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FernUni Perspektive | Ausgabe Winter 2017

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<strong>FernUni</strong> <strong>Perspektive</strong> Seite 5<br />

Recht und Billigkeit<br />

Härten von Gesetzen mildern<br />

„Das ist nur recht und billig.“ Wer<br />

hat dies noch nicht gesagt, um etwas<br />

als „gerecht“ zu bezeichnen,<br />

was wohl im Großen und Ganzen<br />

im Einklang mit einem Gesetz<br />

steht, aber nicht hundertprozentig.<br />

An der <strong>FernUni</strong>versität in Hagen<br />

befassten sich Expertinnen und Experten<br />

aus Philosophie, Rechtswissenschaft<br />

und Rechtshistorie bei<br />

der internationalen und interdisziplinären<br />

Fachtagung „Recht und<br />

Billigkeit – Zur Geschichte der Beurteilung<br />

ihres Verhältnisses“ damit.<br />

Veranstalter waren Prof. Dr.<br />

Hubertus Busche (<strong>FernUni</strong>versität,<br />

Lehrgebiet Philosophie I) und Prof.<br />

Dr. Matthias Armgardt (Universität<br />

Der Gedanke der<br />

„Billigkeit“ geht auf<br />

Aristoteles zurück.<br />

(Aristoteles-Büste,<br />

römische Kopie<br />

nach einer Skulptur<br />

des Bildhauers<br />

Lysippos, im<br />

Palazzo Altemps<br />

in Rom)<br />

(Foto: Wikimedia<br />

Commons,<br />

gemeinfrei)<br />

Konstanz, Lehrstuhl für Bürgerliches<br />

Recht, Antike Rechtsgeschichte,<br />

Römisches Recht und Neuere Privatrechtsgeschichte).<br />

Gespannt verfolgten die Teilnehmenden der Tagung – hier Prof. Dr. Vanda Fiorillo<br />

aus Neapel – die Tagungsbeiträge. (Foto: <strong>FernUni</strong>versität)<br />

„Billigkeit“ gilt seit den Anfängen<br />

des Rechts- und Naturrechtsdenkens<br />

zum einen als rechtsimmanentes<br />

Korrektiv, das die Härten von<br />

Gesetzen im Hinblick auf größere<br />

Einzelfallgerechtigkeit abmildert.<br />

Zum anderen erweitert es als naturrechtliches<br />

Gefüge von Normen<br />

das Recht. Das Gebot der „gerechten<br />

und billigen Behandlung“ hat<br />

in der heutigen Rechtspraxis große<br />

Bedeutung, wenn es darum geht,<br />

dass die Durchsetzung des Rechtsansprüche<br />

Härten zur Folge hätte,<br />

die als „unbillig“ erachtet werden.<br />

In sensiblen Rechtsbereichen<br />

kann es, je nach konkretem Fall, zu<br />

schwerwiegenden negativen Folgen<br />

für Betroffene kommen: Ein<br />

Urteil ist von den Buchstaben des<br />

Gesetzes her angemessen, weitere<br />

Folgen – etwa die Vernichtung einer<br />

wirtschaftlichen Existenz – außer<br />

Acht zu lassen wäre trotzdem unfair.<br />

Daher liegt es nahe, „Unbilligkeit“<br />

grundsätzlich als „Unverhältnismäßigkeit“<br />

zwischen konkurrierenden<br />

legitimen Gerechtigkeitsansprüchen<br />

aufzufassen, vonm denen<br />

nur eine rechtlich erzwingbar ist.<br />

Auch Wissenschaftler aus der Fern-<br />

Universität hielten Vorträge. Prof.<br />

Busche sprach über „Aequitas bei<br />

den Reformatoren – Calvin und<br />

Melanchthon“ und „Leibniz‘ Ansätze<br />

zu einer Systematisierung<br />

der Billigkeit“. Thema von Prof.<br />

Dr. Stephan Stübinger (Lehrstuhl<br />

für Strafrecht und Strafrechtsgeschichte<br />

und Rechtsphilosophie)<br />

war „‚Recht ohne Zwang‘ – Kants<br />

Probleme mit der Billigkeit“. Prof.<br />

Dr. Martin Hochhuth (Lehrstuhl für<br />

Verwaltungsrecht, insbesondere<br />

Wirtschaftsverwaltungsrecht sowie<br />

Allgemeine Staatslehre) referierte<br />

über „Positivierungsquelle, Korrektiv<br />

und gefährliche Aufweichung:<br />

Billigkeit und Verhältnismäßigkeit<br />

im modernen Rechtssystem“.<br />

Im Nachgang erhielt Hubertus Busche<br />

noch viele Anfragen zu dem<br />

„tollen Thema“ und Angebote für<br />

zusätzliche Beiträge zu dem für das<br />

Jahr 2018 geplanten Sammelband.<br />

Tenor der Teilnehmenden war am<br />

Ende der Veranstaltung: „Wir haben<br />

noch nie eine so lehrreiche, weil<br />

interdisziplinäre Tagung zu diesem<br />

Thema gehabt“, berichtet er. Da<br />

Informationsgesellschaft<br />

Spannende Trends<br />

Kolloquium zu 25 Jahre Datenverarbeitungstechnik<br />

„Die Wirkmacht der Digitalisierung“<br />

Alle Lebensbereiche werden von<br />

der Digitalisierung beeinflusst. Um<br />

„Trends der Informationsgesellschaft“<br />

ging es bei dem Kolloquium<br />

aus Anlass des 75. Geburtstages<br />

von Prof. Dr. Firoz Kaderali: Themen<br />

waren aktuelle Stände und Entwicklungen<br />

in Mobilfunk, Produktion,<br />

Medizin, Algorithmen und IT-<br />

Sicherheit. Prof. Kaderali leitete von<br />

1986 bis 2007 das Lehrgebiet Kommunikationssysteme<br />

an der Fern-<br />

Universität in Hagen, er gilt als einer<br />

der Pioniere der Informationsund<br />

Kommunikationstechnologien.<br />

Die Vorträge hielten ehemalige Mitarbeiter<br />

Kaderalis und sein Sohn:<br />

• Prof. Dr. Werner Poguntke, FH<br />

Südwestfalen (Hagen): „Algorithmen<br />

für alles“<br />

• Prof. Dr. Lars Kaderali, Institut<br />

für Bioinformatik (Greifswald):<br />

„Individuelle maßgeschneiderte<br />

Medizin der Zukunft“<br />

• Dr. Christoph Bach, Bereichsleiter<br />

Network Products, Ericsson<br />

GmbH (Düsseldorf): „Die Zukunft<br />

des Mobilfunks“<br />

• Prof. Dr. Michael Schäfer, Hochschule<br />

Ruhr West (Bottrop): „3D-<br />

Druck heute und morgen“<br />

• Dipl.-Ing. Alex Didier Essoh, Bundesamt<br />

für Sicherheit in der Informationstechnik<br />

(Bonn): „IT-<br />

Grundschutz heute und morgen“<br />

Alle Vorträge wurden gestreamt, sie<br />

werden über die Homepages von<br />

Prof. Firoz Kaderali (http://www.kaderali.de/)<br />

erreichbar sein.<br />

<strong>FernUni</strong>-Altrektor Prof. Dr.-Ing. Helmut<br />

Hoyer ging zuvor auf die vielfältigen<br />

Verdienste von Firoz Kaderali<br />

ein, der für Kommunikationssysteme,<br />

-netze und ihre Protokolle, für<br />

Datenschutz und Datensicherheit,<br />

aber auch für den Einsatz dieser<br />

Technologien und der Neuen Medien<br />

in der Lehre stand. In mehrfacher<br />

Hinsicht habe Kaderali Neuland betreten.<br />

Auch heute noch wirke er<br />

direkt und über seine Schülerinnen<br />

und Schüler, Kolleginnen und Kollegen<br />

und sogar über seine Familie<br />

an der Weiterentwicklung der Informationsgesellschaft<br />

mit. Da<br />

http://www.kaderali.de/<br />

Prof. Firoz Kaderali<br />

(Foto: <strong>FernUni</strong>versität)<br />

„Die <strong>FernUni</strong> wäre ohne die Impulse<br />

aus Ihrem Lehrgebiet nicht<br />

die heutige Uni.“ <strong>FernUni</strong>-Rektorin<br />

Prof. Dr. Ada Pellert sprach Prof.<br />

Dr. Bernd Krämer ihre Wertschätzung<br />

aus. Krämer war vor 25 Jahren<br />

an die <strong>FernUni</strong>versität in Hagen gekommen<br />

und baute das neue Lehrgebiet<br />

Datenverarbeitungstechnik<br />

(DVT) auf. Inzwischen ist der Wissenschaftler<br />

seit fünf Jahren emeritiert<br />

– und aus der Bezeichnung<br />

DVT ist längst IT für Informationstechnologie<br />

geworden. Heute heißt<br />

der zentrale Begriff Digitalisierung.<br />

Praktische IT-Anwendungen<br />

Das Kolloquium „25 Jahre Datenverarbeitungstechnik:<br />

Vom Kostenfaktor<br />

zum Innovationstreiber“, das<br />

der immer noch aktive Krämer initiiert<br />

hatte, gab punktuelle Einblicke<br />

in aktuelle und künftige IT-Anwendungen<br />

in den verschiedensten<br />

Wirtschafts- und Verwaltungsbereichen.<br />

„Sie haben viele inspiriert und<br />

viel bewegt. Die Wirkmacht der Digitalisierung<br />

ist überall spürbar“,<br />

sagte Pellert. Darauf hob auch Prof.<br />

Dr. Jörg Desel ab, Dekan der Fakultät<br />

für Mathematik und Informatik,<br />

und scherzte: „Mathematik ändert<br />

nicht dauernd den Namen, aber<br />

unser Fachgebiet schon.“ Desel leitet<br />

das Lehrgebiet Softwaretechnik<br />

und Theorie der Programmierung.<br />

Allerdings machten die Kolloquiumsbeiträge<br />

deutlich, dass die IT<br />

Glückwünsche für Prof. Bernd Krämer (re.) gab es auch von Rektorin Prof. Ada Pellert<br />

und Dekan Prof. Jörg Desel. (Foto: <strong>FernUni</strong>versität)<br />

in Abgrenzung zur Informatik in<br />

der Regel anwendungsorientierter<br />

ist. Themen waren etwa Innovationen,<br />

die auf smarte Fertigungsprozesse<br />

oder maßgeschneiderte Produkte<br />

unter Massenfertigungsbedingungen<br />

abzielen, Herausforderungen<br />

an die Sicherheit im Internet<br />

oder auch die Grundlagen und aktuellen<br />

Entwicklungen zum Internet<br />

der Dinge.<br />

Krämer selbst unternahm eine Reise<br />

zurück in die Zeit, ließ Entwicklungslinien<br />

seines ehemaligen Lehrgebiets<br />

Revue passieren: Dauerbrenner<br />

waren Software-Technologien,<br />

die entsprechend aktueller<br />

Anforderungen weiterentwickelt<br />

wurden. Vor allem ging es um Lerntechnologien,<br />

die Lernprozesse optimal<br />

unterstützen sollten.<br />

Zu den sicherlich herausragenden<br />

Projekten gehörten „CUBER – Personalised<br />

Curriculum Builder in the<br />

Federated Virtual University of the<br />

Europe of Regions”, „Selbstorganisierte<br />

Netze und Systeme“ sowie<br />

„edu-sharing“.<br />

aw

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