolg benötigt. Seine Rezepte sind dagegen mit Leichtigkeit

auf den Teller zu bringen. Mengen angaben lassen sich fast problemlos

variieren, Abwandlungen seien ausdrücklich erlaubt, erklärt er.

Sein Konzept: »Ein gutes Gericht muss für mich keine Geschmackskomponenten

ent halten, die man nicht alle Tage bekommt. Ich brauche

beim Zubereiten auch kein Schweißband um die Stirn. An erster

Stelle steht für mich das Zusammensein am Tisch.« Das habe er schon

als Kind erlebt: »Bei uns wurde an Weihnachten das Lieblingsgericht

meiner Mutter gekocht. Da gab es das beste Schnitzel mit einem tollen

Gemüse.«

Weihnachtsstress in der Küche? »Gute Vorbereitung ist der größte

Feind der Hektik. Ich würde an den drei Weihnachts tagen nichts kochen,

was präzise à point zubereitet werden muss. Da muss ich die ganze Zeit

voll konzentriert in der Küche stehen, es geht die Leichtigkeit verloren.

Das Produzieren im Voraus, das Vorbereiten der Komponenten – das

ist die Hälfte eines schönen, ent spannten Abends.«

Was also empfiehlt der mit über vierhundert Goldenen und

Platin-Schallplatten ausgezeichnete Sänger für die Festtage?

Da muss Thomas Anders nicht lange nach denken: »Als Vorspeise

eignet sich das Avocado-Mango-Tatar mit Garnelen hervor ragend.

Das ist ein völlig unkompliziertes Gericht, lässt sich in wenigen Minuten

zubereiten – und es macht auf dem Teller richtig viel her«, schwärmt

Eines darf bei Thomas

Anders weder beim

Essen noch beim

Kochen fehlen: Entspannung.

Dies versprechen

– neben

kuli narischem

Genuss – die rund

achtzig im Buch versammelten

Rezepte:

Modern Relaxing,

sozusagen – auch bei

der Zubereitung eines

Kartoffelsoufflés.

Wenn der Sänger und Entertainer Thomas Anders am 24. Dezember vom Auftritt

am Abend zuvor irgendwo in Europa mit dem Roll koffer nach Hause kommt,

geht er meist nur noch kurz in die Küche. Anders hat als Solo-Künstler sowie

mit »Modern Talking« über hundertfünfundzwanzig Millionen Tonträger verkauft,

sein 2016 erschienenes Album »Strong« ging allein in Russland knapp

eine Million Mal über den Ladentisch. Er ist aufgetreten in Kapstadt, Hong Kong,

Tel Aviv, New York, Hanoi, Berlin, Los Angeles und Moskau. Doch zuhause mit

Ehefrau Claudia und Sohn Alexander in Koblenz ist er »der Kerl mit der Schürze«,

erzählt Thomas Anders. Er kocht seit über fünfundzwanzig Jahren, und das hat

für ihn einen wichtigen Grund: Tiefen entspannung. »Kochen hat für mich etwas

Medita tives. Berufsbedingt sitze ich ja sehr oft in Restau rants. Daher genieße

ich die private Atmosphäre beim Zubereiten und Essen. Ich denke in der Küche

nicht an Produktionen, Kompositionen oder Songs. Das Kochen ist für mich ein

wunder barer Ausgleich zu meinem Beruf.« Auch zu Weihnachten.

An Heiligabend ist Thomas Anders die hohe Kochkunst nicht

so wichtig. »Dieser Tag ist bei uns kulinarisch nicht hoch aufgehängt.

Wir feiern mit Familie und engsten Freunden, beim

Kochen wechseln wir uns in jedem Jahr ab. Allerdings muss ich jedes Mal

meine Currysuppe machen. Die lässt sich ganz fix zubereiten«, erzählt

er, und hat eine ganz bodenständige Empfehlung: locker bleiben. »Die

Frustrations schwelle ist an Heiligabend sehr niedrig. Da muss man es

sich doch nicht zumuten, mit stundenlanger Mühe ein ganz besonderes

Rezept auszuprobieren – nur damit alle pflichtbewusst rufen: Oh,

ist das lecker! Das kann ziemlich daneben gehen. Und die Kinder sind

enttäuscht, dass es keine Würstchen mit Kartoffel salat gibt.«

Wenn der Popstar Pause hat, steht er in der Küche. Da geht es ihm

nicht um den tobenden Applaus des Publi kums: »Oft koche ich am

Abend des ersten Feiertages für uns. Das unterscheidet sich aber kaum

von den Gerichten, die ich sonst auch mache. Ich brauche Weihnachten

nicht, um in der Küche zu experimentieren. Ich will nur, dass es

schmeckt. Lange Gesichter am Tisch – das ist doof. Aber ich will dafür

nicht getragen werden.«

Dieser entspannte Zugang zum Kochen zieht sich auch durch sein

Kochbuch »Modern Cooking«, das kürzlich im Tre Torri Verlag erschienen

ist. Der Titel schließt einen Kreis: Denn seinen ersten TV- Auftritt als

Ein erfahrener Hobbykoch werde bei den Rezepten »garantiert nicht

an seine Grenzen stoßen«. Er wolle Anfängern das Zubereiten »in

kleinen Schritten leicht machen – und dabei immer die Komponente

des Genusses vermitteln«.

Durchgängig spiegelt sich in den Rezepten des Kochbuchs die

andere Seite des erfolgreichen Entertainers: Thomas Anders weiß, wie

viel Energie, Durchsetzungswillen, Frustration und Konzen tration sein

er. Für ihn ist das Rezept von einem einfachen, aber wirkungsvollen

aromatischen Kontrast geprägt: »Ich verbinde die Mango, die einen

sehr präsenten Geschmack bietet, mit einer – sagen wir – fast unterwürfigen

Avocado. Die hat einen tollen, nussigen Eigengeschmack,

kommt aber nie gegen die Mango an. Sie ist der Geschmacks träger. Die

Süße bekommt aber mit Worcestersauce und ein wenig Tabasco einen

Gegenpol, der sich individuell variieren lässt. Für mich muss auf jeden

12 FINE 3 | 2017 DAS MAGAZIN FÜR GENUSS UND LEBENSSTIL DAS MAGAZIN FÜR GENUSS UND LEBENSSTIL FINE 3 | 2017 13


TREFFPUNKT TIEGEL:

FRISCHER,

STRAHLENDER,

ERFOLGREICHER

Wie das japanische Kosmetik-Unternehmen Shiseido seit 145 Jahren

gekonnt Tradition und Moderne verbindet

Von ANGELIKA RICARD-WOLF

Kraft der Natur: Das Kraut Enmei

aktiviert die Selbsterneuerung der

Haut und ist Basis der neuen Shiseido-

Linie. Erhältlich im Tokioer Flagship-

Store wie in jeder anderen Parfümerie –

nur leider ohne Icecream-Soda aus

der legendären Sodamaschine des

Firmengründers Arinobu Fukuhara.

Fotos: Shiseido

»The Transformer« nennen sie ihn intern, nach dem

unerschrockenen Helden eines in Japan beliebten

Manga-Comics: Halb Spitzname, halb Ehren titel –

Masahiko Uotani hat ihn sich seit seinem Amtsantritt

als neuer CEO von Shiseido vor knapp drei

Jahren im Eiltempo erworben. Der hochgewachsene

Dreiund sechzig jährige ist ausgezogen, den japanischen

Beauty- Konzern mit charismatischem Charme

und anstecken dem Elan auf ein Ziel ein zuschwören:

Im Jahr 2020, wenn in Tokio passenderweise die

Olympischen Sommer spiele ausgetragen werden,

soll das Unternehmen die neue Rekordhöhe von einer

Trillion Yen Netto umsatz überspringen – das sind

etwa 7,5 Milliarden Euro.

Seit er da ist, herrscht eine spürbar neue Dynamik im fünft größten

Beauty-Konzern der Welt. In Yokohama ist das hochmoderne

»Global Innovation Center« kurz vor der Fertigstellung. Es

wird ab kommendem Jahr der neue Standort der Forschungs- und

Entwicklungs abteilung sein. Und in Osaka entstehen im Zuge des breit

gefächerten Innovationsprogramms gerade Fabrikationsanlagen, die eine

Art »Mutter-Funktion« übernehmen, zur Beschleunigung der technischen

Abläufe. Mit Hilfe ausgeklügelter Logistik koordiniert das Werk

dann ab 2020 Herstellung, Qualitätskontrolle und Versand sämt licher

Gesichtspflegeprodukte. Und ohnehin ist jeder der fünfundvierzigtausend

Mitarbeiter in aller Welt gefordert: Mit dem 1. Januar 2018

wird Englisch zur Pflicht- und Kommunikationssprache im gesamten

Unternehmen. Das ist, vor allem für so manchen Angestellten vor Ort,

eine harte Nuss.

Zweifellos – Uotani bringt Bewegung in die traditionsreiche Firma

mit dem Kamelien-Logo. Wie schafft er das, worauf beruht sein Erfolg,

was macht ihn so besonders? Eine seiner engsten Mitarbeiterinnen bringt

es nach kurzem Überlegen vertraulich auf den Punkt: »Er ist insideoutside.«

Wie ist das denn bitte zu verstehen? »Na ja«, sagt sie mit

einem Lächeln, »es ist diese Mischung. Er ist gebürtiger Japaner, aber

er hat fast sein ganzes berufliches Leben lang in amerikanischen Firmen

gearbeitet, bevor er zu Shiseido kam. Er kennt beide Mentalitäten.«

Mit anderen Worten, er ist gut trainiert für den Spagat zwischen

Tradition und Moderne, die Paradedisziplin des Unternehmens. Denn

das »inside-outside«-Prinzip entspricht dem Credo von Shiseido, dem

sich schon Firmengründer Arinobu Fukuhara verpflichtet fühlte. Er

formu lierte es nur weniger salopp: Es gelte, das Beste aus beiden Welten

miteinander zu verbinden.

Eine Erkenntnis, an der eine Sodamaschine nicht ganz unschuldig

ist. Genau ein solches Teil brachte Shinzõ Fukuhara, Sohn des Firmengründers,

nämlich 1902 von seinem Studium in den Vereinigten Staaten

mit nach Tokio. Dazu passend hatte er jede Menge Gläser, Löffel, Strohhalme

und diverse Sirup-Sorten im Gepäck. Die verspiegelte Apparatur

mit rotem Mamorsockel und goldenen Zapfhähnen – eine Replika

ist im Firmen-Museum in Kakegawa-shi, knappe zwei Stunden Zugfahrt

von Tokio entfernt, zu bewundern – landete nach amerikanischem

Drugstore- Vorbild in der väterlichen Apotheke an der Ginza.

Das Prunkstück wurde, wie auch ihr Standort, quasi über Nacht zum

Publikumsmagneten. Zumal den Kunden der Kauf einer Flasche

»Eudermine« mit einem gratis gemixten Icecream-Soda versüßt

wurde. Die Gesichtslotion, nach Zahnpasta und Vitamin- Tabletten die

erste kosmetische Eigenkreation des ehemaligen Marine- Apothekers

Arinobu Fukuhara, kam 1897 heraus und ist heute noch im Programm.

Überreicht wurde sie übrigens schon damals von Verkäuferinnen, die

westliche Kleidung statt Kimono trugen. Mit der Eissoda- Methode

»Liebe geht durch den Magen« brachten Vater und Sohn ihre Marke

buchstäblich in aller Munde und bewiesen zugleich, wie sehr sie über

den Tellerrand guckten.

Auf die kulinarische Facette verzichtet Shiseido übrigens bis heute

nicht. Leider kann man sie nur in Japan auskosten. Dass die Firma

auch davon allerhand versteht, dafür sprechen allein die kunstwerkgleichen

fünftausend Zum-Essen-viel-zu-schade-Erdbeertörtchen, die

jeden Monat im hauseigenen Café verzehrt und verkauft werden. Es

ist Teil des »Parlour«, eines schnörkellosen roten Gebäudequaders an

18 FINE 3 | 2017 DAS MAGAZIN FÜR GENUSS UND LEBENSSTIL DAS MAGAZIN FÜR GENUSS UND LEBENSSTIL FINE 3 | 2017 19


Dolce & Gabbana hat die beiden größten Stars der TV-Serie Game of

Thrones als Testimonials für ihre neue Parfümlinie THE ONE gewonnen.

Aber lassen sich mit Emilia Clarke und Kit Harington ausgerechnet zwei

Briten als Prototypen italienischer Lebensfreude inszenieren? Und ob!

Von HANNAH CONRADT

DOLCE

VITA

STATT KAMPF UND INTRIGEN

Fotos: Dolce & Gabbana

Einen Kurzurlaub in Italien – den haben sich Emilia Clarke und Kit Harington mehr als verdient. Seit sieben

Staffeln kämpfen sich die beiden britischen Schauspieler nun schon durch die Welt von Game of Thrones,

jenem Serienepos um Intrigen, Machtkämpfe und Moral in den sieben Königreichen des fiktiven Kontinents

Westeros, das Kritiker gar als Shakespeare-Drama unserer Zeit bezeichnen.

In ihrem Serienalltag haben es die beiden einunddreißigjährigen

Schauspieler mit unzähligen Enthauptungen, Meuchelmorden, Vergewaltigungen

und jeder Menge Blut, Schlamm und Dreck zu tun – da

kommt ein Werbedreh für Dolce & Gabbana auf einem neapoli tanischen

Straßenfest gerade recht. Die Sonne scheint, die Pastaschüsseln dampfen,

eine fröhliche Kapelle spielt auf, Kinder wuseln umher, lustige

Senioren wagen ein Tänzchen, Straßenhändler präsentieren ihre Ware,

ein Gaukler jongliert mit reifen Tomaten. Und durch diese Szenerie

tanzen, kosten und parlieren sich Emilia Clarke und Kit Harington wie

die geborenen Prototypen italienischer Lebensart.

Das italienische Modeimperium Dolce & Gabbana hat die beiden Serienstars

zu den Gesichtern ihres Parfums »The One« gemacht, das es in

einer Damen- und einer Herrenvariante gibt. Ein echter Coup: Die

beiden gehören zu den bekanntesten und bestbezahlten Gesichtern

der Serienwelt, einem Genre, das inzwischen von fast größerer Bedeutung

ist als die Erzeugnisse des Hollywoodkinos. Game of Thrones gilt

aktuell als erfolgreichste Serie der Welt und wurde hundertfach ausgezeichnet.

Die erste Episode der aktuellen siebten Staffel haben schon

zwei Tage nach dem Staffelstart weltweit mehr als fünfzig Millionen

Menschen gesehen, in neunzig Länder wurde die Serie bislang verkauft,

und auch bei den illegalen Downloads knackt sie alle Rekorde. Gerüchten

zufolge verdienen Kit Harington und Emilia Clarke jeweils zwei

Millionen Britische Pfund – pro Episode. Und sie können sich zusätzlich

glücklich schätzen, von Staffel eins an dabei zu sein: Die Serienmacher

sind bekannt dafür, beliebte Charaktere besonders hinterrücks

und unerwartet zu ermorden.

Tatsächlich ist es eine schöne Koinzidenz, dass der Duft, für den Harington

und Clarke werben, »The One« heißt und damit vor allem die Einzigartigkeit

seines Trägers und seiner Trägerin feiert, ihnen das Gefühl

geben soll, der oder die Eine, der oder die Einzige zu sein. Denn auch

THE ONE gibt’s gleich zweimal: als Herren- und

als Damenduft. Wieviel Lebenslust die Essenzen

verströmen, zeigen Emilia Clarke alias Daenerys

Targaryen und Kit Harington alias Jon Snow auf

einem neapolitanischen Straßenfest.

22 FINE 3 | 2017 DAS MAGAZIN FÜR GENUSS UND LEBENSSTIL DAS MAGAZIN FÜR GENUSS UND LEBENSSTIL FINE 3 | 2017 23


DESTINATION

DER TRÄUME

BEAMEN GEHT NOCH NICHT. ABER PER NACHTFLUG MIT THAI VON FRANKFURT

DIREKT NACH PHUKET DAUERT SIE AUCH NUR 11 STUNDEN: DIE REISE INS LI-LA-

LUXUSLAND DES AMANPURI IN THAILAND

PROLOG: Sukabumi ist eine Stadt auf Java in Indonesien. Ihr Name ist Sanskrit und

bedeutet »glückliche Erde«. Adrian Zecha ist dort geboren. Zufall oder nicht, wie ein

Wünschelruten gänger spürte der Geschäftsmann weltweit Orte auf, die ihre Besucher als

ein Stückchen »glücklicher Erde« empfinden. Nicht nur, weil ihre Lage und Umgebung

außer gewöhnlich sind, sondern vor allem, weil ihnen der inzwischen vierundachtzigjährige

Zecha dort Ferien domizile der etwas anderen Art errichtete: die Amans, Luxusresorts,

die ihresgleichen suchen.

Von ANGELIKA RICARD-WOLF

Fotos: Aman.com

FILM AB! 1. SZENE, Ankunft im Amanpuri: Per Shuttle

geht es vom Airport in dreißig Minuten zur privaten Halbinsel,

auf der das Resort liegt. Kurvenreich windet sich der

Weg durch die ehemalige Kokosnussplantage zur Rezeption.

Sie liegt luft- und lichtdurchflutet im Arrival­ Pavillon unter

den hier typischen Spitzdächern im Ayutthaya­ Stil. Kaum

aus gestiegen, wird das obligate Blüten kränzchen überreicht,

Puang Malai genannt. Es ist aus Champaka­ Blüten,

die zauber haft duften. Was die Wirkung des Postkarten­

Ausblickes untermalt: ein knapp dreißig Meter langer Pool,

den haushohen Palmen umstehen, dahinter das Meer – bis

zum Horizont. Und dann kommt Paul Linder. Im gestreiften

Hemd und Mokassins in Purple, einer Farbe zwischen

Blau und Rot Richtung Lila. Ungewöhnlich für einen Hoteldirektor.

Der Schweizer kennt den irritierten Blick ob seiner

colorierten Outfits. »Ich trage immer die Glücksfarbe, die

es in Thailand laut hinduistischer Mythologie für jeden

Wochentag gibt«, erklärt er lächelnd. Sorry, der Gedanke,

seine der Tradition huldigende Kluft für eine modische

Marotte zu halten, verbietet sich an einem stilistisch so

durchdeklinierten Ort wie diesem von selbst.

Kommendes Jahr wird das Amanpuri dreißig Jahre

alt. Adrian Zecha entdeckte das Terrain Ende der 1980er

Jahre, weil sein Flugzeug Verspätung hatte. In der Wartezeit

suchte er nach einem Standort für sein Ferienhaus.

Daraus wurden dann, Platz gab es genug, ein paar mehr

für Freunde und schließlich das Aman-Konzept, nämlich

die kongeniale Ver quickung von Privatsphäre, grandioser

Landschaft, perfektem Service und neuesten Gastro-, Wellness-

und Fitness trends.

Ihren Anfang verdanken die Resorts dem Zufall. Dem

wird heute rein gar nichts mehr überlassen. Design, Interior,

selbst die Kleidung der Angestellten – alles ist einem strengen

Minimalismus unterworfen und subtil auf einander abgestimmt.

Eine Akribie, die der Detailversessenheit des Gründers

zu verdanken ist. Zecha soll, so hält sich hart näckig

das Gerücht, in manchen Amans bis zu 350 000 Dollar in

die Einrichtung eines Zimmers investiert haben.

2. SZENE, im Zimmer: Im Golfcar über die Anlage, in

die sich mimetisch, von Bougainvilleas umrankt, vierzig

Pavillons und fünfundvierzig große Villen samt diversen

Neben gebäuden schmiegen. Die Villen sind in Privatbesitz,

werden aber – sind die betuchten Eigentümer aus der internationalen

Mode-, Show- und Finanzwelt nicht da – bis auf

wenige Aus nahmen vermietet. So wie – Glück muss man

haben – dieses einladende Häuschen (mit Spitzdach!) hoch

über dem Meer. Die Betreuung durch die fest Angestellten

dieser Latifundie gehört dazu. Sie halten die dunklen

Hölzer der schlichten Einrichtung in Schuss, wienern die

Buddha-Statue, gießen üppig blühende Orchideen, füllen

die Keksdose mit frischem Gebäck und fragen schon drei

Minuten nach der Ankunft, was sie am nächsten Morgen

für das Frühstück im Freien vor der Pavillontür vor bereiten

sollen. Etwa fluffige Pancakes mit exotischen Früchten oder

lieber Egg Benedict? Oder beides? Alles wird dem Gast hier

abgenommen, außer den Entscheidungen!

Das Amanpuri ist Wiege und Flagship der inzwischen

einunddreißig Amans in zwanzig Ländern. Keines gleicht den

anderen, jedes ist ein Unikat und doch ist ihre gemeinsame

DNA unverkennbar. Paul Linder fasst sie mit zwei Worten

zusammen: »Simple luxury«. Der wirkt so unaufgeregt wie

ein maßgeschneidertes Kaschmirsakko. Auch ohne Goldknöpfe

erkennt man dessen Wertigkeit anhand des Materials

und der Finesse, mit der es gearbeitet ist. Man fühlt sie.

3. SZENE, im Spa: Es geht schon wieder los mit der

Entscheidungsfindung. Zwischen vier Smoothies, einer

gesünder als der andere. Nach Anwendung eines inneren

Fifty­ Fifty­ Jokers bleiben der »No-Stress«-Drink mit

Bananen und Mango sowie der Antioxidantien-Cocktail

mit Ingwer und Karotten. Im Hinblick auf weitere bevorstehende

Gaumen freuden (Qual der Wahl zwischen vier

Restaurants: Thai, italienisch, mexikanisch und japanisch!)

ist der Griff zur kalorienärmeren Variante sinnvoll. Einmal

im Detox-Modus schlägt Dr. Alison Stone, die das Spa als

erfahrene Wellness-Beraterin und Heilpraktikerin leitet,

die »Spicy Ginger Detox«-Einheit vor. Neunzig Minuten

angenehmes Kribbeln dank Scrubs und Bodywraps

mit ätherischen Ölen. Zwecks Regeneration der Haut, zur

Revitalisierung und Muskelentspannung. Gebongt. Sonst

hätte es vermutlich noch Stunden gedauert, die richtige

unter den dreiundzwanzig verschiedenen Anwendungen

des Spa-Menus zu wählen.

Ganzheitlichkeit – darauf ist das Wellness- und Fitness­

Programm der Resorts abgestimmt. Je nach Destination

werden lokale Einflüsse in eine spezielle Reihe so genannter

Signature-Treatments eingebaut. Im Amanpuri gehören

dazu beispielsweise klassische Thai-Massagen, aber

auch Bodyscrubs mit Meersalz aus der dem Resort vorgelagerten

Andamanen-See, wie dieser Teil des Indischen

Ozeans heißt. Über die kann man – zur Erholung vom

Erholungs programm – übrigens mit einer von neun Yachten

cruisen. Zum Beispiel einmal um den James-Bond­ Felsen

und zurück.

4. SZENE, am Strand: Ob hoch oder runter, die siebzig (!)

Stufen zum Strand sind eine Showtreppe – mit spektakulärer

Perspektive am jeweiligen Ende. Oben der bekannte

Pool mit Palmen, unten der sichelförmige Pansea Strand

mit seinem weißen Sand. Dienstbare Geister bringen sofort

Wasser und frische Handtücher an die Liegen und spannen

Schirme auf. Ein Vergnügen, im warmen, azurblauen Meer

bis zu einem Holzponton weiter draußen zu schwimmen

(auf dem es Wasser und Handtücher gibt) und dort dümpelnd

zu dösen. Oder die bunten Fische zu füttern, die

mitgebrachte Brotkrumen aus der Hand schnappen. Wer

ruhige res Gewässer bevorzugt, krault durch den Pool hinter

dem Beach Club. Dort serviert Meisterkoch Keiji Matoba,

unverfälschte, frische japanische Küche wie Sushi oder

Kobe Gyu in erlesenem Keramikgeschirr. »Nama« heißt

das Kulinarik-Konzept, das nach seiner Premiere hier auch

in anderen Amans zelebriert wird.

Als Flagship-Resort ist das Amanpuri traditionell Vorreiter

und Versuchslabor für neue Trends. Das gilt nicht

nur für den Food-Bereich, für den gerade das neue italienische

Soul-Food-Programm »Arva« ausprobiert und für

gut befunden wurde, sondern auch für innovative sportliche

Aktivitäten. Und klar, kein Resort ohne Personal­

Trainer, der Schreibtischtäter zu neuer Form auflaufen lässt.

5. SZENE, im Gym: Eine Yoga-Stunde ist in dieser Umgebung

ja wohl Ehrensache. Draußen, mit Blick aufs Meer.

Die Frage ist nur, warum die Mücken trotz Spray nur die

Gäste, nicht aber den Trainer ansteuern. Sie brauchen wohl

Sündhaft schönes Paradies: In der Exotik des thailändischen

Ferien-Resorts Amanpuri vergisst der Gast die Sorgen der Welt.

frisches Blut. Alternativ bietet sich eine Pilates-Stunde mit

James Jackson an. Der Brite, ehemaliger Ballett-Tänzer, ist

ein hervorragender Coach. Ruhig, genau in der Ansage.

Tags drauf geht es mit Kopfschutz in den Clinch zum Muay

Thai Boxing. Da sind Beine, Fäuste und Ellbogen im Einsatz.

Als wenn man auf Phuket bei mehr als dreißig Grad

im Schatten nicht schon genug schwitzen würde!

Seit 2015 sind die Amans im Besitz des russischen

Geschäftsmannes Vladislav Doronin. Der fitness begeisterte

Mann aus St. Petersburg hat ein Händchen für Investi tionen,

aber auch ein Faible für Ästhetik, Finesse – und Superlative.

Als langjähriger Amanfan übernahm und pflegt er

die Ideen Zechas. Und er toppt sie. Mit einer »urbanen«

City­ Variante. Nach einem Skyscraper in Tokyo mit Blick auf

den Kaiserpalast wird er 2020 auch das berühmte Crown­

Building an New Yorks 5th Avenue mit einem mehr stöckigen

Aman krönen.

6. SZENE, vor dem Privatbungalow: Es ist Mitternacht

und sternenklar. Ein laues Lüftchen vom Indischen Ozean

hat die Hitze des Tages vertrieben und streicht wie Seide

durch die Palmenwipfel. Von fern sind die Wellen zu hören,

die im gleichmäßig sanften Rhythmus an den Pansea Strand

schwappen. Sonst ist es still, selbst die Grillen haben ihr allabend

liches Konzert eingestellt. Weit und breit kein Nachbar.

Nur betörend duftender Jasmin lugt über das Mäuerchen

der Terrasse rund um den Pavillon. Davor erstreckt

sich ein großer, schwarz gekachelter Pool. In seinem Wasser

spiegelt sich dick und prall der Mond.

Wenn das keine Einladung ist! Also mit Schwung hinein

in die herrlich warmen Fluten. Und dann ruhig Bahnen

ziehen. Eine nach der anderen, total entspannt und vor

allem selig lächelnd. Wann kann man schon mal durch den

Mond schwimmen?

EPILOG: Im Amanpuri, schwärmt ein Gast auf Tripadvisor,

sei es »wie im Paradies«. Angenommen, das wäre wahr,

verbietet sich ab sofort jede Sünde von selbst.

26 FINE 3 | 2017 DAS MAGAZIN FÜR GENUSS UND LEBENSSTIL DAS MAGAZIN FÜR GENUSS UND LEBENSSTIL FINE 3 | 2017 27


VON ERFAHRENEN WEIHNACHTSMÄNNERN EMPFOHLEN

EINE LISTE SCHÖNER DINGE – ALLEN ANS HERZ GELEGT, DIE NOCH IMMER NACH FESTLICHEN GESCHENKEN SUCHEN

Ruinart Jaume Plensa Box

Bei Ruinart hat Kunst Tradition. Schon Dom Thierry Ruinart

war großer Kunstkenner – um die Antike zu verstehen, erlernte

er das griechische Alphabet und studierte die Sprache.

In diesem Geiste schuf der Künstler Jaume Plensa die Blanc

de Blancs Box: ein Mosaik aus Buchstaben und Zahlen.

Dom Pérignon Limited Edition

Pünktlich zum Fest erstrahlt der Dom Pérignon Vintage

2009 in ganz besonderem Licht – dank des japanischen

Designers Tokujin Yoshioka. Seine Kreation aus dunklem

Glas mit funkelndem ikonischen Shield transportiert optisch

die ganze Sinnlichkeit des Sonnenchampagners.

La Grande Dame Limited Edition

So erlesen der Inhalt, so verführerisch die Verpackung: Für

die Prestige Cuvée von Veuve Clicquot hat die britische

Designerin Charlotte Olympia eine Geschenk-Box im

Leoparden- Design entwickelt, die nicht nur Frauen herzen

höher schlagen lässt.

Bucherer Fine Jewellery

Die Peekaboo-Kollektion der New Yorker Designerin Yunjo

Lee betört mit puristischem Design, das Kraft und Zartheit,

Modernität und Zeitlosigkeit vereint – wie die taffe Frau

von heute. Ob Collier, Ring oder Armreif: Die Schmuckstücke

bringen jeden Gabentisch zum Strahlen.

Alaïa Paris

So überraschend wie seine modischen Kreationen, so ungewöhnlich

ist auch die Duftkomposition des Designers Azzedine

Alaia: Florale, warme Noten schmiegen sich um kühle Duftakkorde

und erzeugen schönste Irritation. Beste Chancen, um

damit auf dem Fest der Sinne eine Hauptrolle zu ergattern.

Daisy Marc Jacobs

Wunderschöne Blumen zum Fest? Die dazu noch betörend

duften? Der Flakon der Daisy Marc Jacobs Anniversary Edition

besticht mit funkelnden Kristallen umrahmt von großen

Blüten blättern in Retro-Stil. Im Innern der beliebte Original-

Daisy-Duft nach Beeren, Veilchen, Jasmin und Sandelholz.

Caviar House & Prunier

Wer noch keinen Kaviar-Favoriten hat, für den gibt es nun

eine wirksame Entscheidungshilfe: das Prunier Tasting Set.

Es enthält drei Vakuumdosen zu 20 Gramm der Prunier

Kaviarsorten »Tradition«, »St. James« und »Malossol« sowie

zum sofortigen Vollzug drei silberfarbene Kunststofflöffel.

Silkes Premium Highlights

Eine Auswahl der Besten: Das aus sechs Flaschen bestehende

Premiumpaket versammelt die Favoriten der Weinhändlerin

– vom klassischen Brunello über den modernen

Rioja und einen terroirgeprägten Priorat bis hin zum Grauen

Burgunder, dem Parade-Veltliner von Pfaffl und einen Verdejo.

Goliath Vall Llach 2009

Diesen großen Wein in der gigantischen 18-Liter- Flasche trinkt

man nicht allein, sondern am besten mit einer Freundes schar

am Weihnachtsabend. Vielschichtig strukturiert und in dunklem

Purpur kommt er daher, dem Gaumen schmeichelt er mit

Noten von dunklen Beeren, Rosine, Kaffee und Schokolade.

Olymp Signature

Diese Hemden tragen die Handschrift der Perfektion;

feinste Materialien und aufwendige Verarbeitung bewirken

höchsten Tragekomfort. Edle Handkappnähte und

echte Perlmutt-Knöpfe sollten ihnen daher einen Platz

unterm Baum sichern.

Narciso Rodriguez

Neues für feine Nasen: Die goldene »Oriental Musc Edition«

erhält zu Weihnachten ein neues Glanzstück – das »Santal

Musc«. Dieser Duft ist eine provokative Mischung aus weichen

Hölzern und leuchtenden Blüten. Frauen, die diskreten, aber

betörenden Luxus schätzen, erfreut man damit sicher.

Weber Grill

Weihnachtspause für Grillfans? Nein, denn alle Gäste werden

staunen, wenn Gans und Glühwein vom Grill kommen.

Dank hochwertiger Materialien sind Weber-Grills das ganze

Jahr einsatzfähig. Und ein Tête-à-Tête vor knisternder Glut ist

gemütlich, zünftig und mit richtigen Zutaten auch köstlich.

Craftwerk Dark Season Sweet Stout

Wenn die Tage kürzer werden, soll man die schönen Momente

verlängern: zum Beispiel mit Craftwerk Dark Season Sweet

Stout, einem ganz besonderen Bier. Diese Winter Edition vereint

malzige Süße, feine Espressonuancen und eine milde

Hopfennote – perfekt für gemütliche Abende am Kamin.

Grappa Antica Cuvée

Ist der Entenbraten verspeist, rundet ein guter Tropfen

das Festmahl erst richtig ab. Hier empfiehlt sich der feine

Grappa von Nonino. Gemischt unter anderem aus Cabernet,

Merlot und Schioppettino und gereift bis zu zwanzig Jahre

in Barriques ist dieser Grappa ein wahres Menufinale.

Kavalan Whisky aus Taiwan

In Taiwan wird Weihnachten offiziell nicht gefeiert, dennoch

hat Whisky aus dieser Region durchaus einen Platz auf hiesigen

Gabentischen verdient. Der Kavalan Solist Ex- Bourbon

schmeckt lieblich und weich, nach Vanille und rauchigem

Holz und mundet auch zu Desserts wie Crème brûlée.

Frenzels Weinschule

Für Weinliebhaber und alle, die es werden wollen: Dieser

Band bietet umfassendes Grundwissen – von der Welt der

Sensorik bis hin zu den wichtigsten Rebsorten. Ein ideales

Präsent zum Fest: Ein großer Wein, sich daran zu erproben,

sollte gewiss nicht fehlen.

Marc Haeberlin

Drei Sterne krönen die »Auberge de l’ill«, ein Meisterkoch zelebriert

dort seine Vision der modernen elsässischen Küche: Marc

Haeberlin. Der Band enthält fünfunddreißig seiner Rezepte

nebst großformatigen Fotografien. Ein visueller wie kulinarischer

Genuss – und eine Freude für jeden Fein schmecker.

BEEF-Schuber

Fünf Meisterstücke für Männer auf einen Streich: Der exklusive

Schuber bündelt die ersten fünf der beliebten Beef!-

Bände »Steaks«, »Wurst«, »Craft Beer«, »Nose to tail« und

»Grillen«. Manchmal muss Mann sich auch was gönnen –

insbesondere an Weihnachten!

28 FINE 3 | 2017 DAS MAGAZIN FÜR GENUSS UND LEBENSSTIL DAS MAGAZIN FÜR GENUSS UND LEBENSSTIL FINE 3 | 2017 29


ZONIN

DAS UNBEKANNTE

IMPERIUM

Konzentriert und tief zieht

Francesco Zonin den Duft

des Valpolicella Ripasso ein,

einer der vielen schönen und

unkomplizierten Weine, die das

Familienunternehmen unter

seinem Namen vermarktet.

Die großen Terroirweine des

Hauses freilich firmieren ausschließlich

unter den Namen

ihrer Ursprungsgüter.

DIE VIELFÄLTIGEN WEINE DER

ITALIENISCHEN ERZEUGERFAMILIE

VEREINEN MASSE UND KLASSE

Von KRISTINE BÄDER

Fotos ARNE LANDWEHR

Die ersten Blätter an den Reben haben sich gelb verfärbt, und während sich die

Sonne blass durch den morgendlichen Hochnebel kämpft, verleiht sie den Weinbergen

der Tenuta Ca’ Bolani diese einzigartige intensive Farbenpracht, die nur

der Herbst hervorzubringen vermag. Zwischen geschotterten Wegen, akkurat

rechtwinklig angelegt und von 999 Zypressen gesäumt, wachsen vor allem

weiße Trauben: Pinot Grigio, Sauvignon blanc und natürlich die Glera-Rebe, aus

der der berühmte Prosecco entsteht. Nicht ohne Grund gilt Ca’ Bolani als Top­

Produzent für den spritzigen Wein.

Glera in purezza – was auf Deutsch ganz schnöde mit »Hundert

Prozent Glera« übersetzt wird, hat auf Italienisch einen geradezu

poetischen Klang. Es könnte das Credo gewesen sein, unter

dem sich Gianni Zonin der Sorte widmete, als er 1967 die Leitung des

Familien unternehmens übernahm. Er war der erste, der an das große

Potenzial der Glera im friulanischen Aquileia glaubte. Ganze fünfundsiebzig

Prozent der Weißweinfläche in Ca’ Bolani sind heute mit ihr

bepflanzt. »Die Bedingungen hier sind ideal für aromatische Reb sorten«,

erklärt Alice Lonardi, Exportmanagerin bei Zonin. Die Zusammensetzung

der Böden ist heterogen, geprägt von viel Ton und mit Sand

und Kalk durchmischt. Dazu kommen die großen Unterschiede zwischen

Tag- und Nachttemperaturen während der Reifezeit, begünstigt

durch die Nähe zur Adriaküste, die den Weinen die aromatische Frische

verleihen. Aus der Glera-Rebe entsteht beispielsweise der Ca’ Bolani

Prosecco DOC Spumante Brut, ein herrlich frischer Schaumwein mit

nussigen Noten und einer ausgewogenen Balance am Gaumen.

Als Gianni Zonin zu Beginn der 1970er Jahre vom Firmensitz in

Venetien ins Friaul reiste, um dort die Möglichkeiten des Weinbaus

auszuloten, richtete er das Familienunternehmen neu aus. Schon sein

Onkel Domenico hatte sich nach dem Ersten Weltkrieg Schritt für

Schritt vom Verkauf der Trauben an die Genossenschaften gelöst und

versucht, den wirtschaftlichen Erfolg des Weinguts auf neue Füße zu

stellen. So gründete er 1921 das Familienweingut Zonin und begann,

seine eigenen Weine selbst zu verkaufen. »Unser Vertrieb ging damals

gerade mal soweit, wie ein Pferd laufen konnte«, amüsiert sich Francesco

Zonin im Rückblick. Gemeinsam mit seinen Brüdern Domenico und

Michele repräsentiert er die jüngste Generation der Famiglia Zonin. In

Wahrheit war es ein Fahrrad, mit dem Domenico Zonin seine Weine

auslieferte, den Verkaufsradius dürfte das aber nicht erheblich erweitert

haben. Nach dem Zweiten Weltkrieg weitete der Geschäftsmann

den Vertrieb weiter aus, und als er die Geschäfte 1967 an seinen Neffen

Gianni Zonin übergab, verfolgte auch der diesen Weg und begann

kurz darauf zu expandieren. »Es war nicht das Ziel, etablierte Weingüter

zu kaufen, sondern gute, die man im Laufe der Zeit nach vorne

entwickeln konnte«, sagt Francesco Zonin. Mit Ca’ Bolani im Friaul

startete diese Unternehmung. Die vorgefundenen Bedingungen schienen

Gianni Zonin nicht zu abzuschrecken. »Der Weinanbau in manchen

Gegenden der Region war nahezu archaisch, und auch die Weine,

die ich probierte, konnten mich nicht begeistern«, schreibt er in seinen

Erinnerungen zu den ersten Schritten im Friaul. Doch das Potenzial,

das er vor Ort sah, überzeugte ihn von der Nützlichkeit eines Engagements

außerhalb Venetiens. Heute ist Ca’ Bolani eines der Paradeweingüter

des Friaul.

Insgesamt neun verschiedene Weingüter in sieben der besten Weinregionen

Italiens vom Friaul im Norden bis in den Süden Siziliens

bilden heute das Imperium Zonin. Außerdem ein Weingut in den

Vereinigten Staaten – Barboursville Vineyards in Virginia – und seit

neuestem mit dem Projekt Dos Almas auch eines in Chile. »In Virginia

haben wir am Fuß der Ridge Mountains einen roten Lehmboden und

klimatische Verhältnisse, die sehr an Bordeaux erinnern. Die Pinots,

die dort wachsen, haben einen sehr europäischen Stil«, schwärmt

Francesco Zoni. Die Weine sind in Europa weitgehend unbekannt, die

Produktion ist für den Export viel zu klein.

Unter dem Dach der Familie Zonin arbeiten alle diese Weingüter

unabhängig und vermarkten ihre Weine unter dem eigenen Namen.

Der Vorteil liegt auf der Hand. Einerseits produzieren die Weingüter

individuelle Weine und haben ein eigenes Profil, andererseits haben

sie eine starke Vertriebsstruktur im Rücken, sind international ausgerichtet

und können sich zugleich um regionale Individualität und

autoch thone Rebsorten kümmern. »Es geht uns vor allem darum, das

Terroir und die Herkunft der Weine in das Zentrum zu rücken«, sagt

Francesco Zonin. Den Hinweis auf seine Familie sucht man auf den Etiketten

der Weingüter daher vergeblich. Das erklärt wohl auch, warum

man in Deutschland Zonin vor allem als Prosecco-Produzenten und

mit der klassischen Zonin-Linie aus dem Lebensmittel-Einzelhandel

kennt. »Unsere Spitzen produkte vertreiben wir in Deutschland über

ganz andere Schienen, vor allem über die gehobene Gastronomie und

den Fach handel«, macht Alice Lonardi das Prinzip klar. Immerhin ist

Deutschland der drittwichtigste Markt für das Unternehmen nach den

Vereinigten Staaten und Großbritannien. Für die Weine unter dem

Zonin-Label hingegen arbeitet man im Firmensitz im venetischen

Gambellara ähnlich wie ein Négociant. Überall in Italien werden die

entsprechenden Weine ein gekauft und vor Ort dann verschnitten. Allein

rund sechzehn Millionen Flaschen Prosecco unter dem Zonin-Label

werden so abgefüllt.

Wer glaubt, das geschehe nach der Parole »billig und anspruchslos«,

täuscht sich. »Glera ist eine wunderbar aromatische Sorte, die aber

30 FINE 3 | 2017 DAS MAGAZIN FÜR GENUSS UND LEBENSSTIL DAS MAGAZIN FÜR GENUSS UND LEBENSSTIL FINE 3 | 2017 31


Charaktervoll und strukturiert sind die

Weine, die das Haus Zonin in seinen

Wein gütern von Sizilien bis Friaul erzeugt:

vom saftig-spritzigen Prosecco und

fruchtig-eleganten Weißen aus dem

friaulischen Ca’ Bolani über den Chianti

Classico Castello d’Albola bis zu dem

fürstlichen Syrah des Feudo Principi di

Butera auf Sizilien.

ein großes Problem hat: einmal abgefüllt, reift sie einfach nicht gut«,

bringt Francesco Zonin die Schwachstelle der Prosecco­ Produktion

auf den Punkt. »Wir versuchen das zu umgehen, indem wir den Most

bei null Grad einkühlen und anschließend entsprechende Mengen nach

Bedarf vergären. So haben wir immer einen frischen Schaumwein.«

Die Energie kosten für diese Maßnahme sind enorm. »Wir versuchen,

das mit Hilfe von Solarpanels zu lösen.«

Schon der einfache Prosecco zeigt, dass die

Maßnahme sinnvoll ist: fruchtig und frisch mit

Aromen von Zitrus und Maracuja, saftig und

mit einer feinen Perlage macht er ziemlich direkt klar,

worum es geht: unkomplizierten Trink spaß. Knapp

vierzehn Gramm Restzucker machen ihn dabei auch

ein wenig gefällig, dem Spaßfaktor tut das aber ziemlich

gut. Auch der Prosecco DOC Cuvée 1821 kratzt

an der Dreizehn-Gramm-Grenze, ist aber auch als

Lifestyle­ Getränk vor allem für »fashion places«, also

Bars und Nachtclubs gedacht. Mit mehr Minerali tät

und einem vollmundigen Stil zeigt er, wohin es gehen

soll. »Achtzig Prozent der Prosecco auf dem Markt

sind extra dry«, so Francesco Zonin. Sie selbst arbeiten

vor allem im gehobenen Bereich zunehmend in

Richtung Brut mit einem Restzucker von maximal

zwölf Gramm: »Damit kann man Prosecco einfach

zu viel mehr Gelegenheiten genießen.« In einem

Land, in dem, wie Francesco Zonin sagt, »Prosecco

trinken wie Kaffee trinken ist«, kann dieser Ansatz

gewiss so falsch nicht sein.

Großen Anteil an der Ausrichtung des Unternehmens

hatte der Franzose Denis Dubourdieu.

Schon 1999 konnte Gianni Zonin den oenologischen Berater aus Bordeaux,

der unter anderem auch Weingüter wie Cheval blanc, Château

d’Yquem und Château Margaux betreute, gewinnen. Seine Expertise

stellte er zunächst nur den Weingütern in der Maremma und im Veneto

zur Verfügung, bald aber schon in allen anderen Regionen. Der heutige

Chef-Oenologe Stefano Ferrante stieß 2003 zum Team in der Maremma

und hat jahrelang mit dem französischen Wein berater zusammen gearbeitet.

Seit 2011 ist er für alle Weingüter der Zonin­ Familie zuständig und

arbeitet seitdem eng mit den Kellermeistern der Weingüter zusammen.

Denn auch wenn jedes Weingut individuelle Freiheiten genießt, gibt es

doch eine gemeinsame Guideline. Die sieht für die beiden Linien klar

getrennte Charakteristiken vor: Während die Marke Zonin für fruchtige,

unkomplizierte Weine stehen soll, ist das erklärte Ziel der Weingüter,

charakteristische, strukturierte und vor allem regional typische

Weine zu machen. Auf den Weingütern werden die Trauben entsprechend

der jeweiligen Bestimmung getrennt ausgebaut. Für die Weine

von Ca’ Bolani beispielsweise mit etwas längerer Reife auf der Hefe

oder, wenn es dem Wein gut tut, auch mit einem Ausbau im großen

Holzfass aus slowenischer Eiche. Die Grenze zu Slowenien ist schließlich

nur zwanzig Kilometer entfernt.

Statt Oenologie hat Francesco Zonin 1998 ein Wirtschaftsstudium in

Mailand abgeschlossen. »Die meisten meiner Freunde wollten anschließend

nach London, um dort Banker werden«, erinnert er sich. Dass

ihn der Weg zurück ins Familienunternehmen führen würde, war zu

Zielbewusst und gesprächsbereit führt Francesco Zonin das verzweigte

Familienunternehmen. Marco Rabino ist der Direktor des friaulischen

Parade-Weinguts Ca’ Bolani, mit dem das Haus Zonin einst die Linie

seiner mittlerweile neun Terroir-Weingüter eröffnete. Selbst den Chef

beeindruckt hier immer wieder die schier endlose Allee der 999 Zypressen.

dem Zeitpunkt nicht unbedingt absehbar. »Mein Vater hat mich nie

genötigt, mit einzusteigen, doch er sagte mir, bevor ich mich end gültig

entscheide, solle ich der Sache wenigstens eine Chance geben.« Die

Über legungen wuchsen schließlich zu einem Entschluss, den der Mittvierziger

nie bereut hat. »Es ist natürlich nicht immer einfach in einem

Familien unternehmen, es ist vor allem aber ein Privileg, hier zu arbeiten.«

Sein Weinwissen kommt aus der täglichen Arbeit und von vielen

Reisen rund um den Globus, bei denen er die familieneigenen Weine

repräsentiert. »Wein ist die perfekte Symbiose aus Mensch und Natur«,

philosophiert er. »Das beste Beispiel dafür, was der Mensch schaffen

kann, wenn er der Natur folgt. Überlässt man die Natur sich selbst,

macht sie aus Trauben Essig. Erst der Mensch macht daraus Wein.«

Während im Piemont, in Apulien und Sizilien nur jeweils ein

Weingut zum Zonin-Imperium gehört, gibt es in der Toskana

gleich drei davon. Die vierhundertzwanzig Hektar von Rocca

di Montemassi in der Maremma erstand die Familie 1999; seither hat

sie beträchtlich investiert. Die Gebäude wurden behutsam renoviert

und darüber hinaus hunderte einheimischer Bäume gepflanzt. Gut ein

Drittel der Fläche ist mit Reben bepflanzt, deren Zusammenstellung

die Erzeugung so genannter Super Tuscans möglich macht. Doch der

Rocca di Montemassi IGT, der Spitzenwein des Gutes, wird nur mit

wenig Cabernet Sauvignon assembliert, der Schwerpunkt liegt auf Petit

Verdot. Die intensive Frucht und die sehr konzentrierte Aromatik von

Nelke und Wacholder verleihen ihm eine kühle Würze. »Der Wein erinnert

an einen Bordeaux-Blend, aber nicht an Bordeaux«, beschreibt

Francesco Zonin die Charakteristik des Weins.

Rund hundert Kilometer nördlich im Chianti-Gebiet liegt das

Castello di Albola. Hier in Radda, einem der bekanntesten und attraktivsten

Orte im Chianti, sind die Bedingungen für Weinbau im Vergleich

zu den trockengelegten Sümpfen der Maremma komplett anders. Die

Weinberge liegen auf dreihundertfünfzig bis siebenhundert Metern

Höhe: »Hier ist jeder Jahrgang eine Herausforderung«, sagt Francesco

Zonin. Hauptsächlich wird Sangiovese kultiviert – »wir machen hier

vier verschiedene Sangiovese-Weine« –, daneben gibt es fünf Prozent

Chardonnay und einen kleinen Anteil Cabernet Sauvignon. »Die Weinberge

sind alle nach Süden und Südwesten ausgerichtet«, beschreibt er

die Bedingungen vor Ort. Der 2014er Castello di Albola Chianti Classico

bringt zugleich jugendliche Frische und ein weiches Mundgefühl mit,

dazu reife Tannine und eine volle Aromatik von Kirsche, Schokolade,

Teer und frischer Mineralität. »Wir wollen den Chianti sehr klassisch

haben«, so Francesco Zonin.

Spannend auch das Projekt der Zonins auf

Sizilien. Mit zweihundertfünfzig Hektar gehört

Principi di Butera zu den historischen Weingütern

der Insel, hat aber erst unter der Ägide der Zonins

zu seiner Vorreiterrolle gefunden. In knapp zehn

Kilo metern Entfernung zum Meer werden auf den

kalkhaltigen Böden der Insel die klassischen Sorten

Siziliens angebaut, allen voran Nero d’Avola und

Insolia. Das Potenzial der Weine zeigt der Deliella,

ein Wein aus hundert Prozent Nero d’Avola, der die

herbe Natur der Insel widerspiegelt und mit einer

reifen, roten Frucht, ätherischer Frische und einer

klaren Struktur überzeugt.

Rund tausendachthundert Hektar im Besitz der

Zonins verteilen sich inzwischen über ganz Italien.

Damit sind sie einer der größten italienischen

Weinproduzenten in Familienhand. Mit Weitsicht

hat diese Familie früh die Potenziale italienischer

Wein regionen erkannt und über Generationen ein

Wein unternehmen etabliert und entwickelt, dessen

Erfolge nicht allein in der schieren Größe, sondern in

einem klaren Qualitätskonzept begründet sind.

32 FINE 3 | 2017 DAS MAGAZIN FÜR GENUSS UND LEBENSSTIL DAS MAGAZIN FÜR GENUSS UND LEBENSSTIL FINE 3 | 2017 33


Für einen Tag hat sich das Gebäude am Güterbahnhof an Berlins Greifswalder Straße in das berühmte weiße

Lagerhaus von Ardbeg in Port Ellen auf Islay verwandelt. Und auch die Musik klingt so, wie es die Besucher

aus dem dortigen Kiln Café kennen. Ein wenig Schottland in die Welt bringen! So war das gedacht, als vor

fünf Jahren der »Ardbeg Day« ins Leben gerufen wurde. Tatsächlich feiern die Destillerien der schottischen

Hebrideninsel Islay seit vielen Jahren das Fèis Ìle, »The Islay Festival of Music and Malt«, bei dem jeder Tag

der Festwoche einer Brennerei gewidmet ist und Ardbeg traditionell den Abschluss bildet. Doch Hunderttausende

von Besucher überforderten die Gastgeber, und so fasste man auf Ardbeg den Entschluss: Wenn

wir es nicht mehr schaffen, die Welt nach Islay zu holen, dann muss eben Ardbeg in die Welt hinaus. Dass sich

an diesem Tag dann auch das Wetter den schottischen Verhältnissen anpasst, ist aber fast zu viel des Guten.

Dieses Jahr hat der Ardbeg Kelpie Premiere, benannt nach einem

Wassergeist aus der schottischen Sagenwelt. Das ist kein Zufall,

denn die direkt am Meer gelegene Ardbeg-Destillerie hat zum

feuchten Element ein inniges Verhältnis, das immer wieder in der Namensgebung

seiner Single-Malt-Whiskys seinen Ausdruck findet: So ist der

Uigeadail nach dem gleichnamigen See benannt worden, aus dem Ardbeg

einen Teil seines Wassers bezieht, und der Corryvreckan heißt nach dem

gleichnamigen Strudel in der Schottischen See. Nun also Kelpie – und der

Wassergeist und seine submarine Lebenswelt geben dann auch die Leitidee

des diesjährigen Ardbeg Days: Nachdem der große Veranstaltungssaal

seine Pforten öffnet, werden die Besucher sogleich in eine smaragdgrüne

Unterwasserwelt versetzt. Aus deren Untiefen gilt es nun, mithilfe

eines überlebensgroßen Hummers die Kisten voll mit neuem Ardbeg

zu bergen, die das Kelpie und fünf andere Ungeheuer auf den Grund

des Meeresbodens entführt hatten.

Das Ganze ist inszeniert wie ein Kindergeburtstag für Erwachsene

und hoch professionell moderiert: eine veritable Gameshow, bei der

jeder seinen Spaß hat, die Häppchen munden und der Whisky fließt.

Guter Lohn macht hurtige Hände, und so ist das Spieleziel bald erreicht.

Nach einem finalen Wrestling-Spektakel wird er endlich ausgeschenkt,

der Ardbeg Kelpie, und gleich nach dem ersten Dram schwirrt der

Raum von Diskussionen. Schließlich versteht sich hier jeder Besucher

als Ardbeg-Spezialist, und so wird der 46 Prozent starke Stoff – für

die Mit glieder des Freundeskreises wird es ihn auch in Fassstärke als

Committee Release mit 51,7 Prozent geben – auch eifrig verglichen,

nicht nur mit Klassikern wie dem Ardbeg Ten, sondern auch mit der

letztjährigen Sonderabfüllung »Dark Cove« oder dem schon legendären

»Alligator«. In der Nase jedenfalls ist da Gummi, Torf, geräucherter

Fisch, Tabakblätter und Heu sowie etwas unbestimmt Animalisches

– am Gaumen ist der gelbgoldene Whisky tief und ölig, mit

intensivem Rauch und einer milden Toffee-Süße

»Kelpie, pah. Der sollte eigentlich KGB heißen!« Dr. Bill Lumsden

ist ein Freund der klaren Worte. Der »Director of Distilling, Whisky

Creation & Whisky Stocks«, wie sein offizieller Titel lautet, ist verantwortlich

für die Produktpalette der beiden renommierten Brennereien

Glenmorangie und Ardbeg. Und Lumsden, der jüngst bei der International

Whisky Competition (IWC) zum zweiten Mal in Folge zum

Master Distiller des Jahres gekürt wurde, ist ein Star der Branche. Der

Kelpie ist sein jüngstes Baby, und dass er in Berlin den neuen Whisky

präsentiert, wo weltweit parallel an über hundert Orten der Ardbeg

Day gefeiert wird, zeigt, wie wichtig der deutsche Markt ist.

Aber was hat der Whisky mit dem KGB zu tun? Lumsden schmunzelt

und erzählt in breitestem Schottisch die Geschichte des

Kelpie. Warum er, für den Whisky der Job, aber Wein das Hobby

sei, sich schon früh für die Herkunft von Weinfässern interessiert habe.

Wie er vor etwa fünfzehn Jahren zum ersten Mal davon gehört habe,

dass immer mehr hochwertiges Eichenholz vom Schwarzen Meer in

Gebrauch käme und das immer teurere französische Holz ersetzen würde.

Wie er sich Gedanken über das aromatische Profil des Holzes gemacht

Kindergeburtstag

für Erwachsene:

Blonde Schilf nixen

und andere Wassergeister,

Geschicklich

keits spiele, und

zum Ardbeg Kelpie

Whisky am offenen

Feuer zünftig geröstete

Lachs seiten –

der Ardbeg Day in

Berlin war wieder ein

großer Spaß.

Am Ardbeg Day feiert die legendäre schottische Whisky-Destillerie seit 2012 mit Freunden und Fans

auf der ganzen Welt ein feucht-fröhliches Fest. Heiß ersehnter Höhepunkt in jedem Jahr: die Präsentation

der neuesten Ardbeg-Sonderabfüllung. Diesmal war eigens Brennmeister Dr. Bill Lumsden

nach Berlin gereist, um dem deutschen Publikum die jüngste Limited Edition vorzustellen. Seinen

ganz eigenen Charakter erhält der Ardbeg Kelpie anders, als der Name vermuten lässt, nicht aus den

Untiefen vor Schottlands Küsten, sondern aus den Wäldern Südrusslands.

Von STEFAN PEGATZKY

Fotos: MARC VOLK

34 FINE 3 | 2017 DAS MAGAZIN FÜR GENUSS UND LEBENSSTIL DAS MAGAZIN FÜR GENUSS UND LEBENSSTIL FINE 3 | 2017 35


Junge Spunde: Wie die Zeit vergeht! Vierzig Jahre liegen die Fotos zurück,

die Dieter Müller, mit der weißen Brigade ohne seinen Bruder Jörg, an

seinem Arbeitsplatz in den legen dären »Schweizer Stuben« zu Wertheim

zeigen, einer Wiege des deutschen Genuss-Wunders. Jetzt trafen sich

die vielbesternten Brüder noch einmal mit Kollegen am Herd – zu einem

Erinnerungs menü als Hommage an die alten Zeiten.

nun wieder, wie die Germanen, mit den Fingern.« Es waren, wie Hans

Scherer in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung schrieb, die Jahre der

völligen »Selbstabschaffung« der deutschen Küche.

Immerhin machten Arne Krüger und H. E. Rübesamen 1971 in

ihrem Führer »Wo ißt man gut in Deutschland« noch vierhundert

»Feinschmecker- Treffpunkte« hierzulande aus. Allerdings sah seinerzeit

das, was als »feine Küche« verstanden wurde, fast überall gleich aus: ein

Angebot von »internationaler Küche« auf der einen Seite – Filetspitzen

Singapore, Rumpsteak Café de Paris, Lachs Suwarow − und je nach

der Nähe zur Schweiz und zu Frankreich waren die Augen immer auf

die kuli narische Konkurrenz gerichtet. Jörg Müller besetzt schon als

Azubi wichtige Posten und lernt den Umgang mit frischen Produkten.

Der Ehrgeiz ist geweckt – doch weil der Weg nach Frankreich wegen

der jüngsten Vergangenheit noch versperrt ist, geht es zunächst nach

einigen Stationen in die Schweiz: ins Bellerive au Lac in Zürich und ins

Carlton in St. Moritz. Dort lernt Jörg Müller vor allem die französische

Haute Cuisine kennen. Sein jüngerer Bruder Dieter, den er 1973 als seine

rechte Hand nach Wertheim holt, wird ebenfalls in der Schweiz, beim

DER GENUSS DER FRÜHEN JAHRE

ALS SIE NACH DEN STERNEN GRIFFEN: DIE »SCHWEIZER STUBEN« UND DAS DEUTSCHE KÜCHENWUNDER Von STEFAN PEGATZKY

Fotos GUIDO BITTNER

Die 28. Riesling-Gala, Höhepunkt und Finale der Glorreichen Rheingau Tage,

erinnerte dieses Jahr an einen der Geburtsorte des deutschen Küchenwunders:

die »Schweizer Stuben« in Wertheim-Bettingen. Das 1971 gegründete Restaurant

setzte in mehrfacher Hinsicht Maßstäbe: als Pionier französischer Haute Cuisine

in Deutschland, als Wegbereiter des italienisch-mediterranen Einflusses auf unsere

Küche und nicht zuletzt als Wiege zahlreicher Spitzenköche. Sechs von ihnen

kochten jetzt in Kloster Eberbach noch einmal gemeinsam auf.

Der Tiefpunkt war im Jahr 1971 erreicht. Nicht genug, dass

Nazi-Ideologie, Weltkrieg und Nachkriegselend die kulinarische

Kultur in Deutschland ausgelöscht hatten und in heimischen

Haushalten das Essen mehr und mehr aus aufgewärmten Konservendosen

und Gefrierprodukten bestand. Das Kochen selbst war aus der Mode

gekommen. »Heute bleibt die Küche kalt, wir gehen in den Wienerwald«,

tönte es in der Reklame der 1955 gegründeten Restaurant- Kette,

die 1969 bereits über 337 Filialen in Deutschland verfügte. 1971 sollte

der erste McDonalds in München eröffnet und in Berlin der erste Döner

serviert werden. Die Deutschen, so der »Spiegel« fassungslos, »aßen

Fotos: Burkhard Schork, Privatbesitz

Herkunft »regionale Spezialitäten« auf der anderen Seite: Ostsee-Aal

in Dillgelee, rheinischer Sauerbraten, Schwarzwälder Schinkenbrett.

Mit all dem brach der junge Eckart Witzigmann radikal, als ihn der

Bauunternehmer Fritz Eichbauer zum Küchenchef des 1971 eröffneten

Münchner Restaurants »Tantris« machte. Nicht umsonst hat man dieses

Datum als den Beginn des deutschen Küchenwunders bezeichnet. Mit

seiner ganz eigenen Version der französischen Nouvelle Cuisine war

Witzigmann Leuchtturm und Kraftwerk einer kulinarischen Revolution,

die Deutschland verändern sollte. Doch neben dieser Münchner

Wurzel besitzt die Geschichte des deutschen Küchenwunders noch

einen zweiten Hauptstrang, einen, der sich zunächst ruhiger und in der

fränkischen Provinz entwickelte, sich aber schließlich als kaum weniger

wirkungsmächtig erweisen sollte: Auch diese Geschichte beginnt 1971.

Adalbert Schmitt war ein Mann des Wirtschaftswunders: Mit

zweiundzwanzig Jahren macht er sich selbstständig, mit fünfundzwanzig

ist er Millionär. Seine Firma Hartolit produziert

Kunststoffteile, er selbst ist für Design und Qualitätskontrolle zuständig.

Nebenher genießt er das Leben, gerne in der von ihm geliebten Schweiz;

1962, da ist er dreißig, zum ersten Mal auch in Ligurien. Die Reise, die

ihm Menschen und Küchen Norditaliens näherbringt, verändert sein

Leben. 1971 steigt er aus dem operativen Geschäft aus und eröffnet am

1. Mai in Wertheim-Bettingen das Restaurant »Schweizer Stuben«: mit

rein eidgenössischer Brigade und dreihundert helvetischen Rezepten auf

der Speisekarte. Für den örtlichen Tennisclub wird es bald so etwas wie

ein Vereinsheim. Das aber war es nicht, was Adalbert Schmitt vor Augen

hatte – schließlich prangt auf der Speisekarte aus Rehleder Wilhelm

Tell mit seiner Armbrust. Er entlässt den Küchenchef und bittet den

Schwager, in der Schweiz erneut auf Suche gehen. Der findet einen

jungen Deutschen: Jörg Müller.

Dass Jörg Müller die Sache anders angehen sollte, ist zunächst

gar nicht abzusehen. In der Schweiz gilt er nicht als Deutscher, sondern,

auch dank des gemeinsamen alemannischen Akzents, als »Basler

Bub«. Jörg Müller, Sohn eines Gastwirts aus Auggen im badischen

Dreiländereck, hatte früh eine Lehre zum Koch im »Hotel Post« im

nahen Mülheim absolviert. Das war keine Sterneküche, aber wegen

legendären Ernesto Schlegel im Berner Schweizerhof, seine »eigentliche

Geburt als Koch« erleben.

Tatsächlich ist die Schweiz für die Gastronomie dieser Jahre ein

ganz einzigartiger Platz. Wie kaum ein anderer Ort der Welt

war das Land von einem Netz von Grand Hotels durchzogen,

deren vornehme Restaurants alle auf demselben kulinarischen System

beruhten: der französischen Hochküche, wie sie Auguste Escoffier um

1900 in seinem »Guide Culinaire« kodifiziert hatte, und wie sie in den

Spitzenrestaurants rund um den Globus zelebriert wurde. Während

sich in Frankreich selbst, nicht zuletzt durch die Auswirkungen der

Besatzung, aber auch durch die kulinarischen Innovationen im Paris der

Nachkriegszeit und dann in den frühen Sechzigerjahren durch Köche

wie Bocuse, Haeberlin und die Gebrüder Troisgros in den französischen

Regionen, die Hochküche stark verändert hatte, wurde in der

Schweiz die Küche Escoffiers wie unter einer Käseglocke konserviert.

Deren viele, ewig wiederholte Standards mögen aus heutiger Sicht

langweilig erscheinen. Aber sie standen auch für die Verwendung

bester und absolut frischer Produkte und eine perfekte handwerkliche

Präzision – vom kulinarischen Nachkriegsdeutschland trennte die

Schweiz ein Quantensprung. Kein Wunder, dass alle frühen Drei-Sterne-

Köche in Deutschland nach der Ausbildung zunächst eine Station in

der Schweiz einlegten: neben Eckart Witzigmann auch Heinz Winkler

und Herbert Schönberner. Die Schweiz war, noch vor dem Mutterland

der Haute Cuisine, der eigentliche Transmissionsriemen des deutschen

Küchenwunders.

Jörg Müller streicht die Karte der »Schweizer Stuben« zusammen

und etabliert die französische Küche in Wertheim, unterstützt durch den

ständig vorwärtstreibenden Patron Adalbert Schmitt, der die Brüder auf

»Bildungsreisen« in die Restaurants der Nouvelle Cuisine schickt und

in Straßburg einkaufen lässt. Jörg Müller gibt die Richtung vor und ist

vor allem der Mann für die Vorspeisen und die Kalte Küche. Sein Bruder

Dieter übernimmt den Posten des Sauciers und des Poissonniers,

also der Fischküche. Beide ergänzen sich ideal: Während der Ältere

den großen Bogen und den vollen, harmonischen Akkord entwickelt,

widmet sich der Jüngere der sensiblen Verfeinerung.

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ZEIT FÜR CHAMPAGNER !

Von KRISTINE BÄDER Fotos GUIDO BITTNER

Manchmal muss es eben Champagner sein. An Weihnachten zum Beispiel. Und an Silvester. Es spricht natürlich nichts dagegen, auch

vor Weihnachten, nach Silvester und dazwischen von dem edlen Getränk zu sich zu nehmen. Für alle, die Champagner lieber zu einem

besonderen Anlass trinken, stehen nun aber lauter herrliche Gelegenheiten vor der Tür. Für die man unbedingt gerüstet sein sollte. Deshalb

gibt es hier einige nützliche Hinweise für die Festtage. Niemand sollte dabei zu kurz kommen – deshalb empfehlen wir die besten

aller Schaumweine selbstverständlich aus der Magnumflasche.

Charles Heidsieck Brut Réserve

Man darf ihn schon mit den bekannten Namen in einem Atemzug

nennen. Denn Charles Heidsieck ist, mit Recht, viel prämiert.

Extravagant und geradlinig zugleich wollte Charles Heidsieck

seine Champagner – diesen Anspruch verwirklicht das Haus

bis heute.

Die Cuvée aus Chardonnay, Pinot Noir und Pinot Meunier

ist vor allem komplex, auch etwas reif, mit feinen Röstaromen,

frischer Zitrusfrucht, Noten exotischer Früchte

und einem Hauch von Nougat und Vanille. Das Ganze vollmundig

verpackt, mit einem seidigen Mundgefühl.

Lanson Black Label Brut

Lanson ist eines der ältesten Champagnerhäuser überhaupt.

Die Trauben für die Schaumweine wachsen überwiegend in

den Spitzen-Lagen der Champagne: in Grand-Cru-Lagen der

Montagne de Reims und an der Côte des Blancs. Und noch

eine Besonderheit prägt die Champagner von Lanson: Sie

gehören zu den wenigen, deren Weine auf die malo laktische

Gärung verzichten.

Der Black Label Brut basiert vorwiegend auf Pinot Noir.

Nach drei Jahren Reife im Keller duftet er nach reifen

Zitrusfrüchten, hellen Blüten und Honig und überzeugt

am Gaumen mit Kraft, Fülle und einer frischen Säure. Vor

allem für Liebhaber frischer Schaumweine die perfekte Wahl.

Laurent-Perrier La Cuvée Brut

Piper Heidsieck Cuvée Brut

Auch Piper Heidsieck ist ein Haus mit langer Tradition. Bis

heute ist die Gründer-Familie ins Unternehmen involviert,

dessen Champagner weltweit hohes Renommee genießen.

Louis Roederer Brut Premier

Das Haus Louis Roederer gehört zu den Ausnahmen in der

Champagne. Von Beginn an war den Gründern daran gelegen,

jeden einzelnen Schritt der Herstellung in eigenen Händen

zu haben. Das gilt bis heute. Traubenzukauf ist deshalb bei

Roederer verpönt – stattdessen investiert man kontinuierlich

in neue Rebflächen.

Der Brut Premier reift drei Jahre im Keller. Die klare Struktur

wird unterstrichen von Frische und Eleganz. Der Duft

von Äpfeln, Grapefruit und frischem Brioche ist wunderbar

appetitlich und wird am Gaumen mit einer lebendigen

Säure und kraftvoller Struktur ergänzt.

Billecart-Salmon Brut Réserve

Aus zwei mach eins: Mit der Hochzeit von Elisabeth Salmon

und Nicolas-François Billecart im Jahr 1818 begann die

Geschichte des Champagnerhauses Billecart-Salmon. Und auch

heute, nach sieben Generationen, ist es noch in Familienbesitz.

Der klassische Brut Réserve wird ausschließlich aus Premierund

Grand-Cru-Lagen zusammengestellt und mit einem

kleinen Anteil an Reserve-Weinen ergänzt. Das Degorgieren

findet sozusagen »à point« kurz vor der Auslieferung statt.

Mit frischen Fruchtnoten von Zitrus und Grapefruit, einer

knackigen Säure und feiner Perlage verkörpert er perfekt

den klaren Stil des Hauses.

Die Witwe Mathilde Emilie Perrier gab dem Haus nicht nur

seinen heutigen Namen, sondern begann auch mit der Ausweitung

der Geschäfte. Doch schon ihre Tochter verkaufte das

Unternehmen im Jahr 1915; seither befindet sich Laurent-

Perrier im Besitz der Familie Nonancourt.

Gut fünfzehn Jahre dauerte es, bis man im Haus Laurent­

Perrier bereit war, mit La Cuvée Brut einen neuen Champagner

auf den Markt zu bringen. Er wird aus mehr als hundert

verschiedenen Lagenweinen komponiert. Sein hoher Anteil

an Chardonnay stattet ihn mit viel Frucht und dem Duft

weißer Blüten aus. Komplex und zugleich perfekt ausbalanciert.

Rund fünfzig ausgewählte Crus bilden die Grundlage für

die Piper Heidsieck Cuvée Brut. Vor allem Pinot Noir prägt

den fruchtigen Geschmack von Äpfeln und Birnen. Feinperlig,

spritzig und mit angenehmer Säure – ein Champagner,

den man als Aperitif genießen kann, aber auch zu

Fisch oder Geflügel.

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KAVIAR

DER MIT DEM PLOPP

KANN ZURÜCK

ZUR NATUR EIN SCHRITT

NACH VORNE SEIN?

Ja, kann es. Denn nur, wenn wir im Einklang mit der Natur

handeln, können wir auch in Zukunft noch gut von unseren

Ressourcen leben. Die neue METRO freut sich, zum dritten

Mal in Folge Branchenbester im Dow Jones Sustainability

Index World und Europe geworden zu sein. Eine Auszeichnung,

die dazu anspornt, unser Engagement für nachhaltiges

Wirtschaften auch in Zukunft zu stärken.

Von URSULA HEINZELMANN

Foto GUIDO BITTNER

Am Ende eines langen, weinreichen Abends. Eine ganze Batterie geleerter Flaschen aus der

Schatzkammer- Kategorie hatte sich schon unserer zunehmend vergnügten, gläserschwingenden

Runde hinzugesellt, und wir waren längst beim Portwein angelangt. Genau in diesem

Moment der kulinarisch-önologisch induzierten Entspannung kam der Schock: Wein

sei gut und schön, sagte unser Freund aus Moskau, aber das beste Getränk für einen langen

Abend sei letztendlich doch ein halber Liter Wodka. Betretene Stille. Die Flaschen schienen

plötzlich empört, und mir war, als hörte ich die Colheita-Bouteille etwas von Kaviar

und russischen Sitten murmeln. Als Gastgeberin lag mir auf der Zunge: Meine Leber ist

zu schwach für einen halben Liter Wodka.

Doch Kaviar, mit dem spiele ich sehr gern auf dem

Teller. Denn Textur und Mundgefühl sind ebenso

wichtig für den Geschmack wie einzelne Aromen

oder die Temperatur. Wir wollen Spaß haben beim Essen,

und was könnte wohl vergnüglicher sein als das leise Ploppen

glatter, runder Fischeier?

Thomas Keller, einer der Spitzendenker an amerikanischen

Profiherden, hat vor gut zwanzig Jahren das geniale

Rezept Oysters and Pearls entwickelt: pochierte Austern in

einem Sabayon mit Tapiokaperlen und einer Nocke Kaviar.

Bei einem Besuch vor vielen Jahren in der French Laundry,

seinem Restau rant im Napa Valley, gab es dazu schlanken,

salzigsäure betonten Chablis, der die Runde von Rieslingbesessenen

am Tisch fast verärgerte, mir aber heute wahrscheinlich

als Kombi nation bestens gefiele.

Der Stör ist ein seltsamer Fisch, ein Relikt aus Urzeiten,

seine mehr als fünfundzwanzig Unterarten sind schwierig zu

klassifizieren. Wie so viele andere hat er es nicht geschafft,

sich übereifrigen Fischern zu entziehen; seit langem ist er,

46 FINE 3 | 2017 DAS MAGAZIN FÜR GENUSS UND LEBENSSTIL

der weit über hundert Jahre alt werden kann, vom Aussterben

bedroht. Und warum? Weil wir es so gern ploppen

lassen, die konzen trierte Form von salziger Fisch- Eiweiß-

Üppigkeit so schick und verführerisch finden. Was sie ja

auch ist! Weshalb wir es begrüßen, dass immer mehr Kaviarproduzenten,

von Branden burg über China und Italien bis

Nova Scotia in Kanada, die urtümlichen Fische in Zuchtfarmen

halten, um im richtigen Moment die Eier zu ernten.

Und zu salzen. Denn erst das sorgt für den richtigen Plopp,

weil es die Protein hülle um das cremige Innere festigt. Dabei

fällt natürlich auch das angenehm feste Fleisch der Fische

an – und das gehört gegessen, geschätzte Herren und Damen

Kaviar genießer! Wer Kaviar sagt, muss auch Stör sagen.

Wer Kaviar sagt, meint allerdings nicht zwangsläufig

Störkaviar – andere Fische haben auch schöne Eier, die

sich großartig mit Wein vertragen. Denn dass Sie, liebe

Leser, Ihren abend lichen Bedarf an Flüssigkeit und Alkohol

nicht, oder zumindest nicht ausschließlich, mit Wodka

decken, sei als gesicherte Tatsache angenommen. Als einfachsten

Einstieg gibt es Tarama salata, einen griechischtürkischen

Klassiker aus Karpfen- oder Meeräschenrogen,

der wie eine Brandade mit Olivenöl und Weißbrot aufgeschlagen

wird. Das Ergebnis muss keinesfalls rosa und

billig sein, und der Wein-Geheimtipp dazu lautet Retsina;

und zwar einen richtig guten – der existiert tatsächlich.

Dann: Lachs- oder Ketakaviar, großkörnig, orange leuchtend,

auf einem Kräuter salat (den Kerbel nicht vergessen!)

mit Kaiser schoten, dazu eine gut gereifte trockne Riesling-

Spätlese von der Haardt. Lachstatar mit einem Kaviar kern

ins Nori- Algenblatt gerollt bevorzugt frischere Säure und

verträgt sich über Meere und Kontinente hinweg mit australischem

Riesling der mineralisch- trocknen Art. Maränenkaviar

aus Schweden und Felchen kaviar vom Bodensee

sind hingegen viel kleinkörniger, sehr erschwinglich und

in großen Löffeln auf Kartoffelröstis mit Schmand Riesling-

Smaragd- tauglich. Oder eben: Champa gner, Plopp zu Plopp.

Zurück zum Wodka. Wer die große Dose (aus der

der beste Kaviar tatsächlich am besten schmeckt)

auf den Tisch stellen möchte, und dazu die eiskalte

Flasche – warum nicht. Wer allerdings genügend Champagner

bereithält, wird sich mit großer Wahrscheinlichkeit

bei seinen Tischgenossen noch beliebter machen. Und

hoffentlich den besseren Kaviar servieren: Fischeier enthalten

genauso wie Hühnereier alles, was der Nachwuchs

in seinem ersten Werden braucht, und daher mehr Fett

als der Fisch selbst – Superfood vom Feinsten! Der richtige

Ernte-Moment ist wichtig: zu früh, und die Eier sind

klein, hart und nicht sehr aromatisch, zu spät, also laichfertig,

und sie sind weich, platzen ohne merkliches Plopp

und schmecken unangenehm fischig. Was sich nur mit eiskaltem

Wodka überspielen lässt.

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