FernUni Perspektive | Ausgabe Winter 2017
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Campus<br />
Seite 2<br />
<strong>FernUni</strong> <strong>Perspektive</strong><br />
Fortsetzung von Seite 1<br />
Dies Academicus<br />
Exzellenz gewürdigt<br />
Krönender Abschluss des Dies Academicus<br />
war die Auszeichnung von<br />
Absolventinnen und Absolventen,<br />
Promovendinnen und Promovenden<br />
sowie Wissenschaftlichen Mitarbeitenden.<br />
Preise für hervorragende Examensarbeiten<br />
– gestiftet von<br />
der Gesellschaft der Freunde der<br />
<strong>FernUni</strong>versität e.V. – erhielten:<br />
Tobias Timmerscheidt (Köln), Bachelorarbeit<br />
„Unterlassungsansprüche<br />
und ihre Durchsetzung im Anwendungsbereich<br />
des Europäischen<br />
Patentgerichtsübereinkommens und<br />
im deutschen Recht“, Prof. Dr. Se-<br />
bastian Kubis, Rechtswissenschaftliche<br />
Fakultät.<br />
Silvia Weber (Friedberg/Hessen),<br />
Bachelorarbeit „Weiterentwicklung<br />
der beruflichen Humankompetenz<br />
bei älteren AltenpflegerInnen“,<br />
Prof. Dr. Uwe Elsholz, Fakultät<br />
Kultur- und Sozialwissenschaften.<br />
Bettina Sader (Oberursel), Bachelorarbeit<br />
„Konzeptuelle Erweiterung<br />
einer beschreibungslogischen<br />
Ontologie zur medikamentösen<br />
Brustkrebstherapie“, Prof. Dr. Christoph<br />
Beierle, Fakultät Mathematik<br />
und Informatik.<br />
Dr. Sebastian Stiller (Meißenheim),<br />
Bachelorarbeit „Erweiterungen des<br />
Nicole Hausmann und Dr. Daniel Schubbe-Åkerlund (2.v.re.) erhielten den Lehrpreis<br />
der <strong>FernUni</strong>versität. Er wurde überreicht von Frank Walter (re., Freundesgesellschaft)<br />
und Prorektor Prof. Dr. Sebastian Kubis, der auch die Laudatio hielt.<br />
(Foto: <strong>FernUni</strong>versität)<br />
Unternehmenswertmodells nach<br />
Merton und deren Eignung zur Erklärung<br />
von Credit Spreads während<br />
Krisenphasen“, Prof. Dr. Rainer Baule,<br />
Fakultät Wirtschaftswissenschaft.<br />
Robert Posthumus (Berlin), Masterarbeit<br />
„Bieter- und Arbeitsgemeinschaften<br />
– Kartellrechtliche Zulässigkeit<br />
und Grenzen“, Prof. Dr. Barbara<br />
Völzmann-Stickelbrock, Rechtswissenschaftliche<br />
Fakultät.<br />
Alexander Christoph Leipold<br />
(Berlin), Masterarbeit „Ökonomische<br />
Ungleichheit und der Einfluss<br />
von Diskurskoalitionen auf Vermögensbesteuerung<br />
in<br />
Deutschland, 1995-<br />
2015. Eine Diskursnetzwerkanalyse<br />
von Policy-Wandel<br />
in der Steuerpolitik“,<br />
Dr. Katrin Loer<br />
und Prof. Dr. Annette Elisabeth Töller,<br />
Fakultät Kultur- und Sozialwissenschaften.<br />
Maximilian Baran Freiherr von<br />
Pechmann (Johnson City/Tennessee,<br />
USA), Masterarbeit „Bose-Einstein-Kondensation<br />
in einem Zufallspotential“,<br />
Prof. Dr. Wolfgang<br />
Spitzer, Fakultät Mathematik und<br />
Informatik.<br />
Michael Naumann (Bad Zwesten),<br />
Masterarbeit „Zur Berücksichtigung<br />
Die Preisträgerinnen und Preisträger mit Rektorin Prof. Ada Pellert (vorne, Mitte) und<br />
Frank Walter (vorne li., Freundesgesellschaft). (Foto: <strong>FernUni</strong>versität)<br />
des Sprungrisikos bei der Bewertung<br />
von Bonus-Zertifikaten“, Prof. Dr.<br />
Rainer Baule, Fakultät Wirtschaftswissenschaft.<br />
Preise für die besten Promotionsarbeiten<br />
– gestiftet von der Fern-<br />
Universität – erhielten:<br />
Dr. Jane Hergert (Halle), „Personality,<br />
Situation, and Infidelity in<br />
„Wir merken, wie bemüht alle Hochschulangehörigen sind,<br />
uns Studierende zum Abschluss zu führen.“<br />
AStA-Vertreterin Petra Lambrich in ihrem<br />
Grußwort zu den Absolventinnen und Absolventen<br />
Romantic Relationships“, Prof. Dr.<br />
Bernd Marcus, Fakultät Kultur- und<br />
Sozialwissenschaften (jetzt Universität<br />
Rostock).<br />
Dr. Köksal Sahin (München), „Risiko<br />
als Vertragsgegenstand – Die<br />
Reform der vorvertraglichen Anzeigepflicht<br />
im Japanischen Versicherungsvertragsrecht“,<br />
Prof. Dr.<br />
Hans-Peter Marutschke und Prof.<br />
Dr. Barbara Völzmann-Stickelbrock,<br />
Rechtswissenschaftliche Fakultät.<br />
Dr. Dominik Ballreich (Solingen),<br />
„Stable and efficient cubaturebased<br />
filtering in dynamical systems“,<br />
Prof. Dr. Hermann Singer<br />
und Prof. Dr. Wilhelm Rödder, Fakultät<br />
Wirtschaftswissenschaft.<br />
Dr.-Ing. Stefan Andreas Widmann<br />
(Freudenberg/Bayern), „Eine<br />
Datenspezifikationsarchitektur –<br />
Methoden zur Datenflussüberwachung<br />
in sicherheitsgerichte-<br />
ten Echtzeitsystemen“,<br />
Prof. Dr.<br />
Dr. Wolfgang Halang,<br />
Fakultät Mathematik<br />
und Informatik,<br />
und Prof. Dr. Matjaz Colnaric.<br />
Den Preis des Deutschen Akademischen<br />
Austauschdienstes erhielt Joanna<br />
Lorenz (sihe Seite 16).<br />
Mit dem Lehrpreis der <strong>FernUni</strong>versität<br />
– gestiftet von der Gesellschaft ihrer<br />
Freunde – ausgezeichnet wurden<br />
Nicole Hausmann und Dr. Daniel<br />
Schubbe-Åkerlund (s.S.13). Da<br />
Der Brexit: „Bloody difficult“, aber auch ein Beispiel für Demokratie<br />
„Der Brexit ist ein Paradebeispiel<br />
für das Funktionieren einer lebendigen<br />
Demokratie!“ Zu diesem sicher<br />
für viele überraschenden Ergebnis<br />
kam Prof. Dr. Andreas Haratsch in<br />
seinem Festvortrag „Der EU-Austritt<br />
Großbritanniens und die Demokratie<br />
– bloody difficult … brexit“.<br />
„Man mag die Entscheidung<br />
der Briten, die Europäische Union<br />
zu verlassen, für falsch halten. Dies<br />
darf jedoch kein Anlass sein, die Demokratie<br />
als solche dafür verantwortlich<br />
zu machen und sie grundsätzlich<br />
in Frage zu stellen“, führte<br />
der Inhaber des Lehrstuhls für<br />
Deutsches und Europäisches Verfassungs-<br />
und Verwaltungsrecht sowie<br />
Völkerrecht an der <strong>FernUni</strong>versität<br />
aus. Sein Vortrag hatte enge Bezüge<br />
für Brexit-Fachtagung.<br />
Am Beispiel des Brexits lasse sich<br />
eine Vielzahl grundlegender Fragen<br />
im Zusammenhang mit demokratischem<br />
Prinzip und repräsentativer<br />
parlamentarischer Demokratie<br />
diskutieren. Prof. Haratsch ging<br />
es aber nicht darum, ob der Brexit<br />
die „richtige“ Entscheidung war.<br />
Da sich die Mehrheit der Wählenden<br />
beim Referendum aber so entschieden<br />
hätte, werde sie nun umgesetzt.<br />
Allerdings nicht aus rechtlichen<br />
Gründen, sondern aus politischen.<br />
Die Brexit-Entscheidung werfe unter<br />
anderem die Fragen auf, warum<br />
in einer Demokratie die Mehrheit<br />
entscheidet und ob diese Entscheidung<br />
eine Gewähr für ihre Richtigkeit,<br />
Klugheit oder Weisheit sei.<br />
Zweifel an Demokratie<br />
Zunächst einmal sei das Mehrheitsprinzip<br />
ein rein formales: Entschieden<br />
werde nicht anhand inhaltlicher<br />
Maßstäbe, sondern allein anhand<br />
der Anzahl erreichter Stimmen.<br />
Auch andere demokratische<br />
Entscheidungen hätten ja in jüngster<br />
Zeit Kopfschütteln hervorgerufen,<br />
etwa die „Wahlsiege schwerreicher<br />
Unternehmer mit zweifelhaftem<br />
Ruf und noch zweifelhafterem<br />
Charakter“ oder die Erfolge<br />
rechtsdemagogischer Parteien. Sie<br />
hätten Zweifel an demokratischen<br />
Systemen und sogar an der demokratischen<br />
Idee selbst laut werden<br />
lassen.<br />
Kritik an der Demokratie komme<br />
dabei nicht nur von den „üblichen<br />
Verdächtigen… an der Spitze autokratischer<br />
Herrschaftssysteme mit<br />
pseudo-demokratischen Anstrichen“.<br />
So spräche sich ein renommierter<br />
belgischer Kulturhistoriker<br />
wegen eines angeblichen „demokratischen<br />
Ermüdungssyndroms“<br />
gegen Wahlen und für Losverfahren<br />
bei Personalentscheidungen<br />
aus. Ein US-amerikanischer Philosoph<br />
und Politikwissenschaftler sei<br />
wegen des „vielköpfigen inkompetenten<br />
Souveräns“ gegen das allgemeine<br />
Wahlrecht und für eine<br />
„Herrschaft der Wissenden“.<br />
Fehler sind hinnehmbar<br />
Für Prof. Haratsch ist durchaus klar,<br />
dass demokratische Mehrheitsentscheidungen<br />
keineswegs immer<br />
richtig, vernünftig, klug oder gar<br />
weise sind. Dennoch: „Eine Demokratie<br />
nimmt dies sogar sehenden<br />
Auges in Kauf!“ Richtige wie<br />
falsche Entscheidungen seien hinnehmbar,<br />
weil eine demokratisch<br />
legitimierte Herrschaft immer nur<br />
eine Herrschaft auf Zeit sein könne<br />
und dürfe: „Jede demokratische<br />
Personal- oder Sachentscheidung<br />
muss innerhalb eines angemessenen<br />
Zeitraums auf demokratischem<br />
Wege revidierbar sein.“<br />
Prof. Andreas<br />
Haratsch bei<br />
seinem Vortrag<br />
(Foto:<br />
<strong>FernUni</strong>versität)<br />
Das habe bereits die vorgezogene<br />
Wahl zum britischen Unterhaus<br />
vom 8. Juni <strong>2017</strong> ein wenig gezeigt.<br />
Premierministerin Theresa<br />
May wollte sich durch sie für die<br />
Austrittsverhandlungen mit der EU<br />
stärken lassen, Jean-Claude Juncker<br />
sollte sich einer „bloody difficult<br />
woman“ gegenübersehen. Jedoch<br />
verloren die Torys ihre Mehrheit,<br />
die Verhandlungen mit Mays<br />
„teuer erkaufter Minderheitsregierung“<br />
dürften erheblich schwieriger<br />
sein: „bloody difficult brexit!“<br />
Für die demokratische Revision einer<br />
mehrheitlichen Entscheidung<br />
bedarf es nach Haratschs Worten<br />
eines offenen und freien Streits der<br />
Meinungen, durch den die Minderheit<br />
zur Mehrheit werden und dann<br />
ihre Anschauungen politisch durchzusetzen<br />
kann. Es sei die Aufgabe<br />
moderner Staaten, die Rahmenbedingungen<br />
hierfür sicherzustellen.<br />
Eine weitere Frage ist, ob sich das<br />
britische Parlament durch die Anordnung<br />
des Referendums selbst<br />
entmachtet hat. Haratsch stellte<br />
dar, dass das Referendum weder<br />
für das britische Parlament noch<br />
für die Regierung rechtlich bindend<br />
ist. Die Souveränität des Parlaments<br />
sei ein zentrales Verfassungsprinzip<br />
des Vereinigten Königreichs. Daher<br />
könnten Referenden für das Parlament<br />
selbst nur den Charakter einer<br />
Empfehlung haben, es aber<br />
nicht binden.<br />
Politische Bindungswirkung<br />
Gleichwohl besitze das Austrittsreferendum<br />
eine „erhebliche politische<br />
Bindungswirkung“: Mays Vorgänger<br />
David Cameron – der für<br />
den Verbleib in der EU war – trat<br />
danach zurück. Und May verhandelt<br />
über etwas, das sie nicht wollte,<br />
denn „brexit means brexit“. Selbst<br />
das Parlament ermächtige im Einklang<br />
mit dem Referendumsausgang<br />
die Regierung, den Austritt<br />
zu erklären. Hier zeige sich, so Haratsch,<br />
dass in der politischen Praxis<br />
auch ein unverbindliches Referendum<br />
mit knapper Mehrheit eine<br />
solche Wucht entfalte, dass eine –<br />
zumindest zeitnahe – Auflehnung<br />
dagegen politisch kaum überlebt<br />
werden könne.<br />
Da<br />
www.fernuni-hagen.de/per62-02