unternehmen Juli 2017
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Das Wirtschaftsmagazin im Südwesten Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong> | 3,00 €<br />
4 197821 303000 5 8<br />
Festivals?<br />
Aber sicher!<br />
Ihr Werdegang mutet wie eine Tellerwäscher-<br />
Geschichte an. Besim und Barny Sancakli aus Ulm<br />
sind mit ihrer Sicherheitsfirma bundesweit gefragt.<br />
Handwerk Maßschuhe für Aladdin und Mary Poppins aus Ravensburg SEITE 06<br />
IT-Sicherheit Wie Firmen sich vor WannaCry & Co. schützen können SEITE 20<br />
Umfrage Die schönsten Urlaubsplätze von Führungskräften SEITE 40
Nähe<br />
ist einfach.<br />
Weil man die Sparkasse<br />
immer und überall erreicht.<br />
Von zu Hause, mobil und<br />
in der Filiale.<br />
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Ulm<br />
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Göppingen
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong><br />
[inhalt]<br />
LIEBE LESERIN, LIEBER LESER,<br />
Alexander Bögelein,<br />
Redaktionsleiter<br />
<strong>unternehmen</strong> [!]<br />
„Deutschland steht wirtschaftlich unter Drogen“,<br />
sagt FDP-Chef Christian Lindner und<br />
spielt damit auf den den Exportboom, den<br />
niedrigen Eurokurs, die Nullzinspolitik und<br />
die gesunkenenen Rohstoffpreise an. Angesichts<br />
der fast berauschenden Wirtschaftsentwicklung<br />
führen einem die Cyber-Angriffe<br />
durch Trojaner wie „WannaCry“ und „Petya“<br />
vor Augen, wie verletzlich die Digitalisierung<br />
Unternehmen macht und warum sie gut daran<br />
tun, in Prävention zu investieren (S. 20).<br />
Experten für Sicherheit sind Besim und Barny<br />
Sancakli. Im Titelinterview (S.10) erzählen<br />
sie von ihrem Aufstieg zu einem der Top-<br />
Zehn-Unternehmen ihrer Branche in<br />
Deutschland. Passend zur Jahreszeit stellen<br />
wir die Macher der Eisdielen-Kette Miraval<br />
(S. 30) und den Faltboothersteller Out-Trade<br />
(S.44) vor. Auch unsere Umfrage eignet sich<br />
zur Ablenkung an heißen Tagen.<br />
Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre.<br />
Ihr Alexander Bögelein<br />
[machen]<br />
6 Mit Aladdin hoch hinaus Märchenhafte<br />
Schuhe von Alexander Harr<br />
28 Mit sozialer Rendite Die Landes-<br />
Bau-Genossenschaft macht Wohnraum<br />
erschwinglich<br />
30 Eiskalte Expansion Das erfolgreiche<br />
Franchise-Konzept von Miraval<br />
44 Ulmer Faltboote für Europa Warum<br />
Out-Trade Marktführer in Europa ist<br />
[titelthema]<br />
10 Von Türstehern zu Firmenchefs<br />
Barny und Besim Sancakli im Gespräch<br />
[verantworten]<br />
20 Das Dauerrisiko der Trojaner Warum<br />
IT-Sicherheit nicht verhandelbar ist<br />
[gründen]<br />
24 Hotelchef mit sonnigen Aussichten<br />
So gelingt der Start in die<br />
Selbstständigkeit<br />
[spezial]<br />
32 Klimaschutz zum eigenen Vorteil<br />
Wie die Landesregierung Unternehmen<br />
zum Energiesparen motiviert<br />
[führen]<br />
37 Attraktiv sein für Talente BeCeo<br />
hilft bei der Suche nach Fachkräften<br />
[leben]<br />
46 Mit vollen Segeln übers Meer<br />
Umfrage unter Führungskräften zu ihren<br />
Urlaubszielen<br />
[namen & nachrichten]<br />
4 Aufstieg in die Liga der<br />
Biotech-Größen<br />
4 Stellenabbau in Ulmer<br />
Tradionsfirmen<br />
5 Franzosen übernehmen schwer<br />
angeschlagene Omira<br />
27 Einweihung im August<br />
43 Genbänkle für alte Sorten<br />
46 MTU-Motor für Groß-Katamaran<br />
46 Impressum<br />
24 28<br />
20 44<br />
06<br />
3
[namen & nachrichten] Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
Aufstieg in die Liga der Biotech-Größen<br />
Genesis heißt das Projekt der neuen<br />
Biotech-Anlage der Teva<br />
Deutschland GmbH in Ulm. Der<br />
Name ist Programm. Denn mit<br />
der neuen Anlage, die ein Investitionsvolumen<br />
von 500 Millionen<br />
Euro aufweist, steigt der Standort<br />
in die Liga der biotechnologischen<br />
Großproduzenten auf, sagt<br />
Hermann Allgaier, Geschäftsführer<br />
der Teva Biotech GmbH. Die<br />
Planungsphase für das Großprojekt<br />
läuft bereits seit einem Jahr.<br />
50 Mitarbeiter treiben das Projekt<br />
voran. Ende Juni startete nun die<br />
Bauphase. Im Jahr 2020 soll die<br />
Anlage in Betrieb gehen.<br />
In den vergangenen sechs Jahren<br />
sind bereits vier biotechnologisch<br />
hergestellte Medikamente<br />
in Ulm zur Marktreife gebracht<br />
worden. Dabei handelt es sich<br />
laut Allgaier um hochwirksame<br />
Medikamente, die im Bereich von<br />
Millionstel Gramm dosiert werden.<br />
In der neuen High-Tech-<br />
Anlage werden monoklonale Antikörper<br />
hergestellt. Diese gelten<br />
unter den Biopharmazeutika und<br />
im gesamten Arzneimittelmarkt<br />
als der größte Wachstumsmarkt.<br />
Ihre Dosierung erfolgt in Tausendstel<br />
Gramm. Daher sind die<br />
Bioreaktoren nicht wie bisher<br />
100 bis 500 Liter groß, sondern<br />
weisen ein wesentlich höheres<br />
Bioreaktorvolumen auf.<br />
Bei der biotechnologischen Produktion<br />
werden mit Hilfe von<br />
Zellkulturen Proteine, beispielsweise<br />
auch monoklonale Antikörper,<br />
gewonnen. „Diese kann<br />
man so programmieren, dass sie<br />
auf bestimmte Ziele einwirken“,<br />
erläutert Allgaier. Krebszellen<br />
wachsen schneller und benötigen<br />
eine höhere Blutzufuhr. Ein<br />
monoklonaler Antikörper lasse<br />
sich so adressieren, dass er die<br />
Krebszelle identifiziert, dort andockt<br />
und die Blutzufuhr verringert,<br />
ein Beispiel von vielen zur<br />
Therapie mit Antikörpern.<br />
Teva Deutschland beschäftigt<br />
2900 Mitarbeiter in Ulm, Blaubeuren<br />
und Berlin. [!] AMB<br />
Die Zellen des Chinesischen Hamsters, aus denen Biotech-Präparate entstehen,<br />
sind in flüssigem Stickstoff bei minus 196 Grad Celsius tiefgefroren.<br />
Stellenabbau in Ulmer Tradionsfirmen<br />
Die Konjunktur an sich läuft<br />
blendend, doch in einigen Ulmer<br />
Unternehmen kommt es zu Einschnitten.<br />
Beim Hersteller von<br />
Feuerwehrfahrzeugen Magirus<br />
soll der Abbau von bis zu 100 Arbeitsplätzen,<br />
davon bis zu 70<br />
noch in diesem Jahr, sozialverträglich<br />
erfolgen. Betriebsrat und<br />
die Konzernmutter CNH, die<br />
2013 aus Fiat Industrial und CNH<br />
Global entstanden ist, wollen<br />
dies mit Altersmodellen erreichen,<br />
bei denen Mitarbeiter abschlagsfrei<br />
in Rente gehen können.<br />
Von den 1650<br />
Magirus-Beschäftigen arbeiten<br />
1030 im Donautal.<br />
Bei den Wieland Werken soll unter<br />
dem neuen Vorstandschef Erwin<br />
Mayr eine zweistellige Zahl<br />
an Stellen in der Verwaltung und<br />
in verwaltungsnahen Tätigkeiten<br />
wegfallen. Kündigungen seien<br />
aber kein Thema. Der Abbau<br />
solle über die natürliche Fluktuation<br />
erfolgen. Die Wieland-Werke<br />
zählen zu den größten industriellen<br />
Arbeitgebern in der<br />
Region Ulm: mit 3800 Arbeitsplätzen,<br />
davon 2500 im Gieß- und<br />
Walzwerk in Vöhringen sowie<br />
Blick in die Fertigung: Auch Magirus in Ulm will Stellen abbauen.<br />
1300 am Firmensitz Donautal.<br />
Schwerer trifft es den Ulmer<br />
Standort des Schwertransportherstellers<br />
Kamag, der zur Firmengruppe<br />
des Heilbronner Unternehmens<br />
Otto Rettenmaier<br />
gehört. Bei Kamag soll jede vierte<br />
Stelle gestrichen werden. Derzeit<br />
sind in Ulm 250 Mitarbeiter beschäftigt,<br />
am Hauptstandort Pfedelbach<br />
sind es 500. Auch hier<br />
will die Unternehmensleitung<br />
versuchen, Mitarbeiter vor zeitig<br />
in Ruhestand zu schicken. Hintergrund<br />
ist nach den Angaben des<br />
Unternehmens die Schwierigkeiten<br />
in der Öl- und Stahlindustrie<br />
sowie die Werften-Krise. Aus diesen<br />
Branchen kommen sehr viele<br />
Kamag-Kunden. [!]<br />
KÖ<br />
4
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong><br />
[namen & nachrichten]<br />
Franzosen übernehmen schwer angeschlagene Omira<br />
Der Name Omira stand einmal<br />
für wirtschaftliche Stärke. Doch<br />
die guten Zeiten der Oberland<br />
Milchverwertungs Gmbh (Ravensburg),<br />
die einmal zu den<br />
zehn größten deutschen Molkereien<br />
gehörte, sind lange vorbei.<br />
Ende Juni haben die Gesellschafter<br />
der Übernahme durch den<br />
französischen Konzern Lactalis<br />
mit 97,8 Prozent zugestimmt.<br />
Der Weltmarktführer für Milchprodukte<br />
erzielte 2016 einen Umsatz<br />
von 17,3 Milliarden Euro<br />
und verfügt über rund 240 Produktionsstätten<br />
in 44 Ländern.<br />
Lacatalis garantiert den Bauern<br />
für mindestens 10 Jahre einen<br />
Milchpreis, der dem Milchpreisindex<br />
AMI-Bayern entspricht, die<br />
Weiterentwicklung und Investition<br />
in die Standorte Ravensburg<br />
und Neuburg sowie die Rückzahlung<br />
der Geschäftsguthaben an<br />
die Milcherzeuger. Die Omira<br />
erwartet die Zustimmung des<br />
Kartellamts im August. Danach<br />
werde der Geschäftsbetrieb mit<br />
den Beschäftigungsverhältnissen,<br />
auf die Omira Industrie<br />
GmbH übertragen. Im nächsten<br />
Schritt übernimmt Lactalis die<br />
Omira Industrie GmbH.<br />
In den vergangenen Jahren haben<br />
fast die Hälfte der einstmals<br />
5000 Milchlieferanten ihre Verträge<br />
gekündigt, auch weil sie<br />
mit dem Milchpreis unzufrieden<br />
waren. Der Omira-Umsatz sackte<br />
ab. Zuletzt erwirtschafteten 650<br />
Mitarbeiter einen Jahresumsatz<br />
von 420 Millionen Euro. [!] AMB<br />
Weniger Omira-Bauern, weniger Milch im Tank, weniger Umsatz.<br />
600 offene Stellen in der<br />
Ulmer Metallindustrie<br />
Die Metall- und Elektroindustrie<br />
in der Region Ulm ist optimistisch<br />
fürs laufende Jahr, die gute<br />
Lage setze sich fort. Im vergangenen<br />
Jahr erwirtschafteten 76 Unternehmen<br />
mit rund 54.800 Mitarbeitern<br />
einen Umsatz von 13,2<br />
Milliarden<br />
Euro. Das waren<br />
3,7 Prozent<br />
mehr als<br />
im Vorjahr.<br />
Der Export<br />
wie die Inlandsnachfrage<br />
wuchsen<br />
Mario Trunzer:<br />
Die Branche entwickelt<br />
sich gut. ßen. „Das ist<br />
gleicherma-<br />
insgesamt eine<br />
schöne Entwicklung, die sich<br />
auch in diesem Jahr fortsetzt“,<br />
sagte Mario Trunzer, Geschäftsführer<br />
der Liebherr Werk Ehingen<br />
GmbH und Vorsitzender der<br />
Südwestmetall Bezirksgruppe<br />
Ulm . „Aber nicht alle Unternehmen<br />
profitierten davon“, betont<br />
Trunzer. Demnach wuchs mit 36<br />
Prozent die Zahl der Unternehmen,<br />
die 2016 zum Teil starke<br />
Umsatzeinbußen hinnehmen<br />
mussten. Im laufenden Jahr erwarten<br />
76 Prozent der Betriebe<br />
ein Umsatzwachstum, nur 9 Prozent<br />
einen Rückgang. Dieser falle<br />
aber zum Teil erheblich aus.<br />
Der Auftragsbestand sei im Vergleich<br />
zum Vorjahresmonat April<br />
gestiegen und bestätige die positive<br />
Lage, sagte Götz Maier, Geschäftsführer<br />
von Südwestmetall<br />
Ulm. Auch für die nächsten sechs<br />
Monate erwarteten die Firmen<br />
mehr Aufträge. Nur 11 Prozent<br />
befürchten einen Auftragsrückgang.<br />
Die Hälfte der Firmen wolle<br />
Personal einstellen. Allerdings,<br />
so Maier, seien aktuell mehr als<br />
600 Stellen nicht besetzt, obwohl<br />
im vergangenen Jahr fast 500<br />
Zeitarbeitnehmer übernommen<br />
worden seien. [!]<br />
PAU<br />
Ravensburger will stärker<br />
im Ausland wachsen<br />
Der Spielehersteller Ravensburger<br />
will künftig noch stärker auf<br />
das Ausland setzen. Es gehe darum,<br />
internationaler zu denken,<br />
sagte Vorstandschef Clemens<br />
Maier.<br />
Statt ein Produkt für Deutschland<br />
zu entwickeln und es dann<br />
auch im Ausland zu verkaufen,<br />
Auszeichnung für<br />
gutes Marketing<br />
Der Marketing-Club Ulm/Neu-<br />
Ulm schreibt zum sechsten Mal<br />
den „Ulmer Marketing Preis“ aus.<br />
Gewürdigt werden Marketingleistungen,<br />
„die in Konzeption<br />
wie Umsetzung beispielhaft und<br />
erfolgreich sind“, erläutert dessen<br />
Präsident Bernd Radtke. Dabei<br />
können die Marketingideen<br />
von Unternehmen jeder Größe,<br />
müsse man sich auf internationalen<br />
Märkte anschauen, wo Bedarf<br />
sei, sagte Maier. Bisher ist das Unternehmen<br />
in Europa, den USA<br />
und japan aktiv. Der Umsatz stieg<br />
im vergangenen Jahr um knapp 7<br />
Prozent auf 474 Millionen Euro.<br />
Der Jahresüberschuss lag bei 32<br />
Millionen Euro. . [!] PAU<br />
öffentlichen Einrichtungen oder<br />
von Vereinen stammen. Bewerben<br />
kann man sich bis zum 13.<br />
September mit einer 20 bis 40 Seiten<br />
umfassenden, selbst erklärenden<br />
Power-Point-Präsentation.<br />
Nähere Informationen und die<br />
Teilnahmebedingungen gibt es<br />
unter www.ulmermarketingpreis.de.<br />
[!]<br />
AMB<br />
5
Ob für Aladdin (oben) oder Mary Poppins: Wenn<br />
der Ravensburger Unternehmer Alexander Harr<br />
mit seiner Ehefrau in den Vorstellungen sitzt, genießt<br />
sie das Stück. Er schaut indes, welche Bühnenschuhe<br />
von ihm sind.<br />
6
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong><br />
[machen]<br />
Mit Aladdin hoch hinaus<br />
Sich abheben von der Masse – dieses Ziel hat Alexander Harr erreicht. Der Ravensburger versorgt mit seinem Betrieb<br />
Musicals, Opern und Theater rund um den Globus mit Bühnenschuhen. Normales Schuhwerk kann er aber auch.<br />
Wer Alexander Harr trifft, darf sich<br />
nicht wundern: Statt ins Gesicht des<br />
Gegenüber, geht sein Blick oft nach<br />
unten – auf die Schuhe. Alexander Harr ist<br />
Schuhmacher, aber kein gewöhnlicher: Sein<br />
Familienbetrieb ist spezialisiert auf historisches<br />
Schuhwerk und Bühnenschuhe. Wer<br />
das Musical „Mary Poppins“ in Stuttgart besucht<br />
hat, der hat mit ziemlicher Sicherheit<br />
Harr-Schuhe gesehen – wenn man denn darauf<br />
achtet. Alexander Harr tut das. „Mein Frau<br />
schaut sich das Stück an und ich die Schuhe“,<br />
erzählt er lachend. „Ich sitze da und überlege:<br />
Ist der von uns? Da bin ich ehrgeizig. Mich ärgert<br />
nichts mehr als in einem Stück zu sitzen<br />
und fremde Schuhe zu entdecken.“<br />
STRENGE US-FILM-STUDIOS<br />
Sein persönliches Ziel und schon das seines<br />
Vaters war es, sich als Schuhmacher von anderen<br />
abzuheben. Raus aus der Masse. Weltweite<br />
Bekanntheit. Das hat funktioniert. Von der<br />
Opera Australia bis zum Royal National Theatre<br />
in London, vom New National Theatre in<br />
Tokyo bis zur Royal Swedish Opera in Stockholm<br />
– überall sind Produkte aus dem Hause<br />
Harr zu finden.<br />
Schuster bleib‘ bei deinen internationalen Leisten: Firmenchef Alexander Harr.<br />
Einige der Harr-Kunden umweht allerdings<br />
ein kleines Geheimnis. „Wenn Sie den Fernseher<br />
einschalten, sehen sie immer wieder<br />
Schuhe von uns“, erzählt Harr. Welche genau<br />
– darüber muss er meistens schweigen. Besonders<br />
die US-Studios seien da streng. Ein bisschen<br />
verrät er doch: Für den Til Schweiger-<br />
Film „1 1/2 Ritter“ hat er Schuhe gefertigt<br />
– und für Johannes Heesters. Der war von seinem<br />
Filmschuhen so begeistert, dass er danach<br />
auch privat bestellte.<br />
Ein weiteres Standbein seine Betriebs: Die<br />
Handelssparte „Tanzschuhe“. Diese sind Fertigwaren<br />
aus dem Katalog, stammen aber zum<br />
Teil aus eigener Herstellung.<br />
Klingt im ersten Moment, als ob Harr Shoes<br />
positiv in die Zukunft blicken kann. Doch in<br />
Zeiten von Deichmann, Zalando & Co. haben<br />
es Schuhmacher deutlich schwerer als früher.<br />
Maß-Anfertigungen für Privatleute sind aufwendig,<br />
vor allem, wenn es „Problem-Füße“<br />
sind: „Für schwierige Einzelanfertigungen<br />
UNSER FIRMENNAME IST UNSER PROGRAMM.<br />
Von A wie Angebot bis Z wie Zufriedenheit.<br />
Wir bieten Ihnen professionelle Telefonmarktforschung.<br />
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strategischen Entscheidungen. Darauf können Sie sich verlassen!<br />
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7
[machen] Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
kann ich kaum so viel Geld verlangen, dass es<br />
die Kosten decken würde“, erklärt Harr. Das<br />
ginge höchstens in Metropolen wie München<br />
oder London. „Nach dem Krieg gab es hier etwa<br />
40 Schuhmacher“, erzählt er. Heute sind es<br />
in Ravensburg noch vier, im Landkreis 17 –<br />
von insgesamt 3.979 Handwerksbetrieben.<br />
Das bekommt Harr zu spüren. Nicht nur, dass<br />
es schwierig ist Personal zu finden, auch das<br />
Know-How zur Wartung älterer Spezial-Maschinen<br />
geht langsam verloren.<br />
Um zukunftsfähig zu sein, achtete die Unternehmerfamilie<br />
früh auf Internationalität.<br />
Theaterschuhe werden über eine zweisprachigen<br />
Homepage und einen zweisprachigen<br />
Katalog vertrieben: „Heute ist es existenziell,<br />
dass wir international so bekannt sind.“<br />
UNGEHEURES GLÜCKSGEFÜHL<br />
Ein Vorteil für Harr: Bühnenproduktionen<br />
werden oft ins Ausland verkauft. Die Verantwortlichen<br />
dort greifen gerne auf ihn zurück.<br />
So kann es sein, dass Bestellungen aus Australien<br />
eintrudeln. Konkurrenz gibt es sowohl in<br />
Deutschland als auch im Ausland. In England,<br />
Italien, Polen, Ungarn oder Holland. Harr be-<br />
Utensilien für Maßanfertigungen:<br />
Qualitativ hochwertiges<br />
Leder und mehr als 1000<br />
Leisten, die individuell auf<br />
den Fuß angepasst werden.<br />
kommt viele Aufträge über Empfehlungen<br />
oder Mundpropaganda. Doch das hat auch eine<br />
Kehrseite: „Es spricht sich nichts so schnell<br />
herum, wie wenn jemand unzufrieden ist.“<br />
Ein mühsam aufgebauter guter Ruf kann so<br />
schnell ruiniert werden. Darum geht jeder<br />
Schuh erst durch seine Hände, dann durch die<br />
seiner Frau Sabine, bevor er das Haus verlässt.<br />
Das sind 60 bis 70 Paar pro Woche.<br />
Einer der beiden Söhne des Chefs, Christoph<br />
Harr, absolviert ein Duales Studium Fachrichtung<br />
„BWL – Handel Plus“. Die Praxisphasen<br />
absolviert er im elterlichen Betrieb. Sollte er<br />
sich für eine Weiterführung entscheiden, wäre<br />
er bereits die fünfte Generation.<br />
Trotz aller Schwierigkeiten liebt Harr seinen<br />
Beruf. Das spürt man an seiner Begeisterung:<br />
„Es ist einfach schön, einen Schuh wachsen zu<br />
sehen. Wenn man an etwas arbeitet und es gelingt,<br />
ist das ein ungeheures Glücksgefühl. Es<br />
erfüllt uns alle mit Stolz, wenn wir ein Stück<br />
auf der Bühne sehen oder den Fernseher einschalten<br />
und unsere Schuhe dabei sind.“<br />
Auf Termintreue legt er großen Wert. „Wir haben<br />
noch nie einen Auftrag so spät ausgeliefert,<br />
dass ein Kunde einen Nachteil gehabt<br />
hätte“, sagt Harr. „ Wir haben deswegen auch<br />
schon komplette Nächte oder Wochenenden<br />
durchgearbeitet. Irgendwie geht‘s immer.“<br />
Nur einmal, da war Harr skeptisch. Es ging um<br />
Schuhe für das Hamburger Musical „Aladdin“.<br />
Mehr als einhundert Paare. Extrem aufwendig<br />
und schwierig – mit unzähligen Schnörkeln<br />
und Verzierungen oder nach oben gezogenen<br />
Schuhspitzen. „Nach einer Woche hatte es das<br />
Team raus. Plötzlich lief es.“ Das Gute an diesem<br />
Stress: „Die Glücksgefühle danach waren<br />
gigantisch“. [!] <br />
JULIA RIZZOLO<br />
Handwerker in<br />
der vierten Generation<br />
1902 wurde das Unternehmen von Alexander<br />
Harrs Pflege-Urgroßvater Xaver<br />
Scheu gegründet. 1966 zog der Betrieb<br />
aus der Innenstadt in die Schubertstraße,<br />
nahe der Ravensburger AG. Mitte<br />
der 80er Jahre nahm die Spezialisierung<br />
auf historische Bühnen- und Theaterschuhe<br />
ihren Anfang: Durch eine<br />
Kooperation mit dem Ravensburger<br />
Rutenfest, entstand bei Harrs Vater die<br />
Idee, anderen Heimatfesten die Dienste<br />
auch anzubieten. Seit 1995 führt Alexander<br />
Harr den Betrieb und seine 10 bis<br />
14 Mitarbeiter in vierter Generation. RIZ<br />
8
Mehr Power.<br />
Mehr als nur ein SUV.<br />
Der neue Audi SQ5 1<br />
Sind Sie bereit für Herausforderungen? Der Audi SQ5 TFSI ist es. Das sportlichste Modell der Audi<br />
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9
Zur Person<br />
Besim Sancakli verantwortet<br />
das kaufmännische<br />
Geschäft<br />
der SHS Sicherheit &<br />
Service GmbH. Der<br />
50-Jährige wurde in<br />
Neu-Ulm geboren,<br />
besuchte die Hauptschule<br />
und begann<br />
bei den Wieland Werken<br />
eine Lehre zum<br />
Verfahrensmechaniker.<br />
Besim Sancakli<br />
ist verheiratet und<br />
hat einen Sohn (23).<br />
Nach anstrengenden<br />
Arbeitstagen entspannt<br />
er sich gerne<br />
mit Sport. Er macht<br />
auch heute noch<br />
Kampfsport. Im Bogenschießen<br />
qualifizierte<br />
er sich im Jahr<br />
2006 für die Deutsche<br />
Meisterschaft.<br />
Im Großkaliber ist<br />
das Vereinsmitlied<br />
des SV Beimerstetten<br />
in seiner Altersklasse<br />
amtierender Meister<br />
im Schützenkreis<br />
Ulm.<br />
Ihr unternehmerischer Werdegang hat das Zeug zum Kinofilm: die Brüder Besim (links) und Barny Sancakli im Gespräch<br />
Von Türstehern<br />
zu Firmenchefs<br />
Besim und Barny Sancakli widerlegen alle Vorurteile, die es landläufig über<br />
Hauptschüler mit Migrationshintergrund gibt. Mit ihrem Unternehmen SHS<br />
sorgen sie bei Musikfestivals und Unternehmen für Sicherheit. Ein Gespräch<br />
über Leistungswillen, die Branche und den Papstbesuch in Freiburg.<br />
Sie haben Ihre Unternehmer-Karriere als Türsteher<br />
begonnen. Denken Sie manchmal an Ihre Anfänge<br />
zurück?<br />
Barny Sancakli: Klar, wir waren jung und es hat Spaß<br />
gemacht. Diskotheken gehörten anfangs zu unseren<br />
wichtigsten Säulen. Wir haben uns aber 2008 aus dem<br />
Türsteher-Geschäft zurückgezogen. Immer wieder hatten<br />
wir Ärger mit Personengruppen und mussten oft<br />
diese Konflikte mit Polizei und Ordnungsamt klären.<br />
Das war für uns auf Dauer nicht tragbar, weil wir immer<br />
auf ein positives Image hingearbeitet haben.<br />
Besim Sancakli: In der Spitze haben wir 30 Diskotheken<br />
von Ulm über Ingolstadt bis Bamberg betreut. Bei<br />
den großen Clubs hatten wir an einem Samstag zwi-<br />
10
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong><br />
[titelthema]<br />
mit Alexander Bögelein, Redaktionsleiter <strong>unternehmen</strong> [!]. <br />
schen zwei und fünf Mitarbeiter im Einsatz, insgesamt<br />
also 150 bis 200 nur für die Discos. Das waren natürlich<br />
zum Großteil Aushilfen. Mit den Jahren nahm die Zahl<br />
der Veranstaltungen im Tagesgeschäft zu, so dass wir<br />
diesen Bereich für uns aufgebaut haben. Zudem wollten<br />
wir unsere Mitarbeiter auch nicht mehr an Türen,<br />
in Gefahr bringen. In den 26 Jahren hatten wir zum<br />
Glück aber keine ernsthaften Vorfälle.<br />
Wie kamen Sie darauf, sich als Türsteher selbstständig<br />
zu machen?<br />
Barny S.: Unser Hobby war und ist der Kampfsport.<br />
Vom Ringen übers Kickboxen bis hin zu Ving Tsung<br />
Kung Fu haben wir alles ausprobiert. Als junge Männer<br />
waren wir sehr aktiv auf Wettkämpfen unterwegs und<br />
haben uns mit den Besten gemessen.<br />
Besim S.: In dieser Zeit haben wir schon die ersten, privaten<br />
Türsteherjobs angenommen. Gleichzeitig hat<br />
unser damaliger Sportschulbetreiber Uli Michael ein<br />
Sicherheits<strong>unternehmen</strong> gegründet. Wir arbeiteten<br />
für ihn und machten in dieser Zeit eine Personenschutzausbildung.<br />
Unter anderem lernten wir von Ausbildern<br />
der GSG9, zu denen Michael einen guten Kontakt hatte,<br />
viele nützliche Einsatztechniken. Nach drei Jahren<br />
haben wir entschieden, uns selbständig zu machen.<br />
Das war die Geburtsstunde von SHS.<br />
Fotos: Marc Hörger<br />
Wie verlief der Start?<br />
Barny S.: Wir hatten Glück. Zu dieser Zeit setzten Diskotheken,<br />
die sich bis dahin selbst um das Thema Sicherheit<br />
gekümmert hatten, auf Dienstleister – um<br />
Verantwortung abzugeben und sich selbst abzusichern.<br />
Zufällig knüpften wir damals Kontakt zu einem Ulmer<br />
Konzertveranstalter, dessen Mitarbeiter sich primär<br />
um Auf- und Abbau kümmerten. Ein super Synergieeffekt,<br />
denn die Kollegen wollten mit Security nichts am<br />
Hut haben. Also übernahmen wir diesen Part.<br />
Sie beide wohnten damals noch bei Ihrer Mutter in<br />
der Ulmer Parkstraße.<br />
Besim S.: Wir haben im Jugendzimmer Aufträge angenommen.<br />
Dort hatten wir uns ein kleines Büro eingerichtet,<br />
mit unserem ersten Rechner und einem gebrauchten<br />
Tischkopierer, der nie funktioniert hat<br />
(lacht).<br />
Barny S.: 1993 haben wir unser erstes Büro in der Ulmer<br />
Radgasse bezogen. Das war ein Riesenmeilenstein für<br />
uns. Die Gründung der GmbH war ein weiterer Meilenstein<br />
und der Moment, in dem wir aus unserem Hobby<br />
unseren Beruf gemacht haben.<br />
Heute leiten Sie ein mittelständisches Unter nehmen.<br />
Beschreiben Sie in einem Satz, was Sie tun?<br />
Zur Person<br />
Barny Sancakli ist im<br />
deutschsprachigen<br />
Raum ein gefragter<br />
Ansprechpartner von<br />
Konzertveranstaltern.<br />
In Istanbul geboren<br />
kam er mit vier Mo naten<br />
nach Deutschland.<br />
Er besuchte die<br />
Hauptschule, begann<br />
eine Lehre zum Elektriker,<br />
die er aber abbrach.<br />
Er arbeitete als<br />
Ungelernter bei den<br />
Wieland-Werken,<br />
bevor er dort eine<br />
Aus bildung zum Verfahrensmechaniker<br />
absolvierte. Direkt danach<br />
startete er in die<br />
Selbstständigkeit und<br />
leitet seither das operative<br />
Geschäft des<br />
Familien<strong>unternehmen</strong>s.<br />
Er ist verheiratet<br />
und hat einen<br />
Sohn (14). Zu seinen<br />
Hobbys gehören Boxen<br />
und Lesen. Zum<br />
Abschalten cruist er<br />
auf seiner Harley-Davidson<br />
Road King.<br />
11
[titelthema] Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
SHS betreut in diesem Jahr<br />
50 Open-Air-Konzerte. „Unsere<br />
Stärke ist, die verschiedenenen<br />
Gewerke zu korrdinieren“,<br />
sagt Besim Sancakli.<br />
Besim S.: Wir bieten Facility-Management im Event-<br />
Bereich.<br />
Und was heißt das konkret?<br />
Besim S.: Wir bieten alles an, was ein Veranstalter für<br />
sein Event benötigt. Wir haben unter unseren Mitarbeitern<br />
Meister für Schutz und Sicherheit, Meister für<br />
Veranstaltungstechnik, Fachkräfte im Helferbereich,<br />
sowie im Sicherheitsbereich. Alles was wir nicht haben,<br />
holen wir uns über unser bundesweites Netzwerk<br />
ein, sodass wir eine Veranstaltungen komplett umsetzten<br />
können. Für den Konzertveranstalter Provinztour<br />
beispielsweise übernehmen wir seit Jahren die komplette<br />
Durchführung. Unsere Konzertpartner schicken<br />
uns die Bühnenanweisungen der Künstleragenturen,<br />
mit welchen wir die gesamte Produktion inklusive<br />
Bühnen, Locations, Licht sowie Ton umsetzen.<br />
Bei wie vielen Musik-Festivals sorgen Sie in diesem<br />
Sommer für Sicherheit?<br />
Barny S.: Bei rund 50 Open-Airs. Allein im Juni betreuen<br />
wir 18 Großveranstaltungen. Das reicht von kleinen<br />
Konzerten mit 5.000 Besuchern bis hin zu Rock am<br />
Ring mit 82.500 Besuchern.<br />
Wie lange sind Sie bei Rock am Ring schon dabei?<br />
Barny S.: Seit 15 Jahren kümmern wir uns um einzelne<br />
Aufgaben. Seit acht Jahren haben wir komplette Bereiche<br />
übernommen, wie z.B. den Campingplatz. Allein<br />
bei diesem Festival sind wir mit rund 400 Mann tätig.<br />
Wie bereiten Sie solche Einsätze vor?<br />
Barny S.: Im Vorfeld suchen wir unsere Nachunternehmer<br />
aus, aktuell sind das bundesweit 25 Firmen. Bei<br />
denen können wir auf einen Personalpool zurückgreifen.<br />
Viele der Firmenchefs kenne ich seit Jahren und<br />
habe deren Mitarbeiter mitausgebildet.<br />
Besim S.: Wir erstellen zudem einen Lageplan, teilen<br />
das Gelände in Zonen auf und legen fest, welche Firma<br />
welchen Bereich übernimmt. Im Voraus gibt es für jede<br />
Firma ein Einzelbriefing, sodass die richtigen Kräfte in<br />
der richtigen Zahl auf dem Gelände ankommen. Wir<br />
stellen dann die Supervisoren, die die Einsatzleiter der<br />
Nachunternehmer koordinieren.<br />
Wer leitet die Großeinsätze?<br />
Barny S.: Wir haben ein sehr gutes Kader-Team mit bis<br />
zu 20 Fachkräften aus Ulm, die die Leitung übernehmen<br />
können. Den Kontakt zum Veranstalter und zu<br />
den Behörden halte ich in der Regel selbst.<br />
Warum sind Sie mit Ihrem Ansatz so erfolgreich?<br />
Besim S.: Subunternehmer kann jeder suchen, aber die<br />
Gewerke zusammenzuhalten und zu koordinieren, ist<br />
eine Kunst. Das ist unsere Stärke, wegen der uns viele<br />
Veranstalter buchen. Die Verantwortung liegt am Ende<br />
bei uns. Wir sind einer von drei Allroundern in<br />
Deutschland. Beim Thema Sicherheit gehören wir zu<br />
den Top-Ten in Deutschland.<br />
Wie haben Sie die Räumung wegen Terrorverdachts<br />
dieses Jahr bei Rock am Ring erlebt, wird Ihnen<br />
manchmal nicht angst und bang?<br />
Barny S.: Angst habe ich nur um meine Mitarbeiter und<br />
die Besucher. In Notfallsituationen ist Ruhe bewahren<br />
das Wichtigste für mich, um alle Bereiche bestens zu<br />
führen. Durch unsere Erfahrung haben wir oft schon<br />
eine Lösung parat, wenn andere anfangen, nervös zu<br />
werden. Außerdem erstellen wir präventive Notfallkonzepte,<br />
damit im Ernstfall klare Strukturen herrschen<br />
und jeder weiß, was er zu tun hat. Ist Gefahr im<br />
Verzug übernehmen Polizei oder Feuerwehr. Zum<br />
Glück gibt es derzeit auf allen Festivals gute Notfallkonzepte,<br />
bei denen alle Blaulichtorganisationen beteiligt<br />
sind. Bei Rock am Ring sind wir genau nach Plan<br />
vorgegangen und haben das Festivalgelände ohne nennenswerte<br />
Probleme geräumt. Natürlich ist es auch<br />
wichtig, dass die Besucher mitspielen. In diesem Fall<br />
hat das Publikum super mitgemacht.<br />
Wach- und Sicherheitsdienste genießen ja nicht<br />
den besten Ruf. Die Schwarzen Schafe der Branchen<br />
machen Schlagzeilen. Auf welche Kriterien<br />
legen Sie Wert bei Ihren Mitarbeitern?<br />
Besim S.: Sozialkompetenz ist das Wichtigste.<br />
12
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong><br />
[titelthema]<br />
Barny S.: Und natürlich ein guter Leumund und ein<br />
sauberes Führungszeugnis. Unsere Mitarbeiter werden<br />
alle über das Ordnungsamt Ulm überprüft und erst<br />
wenn eine Freigabe erfolgt ist, werden sie eingesetzt.<br />
Viel mehr können wir leider auch nicht machen. Als<br />
Dienstleister sind wir auch auf einfach gestrickte Menschen<br />
angewiesen, die zu uns kommen, weil sie woanders<br />
nicht unterkommen. Darunter sind aber tolle<br />
Menschen, sogenannte A-Typen, oft aber auch B- oder<br />
C-Typen. Wir probieren es in der Regel aus. Wer nicht<br />
genügend Sozialkompetenz mitbringt, fliegt wieder<br />
raus. Gerade bei Einsätzen in Flüchtlingsheimen können<br />
wir niemanden gebrauchen, der mit rechts sympathisiert<br />
oder generell Probleme mit Ausländern hat.<br />
Wie sind die Anforderungen an Sicherheits- und<br />
Wachdienste?<br />
Barny S: Seit sieben Jahren arbeitet die Branche nach<br />
Tarif. Das heißt, es gibt Vorgaben, an die sich jeder halten<br />
muss, wie zum Beispiel die Unterrichtung nach<br />
§34a, Führungszeugnisse und bestimmte Schulungsnachweise.<br />
14 Tage vor Beginn der Veranstaltungen<br />
müssen wir alle jeweiligen Mitarbeiter der Polizei melden,<br />
die diese überprüft. Insbesondere bei Fußballspielen<br />
sind die Anforderungen sehr hoch.<br />
Was hat sich durch das Unglück bei der „Love Parade“<br />
2010 in Duisburg mit 21 Toten für die Sicherheitsbranche<br />
verändert?<br />
Barny S.: Das war ein furchtbares Unglück und ein Einschnitt<br />
für die Branche. Zwar gilt seit dem Jahr 2002 die<br />
Versammlungstättenverordnung, in der alle Punkte<br />
geregelt sind: vom Aufbau eines Geländes über bauliche<br />
Maßnahmen, die Breite von Rettungswegen bis hin<br />
zur Anzahl der Besucher pro Quadratmeter. Aber häufig<br />
wurde ein Auge zugedrückt oder die Behörden prüf-<br />
Barny Sancakli ist in der Musikfestival-Saison<br />
viel im Reisemobil<br />
unterwegs und übernachtet<br />
vor Ort. Er hält den<br />
Kontakt zu den Veranstaltern.<br />
WAS ZÄHLT SIND<br />
TEAMWORK,<br />
KREATIVITÄT<br />
UND SIE.<br />
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Arbeitsumfeld: kreatives Potenzial wird freigesetzt,<br />
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13
[titelthema] Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
Für den Schwörmontag, den<br />
Nationalfeiertag der Ulmer,<br />
haben Barny Sancakli und<br />
sein Bruder Besim das Sicherheitskonzept<br />
mitentwickelt.<br />
ten die Angaben der Veranstalter nicht richtig. Seit<br />
Duisburg ist Sicherheit nicht mehr verhandelbar.<br />
Besim S.: Die „Love Parade“ in Duisburg hätte so nie<br />
stattfinden dürfen. Es war insgesamt zu wenig Platz für<br />
diese Anzahl von Menschen, die Wegeberechnung war<br />
katastrophal. Viel zu viele Menschen haben dort mitgeredet,<br />
die auf Biegen und Brechen die Veranstaltung<br />
wollten. Seit Duisburg gibt es keinen Event, keine Veranstaltung<br />
ohne Sicherheitskonzept.<br />
Was war die Folge für die Branche und SHS?<br />
Besim S.: Viele Kommunen sagten in der Folge ihre Veranstaltungen<br />
ab, weil sie verunsichert<br />
waren. Andere schalteten teure<br />
Ingenieure ein, die abstruse<br />
Konzepte entwickelten. Wir haben<br />
uns mit den Leuten hingesetzt und<br />
darüber gesprochen, dass wir schon<br />
immer nach Vorschrift gearbeitet<br />
haben. Und dass man wegen der<br />
Tragödie in Duisburg nicht die gesamte<br />
Branche unter Generalverdacht<br />
stellen kann.<br />
Was hat sich für Sie verändert?<br />
Besim S.: Die Diskussionen mit den Veranstaltern<br />
waren früher schwieriger, nach Duisburg sind sie leichter<br />
geworden. Unsere Akzeptanz und die Vertrauensbasis<br />
sind gewachsen. die Kunden sehen, dass wir unsere<br />
Erfahrung nie missbraucht haben und bei unseren<br />
Veranstaltungen nie etwas Schwerwiegendes passiert<br />
ist.<br />
Muslime<br />
sorgen beim<br />
Papstbesuch<br />
für die<br />
Sicherheit<br />
Was war Ihr bisher schwierigster Auftrag?<br />
Barny S.: Definitiv der Papstbesuch in Freiburg 2011.<br />
Wie kommt eine Ulmer Sicherheitsfirma zu so einem<br />
Auftrag?<br />
Besim S.: Mit ein bisschen Glück. Wir hatten uns damals<br />
zwar über unsere Freiburger Niederlassung beworben,<br />
doch kamen wir auf diesem Weg nicht zum<br />
Zug. Als Partner für das Großereignis hatte die Diözese<br />
den Konzertveranstalter Koko ausgewählt. Unser langjähriger<br />
Partner Koko wiederum wollte, dass wir den<br />
Sicherheitspart übernehmen.<br />
Zwei Muslime, die für die Sicherheit<br />
beim Papstbesuch in<br />
Freiburg zuständig sind. Mussten<br />
Sie da nicht schmunzeln?<br />
Besim S.: Als wir mit den Zuständigen<br />
der Diözese im Gespräch waren,<br />
fragten wir auch, ob sie kein<br />
schlechtes Gefühl hätten, weil wir<br />
zwei Muslime sind. Darauf meinte<br />
unserer Gesprächspartner nur:<br />
„Sie wurden gewogen und für gut befunden, glauben<br />
Sie mir!“ Das war schon witzig.<br />
Wie mulmig war Ihnen ob der Größe der Aufgabe?<br />
Besim S.: Wir hatten in den neun Monaten der intensiven<br />
Vorbereitung gar keine Zeit, uns solche Gedanken<br />
zu machen.<br />
Barny S.: Erst als ich am zweiten Tag des Besuchs sah,<br />
wie sich der Flugplatz Freiburg mit Gottesdienst-Besu-<br />
14
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong><br />
[titelthema]<br />
chern füllte, ist mir bewusst geworden, was wir da tun.<br />
Das war ein Staatsbesuch mit fünf Großveranstaltungen<br />
an zwei Tagen an unterschiedlichen Orten und<br />
hunderttausenden Besuchern in der Stadt, für deren<br />
Sicherheit wir verantwortlich waren.<br />
Wie funktioniert in solchen Fällen die Zusammenarbeit<br />
mit der Polizei?<br />
Barny S.: Normalerweise gibt‘s ein Lagezentrum, in<br />
dem alle Blaulichtgewerke zusammen kommen. Dort<br />
fordern wir über den kurzen Dienstweg Hilfe an, wenn<br />
es eine Straftat gegeben hat oder Sanitäter benötigt<br />
werden. Das funktioniert inzwischen reibungslos.<br />
Besim S.: Ab 5000 Besuchern ist der Veranstalter verpflichtet,<br />
ein solches Zentrum einzurichten. Aber oft<br />
wird es auch bei kleineren Veranstaltungen so gehandhabt.<br />
Bei Fußballspielen in Ulm zum Beispiel, zu denen<br />
meist um die 3000 Besucher kommen, haben wir mit<br />
der Polizei ein gemeinsames Lagezentrum.<br />
Mit wieviel Mitarbeitern haben Sie den Papst-Besuch<br />
gemanagt?<br />
Besim S.: In der Spitze waren es 1800 für die Sicherheit<br />
und die Verkehrsregelung. Zusätzlich waren 200 Mitarbeiter<br />
mit Auf- und Abbau beschäftigt.<br />
Wie lange sind Sie schon beim Schwörmontag in<br />
Ulm dabei?<br />
Barny S.: Von Anfang an. Wir haben das Sicherheitskonzept<br />
mit entwickelt – etwa bei den Weather Girls, mit<br />
denen die Schwörmontagskonzerte 1998 losgingen.<br />
Was ist aus Security-Sicht das Besondere am Nationalfeiertag<br />
der Ulmer ?<br />
Barny S.: Auch wenn ich den Schwörmontag praktisch<br />
aus dem Stehgreif heraus plane, bleibt es immer spannend.<br />
Die Menschen, das Wetter. Man kann trotz sehr<br />
guter Vorbereitung bei keinem Event voraussagen, dass<br />
er reibungslos verläuft.<br />
Besim S.: Am Münsterplatz haben wir das Thema, dass<br />
am Freitagabend das erste Konzert stattfindet, samstags<br />
der Wochenmarkt. Das heißt wir bauen auf und so viel<br />
wie möglich wieder ab. Dabei müssen wir Messe-Zeiten<br />
im Münster und die Nachtruhe beachten. Sprich kein<br />
Bilden seit 26 Jahren ein Führungs-Duo:<br />
Besim Sancakli<br />
(li.) verantwortet das kaufmännische,<br />
sein Bruder Barny<br />
das operative Geschäft.<br />
Purismus. Sinnlichkeit. Intelligenz.<br />
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15
[titelthema] Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
Spürt eine höhere Nachfrage<br />
von Unternehmenn. „Unser<br />
Personal prüft nachts auch<br />
Anlagen in der Produktion,<br />
sagt Besim Sancakli.<br />
Gehämmere und keine Soundchecks in bestimmten<br />
Zeitfenstern. Solche Themen haben Sie auf einem offenen<br />
Festival-Gelände nicht, da arbeitet man durch bis<br />
alles fertig ist.<br />
Wie wichtig ist das Standbein „Wach- und Streifendienste“<br />
fürs Unternehmen?<br />
Besim S.: Die Sicherheit mit Objektschutz, Revier- und<br />
Wachdienst ist unser Brot- und Butter-Geschäft, denn<br />
es läuft kontinuierlich das ganze<br />
Jahr. Die Festivals sind von Mai bis<br />
September die Spitze. Beide Bereiche<br />
sind gleichwertig. Die Sommerfestivals<br />
decken unseren hohen<br />
Personalaufwand. Wir haben hohe<br />
Overheadkosten, weil wir viel gutes<br />
Personal im Hause haben, damit die<br />
Planung zu jeder Zeit reibungslos<br />
läuft. Für die Grundauslastung<br />
sorgt die Objektschutzsparte. In<br />
dem Bereich machen wir sehr viel. Wir übernehmen<br />
unter anderem Alarmverfolgung, Revierdienste oder<br />
Dienste an Pforten und Telefonzentralen.<br />
Der Trend<br />
geht hin zu<br />
Technik, die<br />
mittlerweile<br />
bezahlbar ist<br />
Welche Entwicklungen gibt es hier?<br />
Besim S.: Die technische Ausstattung wie Videoüberwachung<br />
und Eintrittskontrollen nehmen zu. Inzwischen<br />
ist die Technik auch bezahlbar. Der Kunde kann sich also<br />
entscheiden, ob er sich das Kamerasystem leistet und<br />
dafür den Wachmann spart oder anders herum. Oder er<br />
sagt: Ich habe ein Kamerasystem, will aber zu bestimmten<br />
Zeiten einen Wachmann im Haus haben.<br />
Hat das Sicherheitsbewusstsein der Firmen zugenommen?<br />
Besim S.: Ja, weil viel passiert. Viele Firmen erkennen,<br />
dass ein Wachmann nicht nur für Sicherheit sorgt, sondern<br />
auch andere Aufgaben erledigen kann. Unsere<br />
Mitarbeiter kontrollieren Anlagen in den Zeiten, in denen<br />
die Produktion ruht, überprüfen beispielsweise die<br />
Temperaturwerte von Stickstoffanlagen<br />
und lösen Alarm aus,<br />
wenn etwas nicht funktioniert.<br />
Installieren Sie auch Video-Anlagen?<br />
Besim S.: Vor allem für Privatkunden.<br />
Dabei handelt es sich um einfache<br />
Plug-and-Play-Anlagen mit<br />
Kameras, Bewegungsmeldern und<br />
Türkontrollmeldern. Für komplizierte<br />
Aufträge haben wir Partnerfirmen, die High-<br />
End-Sensoren für höhere Schutzklassen verbauen.<br />
Die Betreuung der Flüchtlingsunterkünfte ließ ihr<br />
Geschäft 2016 boomen. Wie viele Mitarbeiter haben<br />
Sie dafür fest eingestellt?<br />
Barny S.: Das waren mehr als 50 Leute. In den Spitzenzeiten<br />
haben wir 14 Objekte betreut, aber auch einige<br />
fremdvergeben. Mittlerweile ist es wieder ruhiger.<br />
Besim S.: Momentan betreuen wir nur noch ein größeres<br />
Objekt in Ulm, an das mehrere kleine angedockt sind.<br />
16
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong><br />
[titelthema]<br />
Der bisher schwierigste Einsatz war der Papstbesuch in Freiburg im Jahr 2011. Das Brot- und Buttergeschäft der SHS ist der Objektschutz.<br />
Partner für die großen Konzertveranstalter im deutschsprachigen Raum<br />
Die SHS Sicherheit & Service GmbH ist<br />
bei großen Musikfestivals in Deutschland,<br />
Österreich und der Schweiz für die Sicherheit<br />
zuständig. Für solche Aufträge<br />
arbeitet das Ulmer Unternehmen eng mit<br />
bundesweiten Partnern zusammen und<br />
ist seit 2008 auch als Zeitarbeitsfirma tätig.<br />
Zu den Säulen des Ulmer Familien<strong>unternehmen</strong>s<br />
gehören auch der Objektund<br />
Werkschutz sowie die Tochterfirma<br />
CPN (Cross Promotion Network). Deren<br />
Dienstleistung reicht von der Konzeption<br />
über die logistische Planung bis hin zur<br />
Umsetzung von Veranstaltungen samt<br />
Personal für Auf- und Abbau sowie Service.<br />
Barny und Besim Sancakli haben<br />
das Unternehmen 1991 gegründet. Neben<br />
dem Firmensitz in Ulm verfügt SHS über<br />
Niederlassungen in Freiburg und Bruchsal.<br />
Insgesamt beschäftigt das Unternehmen<br />
160 Festangestellte, 300 Aushilfen<br />
sowie 9 Auszubildende.<br />
Die SHS erwirtschaftete 2016 einen Umsatz<br />
von 7,5 Millionen Euro – mit rund<br />
2220 Veranstaltungen und Aufträgen. In<br />
diesem Jahr werden es bis zu 2500 sein.<br />
Davon werden rund 1000 auf die Tochtergesellschaft<br />
CPN entfallen. Diese Veranstaltungen<br />
werden rund 2,8 Millionen<br />
Menschen besuchen. AMB<br />
Ein zweites – außerhalb von Ulm – kommt bald hinzu.<br />
Was machen Sie mit den extra eingestellten Mitarbeitern?<br />
Besim S.: Die konnten wir auf andere Projekte umschichten.<br />
Einige wandern auch immer wieder ab.<br />
Unsere Fluktuation in der Belegschaft ist relativ hoch.<br />
Das hat einen einfachen Grund: Wir bewegen uns im<br />
Niedriglohnsektor. Wer eine Weile bei uns gearbeitet<br />
hat, schafft oft den Sprung in die Industrie.<br />
Beschäftigen Sie auch Flüchtlinge?<br />
WIR GESTALTEN MIT<br />
mediaservice ulm<br />
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17
[titelthema] Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
„Wir sind Rotationseuropäer“,<br />
sagen Besim (links)<br />
und Barny Sanackli.<br />
Sie haben noch einen älteren<br />
Bruder, der in der Türkei lebt,<br />
und eine Schwester.<br />
DAS INTERVIEW FÜHRTE<br />
ALEXANDER BÖGELEIN,<br />
REDAKTIONSLEITER<br />
UNTERNEHMEN [!]<br />
DOKUMENTATION:<br />
RONJA GYSIN<br />
FOTOS:<br />
MARC HÖRGER<br />
Barny S.: Einige als Helfer beim Auf- und Abbau im<br />
Eventbereich, im Sicherheitsbereich nicht. Für die<br />
Qualifizierung muss man sehr gut Deutsch sprechen.<br />
Ihre Eltern sind in den 1950er Jahren aus Montenegro<br />
in die Türkei geflüchtet, kamen wenige Jahre<br />
später nach Deutschland. Haben Sie aufgrund ihrer<br />
Familiengeschichte ein besonderes Verhältnis<br />
zu Flüchtlingen?<br />
Barny S.: Unsere Familie besteht<br />
zwar aus Rotationseuropäern, aber<br />
im Grunde nicht. Ich denke eher,<br />
dass wir es durch unser Unternehmen<br />
gewohnt sind, verschiedene<br />
Kulturen um uns zu haben. Egal ob<br />
Italiener, Türken oder Russen – wir<br />
haben sie alle bei uns und kommen<br />
mit allen klar. Da wir selbst einen<br />
Migrationshintergrund haben, genießen<br />
wir den Vorteil, niemals als Rassisten dargestellt<br />
zu werden (lacht).<br />
Wie ist es, wenn man mit dem Bruder ein Unternehmen<br />
gründet und groß macht?<br />
Besim S.: Besser geht es gar nicht. Wir können uns immer<br />
aufeinander verlassen. Ich kann beruhigt in den<br />
Urlaub fahren, weil ich weiß, es ist jemand da, der in<br />
meinem Sinn entscheidet. Umgekehrt funktioniert es<br />
genauso. Außerdem haben wir uns die Arbeit aufgeteilt.<br />
Barny ist für das Operative zuständig, ich für alles<br />
Kaufmännische. Einer allein, könnte das niemals<br />
schaffen. Trotzdem unterstützen wir uns gegenseitig.<br />
Einfach … ja, Familie …<br />
Unser Vorteil:<br />
Wir werden<br />
nie als<br />
Rassisten<br />
dargestellt<br />
Wie wichtig ist es Ihnen als Familien<strong>unternehmen</strong><br />
wahrgenommen zu werden?<br />
Barny S.: Sehr wichtig, genauso in der Innen- wie auch<br />
in der Außendarstellung. Wenn sich Mitarbeiter bewerben<br />
oder wir jemanden ausbilden, muss die Chemie<br />
passen. Deshalb lassen wir jeden erst einmal ein<br />
Praktikum machen, um zu sehen, ob derjenige das<br />
überhaupt will und zu uns passt … Flache Hierarchien<br />
mit Entscheidungsspielraum sind<br />
nicht für jedermann gemacht.<br />
Manche sehen das als Vorteil andere<br />
als Nachteil.<br />
Wie geht es mit Blick auf die Familie<br />
weiter?<br />
Barny S.: Meine Frau arbeitet in der<br />
Buchhaltung mit, unsere Schwester<br />
kümmert sich um alle Personalangelegenheiten.<br />
Besim S.: Mein Sohn studiert an der DHBW BWL Messe-,<br />
Event-, Kongressmanagement und wird dieses Jahr<br />
fertig. Er kann das Unternehmen gerne in 10 Jahren<br />
übernehmen (lacht).<br />
Um sich um die Nachfolge Gedanken zu machen,<br />
sind Sie noch ein bisschen jung.<br />
Barny S.: Mit diesem Thema muss man sich rechtzeitig<br />
beschäftigen. Das ist ja ein Prozess, der gut und gerne<br />
zehn Jahre dauert. Wir haben schon länger eine zweite<br />
Ebene aufgebaut mit Mitarbeitern, die seit Jahren bei<br />
uns beschäftigt sind. Die könnten die Firma leiten,<br />
ohne dass es große Reibungsverluste geben würde.<br />
Aber noch macht uns die Arbeit selbst Spaß. [!]<br />
18
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43,18cm(17“)-Leichtmetallräder,FordNavigationssystem<br />
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Günstig mitder monatl.<br />
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FordFull-Service-Leasingrate von<br />
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278,- netto<br />
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Kraftstoffverbrauch (in l/100 km nach VO (EG) 715/2007und VO (EG) 692/2008 in der jeweilsgeltenden Fassung):<br />
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5,6(innerorts), 4,6(außerorts), 5,0(kombiniert); CO 2<br />
-Emissionen: 129g/km (kombiniert).<br />
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TÜV,DEKRA,KÜS,GTÜ)durchgeführt.DetailsundAusschlüssezuallenServicesentnehmenSiebitteunsererausführlichenProduktbeschreibung.NurerhältlichimRahmeneinesFordLeaseVertrags. 3 LeasingrateaufBasiseinesKaufpreisesvon€27.310,92netto(€32.500,00<br />
brutto), zzgl. €755,46 netto (€ 899,00 brutto)Überführungskosten. 4 Giltfür einen Ford MondeoTurnierBusiness Edition 1,5-l-TDCi-Dieselmotor 88 kW (120 PS)(Start-Stopp-System), €278,- netto(€330,82brutto)monatliche Leasingrate, €0,- netto (€ 0,00brutto)<br />
Leasing-Sonderzahlung, bei 36 Monaten Laufzeit und 45.000 km Gesamtlaufleistung. 5 Leasingrateauf Basis eines Kaufpreises von€28.949,58 netto (€ 34.450,00brutto), zzgl.€755,46 netto (€ 899,00 brutto)Überführungskosten. 6 Giltfür einen Ford S-MAX Business<br />
Edition 2,0-l-TDCi-Dieselmotor 88 kW (120 PS)(Start-Stopp-System), €288,- netto (€ 342,72brutto)monatliche Leasingrate, €0netto (€ 0,00brutto)Leasing-Sonderzahlung, bei 36 Monaten Laufzeit und 45.000 km Gesamtlaufleistung.<br />
SCHAUTAGE<br />
Jeden Samstag von 13.00 - 17.00 Uhr*<br />
Jeden Sonntag von 11.00 - 16.00 Uhr*<br />
*Probefahrten, Beratung und Verkauf nur während der<br />
gesetzlichen Öffnungszeiten.<br />
19
[verantworten] Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
Das Dauerrisiko der Trojaner<br />
Täglich sind etwa eine halbe Million Rechner durch Schadprogramme wie „WannaCry“ oder „Petya“ bedroht. Viele<br />
Unternehmer sind sich dieser Gefahr bewusst, doch fehlt ihnen ein umfassendes Konzept zur IT-Sicherheit.<br />
Die Deutsche Bahn macht mobil.<br />
Manchmal bietet sie ihren Kunden<br />
auch Zeitreisen an, wie beispielsweise<br />
am 14. Mai dieses Jahres, als am Frankfurter<br />
Hauptbahnhof an jedem Bahnsteig ein Schiefertäfelchen<br />
zu finden war. Auf dem war mit<br />
Kreide notiert, wann und wohin der<br />
nächste Zug fährt. Die sonst für<br />
diese Information zuständigen<br />
elektronischen Reiseinformationsanzeigen<br />
zeigten nur<br />
„Bitte Aushangfahrplan beachten“.<br />
Zwar war der Zugverkehr<br />
nicht betroffen,<br />
dennoch stellten die Schiefertäfelchen<br />
dem Staatskonzern<br />
mit 40,6 Milliarden<br />
Grafiken: Jef Thompson / shutterstock.com<br />
Euro Jahresumsatz ein denkbar schlechtes<br />
Zeugnis aus. Denn es zeigte der Öffentlichkeit,<br />
wie lax die Bahn mit dem Thema Datensicherheit<br />
umgeht.<br />
Auch sie war Opfer der Schadsoftware „WannaCry“.<br />
Diese verschlüsselte die Datenspeicher<br />
der befallenen Systeme<br />
und erpresste deren Besitzer<br />
mit einer Zahlungsaufforderung.<br />
Wer nicht bezahle,<br />
so ein sich selbst öffnendes<br />
Desktopfenster,<br />
dessen Daten werden in<br />
einem bestimmten<br />
Zeitraum gelöscht.<br />
„WannaCry“ gelang es,<br />
sich rasant in mehr als 100<br />
Ländern zu verbreiten. Schätzungen<br />
zufolge waren zwischen<br />
40.000 und 75.000<br />
Computern betroffen. Erst<br />
vor drei Wochen fraß sich der<br />
noch aggressivere Trojaner „Petya“<br />
durch zigtausende Festplatten.<br />
Nach Angaben des Bundeskriminalamtes<br />
ereigneten sich im Jahr 2015 rund 244.000<br />
Delikte mit dem „Tatmittel Internet“. Darunter<br />
fallen auch Angriffe mit Trojanern,<br />
die Festplattenbereiche verschlüsseln oder<br />
DDoS-Attacken, die Computer lahmlegen.<br />
Drei Viertel der Fälle waren Betrugsstraftaten.<br />
Viele Unternehmen seien sich mittlerweile<br />
der Tragweite des Problems bewusst, sagt<br />
Gernot Schnaubelt, IT-Referent der IHK<br />
Ulm, sie wüssten jedoch nicht, wie sie es lösen.<br />
Die IHK setze daher auf Information über<br />
aktuelle Angriffsmuster und Weiterbildungsangebote.<br />
„Doch den Unternehmen muss eines<br />
klar sein: IT-Sicherheit darf nicht als Kostenfaktor<br />
betrachtet werden, sie ist ein<br />
Wertschöpfungsfaktor. „Die zunehmende Digitalisierung<br />
der Produktion ist mit einem<br />
unzureichenden Datenschutz nicht denkund<br />
auch nicht machbar“, betont Schnaubelt.<br />
Der Trojaner „WannaCry“ konnte rasch aufgehalten<br />
werden, weil ein junger Brite die Möglichkeit<br />
fand, um dessen Verbreitung zu stoppen.<br />
In dem kurzen Zeitraum richtete<br />
„WannaCry“ etlichen Schaden an, insgesamt<br />
aber kam die Wirtschaft glimpflich davon.<br />
Unternehmer sollten sich nach Einschätzung<br />
von Stefan Wagner, Professor an der Universität<br />
Stuttgart, angesichts solcher Bedrohungen<br />
drei Fragen stellen und beantworten: Welche<br />
Einfallstore für Schadsoftware bietet das<br />
Unternehmen? Wie können wir uns schützen?<br />
Was machen wir, wenn Rechner befallen<br />
sind? Angesichts der rasanten Digitalisierung<br />
und damit der Verbreitung von Software im<br />
normalen Leben wie im Arbeitsalltag sei es<br />
unverzichtbar, sich mit dem Thema IT-Sicherheit<br />
zu befassen“, mahnt Wagner.<br />
VIELE EINFALLSTORE<br />
Die Möglichkeiten, wie sich Firmenrechner<br />
mit Schadsoftware infizieren, sind vielfältig.<br />
So hat sich „WannaCry“ beispielsweise zunächst<br />
über Phishing-E-Mails verbreitet. Das<br />
sind E-Mails, die versuchen den Adressaten<br />
dazu zu verleiten einen Anhang oder Link zu<br />
Zu Zeiten der alten Griechen war es eine schweißtreibende Angelegenheit, sich Feinde ins gut geschützte<br />
Troja zu holen. Heutzutage reicht ein Mausklick, um großen Schaden anzurichten.<br />
20
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong><br />
[verantworten]<br />
öffnen. Sobald das passiert wird der<br />
Trojaner heruntergeladen und kann<br />
mit der Verschlüsselung der Daten<br />
beginnen. Danach nutzte „Wanna-<br />
Cry“ eine Schwachstelle in Windows-<br />
Betriebssystemen, um sich in lokalen<br />
Netzwerken schnell weiter zu verbreiten.<br />
In anderen Fällen wurden gefälschte<br />
Websites oder herumliegende USB-<br />
Sticks genutzt, um Trojaner zu verbreiten.<br />
„Wir sprechen hier von einem sozio-technischen<br />
System. Das besteht aus den Faktoren<br />
Mensch und Technik. Beide bieten<br />
zahlreiche Möglichkeiten um Systeme zu<br />
infizieren und müssen daher beachtet werden,<br />
wenn man Einfallstore für Viren sucht“,<br />
sagt Wissenschaftler Stefan Wagner.<br />
PRÄVENTION IST DAS A UND O<br />
Vor Verschlüsselungstrojanern schützt man<br />
sich am besten durch Prävention. Beim Faktor<br />
Mensch geht das nur über Aufklärung und<br />
Schulung: Alle Mitarbeiter müssen wissen,<br />
wie sie potenzielle Phishingmails erkennen<br />
und diese behandeln. Ein guter Virenscanner<br />
auf dem Mailserver ist Pflicht, aber er kann<br />
niemals komplett für Sicherheit sorgen. Ebenso<br />
muss der richtige und sichere Umgang<br />
mit USB-Sticks und Passwörtern (mehr<br />
dazu im Infokasten) vermittelt werden.<br />
Grundlage für diese Maßnahmen ist ein<br />
IT-Konzept, und auch das muss den Mitarbeitern<br />
erklärt werden.<br />
„Auf der technischen Seite sind regelmäßige<br />
Updates der erste Schritt, der gemacht<br />
werden muss“, erklärt Wagner. Die Sicherheitslücke<br />
in Windows etwa, die von „WannaCry“<br />
genutzt wurde, war auf den aktuellen<br />
Windows-Systemen bereits im März geschlossen<br />
worden. Doch nur wer, wie die<br />
Bahn, Updates nicht eingespielt hatte oder<br />
ein veraltetes Betriebssystem wie etwa Windows<br />
XP verwendete, war überhaupt anfällig<br />
für diese Weiterverbreitung des Trojaners im<br />
Rechnernetzwerk.<br />
In Zeiten, in denen auch in der Fertigung immer<br />
mehr Maschinen über IP-Adressen verfügen,<br />
ist es herausfordernd, alle Computersysteme<br />
aktuell zu halten. Wagner berichtet: „Ich<br />
habe mir selbst ein paar Glühbirnen gekauft,<br />
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21
[verantworten] Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
die über das Smartphone<br />
steuerbar<br />
sind. Jetzt muss ich<br />
natürlich auch<br />
dran denken, dass<br />
ich immer wieder<br />
die Software meiner<br />
Glühbirnen<br />
aktualisiere.“<br />
Dabei, so Wagner,<br />
Stefan Wagner,<br />
müsse man auch<br />
Universität Stuttgart. darauf achten,<br />
Software von entsprechender<br />
Qualität und Aktualität zu verwenden.<br />
Gut programmierte Softwares weisen<br />
weniger Schwachstellen auf und werden<br />
regelmäßig mit Sicherheitsupdates versorgt.<br />
Das gilt besonders auch für Virenscanner. Diese<br />
müssen regelmäßig und häufig aktualisiert<br />
werden, um auch die neusten Viren zu erkennen.<br />
Ebenso können auch die Virenprogramme<br />
selbst Sicherheitslücken aufweisen, die<br />
durch Updates geschlossen werden müssen.<br />
Wagner empfiehlt auf die großen Anbieter,<br />
wie etwa McAfee oder Norton zu setzen.<br />
GUTES BACKUP-KONZEPT NÖTIG<br />
Wie das Beispiel „WannaCry“ zeigt, ist auch<br />
ein aktuelles Betriebssystem unerlässlich für<br />
die IT-Sicherheit. „Durch die hohe Verbreitung<br />
ist es attraktiv, Windows-Betriebssysteme<br />
zu hacken. Ein erfolgreiches Tool für das<br />
Hacking von Windows-Rechnern, hat eine<br />
riesige Auswahl an PCs zum Angreifen“, erklärt<br />
Wagner. Windows-Hersteller Microsoft<br />
veröffentlicht regelmäßig Sicherheitsupdates,<br />
jedoch nur für die aktuellen Betriebssysteme.<br />
Am 11. April <strong>2017</strong> endete die Unterstützung<br />
von Windows Vista, am 14. Januar<br />
2020 ist Windows 7 an der Reihe.<br />
Zuletzt gilt es, einen Notfallplan in der Tasche<br />
zu haben. Das heißt im Fall der Verschlüsselungstrojaner,<br />
dass ein entsprechendes Backup-Konzept<br />
besteht. „Wenn die wichtigen<br />
Daten und Softwares regelmäßig extern gespeichert<br />
werden, ist ein Verschlüsselungsangriff<br />
keine wilde Sache mehr. Man kann das<br />
befallene System platt machen und das Backup<br />
einspielen“, erläutert IT-Experte Wagner.<br />
Er hält es für das Beste, eine Kombination aus<br />
lokaler Sicherung und internetbasiertem<br />
Cloudspeicher als Backup zu verwenden.<br />
Was aber tun, wenn der Trojaner schon da ist<br />
und kein Backup existiert? Dann wird es<br />
schwierig. Wagner meint: „Bezahlen hilft<br />
meist nicht. Die Schlüsselübergabe für die Daten<br />
stellt für die Täter ein Risiko dar, entdeckt<br />
zu werden, die melden sich oft nicht mehr.“<br />
Vielversprechender erscheint es ihm, in den<br />
Communities im Netz zu recherchieren, in<br />
denen sich über Trojaner und Hacking-Programme<br />
ausgetauscht wird: „Die meisten<br />
Schadsoftwares sind Kombinationen aus Programmteilen,<br />
die im Internet kursieren. Möglicherweise<br />
kann man so wichtige Informationen<br />
über die Zusammensetzung des<br />
Trojaners und der Verschlüsselung erfahren.“<br />
KOOPERATION MIT UNIS<br />
Am besten sei es jedoch, ein Konzept zur IT-<br />
Sicherheit zu erstellen und konsequent umzusetzen.<br />
„Sicherheitslücken entstehen oft im<br />
Zusammenspiel von Faktoren, beispielsweise<br />
Passwortsicherheit – die Länge zählt (auch)!<br />
Passwort-Manager-Programme bieten Schutz vor Angreifern.<br />
einer geöffneten Phishing-Mail in Kombination<br />
mit veralteten Softwares. Deshalb ist es<br />
wichtig die Maßnahmen zu koordinieren und<br />
richtig kombiniert umzusetzen.“<br />
Dafür braucht es Kompetenz und Erfahrung.<br />
Die kann man sich bei IT-Dienstleistern einkaufen.<br />
Aber ein Experte im Unternehmen,<br />
der Erarbeitung, Koordination und Umsetzung<br />
der IT-Sicherheitskonzepte begleiten<br />
kann und weiß, wie mit Software richtig umgegangen<br />
wird, ist laut Wagner viel wert. Solche<br />
Informatiker sind aber derzeit schwer zu<br />
finden. Meist lohnt es sich für Unternehmer<br />
mit den Universitäten zu kooperieren und talentierte<br />
junge Menschen schon im Studium<br />
anzusprechen, macht der Professor Werbung<br />
in eigener Sache. [!] <br />
GABRIEL BOCK<br />
Foto: Maksim Kabakou / shutterstock.com<br />
Das beste Sicherheitskonzept ist wenig<br />
wert, wenn die Passwörter unsicher sind.<br />
Studien zufolge bestehen diese häufig<br />
aus Variationen des Wortes „Passwort“<br />
oder Namen. Stefan Wagner erklärt warum<br />
das problematisch ist: „Solch einfache<br />
Passwörter kann man mit einem<br />
Wörterbuch-Angriff leicht knacken. Dabei<br />
probiert ein Programm einfach so lange<br />
Begriffe aus Wörterbüchern, bis es durch<br />
Zufall das richtige herausfindet.“<br />
Fast noch einfacher sind Zahlen wie die<br />
beliebte Kombination „1234“ zu knacken.<br />
Wie einfach das ist kann man mit etwas<br />
Mathematik zeigen. Die Maximalmöglichen<br />
Kombinationen von vier Zahlen entsprechen<br />
der Menge der potenziell verwendbaren<br />
Ziffern potenziert mit der<br />
Länge des Passwortes. In unserem Fall also<br />
10 hoch vier. Ein Computer benötigt<br />
für diese 10.000 Möglichkeiten nicht einmal<br />
eine Sekunde. Anders sieht es bei einer<br />
langen Kombination aus Ziffern und<br />
Buchstaben aus. Die zehn möglichen Ziffern<br />
und 52 mögliche Groß- und Kleinbuchstaben<br />
ergeben bei einem Passwort<br />
mit zehn Stellen etwa 839 Trilliarden<br />
Möglichkeiten. Dafür braucht auch ein<br />
schneller Computer Jahre. Das solche<br />
Passwörter kompliziert sind, empfiehlt es<br />
sich Passwort-Manager-Programme zu<br />
nutzen. Diese erstellen sehr lange und<br />
komplexe, vor allem aber für jede Anwendung<br />
unterschiedliche Passwörter, speichern<br />
diese verschlüsselt und geben sie<br />
aus, wenn das Master-Passwort eingegeben<br />
wird. So muss man sich nur ein Passwort<br />
statt sehr vieler merken. GAB<br />
22
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Das Thema Sicherheit nimmt enorm an<br />
Bedeutung zu. Sowohl die Bedrohungen<br />
als auch die Lösungen werden stetig<br />
komplexer. Deshalb hat die IT sure GmbH<br />
eine eigene Securtiy Division gegründet<br />
und die Zusammenarbeit mit dem Sicherheitsprodukthersteller<br />
Sophos intensiviert.<br />
Unter der Leitung von Marc Frank<br />
kümmern sich Experten um den professionellen<br />
Schutz der IT-Systeme der Kunden.<br />
Aber, worauf sollte man besonders<br />
achten? Security Specialist Marc Frank<br />
steht Rede und Antwort:<br />
WannaCry ist in aller Munde<br />
WannaCry ist ein herkömmlicher Verschlüsselungstrojaner,<br />
der sich durch eine<br />
Sicherheitslücke im Netzwerk verbreitet.<br />
Bei diesem Virus hat sich die Spreu vom<br />
Weizen getrennt: Je sorgloser mit der Sicherheit<br />
umgegangen wurde, desto größer<br />
der Schaden. Bei einem Unternehmen<br />
mit aktuellen Software Updates im Microsoft<br />
Server Umfeld und einer sauberen<br />
Netzwerktrennung, wären maximal vereinzelte<br />
PCs betroffen gewesen.<br />
Umkehrung der Wertigkeit<br />
Viren und Trojaner gibt es schon lange in<br />
der IT. Früher war die Frage: „Was sind meine<br />
Daten anderen wert?“. Heute wird die<br />
Frage umgedreht, „Was sind meine Daten<br />
mir wert?“ Die Erpresser geben dieser Frage<br />
bereits eine Antwort in Form von Bitcoins.<br />
IT Unsicherheit im Unternehmen und<br />
die Folgen<br />
Drohender Vertrauensverlust bei Kunden.<br />
Vermögensschaden, direkt und indirekt.<br />
Ein Ausfall der IT Systeme über mehrere<br />
Tage kann finanziell eine Herausforderung<br />
für das Unternehmen werden. Leider fehlt<br />
oft das Bewusstsein für das Einhalten von<br />
notwendigen Sicherheitsstandards - denn<br />
diese werden keinen Cent Umsatz bringen.<br />
Was sind die Maßnahmen für Firmen?<br />
Am Anfang einer jeden seriösen Beratung<br />
steht ein Sicherheits-Audit, um den Ist-Zustand<br />
und die notwendigen Maßnahmen<br />
zu ermitteln. Eine Bäckerei mit 3 PCs hat<br />
andere Anforderungen als ein Technologie<strong>unternehmen</strong><br />
mit 100 Arbeitsplätzen.<br />
Lediglich der Basisschutz ist immer gleich.<br />
Was ist der Unterschied zwischen<br />
Virenscanner und Endpoint Protection<br />
Der Schutz muss dem User folgen, gerade<br />
bei mobilen Geräten wie z. B. Laptops. Es<br />
macht keinen Sinn, wenn der Anwender in<br />
der Firma perfekt geschützt ist und in einem<br />
öffentlichen WLAN offen ist „wie ein<br />
Scheunentor“. Deshalb bietet eine professionelle<br />
Endpoint Security Lösung nicht<br />
nur Virenschutz, sondern Webfilter, Intrusionprevention,<br />
Firewall, Datensicherheit,...<br />
Sie haben von Patchmanagement<br />
gesprochen, was bedeutet dies genau?<br />
Fast jede Software, die auf einem System<br />
läuft, bringt eine Angriffsfläche für<br />
Schadcode mit sich. Diese werden durch<br />
Updates der Hersteller geschlossen. Leider<br />
sind die Informationen zu diesen<br />
Schwachstellen im Internet sogar mit<br />
Anleitungen zum Ausnutzen erhältlich.<br />
Deshalb ist es wichtig, nicht wie früher<br />
einmal im Quartal seine Systeme auf den<br />
aktuellen Stand zu bringen. Dies muss bei<br />
Sicherheitsupdates tagesaktuell erfolgen.<br />
Welche Bedeutung hat das Backup<br />
in einem Sicherheitskonzept?<br />
Die 100% Lösung gibt es bei diesem Thema<br />
nicht, es ist immer eine Summe aus<br />
den Maßnahmen. Deshalb ist das Backup<br />
die letzte Instanz in einer Multilayer Security<br />
Strategie. Sollte doch einmal etwas<br />
passiert sein, können hieraus die betroffenen<br />
Daten oder sogar ganze Systeme<br />
wiederhergestellt werden. Dadurch ergibt<br />
sich automatisch die Notwendigkeit eines<br />
täglichen georedundanten Backups.<br />
Fazit:<br />
Die IT Abteilung hat andere Aufgaben als<br />
den ganzen Tag der Sicherheit hinterher<br />
zu rennen. Die Komplexität der einzelnen<br />
Systeme lässt heutzutage keine „Turnschuh<br />
Administration“ mehr zu. Um die<br />
Kosten gering und transparent zu halten,<br />
ist der Einsatz von Cloud Management<br />
Lösungen inzwischen für den kleinen Mittelstand<br />
unumgänglich. Möchten Sie nach<br />
einem Medienaufschrei zu einer neuen<br />
Angriffswelle am Montag entspannt in das<br />
Büro kommen oder schon das gesamte<br />
Wochenende unruhig schlafen? Es liegt<br />
an Ihnen. Für den Fall der Fälle haben wir<br />
den einen oder anderen Bitcoin auf Lager.
24<br />
Im Schatten des Ulmer<br />
Wahrzeichens betreibt<br />
der gelernte Hotelkaufmann<br />
Florian Röhrig<br />
seit fast drei Jahren sein<br />
eigenes Haus.
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong><br />
[gründen]<br />
Hotelchef mit sonnigen Aussichten<br />
Florian Röhrig wollte sein eigener Chef sein, statt weiter angestellt zu arbeiten. Bei seiner Existenzgründung griffen ihm<br />
seine Hausbank und die L-Bank unter die Arme. Doch beide musste er erst mit einem guten Business-Plan überzeugen.<br />
Wenn Florian Röhrig früh morgens in<br />
sein Ulmer Münster Hotel kommt,<br />
führt ihn sein erster Weg zum Frühstücksbuffet.<br />
Dort bedient sich der Hotelchef<br />
nicht selbst, sondern kontrolliert, „ob die Auslage<br />
so ausschaut, wie sie ausschauen sollte,<br />
wenn ich selbst Hotelgast wäre“. Für Röhrig<br />
ist die Qualität und Präsentation des morgendlichen<br />
Speiseangebotes die Visitenkarte<br />
seines Hauses, an die sich seine Gäste im Idealfall<br />
auch dann noch positiv erinnern werden,<br />
wenn sie längst wieder zu Hause sind.<br />
Seit nunmehr fast drei Jahren führt der gelernte<br />
Hotelkaufmann das Hotel. „Für mich war<br />
klar, dass ich mich selbstständig machen und<br />
unternehmerische Verantwortung übernehmen<br />
muss, wenn ich es in der Branche zu etwas<br />
bringen will.“<br />
Dass Röhrig der Sprung in die Selbstständigkeit<br />
erfolgreich gelungen ist, verdankt er seiner<br />
Geduld, einer guten Planung und der Mithilfe<br />
durch seine Hausbank. „Ich habe lange<br />
Zeit mit der Suche nach einem passenden<br />
Objekt verbracht, ehe ich hier fündig wurde“,<br />
erzählt er. „Vom Erstkontakt bis zur Übergabe<br />
durch die ehemalige Betreiberin hat es noch<br />
einmal gut drei Jahre gedauert.“<br />
EINSTIEG ALS NACHFOLGER<br />
Der Hotelbetreiber steht für eine Gründungskultur,<br />
die in Deutschland seit einigen Jahren<br />
zögerlich Einzug hält. Anders als es in der Öffentlichkeit<br />
oftmals den Anschein hat, ist sie<br />
weniger geprägt von jungen Start-ups, die mit<br />
Innovationen vom Digitalisierungstrend profitieren<br />
wollen. Häufig sind es traditionelle<br />
Branchen, in denen Jung-Unternehmer tätig<br />
werden – zum Beispiel, weil sie wie Röhrig eine<br />
Nachfolge antreten. Viele von ihnen sind<br />
motiviert von dem Gedanken, dass Selbstbestätigung<br />
und die Zufriedenheit mit der eigenen<br />
Arbeit mehr zählt als die Perspektive eines<br />
sicheren Jobs mit regelmäßigem<br />
Einkommen. Damit gehören sie allerdings zu<br />
einer eher schwindenden Gruppe. Auf Basis<br />
der Daten der Gewerbeämter geht die Zahl der<br />
Gründer in Deutschland seit Jahren zurück.<br />
Allein im Jahr 2016 ist sie um 91.000 auf<br />
672.000 gefallen. Dabei ist die Zahl derjenigen,<br />
die ihre Gründung als Vollerwerb und nicht<br />
nur als Nebentätigkeit betreiben, sehr viel<br />
niedriger. Sie lag nach Zahlen des Instituts für<br />
Mittelstandsforschung bei 378.000.<br />
Ein Grund für den anhaltenden Abwärtstrend<br />
ist die gute Konjunktur. „Derzeit sind die Aussichten<br />
auf dem Arbeitsmarkt vor allem für<br />
qualifizierte Fachkräfte hervorragend“, sagt<br />
Nikolaus Paffenholz, Gründungsexperte und<br />
Leiter Abteilung Recht und Steuern bei IHK<br />
Düsseldorf. „Viele Arbeitnehmer fragen sich<br />
daher, warum sie sich mit einer Gründung beschäftigen<br />
sollten.“ Häufig scheitern Grün-<br />
Staatliche Anlaufstelle für Gründer<br />
dungsideen am<br />
mangelnden Finanzierungskonzept.<br />
Für den Start<br />
sind in der Regel<br />
hohe Anfangsinvestitionen<br />
nötig,<br />
etwa für Maschinen<br />
oder die Ausstattung<br />
von<br />
Räumlichkeiten. Nikolaus Paffenholz,<br />
Dazu kommen IHK Düsseldorf.<br />
laufende Kosten<br />
wie zum Beispiel Miete, denen am Anfang<br />
häufig nur geringe Umsätze gegenüber stehen.<br />
Dafür benötigt der Gründer neben einem<br />
Startdarlehen oft einen zusätzlich Betriebs-<br />
Das Internet-Portal Ifex hilft auch dabei, die richtigen Ansprechpartner zu finden.<br />
Das Land Baden-Württemberg betreibt<br />
über das Wirtschaftsministerium die Initiative<br />
für Existenzgründung und Unternehmensnachfolge,<br />
kurz Ifex genannt<br />
(www.gruendung-bw.de). Auf dem Internet-Portal<br />
können sich angehende Existenzgründer<br />
einen Überblick über Fördermittel<br />
und Finanzhilfen des Landes<br />
und des Bundes verschaffen sowie Beratungsgutscheine<br />
für eine individuelle,<br />
Grafik: Stocker top / shutterstock.com<br />
mehrstufige Gründungsberatung beantragen.<br />
Darüber hinaus bietet die das Internet-Portal<br />
Basiswissen zur Gründung<br />
an. Aber auch Unternehmer, die auf der<br />
Suche nach einem Nachfolger sind, können<br />
sich zum Beispiel darüber informieren,<br />
wo sie Nachfolge-Moderatoren oder<br />
Anlaufadressen finden, die ihnen bei der<br />
Suche nach einem passenden Nachfolger<br />
behilflich sind. <br />
LU<br />
25
[rubrik] Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
oder der L-Bank zu beantragen. Die beiden<br />
Förderinstitute bieten spezielle Gründerdarlehen<br />
an, die auf die Anlaufphase eines jungen<br />
Unternehmens abgestimmt sind. Dazu gehören<br />
lange Laufzeiten ebenso wie eine anfänglich<br />
tilgungsfreie Phase und niedrige Zinsen.<br />
„Angesichts des Risikos, das mit einer Existenzgründung<br />
verbunden ist, kommt ein normaler<br />
Bankkredit dafür oft gar nicht infrage“,<br />
weiß IHK-Experte Nägele.<br />
Schlüsselkasten des Ulmer Münster Hotels: Florian Röhrig hat ein gut gehendes Hotel übernommen.<br />
mittelkredit. Denn es braucht erfahrungsgemäß<br />
einige Zeit, bis sich das eigene Produkt<br />
oder die Dienstleistung durchgesetzt hat.<br />
Darauf musste Hotelbetreiber Röhrig nicht<br />
warten. Er profitierte davon, einen sehr gut<br />
eingeführten Betrieb übernommen zu haben.<br />
Dafür stand er vor der Herausforderung, den<br />
Kaufpreis zu finanzieren. „Da ich nahezu kein<br />
Eigenkapital hatte und auch keinen Bürgen in<br />
der Familie, musste ich einen Kredit bei meiner<br />
Hausbank beantragen.“<br />
BUSINESS-PLAN IST PFLICHT<br />
Häufig endet das Gründungsvorhaben, bevor<br />
es richtig angefangen hat. Wegen des hohen<br />
Risikos agieren viele Banken bei Gründungskrediten<br />
sehr zurückhaltend. Das gilt vor allem<br />
dann, wenn es außer der Geschäftsidee<br />
keine Sicherheiten gibt. „Wir finanzieren per<br />
se nicht jedes Gründungsvorhaben“, sagt<br />
Heimo Koch, Direktor Firmenkunden bei der<br />
Sparkasse Ulm. „Uns muss vor allem ein stimmiges<br />
Konzept überzeugen. Der Antragsteller<br />
sollte plausibel und für uns nachvollziehbar<br />
darstellen können, was genau er vorhat und<br />
welchen Finanzierungsbedarf er sieht. Ein<br />
Business-Plan ist dafür unabdingbar.“<br />
Punkten konnte Gründer Röhrig bei seiner<br />
Hausbank neben einem guten Konzept damit,<br />
dass er das Hotelgewerbe von der Pike auf gelernt<br />
hat und die Branche gut kennt, unter<br />
anderem durch Betriebsleiter-Tätigkeiten im<br />
Ausland. Zudem hatte er von Anfang an die<br />
Selbständigkeit im Blick und die Zeit vor der<br />
Übergabe genutzt, um an seinem Business-<br />
Plan zu arbeiten.<br />
Darin beschreiben angehende Unternehmer<br />
ihre Qualifikationen und Geschäftsideen. Sie<br />
analysieren den Markt, nennen Wettbewerber<br />
und führen unternehmerische Chancen<br />
und Risiken auf. Vor allem aber gibt er einen<br />
Ausblick darauf, mit welchen Umsätzen sie<br />
planen und wann mit schwarzen Zahlen zu<br />
rechnen ist. „Der Gründer kann sich durch<br />
den Business-Plan intensiv mit seiner Geschäftsidee<br />
auseinandersetzen“, sagt Artur<br />
Nägele, Leiter des Starter-Centers der IHK<br />
Ulm. „Er ist das wichtigste Planungs- und<br />
Steuerungsinstrument und gleichzeitig Argumentationshilfe<br />
gegenüber Investoren, Partnern<br />
und Banken, um an Kapital zu kommen.“<br />
Informationen, wie ein Business-Plan aufgebaut<br />
ist und was in<br />
ihm alles enthalten<br />
sein sollte, finden<br />
sich im Internet<br />
zuhauf. Die<br />
IHK Ulm stellt auf<br />
ihren Internetseiten<br />
ein Online-<br />
Tool zur Verfügung,<br />
das<br />
Gründern bei der<br />
Artur Nägele, Leiter des Erstellung des<br />
Starter-Centers, IHK Ulm. Plans hilft. Darüber<br />
hinaus stehen<br />
in vielen Städten und Kommunen Experten<br />
der Handwerks- und Industrie- und Handelskammern<br />
oder der Wirtschaftsförderung als<br />
Ansprechpartner zur Verfügung. Dazu bietet<br />
zum Beispiel die IHK Ulm Existenzgründungsseminare<br />
und individuelle Einzelberatungen<br />
an. Unter bestimmten Voraussetzungen<br />
können Gründer sogar einen Gutschein<br />
für eine intensive Beratung bei einem Gründungscoach<br />
beantragen (siehe Kasten).<br />
Gründungsexperten und Bankberater helfen<br />
zudem dabei, einen Förderkredit bei der KfW<br />
HILFE VON DER L-BANK<br />
Für Röhrig wäre der Traum von der Selbstständigkeit<br />
ohne einen Förderkredit der landeseigenen<br />
L-Bank nicht in Erfüllung gegangen.<br />
Aus Sicht der Hausbank zählen diese<br />
Darlehen wie Eigenkapital, weil sie durch<br />
Förderbanken wie die L-Bank komplett abgesichert<br />
sind. Dadurch bekommen Gründer<br />
häufig erst Zugang zu einer Finanzierung und<br />
können bei Bedarf zusätzliche Bankkredite<br />
oder Leasingfinanzierungen beantragen. Die<br />
Beantragung und Auszahlung läuft dabei<br />
über die private Hausbank des Gründers. Allerdings:<br />
„Der Aufwand für das Ausfüllen der<br />
vielen Formulare ist schon hoch. Aber für<br />
mich gab es kaum eine andere Möglichkeit,<br />
um an Kapital zu kommen“, sagt Röhrig. Hapert<br />
es an den Sicherheiten oder ist das unternehmerische<br />
Risiko sehr hoch, kann die Hausbank<br />
die landeseigene Bürgschaftsbank mit<br />
ins Boot holen. Durch die zusätzliche staatliche<br />
Bürgschaft werden Förderdarlehen und<br />
Kredite unter Umständen erst möglich.<br />
Eine Alternative ist es, bei einer Beteiligungsgesellschaft<br />
anzuklopfen. Diese Finanziers<br />
stellen entweder Nachrangdarlehen als stille<br />
Gesellschafter zur Verfügung, die ebenfalls<br />
den Charakter von eigenkapitalähnlichen<br />
Mitteln haben, oder sie steigen als Gesellschafter<br />
direkt mit in das Unternehmen ein.<br />
Solche Beteiligungsgesellschaften unterhalten<br />
sowohl das Land als auch die verschiedenen<br />
Bankengruppen wie etwa die Sparkassen<br />
sowie die Volks- und Raiffeisenbanken.<br />
Komfortabler sieht die Finanzierungssituation<br />
von wachstumsstarken Start-ups in Technologiebranchen<br />
aus. Sie können auf eine<br />
Heerschar von strategischen Investoren setzen,<br />
die auf der Suche nach dem neuen Facebook<br />
oder Microsoft sind. Sie investieren oft<br />
direkt in Start-ups, indem sie Geschäftsanteile<br />
kaufen. „Diese Investoren erwarten dann aber<br />
auch deutlich höhere Renditen auf ihr Beteiligungskapital“,<br />
gibt IHK-Experte Nägele zu<br />
bedenken. [!] <br />
THOMAS LUTHER<br />
26
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong><br />
[namen & nachrichten]<br />
Carthago<br />
strebt höhere<br />
Produktion an<br />
Der Reisemobilhersteller Carthago<br />
will bis zum Jahr 2020<br />
seine jährliche Produktion auf<br />
8000 Fahrzeuge erhöhen. Auf<br />
der Suche nach Fachkräften kooperiert<br />
das Unternehmen mit<br />
Hochschulen. Derzeit sind 500<br />
der 1100 Mitarbeiter am Firmensitz<br />
im oberschwäbischen<br />
Aulendorf beschäftigt. Eine<br />
bauliche Erweiterung ist vorerst<br />
ausgeschlossen. Carthago,<br />
das in Odranci – rund 80 Kilometer<br />
südlich von Graz gelegen<br />
– über einen weiteren Standort<br />
verfügt, hat im Geschäftsjahr<br />
2016/17 einen Umsatz von rund<br />
300 Millionen Euro Euro erzielt.<br />
Nach Frost im<br />
April Kurzarbeit<br />
bei Salem Frucht<br />
Die Salem-Frucht GmbH hat<br />
Kurzarbeit angemeldet. Vom 1.<br />
September an sind rund die<br />
Hälfte der etwa 120 Mitarbeiter<br />
des Obstgroßhandels betroffen.<br />
Grund sind durch den Frosteinbruch<br />
im April hervorgerufene<br />
Ernteeinbußen der Bodensee-<br />
Obstbauern von bis zu 70 Prozent.<br />
Der 2001 gegründete Betrieb<br />
aus Neufrach verarbeitet<br />
normalerweise bis zu 55.000<br />
Tonnen Äpfel pro Jahr. <strong>2017</strong><br />
werden es höchstens 15.000<br />
Tonnen sein. Umsatzeinbußen<br />
sind laut Geschäftsführer Rainer<br />
Wielatt nicht zu vermeiden.<br />
Mikromobilität:<br />
ZF gründet<br />
Joint-Venture<br />
Die ZF Friedrichshafen AG will<br />
den Markt für Mikromobilität,<br />
also kleinste Autos mit zwei,<br />
drei oder vier Rädern, erobern.<br />
Hierfür wurde ein Joint-Venture<br />
mit den Unternehmen Magura,<br />
Einweihung im August<br />
Vergangenheit und Zukunft der Schuler AG (Göppingen): Der<br />
54 Meter hohe Schuler Innovation Tower (SIT) wird am 18. August<br />
eingeweiht. Dazu kommt auch Baden-Württembergs Ministerpräsident<br />
Winfried Kretschmann. Ab Herbst werden im<br />
SIT 750 Ingenieure ihre Arbeit aufnehmen.<br />
BrakeForceOne und Unicorn<br />
Energy (Tübingen) gegründet.<br />
Ziele sind die Entwicklung, Herstellung<br />
und Vertrieb von Produkten<br />
für E-Mobilität. Die ZF<br />
erzielte mit 137.000 Mitarbeitern<br />
zuletzt einen Jahresumsatz<br />
von 35,2 Milliarden Euro.<br />
Aulendorf<br />
gestaltet<br />
Bahnhofs-Areal<br />
Mit 4,6 Millionen Euro ist es das<br />
größte Bauprojekt, das die<br />
10.000 Einwohner große Stadt<br />
Aulendorf in den vergangen<br />
neun Jahren angepackt hat. In<br />
dessen Rahmen wird unter anderem<br />
der Bahnhofsvorplatz<br />
barrierefrei gestaltet und die<br />
Poststraße ausgebaut. Das Land<br />
schießt 1,3 Millionen Euro zu.<br />
Das Projekt sollen die Unternehmen<br />
Heydt aus Aulendorf<br />
und Burk aus Ravensburg bis<br />
zum Jahr 2018 realisieren.<br />
Sana baut<br />
neue Klinik<br />
in Biberach<br />
Für Mitte 2020 ist die Aufnahme<br />
des Regelbetriebs des Sana-<br />
Klinikneubaus in Biberach geplant.<br />
Gerade läuft die zweite<br />
Stufe des europaweiten Vergabeverfahrens<br />
um einen Generalübernehmer<br />
für das Projekt<br />
zu finden. Dieser soll im Oktober<br />
präsentiert werden. Der erste<br />
Spatenstich wäre damit Ende<br />
<strong>2017</strong> möglich. Entstehen soll eine<br />
Akutklinik mit 370 Betten<br />
und sieben OP-Räumen. Mit<br />
75.000 Patienten jährlich ist die<br />
Sana Kliniken Landkreis Biberach<br />
GmbH der größte Gesundheitsanbieter<br />
im Landkreis.<br />
Gästekarte soll<br />
die Marke<br />
Bodensee stärken<br />
Vom Jahr 2018 an werden sich<br />
die Gemeinden Frickingen,<br />
Owingen, Heiligenberg, Nonnenhorn<br />
und Wasserburg an<br />
der Echt-Bodensee-Card beteiligen.<br />
Die gemeinsame Gästekarte<br />
ist ein Baustein der Deutsche<br />
Bodensee Tourismus GmbH,<br />
um die Marke „Echt Bodensee“<br />
in der Region zu etablieren. Ziele<br />
sind die Verbundenheit mit<br />
der Region auszudrücken, einen<br />
Wiedererkennungswert und<br />
Eindeutigkeit zu schaffen – unter<br />
anderem als Abgrenzung zu<br />
anderen Ferienregionen wie<br />
Allgäu oder Schwarzwald.<br />
IWO erweitert in<br />
Weingarten für<br />
2,1 Millionen Euro<br />
Die Integrations-Werkstätten<br />
Oberschwaben gGmbH (IWO)<br />
aus Weingarten (Kreis Ravensburg)<br />
erhält neue Räumlichkeiten.<br />
Derzeit entsteht auf dem<br />
Areal der früheren Argonnen-<br />
Kaserne ein rund 600 Quadratmeter<br />
großer Anbau mit zusätzlichen<br />
Produktionsflächen<br />
sowie Räume für Kleinstarbeitsgruppen<br />
und berufliche Bildungsangebote.<br />
Das bestehende<br />
Gebäude wird modernisiert. Die<br />
Gesamtinvestition beträgt etwa<br />
2,1 Millionen Euro. Das Sozial<strong>unternehmen</strong><br />
beschäftigt derzeit<br />
rund 310 Menschen mit Behinderung.<br />
[!]<br />
RIZ<br />
27
Frisch sanierte Häuser, gepflegter Garten: Die Hausmeister Frank Richter (Bild) und Karl Eckle schauen in Ulm nach dem Rechten. <br />
Foto: Lars Schwerdtfeger<br />
Mit sozialer Rendite<br />
Ihre günstigen Mieten machen die LBG bei ihren Mitgliedern beliebt. Doch die drittgrößte Wohnungsgenossenschaft im<br />
Südwesten tut sich schwer, weil Grundstücke rar sind und der Bau von Wohnungen auch an der Bürokratie scheitert.<br />
Mitten in Ulm stehen Dutzende Wohnungen<br />
leer. An diesem Sommertag<br />
spiegeln sich die ausladenden Bäume<br />
in den gardinenlosen Fenstern. Schon bald<br />
werden hier die Bagger anrollen. „Die Gebäude<br />
zu sanieren, hat sich nicht mehr gelohnt“,<br />
sagen Josef Vogel und Mathias Friko, die geschäftsführenden<br />
Vorstände der Landes-Bau-<br />
Genossenschaft Württemberg eG (LBG) mit<br />
Sitz in Stuttgart. Gemeinsam mit der Genossenschaft<br />
für Wohnungsbau Oberland aus<br />
Laupheim (GWO) baut die LBG hier 102 Mietwohnungen<br />
im „Postdörfle“. Kostenpunkt: 23<br />
Millionen Euro. Zeitgleich sanieren die Genossenschaften<br />
benachbarte Immobilien.<br />
Mit den betroffenen Mietern ist die LBG schon<br />
länger in Kontakt. Die drittgrößte Wohnungsgenossenschaft<br />
im Südwesten, mit rund 5500<br />
Wohnungen beschäftigt zwei hauptamtliche<br />
Sozialarbeiterinnen. Diese und die für Ulm<br />
zuständigen Sachbearbeiter betreuen die Mieter,<br />
die während der Bauzeit in anderen LBG-<br />
Wohnungen unterkommen, die dafür freigehalten<br />
wurden. Die allermeisten Mieter<br />
wollen nach den Worten Vogels nach dem<br />
Ende der Sanierung und der Fertigstellung der<br />
neuen Gebäude Ende 2019 bzw. Anfang 2020<br />
wieder ins Postdörfle zurück.<br />
Vogel und Friko betonen: „Wir sehen unsere<br />
Verantwortung. Die Wohnung ist auch Sozialgut<br />
– auch wenn wir die Gebäude sanieren,<br />
müssen unsere Mieter die Wohnungen bezahlen<br />
können“. Daher bekommen Bestandsmieter,<br />
die in die neuen Postdörfle-Wohnungen<br />
zurückkehren, einen Nachlass auf die Miete.<br />
Auch ansonsten verfügt die LBG über ein ausgeprägtes<br />
Sozialmanagement.<br />
Die<br />
Bandbreite reicht<br />
von einer Senioren-WG<br />
in Stuttgart,<br />
einem Mietertreff,<br />
Ausflüge,<br />
preisgekrönte Sozialprojekte<br />
wie<br />
beispielsweise die<br />
Wohnungslosenhilfe<br />
in Sigmarin-<br />
Josef Vogel.<br />
LBG-Vorstandsmitglied<br />
gen bis hin zu Ferienwohnungen,<br />
die die LBG-Mieter für 35 Euro<br />
pro Tag in Friedrichshafen direkt an der Seepromenade<br />
mieten können.<br />
Der Hintergrund: Als Genossenschaft strebt<br />
sie nicht nach Gewinnmaximierung, sondern<br />
28
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong><br />
[machen]<br />
orientiert sich an<br />
den Bedürfnissen<br />
ihrer Mitglieder.<br />
Dazu gehört<br />
Wohnsicherheit<br />
zu angemessenen<br />
Mieten, Wohnrecht<br />
auf Lebenszeit<br />
sowie eine satzungsgemäße<br />
LBG-Vorstandsmitglied Gewinnbeteiligung.<br />
„Daher neh-<br />
Mathias Friko.<br />
men wir auch<br />
nicht die Mieten, die der Markt hergibt“, betont<br />
Vogel. Über den gesamten Wohnungsbestand<br />
bezahlen die Mitglieder 5,90 pro Quadratmeter<br />
– und das obwohl sich 40 Prozent der<br />
LBG-Wohnungen direkt in Stuttgart befinden.<br />
Dort liegt die LBG mit durchschnittlich 6,50<br />
Euro deutlich unter dem Schnitt der Landeshauptstadt<br />
(8,80 Euro).<br />
Zugleich investierte die die Genossenschaft<br />
im vergangenen Jahr 21 Millionen Euro, vor<br />
allem für energetisches und altersgerechtes<br />
Wohnen. „Wir machen nur noch Duschen, die<br />
barrierearm sind, bauen auch im Altbau großzügige<br />
Bäder. Denn wir wollen, dass unsere<br />
Mitglieder so lange wie möglich in ihrem gewohnten<br />
Umfeld leben können“, betont Friko.<br />
ULM BESSER ALS STUTTGART<br />
Und wie kann die LBG dennoch mit dieser<br />
günstigen und bezahlbaren Miete wirtschaften?<br />
„Uns reicht beim Rückfluss der Investitionsbeträge<br />
statt 25 Jahre auch 50 Jahre und<br />
auch knapp 3 Prozent Rendite. Wir brauchen<br />
keine 6 oder 8 Prozent“, erläutern Vogel und<br />
Friko. Allerdings tun sich die Wohnungsgenossen<br />
zunehmend schwer Grundstücke zu<br />
erhalten. „Mit den Preisen, die Bauträger bieten,<br />
können wir nicht mithalten. Wir brauchen<br />
günstige Grundstücke, um Wohnungen<br />
günstig vermieten zu können“, sagt Friko.<br />
Doch Grundstücke sind Mangelware. Erschwerend<br />
hinzu kommt nach seinen Worten,<br />
dass viele Bebauungspläne in den 60er<br />
Jahren entstanden sind und nicht mehr zu<br />
den heutigen Bedürfnissen passen. Daher gewinnt<br />
das Thema Nachverdichtung, wie in<br />
Ulm beim Postdörfle-Projekt, an Bedeutung.<br />
Doch auch das ist kein einfaches Thema, sagt<br />
Friko. „Oftmals wird der Bau von günstigem<br />
Wohnraum verhindert.“ Vergleiche man die<br />
Städte Ulm und Stuttgart, so sei bei der Frage,<br />
wie man den Bau von Wohnungen ermöglichen<br />
kann, der Willen dazu an der Donau<br />
Der LBG gehören in der Region Ulm 445 Wohnungen. Dazu gehören auch die Hauser „In der Wanne“.<br />
deutlich ausgeprägter als am Neckar. Für<br />
Stuttgart sieht Vogel die Gefahr, dass Busfahrer<br />
und Krankenschwestern, also solche Arbeitnehmer,<br />
die für das Funktionieren einer<br />
Stadt wichtig sind, sich Mieten von 15 Euro<br />
pro Quadratmeter nicht leisten können und<br />
aus der Stadt gedrängt werden. Auf ein LBG-<br />
Wohnungsangebot in Stuttgart, das übers<br />
Wochenende auf Immoscout.de stand, seien<br />
5500 Wohnungen in 58 Städten<br />
500 Bewerbungen eingegangen. Ein hohes<br />
Mietniveau und der Wohnungsmangel erschwere<br />
mittelfristig auch Unternehmen die<br />
Personalsuche. Für die Post und vor allem die<br />
Bahn, die aufgrund der Historie der Wohnungsgenossenschaft<br />
Belegungsrechte für<br />
rund 2000 Wohnungen hätten, würden diese<br />
in jüngster Zeit diese Möglichkeit wieder interessanter.<br />
[!]<br />
ALEXANDER BÖGELEIN<br />
Ein Beispiel für das soziale Engagement der LBG: die preisgekrönte Senioren-WG in Stuttgart.<br />
Die Landes-Bau-Genossenschaft ist im<br />
Jahr 1921 gegründet worden. Sie verfügt<br />
über 5500 Wohnungen in 58 Städten. Die<br />
meisten Wohnungen besitzt sie in Stuttgart<br />
(2206), der Region (445), Bietigheim-<br />
Bissingen (105), Crailsheim (100) und der<br />
Region Göppingen (76). Im vergangenen<br />
Jahr investierte die Landes-Bau-Genossen<br />
schaft 21 Millionen Euro. In den vergangenen<br />
fünf Jahre steckte die Ge nossen<br />
schaft 103 Millionen Euro in ihren<br />
Ge bäudebestand. Die Eigenkapitalquote<br />
klettert seit Jahren stetig auf mittlerweile<br />
49,6 Prozent. Die Umsatzerlöse betrugen<br />
im vergangenen Jahr 24,9 Millionen Euro,<br />
der Bilanzgewinn lag bei 708.851. Die Mitglieder<br />
erhalten eine Bruttodividende auf<br />
ihre Anteile von fünf Prozent. Die LBG beschäftigt<br />
60 Mitarbeiter sowie 59 geringfügig<br />
Beschäftigte. <br />
AMB<br />
29
[machen] Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
Eiskalte Expansion<br />
Eisdielen sind meist selbstständige Familienbetriebe. Danilo Miraval und Mirco Dal Col haben erfolgreich ein<br />
Franchise-Konzept entwickelt, das an fünf Standorten in der Region Ulm umgesetzt wird – und bald auch in Tettnang.<br />
Später Vormittag, Sommer, Sonne, 28<br />
Grad Celsius. Der Laden brummt. Ein<br />
Schüler-Pulk umlagert gerade den Tresen<br />
der Eisdiele in der Ulmer Fußgängerzone,<br />
doch von Hektik keine Spur. Das liegt zu einem<br />
Gutteil an den souveränen Gelateristi,<br />
die geduldig die Wünsche der jungen Kunden<br />
abarbeiten.<br />
„Gutes Personal ist mitentscheidend für den<br />
Erfolg, aber schwierig zu bekommen“, sagt<br />
Foto: Marc Hörger<br />
Mirco Dal Col, welcher der Filiale einen Kontrollbesuch<br />
abstattet. Gemeinsam mit seinem<br />
Geschäftspartner Danilo Miraval hat Dal Col<br />
ein Franchisekonzept entwickelt, das mittlerweile<br />
an fünf Standorten zum Einsatz kommt.<br />
In der von Familienbetrieben geprägten Branche<br />
ist das eine Ausnahme.<br />
„Das System muss laufen, das ist unser Image“,<br />
erläutert Dal Col dazu. Zum „System“ gehört<br />
nun mal ein mit professioneller Freundlichkeit<br />
auftretendes, aber ebenso sehr gewissenhaftes<br />
Personal. Bei diesem Stichwort zählt<br />
Dal Col eine Reihe von Eigenschaften auf, die<br />
er voraussetzt. Diese klingen sehr nach den<br />
vielzitierten „deutschen Tugenden“. Dazu gehört<br />
auch unbedingte Sauberkeit und strikte<br />
Einhaltung der Hygienevorschriften.<br />
EINHEITLICHE EISKARTE<br />
Den Grundstein für ihre Eisdielen-Kette Miraval<br />
haben die beiden im Jahr 2008 gelegt. Ihre<br />
Franchise-Nehmer sind als Pächter selbständige<br />
(Klein-)Unternehmer. Von der Muttergesellschaft<br />
beziehen sie das Konzept, das Erscheinungsbild,<br />
das Knowhow sowie die<br />
Basis-Zutaten, außer den frischen, die von regionalen<br />
Erzeugern zugekauft werden. Alle<br />
Beschäftigten in den Miraval-Filialen tragen<br />
ein einheitliches braunes Dress.<br />
Das Corporate Design wurde zusammen mit<br />
einem kleinen Team aus Architekten und<br />
Grafikern entwickelt. Zu diesem gehört, dass<br />
die Abbildungen der Eiskreationen auf den<br />
Karten grundsätzlich gezeichnet sind. Das<br />
Angebot darauf ist bewusst überschaubar gehalten.<br />
Die Miraval-Eisdielen befinden sich<br />
durchweg in guten Lauflagen. „Die Mieten<br />
müssen stimmen“, ergänzt Dal Col den Kriterienkatalog.<br />
Schließlich dauert eine Saison<br />
nur rund neun Monate, doch auch in der umsatzlosen<br />
Zeit fallen Mieten an. Nur in Ulm<br />
gelingt es, winters über einen Zwischenmie-<br />
Frisches Erdbeereis: Steven Buccol führt die Miraval-Eisdiele<br />
in der Ulmer Innenstadt.<br />
30
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong><br />
[machen]<br />
ter zu finden, einen Nürnberger Lebkuchen-<br />
Großbäcker.<br />
Dal Col und Miraval wollen weiter expandieren<br />
– aber behutsam. Doch womit kann man<br />
als Franchise-Geber überhaupt punkten?<br />
„Hauptsächlich mit Wissen“, sagt Dal Col. Daher<br />
feilen die Firmenchefs stetig an ihrem Unternehmenskonzept.<br />
Im Winter sei nicht etwa<br />
Dolce Vita angesagt, sondern die<br />
Produktentwicklung. Konkret heißt das: Er<br />
steht mit seinem Geschäftspartner Danilo Miraval<br />
in der Eisküche und testet neue Sorten<br />
und Variationen.<br />
BIS ZU 200 VARIANTEN<br />
Sowohl Dal Col (42) als auch Miraval (56), die<br />
beide aus der Stadt Conegliano in Norditalien<br />
stammen, haben ihr Handwerk von der Pike<br />
auf gelernt – an der berühmten Ausbildungsschule<br />
im norditalienischen Longerone bei<br />
Venedig. Dort haben schon viele Eis-Karrieren<br />
ihren Ausgangspunkt genommen. Beide<br />
Gründer gingen zunächst unabhängig voneinander<br />
über viele Jahre hinweg ihren beruflichen<br />
Weg, bis sie sich wiedertrafen und beschlossen,<br />
gemeinsam etwas auf die Beine zu<br />
stellen.<br />
Daraus entstand das Miraval-Konzept, das<br />
auch Steven Buccol und seine Bald-Ehefrau<br />
Patrizia Cadore in der Ulmer Innenstadt umsetzen.<br />
Den Franchise-Nehmern ist das Drumherum<br />
des Konzeptes wichtig, doch im Mittelpunkt<br />
steht das Produkt. „Unsere Kunden sind<br />
die besten Gutachter“, beantwortet Buccol die<br />
Frage, nach welchen Kriterien das Paar sein<br />
Angebot ausrichtet und wie umfassend das<br />
sein muss.<br />
Immerhin lassen sich aus dem Miraval-Set<br />
rund 200 Eisvarianten erzeugen. Die Rezepturen<br />
sowie die Zutaten, außer den frischen, liefert<br />
nach Vorgaben der Zentrale der Gelateria-<br />
Versorger Concept Food Creations CFC aus<br />
Altheim (bei Riedlingen).<br />
Der Arbeitstag von Buccol beginnt während<br />
der Saison für gewöhnlich um 5 Uhr in der<br />
Früh. Seine bis zu 36 verschiedenen Eissorten<br />
Zwei weitere Standorte<br />
in Vorbereitung<br />
Franchise ist in der kleinteilig und familiär<br />
strukturierten Branche der Gelaterias<br />
in der Region kaum verbreitet.<br />
Miraval bildet da die Ausnahme. Im<br />
Jahr 2008 gegründet, umfasst das Filialnetz<br />
bislang fünf Adressen, in Ulm,<br />
Neu-Ulm, Senden, Ehingen und Biberach.<br />
2018 soll eine weitere Filiale in<br />
Tettnang hinzukommen, eine siebte ist<br />
nach den Worten von Mitgründer und<br />
-inhaber Mirco Dal Col in Planung. Die<br />
geeigneten Betreiber zu finden, nennt<br />
er die größte Hürde. Vorteil der Branche:<br />
Das Eisgeschäft ist weitgehend<br />
konjunk tur unabhängig. Ihr Nachteil: Es<br />
ist extrem wetterabhängig. THV<br />
bereite er täglich frisch zu, erzählt er. Und<br />
nach der Saison? „Da bin ich erst einmal geplättet.“<br />
[!] <br />
THOMAS VOGEL<br />
Mehr als nur 4 Wände …<br />
Anzeige<br />
Seit 1985 ist dieses Motto Leitlinie des erfolgreichen Ulmer Maklers und Bauträgers.<br />
Munk verwirklicht die individuellen Vorstellungen seiner Kunden – nun das Ypsilon.<br />
Ob Neubau, Immobilien aus zweiter Hand<br />
oder Gewerbeimmobilien, ob Kauf oder<br />
Miete: Munk bietet als Bauträger, Makler<br />
und Mietservice sämtliche Leistungen aus<br />
einer Hand – das ist in Ulm einmalig.<br />
„Unsere Mitarbeiter sind erfahrene Profis, sie<br />
begleiten den Kunden auf dem ganzen Weg bei<br />
ihrer Immobilien-Transaktion. Von der Idee bis<br />
zum Abschluss – dafür stehen wir mit unserem<br />
guten Namen“, betont Volker Munk.<br />
Fachkompetenz und Erfahrung des 20-köpfigen<br />
Teams bündeln sich nun auch in dem Großprojekt<br />
„Das Ypsilon“, welches nach seiner Fertigstellung<br />
Ende 2018 das Ehinger Tor städtebaulich<br />
prägen wird. Der zehnstöckige Hochbau<br />
und der siebenstöckige Langbau<br />
verschmelzen zu einem Gebäude und verbindet<br />
dabei Flexibilität und Design. Ins Erdgeschoss<br />
ziehen Ladengeschäfte ein, darüber<br />
werden sich auf den Ebenen eins bis vier Büroeinheiten<br />
erstrecken, ab der Ebene fünf entstehen<br />
21 außergewöhnliche<br />
Wohneinheiten. Das Y-Wohnen<br />
bietet dabei Wohnen im „Manhattan<br />
Feeling“ mit 2,80 Meter<br />
Raumhöhe. Viele der Wohnungen<br />
sind dabei nach Süden<br />
Richtung Donau ausgerichtet.<br />
Große und geschützte Loggien<br />
sorgen für Aufenthaltsqualität<br />
im Freien. Im Turmbereich entsteht<br />
ein neues Wohnkonzept<br />
für Wohnen und Arbeiten auf<br />
Zeit: mit den so genannten Das Ypsilon: das aktuelle Leuchtturmprojekt<br />
Service-Apartments die über von Munk in Ulms Mitte.<br />
Foto: Munk<br />
eine Wohnfläche von 30 bis 40<br />
m² verfügen, bietet sich Reisenden und Geschäftsleuten<br />
ein Zuhause auf Zeit zum Wohlnenstadt<br />
sogar fußläufig in wenigen Minuten.<br />
schnell zu erreichen, der Bahnhof und die Infühlen.<br />
Die ideale Verkehrsanbindung ist ein<br />
weiterer Vorteil. Das Ehinger Tor, der wichtigste Informationen zu Büros + Läden<br />
Nahverkehrsknotenpunkt in Ulm, befindet sich <strong>Juli</strong>ka Kern, 0731- 96896-47<br />
direkt vor dem Ypsilon. Alle Verkehrsadern wie<br />
die B10, A7 und A8 sind von diesem Standort<br />
31
[spezial] Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
Klimaschutz zum eigenen Vorteil<br />
Mit ihrem Projekt KEFF will die Landesregierung ein Dilemma auflösen: Der Energieverbrauch vieler Unternehmen ist<br />
gering und dessen Optimierung kein großes Thema. Firmen wie Krieghoff in Ulm nehmen die Beratung gerne an.<br />
Robert Ströbele steht auf dem Dach des<br />
Produktionsgebäudes. Nach dem sommerlichen<br />
Starkregen fließt das Wasser<br />
nur langsam ab. Der Betriebsleiter des Ulmer<br />
Jagd- und Sportwaffenherstellers Krieghoff<br />
deutet auf die Lichtkuppeln. „Wir wollen das<br />
Dach dämmen und auch die Lichtkuppeln erneuern“,<br />
sagt Ströbele.<br />
„Wir haben schon länger mit dem Gedanken<br />
gespielt, weitere<br />
Energiesparmaßnahmen<br />
in unserem<br />
Haus anzugehen,<br />
um effizienter<br />
und nachhaltiger<br />
zu werden. Als unser<br />
Geschäftsführer<br />
Phil Krieghoff<br />
über die Handwerkskammer<br />
und die IHK Ulm<br />
über die Möglichkeit<br />
des KEFF-<br />
Betriebsleiter<br />
Robert Ströbele.<br />
Checks erfahren hat, war der Entschluss kurzerhand<br />
gefasst“, erzählt Ströbele. Schnell war<br />
ein Termin mit Theresa Volk von der Regionalen<br />
Kompetenzstelle Energieeffizienz Donau-<br />
Iller (KEFF) vereinbart.<br />
KOSTENLOSE ERSTBERATUNG<br />
Bei dieser Begehung fanden sich weitere Ansatzpunkte,<br />
an denen das Unternehmen seinen<br />
Energieeinsatz optimieren kann. Im ausführlichen<br />
Abschlussbericht stehen<br />
Empfehlungen für weitere Maßnahmen.<br />
„Den KEFF-Check kann ich für eine erste Orientierung<br />
absolut empfehlen“, sagt Ströbele.<br />
Für die Firmen ist diese KEFF-Erstberatung<br />
kostenlos. Hinter der Abkürzung verbirgt sich<br />
ein Projekt der Landesregierung, das kleine<br />
Ein Krieghoff-Mitarbeiter entgratet ein Teil an einem<br />
CNC-Bearbeitungszentrum. Die Leuchtstoffröhren<br />
in der Halle werden durch LED ersetzt<br />
werden. <br />
Fotos: Marc Hörger<br />
32
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong><br />
[rubrik]<br />
und mittlere Unternehmen beim Thema<br />
Energieeffizienz unterstützt. In der Region<br />
sind die Industrie- und Handelskammer Ulm<br />
sowie die Energieagenturen in Ulm und Biberach<br />
die Projektpartner. Diese bieten unter<br />
anderem Informationsveranstaltungen für<br />
Geschäftsführer, Betriebsleiter, Umweltbeauftragte<br />
oder auch Energieberater an.<br />
RUNDGANG DURCH DIE FIRMA<br />
Neben Auskünften rund um die Themen<br />
Energiesparen oder effiziente Anlagentechnik<br />
dienen diese Treffen zu einer ersten Kontaktaufnahme<br />
zu einem der Projektverantwortlichen.<br />
So zum Beispiel zu Theresa Volk,<br />
die Gebäudeenergieberaterin der Regionalen<br />
Energieagentur in Ulm ist für die Handwerksbetriebe<br />
in und um Ulm herum zuständig: „Ist<br />
eine Firma an einer Betriebsbesichtigung interessiert,<br />
führe ich ein erstes Impulsgespräch<br />
am Telefon, um mir vor meinem ersten Besuch<br />
vor Ort ein Bild über die wichtigsten Eckdaten<br />
des Unternehmens zu machen. Dazu<br />
Das Dach der H. Krieghoff GmbH wird gedämmt, die Lichtkuppeln ausgetauscht.<br />
gehören unter anderem die Anzahl der Mitarbeiter,<br />
die Verbräuche und ob zum Beispiel im<br />
Schichtbetrieb gearbeitet wird.“ Erst danach<br />
folgt der sogenannte KEFF-Check, bei dem die<br />
Energieexpertin gemeinsam mit dem Geschäftsführer<br />
oder einem Beauftragten des<br />
Unternehmens einen ausgiebigen Rundgang<br />
durch Verwaltung und Produktion unter-<br />
Energie für den Erfolg!<br />
<br />
<br />
Großeislinger Straße 30<br />
73033 Göppingen<br />
Telefon 07161 / 6101-0<br />
www.evf.de<br />
33
[spezial] Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
Projekt mit einer Laufzeit von bis zu sieben Jahren<br />
KEFF-Startschuss in Ulm im April diesen Jahres (von links) mit Otto Sälzle (IHK Ulm), Markus<br />
Möller (Alb-Donau-Kreis), Helmfried Meinel (Umweltministerium BW), Hannes Spieth (Umwelttechnik<br />
BW), Roland Mäckle (Energieagentur Ulm), Mustafa Süslü (IHK), Tim von Winning<br />
(Stadt Ulm), Michael Maucher (Energieagentur Biberach), und Theresa Volk (Energieagentur).<br />
Ein Krieghoff-Mitarbeiter beim Hartlöten von Visierschienen<br />
auf einen Schrotlauf. Um Energie zu<br />
sparen, kann man die Absaugvorrichtung mit einem<br />
Wärmetauscher nachrüsten.<br />
nimmt. Dieser kann je nach Größe des Betriebes<br />
bis zu zwei Stunden dauern. „Danach fertige<br />
ich dem Unternehmen eine Ist-Analyse<br />
an und zeige sinnvolle Maßnahmen zur Energieeffizienz<br />
auf“, erläutert Volk.<br />
Die Ideen hierzu sind mannigfaltig. So können<br />
Unternehmen aus der Holz- und Metallverarbeitenden<br />
Industrie die Abwärme ihrer<br />
Druckluftkompressoren zum Beispiel in Wärme<br />
für die Heizung umwandeln. Dies wird<br />
laut Volk in vielen Firmen bisher nicht getan.<br />
Auch lässt sich mit Absauganlagen Strom sparen.<br />
Mittels eines Wärmetauschers kann<br />
durch die aufgeheizte Abluft die in die Halle<br />
eingebrachte Frischluft vorgewärmt werden.<br />
Auch im Thema Licht steckt Sparpotenzial.<br />
„Viele Leuchtstoffröhren oder Halogen-<br />
Leuchten haben längst ausgedient und könnten<br />
durch sparsame und vor allem langlebige<br />
LED-Systeme ersetzt werden“, erläutert Volk.<br />
Nach ihren Worten legen die KEFF-Effizienzmoderatoren<br />
großen Wert auf eine ganzheitliche<br />
Beratung: „Wir erarbeiten nicht nur Maßnahmen<br />
zur Energieeinsparung, sondern<br />
werfen für unsere Kunden immer auch ein<br />
Auge auf bestehende und anstehende gesetzliche<br />
Vorgaben. Zum Beispiel legt das Erneuerbare-Wärme-Gesetz<br />
bestimmte Anforderungen<br />
fest. Nur wenn man diese kennt, kann<br />
man sie durch ein geschickt aufeinander abgestimmtes<br />
Paket mit Effizienzmaßnahmen<br />
ohne zusätzlichen Aufwand erfüllen.“<br />
Die Regionalen Kompetenzstellen Netzwerk<br />
Energieeffizienz (KEFF) unterstützen<br />
als unabhängiger Ansprechpartner<br />
vor allem kleine und mittlere Unternehmen<br />
dabei, Energieeffizienzmaßnahmen<br />
umzusetzen. Die KEFF-Effizienzmoderatoren<br />
initiieren, unterstützen und begleiten<br />
Maßnahmen. Dabei werden neben<br />
der Gebäudehülle und -infrastruktur<br />
auch der Produktionsprozess und Querschnittstechnologien<br />
in die Betrachtung<br />
einbezogen. Die Trägerorganisationen der<br />
KEFF werden aktuell für vier Jahre aus<br />
Mitteln der Europäischen Union und des<br />
Landes gefördert. Nach drei Jahren Projektlaufzeit<br />
wird eine Evaluation der KEFF<br />
durchgeführt. Nach sieben Jahren Laufzeit<br />
soll das Netzwerk Energieeffizienz<br />
ausreichend bekannt und auch regional<br />
verankert sein. <br />
SL<br />
INFOS ZU FÖRDERTÖPFEN<br />
Die KEFF-Experten erklären auch, welche Förderprogramme<br />
für die einzelnen Unternehmen<br />
in Frage kommen. Die Anträge müssen<br />
die Betriebe selbst ausfüllen, werden dabei jedoch<br />
von den Effizienzexperten unterstützt.<br />
Theresa Volk: „Es ist wichtig zu betonen, dass<br />
wir keine Konkurrenz zu bestehenden Energieberatungsangeboten<br />
darstellen. Wir bieten<br />
unsere Tätigkeiten neutral, unentgeltlich<br />
und im nicht-wettbewerblichen Bereich an.“<br />
Das landesweite KEFF-Projekt soll helfen, die<br />
CO2-Emissionen in Baden-Württemberg bis<br />
zum Jahr 2050 um 90 Prozent zu senken. Mit<br />
der Förderrichtlinie „Regionale Kompetenzstellen<br />
Netzwerk Energieeffizienz (KEFF)“<br />
setzt sich das Ministerium für Umwelt, Klima<br />
und Energiewirtschaft Baden-Württemberg<br />
(UM) deshalb für die Steigerung von Energieeffizienz<br />
in Unternehmen ein. Im Fokus stehen<br />
vor allem jene kleinen und mittleren Unternehmen<br />
(KMU), denen im Vergleich zu den<br />
großen Unternehmen oftmals die Zeit und die<br />
Kapazitäten fehlen, um sich mit möglichen<br />
34
Mit biotark business zur<br />
CO 2 -freien Nudel<br />
Anzeige<br />
Nudeln sind wahre Energiebündel. Dies gilt<br />
auch für ihre Produktion. Mit einem auf wändig<br />
en, energieintensiven Prozess wird den<br />
Teig waren Feuchtigkeit entzogen – für das Tradi<br />
tions<strong>unternehmen</strong> Franz Tress GmbH & Co.<br />
KG (Tress) ein nicht unerheblicher Kostenfaktor.<br />
Hier setzen die Energiespezialisten der<br />
Erdgas Südwest GmbH an. Das Konzept nennt<br />
sich biotark business. Das langfristige Ziel:<br />
Unternehmen zum Selbstversorger machen.<br />
Das Unternehmen Tress verbraucht pro Jahr<br />
rund 7,5 Millionen Kilowattstunden Strom und<br />
Wärme. Geschäftsführer Markus Tress möchte<br />
den Energiebedarf und den CO 2<br />
-Ausstoß reduzieren<br />
– der Grundstein für eine grüne, nachhaltige<br />
Produktwelt. „Wir arbeiten auf die ‚CO 2<br />
-<br />
freie Nudel‘ hin“, erklärt Markus Tress.<br />
Also nahmen die Erdgas Südwest Mitarbeiter<br />
den Teigwarenhersteller genau unter die Lupe.<br />
Die Experten studierten Produktionsprozesse<br />
und Energieverbräuche. Heraus kam ein maßgeschneidertes<br />
Konzept mit erstaunlichem<br />
Optimierungspotenzial: Senkung der Energiekosten<br />
um circa 20 Prozent und Verminderung<br />
des CO 2<br />
-Ausstoßes um bis zu 30 Prozent pro<br />
Jahr (Basisjahr 2013). „Wir haben uns bewusst<br />
für biotark business von Erdgas Südwest entschieden.<br />
Das Energiekonzept erfüllt genau<br />
unsere Anforderungen an Umwelt- und Klimaschutz“,<br />
so Geschäftsführer Markus Tress. Positive<br />
Begleiterscheinung: 83 Prozent des<br />
Stroms und 84 Prozent der benötigten Wärme<br />
erzeugt das Unternehmen heute selbst. Tress<br />
ist damit auf dem Weg zum Energieselbstversorger.<br />
Während der Nudelherstellung Temperatur absenken<br />
und Hydraulik anpassen waren zwei<br />
der empfohlenen Verbesserungen. Das Prinzip<br />
der Kraft-Wärme-Kopplung nutzen und gleichzeitig<br />
Strom und Wärme erzeugen eine weitere.<br />
Möglich ist dies durch kleine Kraftwerke, sogenannte<br />
Blockheizkraftwerke (BHKWs). Die<br />
Funktionsweise eines BHKWs ist dabei denkbar<br />
einfach: Durch Verfeuern eines Brennstoffes<br />
– in der Regel Erdgas – wird ein Generator<br />
zur Stromerzeugung angetrieben. Bei diesem<br />
Prozess entsteht zusätzlich Wärme. Tress setzt<br />
diese Wärme direkt im Gebäude ein. Zu viel erzeugte<br />
Wärme wird in einem zusätzlich installierten<br />
Energiespeicher „zwischengelagert“<br />
und kann bei späterem Bedarf genutzt werden.<br />
Anstatt klassischem Erdgas verwendet das<br />
Unternehmen so oft wie möglich Biomethan<br />
für die Energiegewinnung. Benötigten Reststrom<br />
deckt der Teigwarenhersteller über grünen<br />
Strom aus Wasserkraft ab. Beides wirkt<br />
sich positiv auf die CO 2<br />
-Bilanz des Familienbetriebes<br />
aus.<br />
In den Nudeln von Tress steckt also keine Kilowattstunde<br />
mehr als nötig. Dass sie trotzdem<br />
als kleine Energiebündel gelten, liegt rein an<br />
ihrem Nährwert von etwa 370 Kalorien pro 100<br />
Gramm.<br />
Kontakt<br />
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[rubrik] Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
Prozent, sagt Roland Mäckle, Geschäftsführer<br />
der Regionalen Energieagentur Ulm. Zudem<br />
laufe das Geschäft vieler Firmen zu gut, als<br />
dass sich die Inhaber mit dem Thema Energieeffizienz<br />
auseinandersetzen. Mäckle und sein<br />
Team wollen daher die Firmen in Seminaren<br />
an Hand von erfolgreichen Praxisbeispielen<br />
sensibilisieren: „Die Firmen sparen ja nicht<br />
nur Geld, sondern stellen ihre Produkte auch<br />
umweltfreundlicher und nachhaltiger her.“<br />
Auch die Abwärme von Elektromotoren lässt sich nutzen. <br />
Energieeffizienzpotenzialen auseinanderzusetzen.<br />
Doch das ist keine leichte Aufgabe. Im<br />
Durchschnitt aller Betriebe liegt der Energiekostenanteil<br />
am Umsatz zwischen 1 und 3<br />
Foto: Joyseulay / shutterstock.com<br />
DIE ANSPRECHPARTNER<br />
Die Regionale Kompetenzstelle Energieeffizienz<br />
Donau-Iller ist eine von zwölf Zentren im<br />
Südwesten. Ansprechpartner für Industrie<br />
und Handel ist Konsortialführer Dr. Mustafa<br />
Süslü (Telefon. 0731/173-170), für Handwerksbetriebe<br />
ist Theresa Volk von der Regionalen<br />
Energieagentur zuständig (Tel. 0731/173-273).<br />
Michael Maucher (Tel. 0751/76470-70) von<br />
der Energieagentur Biberach kümmert sich<br />
um das Handwerk im Kreis Biberach. Für den<br />
Kreis Göppingen sind die KEFF-Effiziemzmoderatoren<br />
Eberhard Wachter, Tobias Knayer<br />
und Steffen Koci zuständig. Sie sind bei der<br />
IHK Region Stuttgart angesiedelt, Tel.<br />
0711/20051506. [!] STEFAN LOEFFLER<br />
36
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong><br />
[führen]<br />
Beurer-Geschäftsführer Marco Bühler, Studentin Jennifer Schein und Produktmanagerin Katharina Frasch, die das Projekt „Digitale Hörhilfe“ betreut.<br />
Attraktiv sein für Talente<br />
Familien<strong>unternehmen</strong> tun sich schwer bei der Suche nach Fachkräften. Die Initiative „BeCeo“ fängt einen Schritt vorher<br />
an. Sie bringt Mittelständler und junge Leute in Projektarbeiten zusammen, auch bei der Ulmer Beurer GmbH.<br />
Talente wie Jennifer Schein aus Günzburg<br />
sind begehrt. Die 21-Jährige studiert im 6. Semester<br />
Betriebswirtschaft an der Hochschule<br />
Neu-Ulm und hat einen klaren Blick auf ihre<br />
Situation. „Orientierung ist wichtig. Zu wissen,<br />
wo man hin will“, sagt Schein. In diesem<br />
Punkt sei das Studium wenig hilfreich gewesen,<br />
auch darin, wie man Herausforderungen<br />
im Unternehmensalltag meistert. Darum findet<br />
sie die Initiative „BeCeo“ interessant. „Ein<br />
Studienkollege hat mir davon erzählt und ich<br />
habe mich beworben“, sagt die 21-Jährige.<br />
Denn sie will ihre persönlichen, sozialen und<br />
methodischen Fähigkeiten weiter entwickeln<br />
und hat dabei mehr im Blick als nur Karriere.<br />
GEMEINSAME WERTE<br />
Ins Leben gerufen hat die Initiative Personalund<br />
Organisationsentwicklerin Birgit Soukup-Bilger.<br />
Ziel sei nicht etwa gewesen, ein<br />
weiteres Instrument fürs Recruiting zu schaffen.<br />
„Mir geht es um eine werteorientierte<br />
Ausbildung junger Menschen, um tragfähige<br />
Beziehungen zwischen den Unternehmen<br />
und den jungen Talenten. Diese sollen lernen,<br />
gesellschaftliche und unternehmerische Verantwortung<br />
miteinander zu verbinden“. Die<br />
zehnmonatigen Kurse richten sich an Studierende<br />
ebenso wie an Nachwuchskräfte aus<br />
Unternehmen. Sie beinhalten unter anderem<br />
Seminare für Persönlichkeitsentwicklung<br />
und Führung. Eine weitere Säule des Programms<br />
stellen Unternehmensprojekte dar:<br />
Hier bearbeiten die Talente gemeinsam Themen<br />
und arbeiten dafür eng mit den beteiligten<br />
Firmen zusammen.<br />
37
[führen] Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
Dieser Ansatz gefällt auch Marco Bühler, dem<br />
geschäftsführenden Gesellschafter der Beurer<br />
GmbH. Das 1919 gegründete Unternehmen<br />
stellt Geräte rund um Gesundheit und Wohlbefinden<br />
her: von Blutdruckmessgeräten bis<br />
hin zu Heizdecken. Beurer ist rasant gewachsen.<br />
Von den 900 Mitarbeitern weltweit arbeiten<br />
200 am Firmensitz in Ulm. „Wir haben<br />
unsere Belegschaft in den vergangenen fünf<br />
Jahren verdoppelt“, sagt Bühler.<br />
Beurer steht stellvertretend für viele erfolgreiche<br />
Familien<strong>unternehmen</strong>: „Wir waren so in<br />
der operativen Hektik und haben verschlafen,<br />
uns zu positionieren, deutlich zu machen, wofür<br />
wir als Unternehmen stehen und wie wir<br />
als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen<br />
werden können“, sagt Bühler.<br />
Mit diesem Thema tun sich viele Mittelständler<br />
schwer. Dementsprechend wenig werden<br />
sie von Nachwuchskräften beachtet. In der<br />
jährlichen Untersuchung der Hochschule<br />
Neu-Ulm zur Arbeitgeberattraktivität in der<br />
Region Ulm nehmen regelmäßig die großen<br />
Unternehmen wie Daimler, Liebherr oder Teva<br />
die vorderen Plätze ein. Kleine, wenngleich<br />
erfolgreiche Firmen, werden kaum von Studierenden<br />
wahrgenommen. Dabei macht erst<br />
die Kombination aus Bekanntheit, Sympathie<br />
und Attraktivität Unternehmen für Fachkräfte<br />
interessant. Viele Mittelständler scheitern<br />
schon am ersten Schritt.<br />
Laut Bühler müssen Mittelständler auch aus<br />
einem anderen Grund umdenken. Die Digitalisierung<br />
verändere die Geschäftsmodelle radikal.<br />
Für Beurer bedeutet das: „Wir stellen<br />
Blutdruckmessgeräte her, in fünf Jahren werden<br />
wir viel mehr als heute Dienstleistungen<br />
anbieten. Dann geht es nicht um den Verkauf<br />
von Geräten, sondern darum, Kunden eine Lösung<br />
zu bieten. Für diesen Wandel benötigen<br />
wir entsprechende Mitarbeiter.“ Schon bald<br />
würden Mittelständler Programmierer für<br />
Apps suchen und müssten sich daher als attraktiver<br />
Arbeitgeber positionieren. Zudem<br />
stehen nach seinen Worten Firmenchefs vor<br />
der Aufgabe, Technologien einzuführen, in<br />
denen sie sich nicht auskennen. Junge Talente<br />
verfügten aber über dieses Wissen.<br />
PROJEKT MIT TIEFENWIRKUNG<br />
Umso wichtiger sei es, mit diesen in Kontakt<br />
zu treten, Netzwerke aufzubauen und die Vorteile<br />
von Familien<strong>unternehmen</strong> hervorzuheben.<br />
Bei Beurer treten junge Mitarbeiter rasch<br />
in Verantwortung, arbeiten in bereichsübergreifenden<br />
Projektgruppen und – wegen der<br />
starken Internationalisierung – auch mit<br />
Menschen aus unterschiedlichen Kulturen<br />
zusammen. „Mittelständler können nicht so<br />
sehr über ihre Marke wirken, für sie ist Mundzu-Mund-Propaganda<br />
wichtig“, sagt Bühler.<br />
Auch das ist für Bühler ein Grund, warum sich<br />
Beurer bei „BeCeo“ beteiligt.<br />
Das Besondere an der Initiative ist, dass die<br />
beteiligten Firmen diese zwar finanzieren,<br />
sich aber nicht sicher sein können, dass sie<br />
eines der Talente abkriegen. Dennoch profitieren<br />
die Firmen. Zum einen über den Input<br />
der jungen Leute und die Ergebnisse konkreter<br />
Projektarbeit. Jennifer Schein beispielsweise<br />
arbeitet mit acht anderen Talenten in<br />
ihren wöchentlichen Treffen an der Fragestel-<br />
Bei Beurer ist Teamarbeit gefragt: Ob in der Qualitätsicherung<br />
von Butdruckmessgeräten (Bild<br />
oben) oder bei Besprechungen.<br />
38
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong><br />
[führen]<br />
lung, welche Werte die „BeCeo“-Unternehmen<br />
vertreten und wie Mittelständler ihre<br />
Unternehmenskultur Talenten und Fachkräften<br />
glaubwürdig vermitteln können. In einem<br />
anderen Projekt erarbeiten Talente und<br />
Nachwuchskräfte von Beurer einfache Hörhilfen<br />
für Entwicklungs-<br />
und<br />
Schwellenländer,<br />
die per Smartphone-App<br />
„aufgewertet“<br />
werden, beschreibt<br />
Bühler<br />
das Projekt. Das<br />
junge Team soll<br />
das Business-Mo-<br />
„BeCeo“-Gründerin<br />
Birgit Soukup-Bilger.<br />
dell aus unterschiedlichen<br />
Perspektiven<br />
beleuchten – und<br />
ein Teammitglied soll für die Marktrecherche<br />
sogar nach China reisen.<br />
„Das ist ein tolles Projekt mit Tiefenwirkung“,<br />
sagt Personalchefin Anke Dadder über „Be-<br />
Ceo“. Beurer erhöhe damit seine Bekanntheit<br />
und hinterlasse Eindrücke. „Wir sind ein familienfreundliches<br />
Unternehmen mit einem<br />
Frauenanteil von 70 Prozent, hoher Teilzeitquote<br />
und einer Stiftung, die ökologische und<br />
soziale Projekte unterstützt. Natürlich geht es<br />
uns auch darum, mittelfristig Menschen zu<br />
erreichen, die als Mitarbeiter zu uns passen“,<br />
erklärt Dadder.<br />
Unter Studenten habe sich die „BeCeo“ bereits<br />
herumgesprochen, sagt Soukup-Bilger. Wer<br />
teilnehmen möchte, muss ein Motivationsschreiben<br />
verfassen und die schriftliche Referenz<br />
eines Dozenten oder einer Führungskraft<br />
vorlegen. Am Ende des Auswahlverfahrens<br />
steht ein Vorstellungsgespräch, in dem ausgelotet<br />
wird, wie motiviert die jungen Leute sind<br />
und ob sie von ihrer Einstellung zu den Mittelständlern<br />
passen. „Die Talente“, so Soukup-<br />
Bilger, „können dann schauen, wie reizvoll es<br />
ist, an den Herausforderungen des Mittelstandes<br />
zu wachsen.“ [!] ALEXANDER BÖGELEIN<br />
Zehn Förderer, zehn<br />
Monate Programm<br />
Die Initiative „BeCeo – The Global<br />
Shift“ ist im vergangenen Jahr gegründete<br />
worden. Sie richtet sich an engagierte<br />
Studenten, Nachwuchskräfte<br />
aus Firmen, Studienabbrecher und<br />
Quereinsteiger, die mit Mittelständlern<br />
der Region zusammengebracht werden.<br />
Das zehnmonatige Programm für<br />
jeweils bis zu 12 Teilnehmer umfasst<br />
Workshops, Vorträge, Projektarbeiten<br />
in Unternehmen und individuelles Coaching.<br />
Begleitet wird die Initiative<br />
durch Mentoren. Finanziert wird die Initiative<br />
bisher von zehn Förderern. Die<br />
Teilnahmegebühr für die jungen Talente<br />
beträgt 85 Euro pro Monat. Es gibt<br />
aber Stipendien und Förderungen. Die<br />
nächsten Kurse finden im Herbst und<br />
Frühjahr statt. Infos unter www.beceo.<br />
global; Kontakt: info@beceo.global; Telefon<br />
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39
[rubrik] Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
Foto: Alvov / shutterstock.com<br />
Mit vollen Segeln übers Meer<br />
Sommer, Sandstrand, Dünenlandschaft, viel Wasser unter dem Kiel, exotische Gewürze und magische Orte in<br />
Oberbayern: Sechs Führungskräfte haben unserem Mitarbeiter Stefan Loeffler in unserer Umfrage ihr<br />
Lieblingsreiseziel verraten und was auf keinen Fall für die Entspannung in einem perfekten Urlaub fehlen darf.<br />
40
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong><br />
[leben]<br />
Wo verbringen sie am liebsten ihre Ferien und warum?<br />
Ich verbringe meinen Urlaub am liebsten an der Westküste von Marokko.<br />
Denn dort gibt es alles, was mein Herz begehrt. Am Strand findet<br />
man das perfekte Zusammenspiel von Aktion mit Surfen oder Kamelreiten<br />
und Entspannung beim Sonnenbad oder mit Yoga. Die<br />
Menschen sind supernett und aufgeschlossen. Das Land selbst bietet<br />
zahlreiche interessante Sehenswürdigkeiten – und auch das Essen ist<br />
ein wahrer Gaumenschmaus. Die Marokkaner verstehen<br />
es wirklich mit Gewürzen umzugehen.<br />
Eva Geiselmann, freie Finanz- und Versicherungsmaklerin<br />
in Geislingen/Steige.<br />
Mein Lieblingsurlaubsort ist das Meer mit Sandstrand. Für mich spielt<br />
es dabei eine untergeordnete Rolle, ob es nach Griechenland, Portugal<br />
oder auf die Kanaren geht. Am Meer kann ich am besten vom stressigen<br />
Alltag abschalten und neue Energie für die anstehenden Projekte<br />
sammeln. Mindestens einmal pro Jahr gönne ich mir zwei Wochen<br />
Erholungsurlaub am Stück. Den benötige ich auch, um<br />
den Akku wieder voll aufzuladen. Alternativ verbringe<br />
ich sehr gerne ein paar Tage am Gardasee.<br />
Foto: Netfalls Remy Musser / shutterstock.com<br />
Leitet die Geschäftsstelle der<br />
Göppinger City e.V.: Oliver Sihler.<br />
Mein Mann und ich verbringen unsere Ferien sehr gerne auf Texel.<br />
Diese kleine Insel an der Nordsee im Norden von Holland bietet eine<br />
Vielfalt an Naturschönheiten. Wir verbringen die meiste Zeit mit langen<br />
Strand- und Dünenspaziergängen. Alles liegt so nah beieinander,<br />
dass wir das Auto in dieser Zeit stehen lassen können. Ein perfekter<br />
Urlaub, um die Seele baumeln zu lassen und um sich für<br />
die Herausforderungen zu rüsten, die der Alltag im Betrieb<br />
mit sich bringt.<br />
Birgit Stier, Geschäftsführerin der<br />
Agaplesion Bethesda Klinik Ulm.<br />
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[leben] Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
Wo verbringen sie am liebsten ihre Ferien und warum?<br />
Mein Urlaubsfavorit ist der Chiemsee und das Chiemgau. Hier gibt es<br />
traumhafte Landschaften und ein nahezu unerschöpfliches Spektrum<br />
an Freizeitaktivitäten. Vom Wandern, über Biken bis zum Rudern und<br />
Segeln ist alles möglich. Dies alles verbindet sich mit der oberbayerischen<br />
Lebensart zu einer einmaligen Mixtur, die ich so nirgendwo<br />
sonst auf der Welt gefunden habe. Wer einmal auf der Fraueninsel vor<br />
der über 1000 Jahre alten Tassilo Linde stand, kann sich<br />
der Magie dieses Ortes nicht mehr entziehen.<br />
Christoph Botzenhart, geschäftsführend. Gesellschafter Botzenhart<br />
Management Consulting GmbH & Co.KG.<br />
Mein liebster Urlaubsort ist das Deck der Sea Cloud. Dieses über 85<br />
Jahre alte Segelkreuzfahrtschiff nennt man zu Recht „Legende unter<br />
weißen Segeln“. Neben einem einzigartigen Ambiente, einer hervorragenden<br />
Küche, einer kompetenten und freundlichen Besatzung, ist es<br />
die besondere Atmosphäre dieses Viermasters, die eine Reise für mich<br />
immer zu einem einmaligen Erlebnis werden lässt. Der Entspannungsfaktor<br />
ist für mich nirgendwo größer als an Deck der Sea Cloud,<br />
wenn diese mit voller Takelage über die Weltmeere segelt.<br />
Ganz nebenbei lerne ich wunderschöne und spannende<br />
Orte kennen.<br />
Wolfgang Brauchle ist Geschäftsführer der Reisebüro<br />
Honold GmbH & Co. KG in Neu-Ulm.<br />
Mein Lieblingsreiseziel ist Mallorca, die Insel ist extrem abwechslungsreich<br />
mit wunderschönen Sandstränden und Steilklippen. Das<br />
Wasser ist kristallklar und lädt zum Schwimmen und Bootfahren ein.<br />
Die Stadt Palma punktet mit der berühmten Kathedrale und den beeindruckenden<br />
Bauten und Museen. Auch ein Bummel durch die geschäftigen<br />
Straßen und ein Besuch auf dem Blumenmarkt sind empfehlenswert.<br />
Ein absolutes Highlight ist die Mandelblüte im Februar<br />
und März, die die Insel in ein duftendes, rosa-weißes Blütenmeer verwandelt.<br />
Auch die mallorquinische Küche ist sehr, sehr<br />
lecker und bietet eine große Vielfalt an Gerichten und<br />
Gewürzen.<br />
Susanne Jäger, Inhaberin des Bang&Olufsen Geschäfts<br />
am Ulmer Münsterplatz.<br />
42
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong><br />
[namen & nachrichten]<br />
Kooperation zum<br />
Thema „Mensch<br />
und Maschine“<br />
Immer mehr Firmen setzen auf<br />
enge Zusammenarbeit zwischen<br />
Mensch und Maschine.<br />
Solche Prozesse effizient zu gestalten,<br />
hat sich ein neugegründetes<br />
Promotionskolleg zum<br />
Ziel gesetzt. Bis zum Jahr 2020<br />
sollen zwölf Stipendiaten der<br />
Hochschule Ulm und der Universität<br />
Ulm Konzepte entwickeln,<br />
die Maschinen eine höhere<br />
Flexibilität ermöglichen.<br />
„Durch selbstlernende Systeme<br />
können intelligente Service-Robotik-<br />
und Companion-Systeme<br />
realisiert werden. Diese stimmen<br />
ihre Funktion individuell<br />
auf den Nutzer ab“, erklärt Projektleiter<br />
Christian Schlegel.<br />
Praxispartner aus der Region<br />
können eigene Fragestellungen<br />
einbringen. Kontakt: schlegel@<br />
hs-ulm.de.<br />
Bewährungstest<br />
für Rennwagen<br />
in Hockenheim<br />
Im August zeigt sich beim internationalen<br />
Rennen auf dem Hockenheim-Ring,<br />
ob der Rennwagen<br />
„Stinger 17“ der Hochschule<br />
Ravensburg-Weingarten konkurrenzfähig<br />
ist. An der Entstehung<br />
und Realisierung des<br />
„Stinger 17“ waren mehr als 50<br />
Studenten aus den Bereichen<br />
Maschinenbau, Elektrotechnik,<br />
Wirtschaftsingenieurwesen, Betriebswirtschaftslehre<br />
und Soziale<br />
Arbeit beteiligt – unterstützt<br />
von Sponsoren.<br />
Hochschule Ulm<br />
konzipiert kluges<br />
Stromnetz<br />
Mit gleich drei Projekten erweitern<br />
die Stadtwerke Ulm/Neu-<br />
Ulm und die Hochschule Ulm<br />
ihre seit 11 Jahren bestehende<br />
Genbänkle für alte Sorten<br />
Rund 220 seltene Gemüsesorten haben Roman Lenz und sein<br />
Projektteam an der HfWU Nürtingen-Geislingen im „Genbänkle“<br />
bereits gelistet. Ziel der Initiative ist es, altes Saatgut zu<br />
schützen und zurück in die Gärten zu bringen. Dafür gab es<br />
nun eine Auszeichnung der Vereinten Nationen. Der Schutz alter<br />
Arten macht aus ökologisch und ökonomischer Sicht Sinn.<br />
Denn in den Züchtungen steckt über Jahrhunderte erbrachte<br />
Kulturarbeit und wertvolles genetisches Kapital.<br />
Kooperation zum Forschungsgebiet<br />
Smart-Grids. Mithilfe<br />
von Realdaten konzipieren die<br />
Wissenschaftler ein intelligentes<br />
Stromnetz, das einen hohen<br />
Anteil erneuerbarer Energie zulässt<br />
und gleichzeitig trotz<br />
schwankender Einspeisung eine<br />
stabile Elektrizitätsversorgung<br />
gewährleistet. Dazu testen<br />
die Projektpartner auch sogenannte<br />
Quartierspeicher, die<br />
den Solarstrom ganzer Nachbarschaften<br />
zwischenspeichern<br />
könnten. Ab Oktober sollen Anlagen-Besitzer<br />
Solarwetterberichte<br />
und Live-Erzeugungsdaten<br />
per Website abrufen<br />
können. Mehr Informationen<br />
unter www.hs-ulm.de.<br />
Transferzentrum<br />
für Fertigung<br />
in Kempten<br />
Foto: VICUSCHKA / shutterstock.com<br />
Produzierendes Gewerbe pro fitiert<br />
ab sofort vom Technologietransferzentrum<br />
der HS Kempten.<br />
Das auf fünf Jahre angelegte<br />
und mit 2,4 Millionen Euro geförderte<br />
Projekt soll Fertigungsverfahren<br />
im Hinblick auf Ressourcenverbrauch<br />
und Wirtschaftlichkeit<br />
verbessern. „Wir<br />
optimieren Prozessketten und<br />
stellen uns den Herausforderungen<br />
der digital isierten Produktion“,<br />
sagt Projektleiter Christian<br />
Donhauser. Kontakt: christian.<br />
donhauser@hs-kempten.de.<br />
Für Robo Marvin<br />
fängt die Arbeit<br />
jetzt richtig an<br />
Der von Studierenden und Mitarbeitern<br />
der Hochschule Weingarten-Ravensburg<br />
entwickelte<br />
Assistenzroboter Marvin hat bei<br />
der Deutschen Robotikmeisterschaft<br />
in Magdeburg Platz fünf<br />
belegt. In der Kategorie „Robo-<br />
Cup@Home“ meisterten die<br />
Roboter Aufgaben wie Einkäufe<br />
verstauen. Für Marvin geht es<br />
jetzt aber erst richtig los. Ein interdisziplinäres<br />
Team aller Fakultäten<br />
wird Marvin weiterentwickeln<br />
und sich weiterhin<br />
mit der Konkurrenz messen.<br />
Lob vom<br />
VDMA für<br />
Praxisbezug<br />
„Digital und regional“ verspricht<br />
der Kooperationsstudiengang<br />
Systems Engineering<br />
der Hochschulen Augsburg und<br />
Kempten. Das Konzept, das sowohl<br />
ein berufsintegriertes als<br />
auch ein Vollzeitstudium zulässt,<br />
bringt die Region voran.<br />
Das würdigte der Verband Deutscher<br />
Maschinen- und Anlagenbau<br />
mit dem Sonderpreis „Bestes<br />
Maschinenhaus“.<br />
Lucia Reisch von<br />
der ZU erhält<br />
Verdienstorden<br />
Lucia Reisch, Wirtschaftswissen<br />
schaftlerin an der Zeppelin<br />
Universität Friedrichshafen, hat<br />
den Landesverdienstorden erhalten.<br />
„Sie vernetzt Akteure<br />
der Verbraucherforschung und<br />
sorgt für den Wissenstransfer<br />
zwischen Wissenschaft und Politik“,<br />
heißt es in der Würdigung.<br />
Lucia Reisch gibt unter<br />
anderem Landes- und Bundesregierung<br />
Handlungsempfehlungen<br />
in Verbraucher belangen.<br />
[!] GYS<br />
43
Die Ulmer Firma Out Trade entwickelt Faltboote von leichten Freizeitkajaks, die in eine Sporttasche passen, bis hin zu Expeditions-Testsieger-Seekajaks. Pro-<br />
Ulmer Faltboote für Europa<br />
Nach einem Griechenland-Urlaub von Studenten hat sich ein kleines, aber erfolgreiches Unternehmen entwickelt. Die<br />
Firma Out-Trade ist in ihrer Nische sogar Marktführer – auch dank der Zusammenarbeit mit ihrem russischen Partner.<br />
Preisfrage: Was haben Microsoft, Google<br />
und die im Ulmer Donautal ansässige<br />
Out-Trade GmbH gemeinsam? Es sind<br />
die Orte, in denen alles begann – Garagen. Das<br />
ist dann aber auch schon die einzige Gemeinsamkeit,<br />
die sich die Software- und Internetgiganten<br />
aus den USA und der Faltboot-Spezialist<br />
haben. Schon allein deswegen, weil<br />
Faltboote einen Nischenmarkt bilden. Doch<br />
in diesem entwickelte sich das Ulmer Unternehmen<br />
in den vergangenen 15 Jahren dank<br />
ihres Willens zur Innovation sehr gut.<br />
Sommer, Sonne, Ferien. Auch damit könnte<br />
man diese Firmengeschichte beginnen. Die<br />
Gründer um Steffen Sator waren damals Student<br />
der Wirtschaftswissenschaften und<br />
suchten nach einem geeigneten Faltboot, aber<br />
sie fanden keines, das sie zufrieden stellte. Zu<br />
schwer, zu unhandlich, zu teuer für ihren<br />
Geldbeutel, so lautete das Ergebnis nach Sichtung<br />
des überschaubaren und antiquierten<br />
Angebots. Doch sie hätten ihre Paddeltour in<br />
Griechenland gerne etwas sportlicher angegangen,<br />
als es damit möglich schien.<br />
ERST URLAUB, DANN TESTLAUF<br />
„Eher durch Zufall“, erzählt der Inhaber von<br />
Out-Trade, seien sie dann auf ein Faltboot der<br />
in St. Petersburg ansässigen Firma Triton gestoßen,<br />
das schon eher ihren Vorstellungen<br />
entsprach. Es war verhältnismäßig günstig,<br />
passte in einen Rucksack und hatte einen sehr<br />
viel sportlicheren Bootsriss. Während sich<br />
dieser Einkauf im Urlaubseinsatz bewährte,<br />
reifte bei den jungen Leuten der Gedanke,<br />
dass auch andere Freizeitpaddler sich mit dem<br />
lückenhaften Angebot quälten. Und dass in<br />
diesem Falle doch auch ein Markt für ein solches<br />
Boot vorhanden sein müsste. Sie ließen<br />
es auf einen Testlauf ankommen, legten etwas<br />
Geld zusammen, importierten eine Handvoll<br />
Triton-Boote und bestückten mit diesen einen<br />
selbstgebastelten Stand auf der Interboot in<br />
Friedrichshafen. Die Resonanz, erinnert sich<br />
Sator, sei vielversprechend gewesen. Daraufhin<br />
erfolgte die Anmietung besagter Garage.<br />
Die Geschäftsidee bekam bald Auftrieb. Mehr<br />
oder weniger Zufall war es dann, dass der erste<br />
44
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong><br />
[machen]<br />
70 Partner im Fachhandel<br />
Produktion in St. Petersburg: In Faltbooten steckt viel Know-How und Handarbeit.<br />
duziert werden sie von Triton in St. Petersburg.<br />
Boote von Out-Trade waren schon bei<br />
Expeditionen im Einsatz, etwa in der Antarktis.<br />
Doch was deren werbliche Ausstrahlung<br />
betrifft, zeigt sich Firmenchef<br />
Steffen Sator realistisch. Anders als im<br />
Fußball, wo die Ausrüster hohe Summen<br />
investieren, sei bei Expeditionen der Promotion-Effekt<br />
eher gering. Extrem wichtig<br />
sei hingegen die direkte Ansprache<br />
von Kunden auf Fachmessen. Zum größten<br />
Teil sind dies Freizeitsportler. Den<br />
wichtigsten Vertriebsweg stellen mehr<br />
als 70 stationäre Fachhändler im Segment<br />
Outdoor und Wassersport dar.<br />
Gegründet haben die Out-Trade-Gesellschafter<br />
ihre GmbH im <strong>Juli</strong> 2002. Der<br />
Umsatz betrug im vergangenen Jahr rund<br />
zwei Millionen Euro. <br />
THV<br />
Umzug ausgerechnet in die Hallen eines ehemaligen<br />
Faltbootherstellers führte, in die<br />
Hammer-Faltbootwerft in Erbach.<br />
Schon bald erweiterte das Team das Sortiment<br />
um Boote des US-amerikanischen Herstellers<br />
Pakboats, die sich in der Szene einen guten<br />
Namen mit Expeditions-Faltkanadiern sowie<br />
mit Leichtgewichts-Faltkajaks gemacht hatten.<br />
Doch das Team um Sator, das heute fünf<br />
Mitarbeiter umfasst, beließ es nicht bei importierter<br />
Ware und dem Handel damit, sondern<br />
machte sich daran – ganz dem schwäbischem<br />
Tüftelgeist entsprechend – eigene<br />
Produktlinien zu entwerfen, mit verbesserten<br />
Materialien und angepassten Bootsrissen.<br />
Produziert werden diese bis heute von Triton,<br />
der zum strategischen Partner aufgestiegen<br />
ist. „Mittlerweile belegen wir dort sieben Monate<br />
der Produktion“, erläutert Sator. Die Zusammenarbeit<br />
funktioniere gut. Daran hätten<br />
auch die momentanen politischen Spannungen<br />
nichts geändert. Die vom Westen verhängten<br />
Sanktionen gegen Russland, versichert<br />
Sator, hätten auf die deutsch-russische<br />
Partnerschaft keine Auswirkungen.<br />
Im Katalog von des Ulmer Unternehmens<br />
finden sich inzwischen 25 verschiedene Modelle,<br />
darunter 13 unter dem eigenen Label<br />
„nortik“. Ausstattung und Design der für Out-<br />
Trade gefertigten Triton-Produkte sind längst<br />
auf den anspruchsvolleren deutschsprachigen<br />
Markt ausgerichtet und entsprechend<br />
hochwertiger.<br />
KONSTRUKTION AUS ALUMINIUM<br />
Das Sortiment wird laut Sator ständig weiter<br />
entwickelt, denn „zu optimieren gibt es immer<br />
was“, so lautet das Motto der jungen Firma.<br />
Nur in einem Modell findet sich noch das<br />
traditionelle Holzgestänge, ansonsten kommt<br />
Aluminium zum Einsatz. Es gibt aber auch<br />
luftkammerbasierte Boote fürs Rafting.<br />
Mit den eher unhandlichen und klobigen<br />
Booten von einst haben aber alle aktuellen<br />
Modelle nur noch wenige Ähnlichkeiten. Die<br />
Fahreigenschaften seien durchweg stark verbessert,<br />
die Bootshäute seien hermetisch<br />
dicht, nennt Sator wesentliche Unterschiede.<br />
Und in Gestalt der Hybridboote ist eine Mischform<br />
entstanden, eine Kombination aus<br />
Schlauch- und Faltboot.<br />
Die Produktinnovationen blieben nicht unbemerkt.<br />
Nach seinen Worten ist es Sator gelungen,<br />
seine aus einem Hobby abgeleitete Geschäftsidee<br />
auf so solide Beine zu stellen. „Die<br />
befindet sich schon lange auf einem stetigen,<br />
Firmenchef<br />
Steffen Sator.<br />
gesunden Wachstumskurs“.<br />
Dabei ist dieser<br />
Markt – Kernmarkt<br />
von Out-<br />
Trade ist der<br />
deutschsprachige<br />
Raum – nach wie<br />
vor überschaubar<br />
und stabil. Innerhalb<br />
des europäischen<br />
Gesamtmarkts,<br />
den Sator<br />
jährlich auf rund 3000 Faltboote schätzt, sei<br />
man mit bis zu 2000 abgesetzten Booten – gemessen<br />
an der Stückzahl – Marktführer.<br />
Wer hier weiterhin wachsen möchte, muss<br />
also neue Kundengruppen erschließen. Sator<br />
fischt dabei insbesondre im Teich der Freizeitsportler,<br />
bedient auch solche Menschen, die es<br />
gerne trendy haben und den großen Auftritt<br />
am Gewässer schätzen. Im Verdacht, besonders<br />
viele Blicke anzuziehen, stehen dabei eigens<br />
entwickelte Modelle, die beim Aufbau<br />
ein ganz spezielles Falten erfordern. „Gefaltet“<br />
werden hier Bootswände aus Hartkunststoff<br />
– nach dem Origami-Prinzip. [!] <br />
<br />
THOMAS VOGEL<br />
45
[namen & nachrichten] Ausgabe 58 | <strong>Juli</strong> <strong>2017</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
Tomschi soll<br />
SAP-Geschäft von<br />
Wilken beflügeln<br />
Mit Christine Tomschi (45) ist<br />
eine erfahrene IT-Managerin in<br />
die Geschäftsführung<br />
der<br />
Wilken PRO<br />
GmbH berufen<br />
worden.<br />
In der<br />
Wechselt von Aachen<br />
nach Ulm:<br />
Christine Tomschi.<br />
Dienstleistungstochter<br />
der Wilken-<br />
Software-<br />
Gruppe<br />
(Ulm) und der Factur Billing Solutions<br />
GmbH soll sie gemeinsam<br />
mit dem bisherigen Geschäftsführer<br />
Daniel Samatin<br />
vor allem das Geschäft im SAP-<br />
Umfeld deutlich ausbauen. Das<br />
Ulmer Softwarehause erzielte<br />
2016 einen Umsatz von 60 Millionen<br />
Euro und beschäftigt insgesamt<br />
520 Mitarbeiter an sechs<br />
Standorten.<br />
Laute Flieger<br />
bezahlen<br />
höhere Gebühr<br />
Airlines mit besonders lauten<br />
Maschinen werden am Flughafen<br />
Friedrichshafen künftig<br />
stärker zur Kasse gebeten. Das<br />
Verkehrsministerium Baden-<br />
Württemberg hat eine Entgelterhöhung<br />
von durchschnittlich<br />
MTU-Motor für Groß-Katamaran<br />
5 Prozent für große Maschinen<br />
zum 1. <strong>Juli</strong> genehmigt. Die<br />
Preisspanne für sehr leise bis<br />
sehr laute Maschinen liegt<br />
künftig bei 1 bis 520 Euro pro<br />
Landung. Hinzu kommt eine<br />
am Bodensee-Airport erstmals<br />
eingesetzte emissionsabhängige<br />
Gebühr – hier liegt die Spanne<br />
für sehr saubere bis sehr<br />
schmutzige Flieger zwischen 1<br />
bis 200 Euro. Die meisten Passagiermaschinen<br />
liegen auf den<br />
Skalen in der mittleren Kategorie.<br />
Zuletzt wurden die Friedrichshafener<br />
Landegebühren<br />
2013 erhöht.<br />
Dethleffs baut<br />
neue Produktion<br />
am Stammsitz<br />
Der Reisemobil- und Caravan-<br />
Hersteller Dethleffs aus Isny<br />
wächst kräftig und geht optimistisch<br />
ins neue Jahr. Im Geschäftsjahr<br />
2015/16 hatte Dethleffs<br />
den Umsatz um 17 Prozent<br />
auf 311 Millionen Euro gesteigert.<br />
In diesem Jahr will der Reisemobilbauer<br />
mit dem boomenden<br />
Markt wachsen. Dieser<br />
wird laut Vertriebsgeschäftsführer<br />
Alexander Leopold um 11<br />
Die MTU Friedrichshafen plant, bis Ende 2018<br />
vier 20-Zylinder-Motoren an die Werft Incat<br />
Tasmania auszuliefern. Vorgesehen sind diese<br />
für den größten Schnellkatamaran im Mittelmeer.<br />
Er wird eine Länge von 110 Metern haben<br />
und Platz für 900 Fahrgäste sowie 167 Autos<br />
und Parkplätze für Lastwagen auf 490<br />
Metern Länge. Zudem hat MTU in Friedrichshafen<br />
eine neue Lackieranlage für 17 Millionen<br />
Euro in Betrieb genommen. MTU und seine<br />
weltweit 10.000 Mitarbeiter sind Teil der britischen<br />
Rolls-Royce-Gruppe.<br />
Prozent zulegen, nach einem<br />
Plus von 18 Prozent im vergangenen<br />
Jahr. Derzeit läuft der<br />
Bau einer zweiten, 8000 Quadratmeter<br />
großen Produktionshalle<br />
am Stammsitz in Isny, die<br />
2018 fertig gestellt sein soll.<br />
Dethleffs investiert nach früheren<br />
Angaben bis Ende 2019<br />
rund 50 Millionen Euro in die<br />
Werkserweiterung. Damit soll<br />
die Fertigungskapazität auf<br />
16.000 Fahrzeuge pro Jahr steigen<br />
und Produktionsabläufe<br />
optimiert werden. Das Isnyer<br />
Unternehmen ist Teil der Erwin-Hymer-Gruppe.<br />
[!]<br />
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