Gazette Zehlendorf Nr. 1/2018
Gazette für Zehlendorf, Nikolassee, Schlachtensee, Dahlem und Wannsee - Januar 2018
Gazette für Zehlendorf, Nikolassee, Schlachtensee, Dahlem und Wannsee - Januar 2018
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16 | | <strong>Gazette</strong> <strong>Zehlendorf</strong> | 2017 | Januar <strong>2018</strong><br />
Entwicklung Lichterfelde Süd<br />
Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) diskutiert<br />
Die ehemals militärisch und gewerblich genutzten Flächen in Lichterfelde Süd<br />
sollen in den nächsten Jahren zu einem neuen Stadtquartier entwickelt werden.<br />
Nach ersten Überlegungen in den 1990er-Jahren und ersten Entwürfen ab<br />
2012 wurde 2015 ein Bebauungsplanverfahren vom Bezirksamt eingeleitet.<br />
Die Bezirksverordnetenversammlung befasst sich seitdem intensiv mit diesem<br />
umfangreichen Planverfahren. Nachstehend legen die Fraktionen in der BVV<br />
Steglitz-<strong>Zehlendorf</strong> ihre unterschiedlichen Vorstellungen zur Entwicklung in<br />
Lichterfelde Süd dar.<br />
CDU-Fraktion<br />
Wir wollen ein lichterfeldetypisches<br />
Wohngebiet, das keinesfalls die Fortsetzung<br />
der Thermometer-Siedlung<br />
bildet. Dem „sozialen Brennpunkt“<br />
muss ein Viertel mit einer guten Bevölkerungsstruktur<br />
- dazu gehören<br />
preiswerte Wohnungen ebenso wie<br />
Reihenhäuser für junge Familien - entgegengesetzt<br />
werden. Die vorgefundene<br />
Landschaft muss miteinbezogen<br />
werden und allen Einwohnern zur<br />
Erholung zur Verfügung stehen. Die<br />
zusätzlichen Verkehrsströme müssen<br />
bewältigt werden, wir gehen nicht<br />
von einer Autoarmut des Gebietes,<br />
wie andere Fraktionen aus, sondern<br />
legen eine für den Stadtrand realistische<br />
Betrachtung des Autoverkehrs<br />
zu Grunde. Besonders werden wir<br />
darauf achten, dass keine seelenlose<br />
Finanzinvestoren-Architektur etabliert<br />
wird, sondern optisch ansprechende<br />
Gebäude entstehen. Die hohe Wohnqualität<br />
unseres Bezirkes soll auch in<br />
diesem Stadtteil erlebbar sein. Eine<br />
Durchgrünung des Viertels, das eine<br />
Brücke zwischen Stadtgrenze und<br />
Thermometer-Siedlung bilden muss,<br />
ist für uns sehr wichtig. Das Ergebnis<br />
der Planung darf kein Fremdkörper in<br />
Lichterfelde sein, sondern muss sich<br />
harmonisch einfügen.<br />
Torsten Hippe<br />
Berlin SPD-Fraktion<br />
Im Oktober 2012 kaufte die Groth<br />
Gruppe „Parks-Range“ für durchschn.<br />
ca. 10,00 Euro/qm, der heute<br />
mind. 300,00 Euro/qm als Bauland<br />
kostet. Von 96 ha sollen eine mit 57<br />
ha zusammenhängende, naturnahe<br />
Parklandschaft und 39 ha für 5 Wohnquartiere,<br />
Gemeinbedarfsflächen und<br />
Mischnutzungen für ca. 2.500-2.800<br />
Wohnungen, davon ca. 450 Reihenhäuser<br />
nebst Infrastruktur eines neuen<br />
Stadtteils gebaut werden. Für 57 ha<br />
der zu ca. ¼ bewirtschafteten „Weidelandschaft“,<br />
beabsichtigen die GRÜ-<br />
NEN ein nur bei Tageslicht zugängliches<br />
„Freiluftmuseum“ zum Schutz<br />
von Flora und Fauna. Menschen sollen<br />
das umzäunte Projekt nur durch 4 - 5<br />
kontrollierte Zugänge betreten dürfen.<br />
Die eigentlich „störenden“ Menschen<br />
sollen von „Rangern“ betreut<br />
werden. Der BVV-Beschluss, der eine<br />
ungehinderte Durchwegung für die<br />
Bürger verlangt, wird vom Umweltamt<br />
(GRÜNEN Stadträtin M. Schellenberg)<br />
ignoriert. Das Gelände hätte längst<br />
nach §§ 35 ff NatSchG-Bln als Wald<br />
für die Öffentlichkeit geöffnet werden<br />
müssen. Ob dies eine Taktik ist, um den<br />
B-Plan ohne Klage passieren zu lassen,<br />
ist offen. Das Projekt gründet auf einer<br />
Ideologie, wonach Natur schützenswert<br />
und Menschen naturzerstörerisch<br />
sind. Daher sollen die Menschen von<br />
den potentiellen Frei- und Erholungsflächen<br />
ausgesperrt werden. – Nicht<br />
mit uns! Es kommt auf einen integrierenden<br />
und nicht ausgrenzenden<br />
Ansatz an.<br />
Volker Semler<br />
B‘90/Grünen-Fraktion<br />
Berlin braucht Platz: Platz für seine<br />
Menschen. Auch in Steglitz-<strong>Zehlendorf</strong><br />
leben immer mehr Menschen. Sie<br />
brauchen Wohnraum, der bezahlbar<br />
ist - etwa über Genossenschaften, die<br />
günstige Mieten langfristig sichern<br />
können! Menschen brauchen Natur.<br />
Unser Bezirk bietet viel Natur, die wir<br />
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erhalten müssen. Dafür stehen wir<br />
Grünen: für einen Bezirk, in dem wir<br />
gut miteinander leben können – und<br />
mit der Natur! Dafür wollen wir auch<br />
in Lichterfelde Süd sorgen, wo eines<br />
der größten Neubau-Quartiere Berlins<br />
entsteht. Und wo in den vergangenen<br />
Jahrzehnten viele seltene Tier- und<br />
Pflanzenarten einen Lebensraum<br />
gefunden haben. Unser neues Stadtquartier<br />
braucht einen guten Schulstandort,<br />
der auch außerhalb der Unterrichtszeiten<br />
zur Nutzung einlädt; es<br />
braucht eine gute Verkehrsanbindung,<br />
Einkaufsmöglichkeiten, Begegnungsorte,<br />
Naherholungsgebiete – und den<br />
Erhalt der seltenen Natur- und Weidelandschaft,<br />
die weit über unsere<br />
Stadt hinaus für ihre Einzigartigkeit<br />
bekannt ist. Wir Grünen kämpfen für<br />
eine Stadterweiterung, die sozial- und<br />
umweltverträglich ist - damit unser<br />
Bezirk lebenswert bleibt: Heimat für<br />
alle mit Grün und mit Charme!<br />
Doris Manzke-Stoltenberg<br />
Alternative<br />
für<br />
Deutschland<br />
AfD-Fraktion<br />
„Mit Eigenheimen lässt sich kein<br />
Geld verdienen“, raunte ein SPD-Immobilienlobbyist<br />
in der Pause einer<br />
Ausschusssitzung. Klar: Keine Hausverwaltung,<br />
keine Mitglieder für den<br />
Mieterverein, keine Kunden für die<br />
Sozialindustrie und kein SPD-Wählerpotenzial.<br />
Das Neubauviertel vom<br />
SPD-Großspender, der Groth-Gruppe,<br />
sah eine gute Durchmischung vor: „ein<br />
moderner Wohnungsmix aus Doppelund<br />
Reihenhäusern sowie Geschosswohnungsbau“.<br />
Doch auf Druck der<br />
SPD wird die Zahl der Eigenheime<br />
immer geringer. Die SPD bemüht sich<br />
intensiv davon abzulenken und fordert<br />
Seniorenspielplätze, Parkbänke und<br />
Beleuchtungen für Lichterfelde Süd.<br />
Wohlwissend, dass diese nicht finanziert<br />
werden können. Der Bezirk kann<br />
nicht einmal seinen Bestand pflegen.<br />
Die Bürger wissen sehr wohl, was um<br />
sie herum geschieht: Die grenzenlose<br />
Aufnahme von überwiegenden<br />
Wirtschaftsflüchtlingen und der Abschiebestopp<br />
des Senats führen u.a.<br />
zum Kampf auf dem Wohnungsmarkt<br />
und dem Kampf auf dem Arbeitsmarkt<br />
durch Billigkonkurrenz. Zahlreiche<br />
Bürger wehren sich und organisieren<br />
sich. Doch aufgepasst: die Sozialdemokraten<br />
setzten sich hier gerne an die<br />
Spitze und lullen die Leute ein.<br />
Peer Döhnert<br />
FDP-Fraktion<br />
Die Arbeiten am Bebauungsplan für<br />
das Gelände Parks Range gehen in<br />
eine entscheidende Phase. Die Vorentscheidungen<br />
für ein von allen<br />
akzeptiertes neues Wohnquartier in<br />
Lichterfelde Süd müssen jetzt getroffen<br />
werden. Die FDP sieht noch<br />
Handlungsbedarf. Das letzte Wort<br />
zum Schulstandort ist für uns noch<br />
nicht gesprochen. Derzeit soll das<br />
Schulgelände unmittelbar neben der<br />
S-Bahn Trasse liegen, ein Unterricht<br />
bei geöffneten Fenstern ist da kaum<br />
möglich. Auch zur Unterbringung<br />
eines Nahversorgers haben wir noch<br />
Gesprächsbedarf. Die FDP hält es für<br />
erforderlich, den Anteil der Einfamilien-<br />
und Reihenhäuser zu erhöhen. Wir<br />
setzen uns für einen ausgewogenen<br />
Mix aus bezahlbaren Mietwohnungen<br />
und anderen Wohnformen ein. Einen<br />
entsprechenden Antrag haben wir in<br />
die BVV eingebracht. Größtes Problem<br />
bleibt weiterhin die Verkehrserschließung.<br />
Die Zählgemeinschaft hat den<br />
Wunsch nach einem weiteren Verkehrsgutachten<br />
blockiert. Sie meint<br />
wohl, mit der Optimierung von ein<br />
paar Ampelschaltungen sei das alles<br />
zu lösen, so auch ein Gutachten, dessen<br />
Ausgangszahlen schon überholt<br />
sind. Auch die vorgeschlagene Anbindung<br />
mit Bussen bedarf der Verbesserung.<br />
In den weiteren Beratungen<br />
wird die FDP die geschilderten Punkte<br />
weiter verfolgen.<br />
Rolf Breidenbach<br />
Linksfraktion<br />
Die Weidelandschaft in Lichterfelde<br />
Süd hat enormen naturschutzfachlichen<br />
Wert! Der Sachverständigenbeirat<br />
für Naturschutz und Landschaftspflege<br />
hat mehrfach darauf hingewiesen<br />
und schon 2010 empfohlen, „… Weidelandschaft<br />
und die Waldflächen als<br />
Landschaftsschutzgebiet zu sichern…“<br />
In einem vom Bezirk bestellten Gutachten<br />
wurde 2012 klargemacht, dass<br />
im Sinne von Natur- und Artenschutz<br />
nur 16 ha bebaut werden dürfen und<br />
weitere 11 ha bedingt.<br />
Diese Fachkompetenz wird von<br />
Schwarz-Grün ignoriert. Laut „Masterplan“<br />
des Bezirksamtes soll die<br />
Groth-Gruppe <strong>2018</strong> mit dem Bau von<br />
über 2500 Wohnungen beginnen.<br />
Unter Federführung der Zählgemeinschaft<br />
wurde Groth ermächtigt, sich<br />
über alle Gutachten hinwegzusetzen.<br />
Die Konsequenz wird ein gravierender<br />
Umweltfrevel sein. Der „Masterplan“<br />
sieht auch vor, neben der Bahntrasse<br />
eine neue Schule zu errichten, obwohl<br />
gerade dieser Standort wegen des<br />
Lärms völlig ungeeignet ist. Die stets<br />
wiederholte Forderung nach guter<br />
Bildung wird hier dem Profitinteresse<br />
des Investors untergeordnet. Das<br />
Grundgesetz scheint für Groth, CDU<br />
und Grüne nicht zu gelten. Dort heißt<br />
es: Eigentum verpflichtet.<br />
Eberhard Speckmann<br />
Weitere Informationen zur BVV und<br />
den Sitzungsterminen finden Sie<br />
unter www.berlin.de/ba-steglitzzehlendorf/<br />
politik-und-verwaltung/<br />
bezirksverordnetenversammlung/