19.01.2018 Aufrufe

ZESO_4-2015_ganz

  • Keine Tags gefunden...

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

«Heute sagen wir: Es ist wichtig, dass<br />

es Sozialfirmen gibt und dass wir<br />

miteinander den Dialog suchen.»<br />

<br />

Sie ist im Vergleich mit anderen Ländern<br />

hoch, sie ist ein fester gesellschaftlicher<br />

Wert. Das zeigt sich auch darin, dass<br />

es in der Schweiz wenig sozialen Unfrieden<br />

gibt und wir wenig Streiks und Demonstrationen<br />

haben. Die Zufriedenheit der Bevölkerung<br />

ist relativ hoch. Das wiederum<br />

ist durch unser Staatssystem bedingt, das<br />

es dem Volk ermöglicht, seine Befindlichkeit<br />

genügend zum Ausdruck zu bringen.<br />

Welche Rolle spielen die Unternehmen?<br />

Sie tragen ihren Teil der Verantwortung.<br />

Unsere Unternehmen sind sich bewusst,<br />

dass es nicht tolerierbar ist, gezielt<br />

Arbeitnehmerkategorien abzubauen oder<br />

unfaire Löhne zu zahlen oder Standards<br />

bei den Arbeitsbedingungen zu verletzen.<br />

Sie haben vorhin die Arbeitsintegration<br />

der IV gelobt. Ein Problem ist hier<br />

aber, dass sich die RAV, die IV, die<br />

Sozialhilfe und die Asylbehörden<br />

bei der Suche nach Plätzen für die<br />

Arbeitsintegration gegenseitig im Weg<br />

roland a. müller<br />

Roland A. Müller (Jg. 1963) ist Rechtsanwalt<br />

und Titularprofessor für Arbeits- und<br />

Sozialversicherungsrecht an der Universität<br />

Zürich. Von 2007 bis zu seiner Wahl zum<br />

Direktor im Jahr 2013 leitete er das Ressort<br />

Sozialpolitik und Sozialversicherungen des<br />

Schweizerischen Arbeitgeberverbands.<br />

Roland A. Müller ist auch nebenamtlicher<br />

Arbeitsrichter am Arbeitsgericht Zürich. Er<br />

ist verheiratet und Vater von vier schulpflichtigen<br />

Kindern.<br />

stehen. Müssten sich die Arbeitgeber<br />

nicht stärker engagieren, indem sie<br />

wieder mehr niederschwellige Arbeitsplätze<br />

schaffen?<br />

Der primäre Zweck eines Unternehmens<br />

ist es nun einmal, dafür zu sorgen,<br />

dass das Geschäft läuft. Im Konkurrenzkampf<br />

zu bestehen, ist im Hochlohn- und<br />

Hochpreisland Schweiz eine herausfordernde<br />

Aufgabe. Entsprechend mussten<br />

aus Wettbewerbsgründen niederschwellige<br />

Arbeitsplätze zum Teil abgebaut oder<br />

ins Ausland ausgelagert werden. Aber<br />

natürlich haben die Unternehmer auch<br />

eine soziale Verantwortung. Oftmals übernehmen<br />

die Medien eine soziale Kontrolle.<br />

Als Beispiel, dass der öffentliche Diskurs<br />

Schranken setzen kann, sei auf die Abzockerdebatte<br />

hingewiesen.<br />

Der Abbau von Arbeitsplätzen für wenig<br />

Qualifizierte lässt sich kaum rückgängig<br />

machen. Wo lassen sich neue<br />

niederschwellige Stellen schaffen?<br />

Gewisse Arbeiten gibt es nicht mehr.<br />

In einer sich entwickelnden Gesellschaft<br />

Bilder: Daniel Desborough<br />

ist das der Lauf der Dinge. Neue Möglichkeiten<br />

dürften sich beispielsweise im Gesundheitswesen,<br />

im Schulwesen und im<br />

Bereich Betreuung anbieten – eigentlich<br />

überall, wo soziale Kompetenzen gefragt<br />

sind. Das sind gerade auch Jobs für Leute,<br />

die den Anschluss verloren haben, die aber<br />

bereit sind, zu unterstützen. Das hat nichts<br />

mit Ausnützen zu tun, sondern damit, dass<br />

jemand seinen Platz in der Gesellschaft<br />

finden kann.<br />

Eine Anstellung im Gesundheitswesen<br />

oder in einer Schule ist heute ohne<br />

Diplom kaum mehr möglich.<br />

Vielleicht müsste man mehr Ausbildungen<br />

vom Typ Anlehre schaffen. Warum<br />

sollen wir fähige Leute nicht beispielsweise<br />

im Rahmen von Ganztagesstrukturen in<br />

Schulen arbeiten lassen, wo sie Kinder betreuen,<br />

oder in Altersheimen, wo sie ältere<br />

Menschen unterstützen? Der gesellschaftliche<br />

und technologische Wandel erfordert<br />

die Bereitschaft von allen, sich auf Neues<br />

einzulassen.<br />

Wie soll die Gesellschaft mit «nichtintegrierbaren»<br />

Menschen umgehen?<br />

Wenn Systeme wie die IV oder die ALV<br />

optimiert werden, müssen wir uns im<br />

Arbeitgeberverband auch damit auseinan-<br />

28 ZeSo 4/15 Interview

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!