Innovative Architektur baut auf Holz - Wald.ch

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Bis vor ein, zwei Jahrzehnten galt Holzarchitektur in der Schweiz als traditionsgebunden, wenn nicht als nostalgisch. ‹Heimelig› waren Holzstuben, bodenständig das Bauernhaus, gemütlich die Alphütte. Oder man dachte an provisorische Bauten wie Baracken für Saisonniers. Oder an Fertighäuser aus Holz, die in Architekturkreisen lange als Wohnkultur ab der Stange für Leute mit bescheidenem Budget und geringen Ansprüchen an Individualität galten. Zur Holzarchitektur, die sich in den Neunzigerjahren entwickelt hat, passen andere Attribute: elegant, gediegen, modern, individuell oder schlicht schön. Die Architektur hat einen Baustoff neu entdeckt, der enorme Gestaltungsmöglichkeiten bietet. Der Einsatz von Holz im Bau hat in den letzten Jahren stetig zugenommen, auch in Zeiten stotternder Baukonjunktur. Von 1991 bis 1995 schrumpfte das Bauvolumen um 4%, der Bauholzverbrauch stieg um 8%. Holz erobert Marktanteile von anderen Baustoffen wie Stahl, Beton oder Backstein. Beim Wohnungsbau hat Holz heute einen Marktanteil von 10 %, bei den Wohnhäusern nach Minergie®-Standard, der Bauweise der Zukunft (siehe auch Faktenblatt ‹Holz nutzen heisst Klima schützen›), sind es bereits 30%. Titelseite Wohnhaus Maurer in Langenthal. Architekt: Thomas Maurer, Langenthal. (Foto: Francesca Giovanelli/LIGNUM) Rechte Seite Wohnbaugenossenschaft Chemin Vert, Carouge. Architekten: Favre & Guth architecture, Patrice Bezos und Patrick Lacourt Architekten. (Foto: Corinne Cuendet/LIGNUM) Links und unten Wohnhaus Bois-Gentil, La Chaux-de-Fonds. Architekten: Charles-Eric Chabloz, Antoine Chabloz, La Chaux-de-Fonds. (Foto: Corinne Cuendet/LIGNUM) Bois-Gentil, La Chaux-de-Fonds im Schnitt (unten). Auch im Innenausbau liegt Holz im Trend. Der Verbrauch von Parkettholz hat sich seit 1990 um zwei Drittel erhöht. Technisch kann Holz mit allen anderen Baumaterialien mithalten. Ein Würfel von 4cm Kantenlänge aus Tannenholz trägt im Laborversuch vier Tonnen. Zwar ist Holz biologisch abbaubar, doch die zersetzenden Organismen können nur in einem feuchten Milieu tätig werden. Das richtige Holz, mit Sachverstand verbaut und so vor Feuchtigkeit geschützt, hält nahezu unbegrenzt. Der älteste Holzbau der Schweiz, das Haus Nideröst in Schwyz, stammt aus dem Jahr 1176. Es wurde vor gut zwei Jahren sorgsam demontiert und hofft nun in einem Zwischenlager auf den Wiederaufbau an einem geeigneten Standort. Holz ist quer zur Faser hundertmal weniger zugfest als längs, quillt und schwindet je nach Feuchtigkeit. Diese Probleme lassen sich oft durch Holzwerkstoffe lösen. Sperrholzplatten zum Beispiel quellen und schwinden nicht und weisen eine gleichmässige Festigkeit auf. Die Leichtigkeit von Holz bei zugleich hoher Festigkeit hat bauliche Vorteile. Stein und Beton sind viel schwerer. Baut man mit Holz, ist ein weniger starkes Fundament nötig. Der Erdölverbrauch bei der Ernte im Wald, der Verarbeitung und dem kurzen Transport ist deutlich geringer als in der Produktions- und Verarbeitungskette von Beton und Stahl: Im Holz steckt weniger ‹graue Energie› als in diesen gängigen Baustoffen.
Im Holzbau liegt das grösste Potential für eine bessere Nutzung der Schweizer Wälder. Noch beschränkt sich Holzarchitektur bei uns über weite Strecken auf den Bau von Ein- und Mehrfamilienhäusern. Beispiele grösserer Holzbauwerke zeigen, was noch möglich wäre: Mehrgeschossige Wohnsiedlungen oder Bürogebäude aus Holz, Schulhäuser, Sporthallen, Strassenbrücken, öffentliche Bauten. In solche Dimensionen vorstossen kann die Holzarchitektur dank technischer Innovationen im Umgang mit diesem Werkstoff, welche die Forschung in letzter Zeit erbracht hat. Es galt, neue Produkte für neue Anwendungen zu entwickeln und Prozesse effizienter zu gestalten. In modernen Fabrikationsanlagen werden heute ganze Hausteile vorproduziert – Raumzellen, Wände oder Deckenelemente mitsamt der Wärmedämmung, den Leitungen, den Fenstern und Türen. Vor Ort fügt man die Elemente dann zusammen. Die Systembauweise erfordert sorgfältige Planung, verkürzt aber die Bauzeit enorm. Ein vorgefertigtes Einfamilienhaus steht nach einem Tag. Chemin Vert, Carouge im Schnitt. Ein Gebäude wird für mehrere Generationen gebaut. Die Bedürfnisse können sich in dieser Zeit ändern. Holzbauten sind flexibel. Sie lassen sich leichter erweitern, aufstocken und umbauen als massiv gebaute Häuser. Bis vor kurzem haben die Brandschutzvorschriften den Bau mehrgeschossiger Häuser in Holz erschwert. Sie liessen bloss zweigeschossige Bauten zu, höhere waren die Ausnahme. Dank neuer Erkenntnisse und Fortschritte im Holzbau und im Brandschutz kann diese Hürde nun gemeistert werden. Die einschlägigen Vorschriften werden wohl schon im laufenden Jahr dem Stand der Technik angepasst. So werden voraussichtlich bald Wohnung-, Büro- oder etwa Schulbauten als Holzkonstruktionen bis zu sechs Geschossen möglich. Dieser Schritt eröffnet dem Holzbau ein weites Zukunftsfeld. Tatsächlich sind der Feuerwehr Konstruktionen aus Holz oft lieber als Metallkonstruktionen. Letztere verformen sich unter Hitzeeinwirkung rasch, wogegen ein Holzbalken seine Stabilität im Brandfall noch sehr lange behält. Diese Stärke kommt daher, dass selbst trockenes Holz noch Wasser enthält, das zuerst verdampfen muss. So-
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