hinnerk Februar 2018
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FILM<br />
„... aufgeladene<br />
Bromance ...“<br />
INTERVIEW<br />
JAMES FRANCO<br />
Vor James Franco gibt es<br />
längst kein Entkommen mehr.<br />
Der Kalifornier, dem einst mit einem<br />
Fernsehfilm über James Dean und einer<br />
Nebenrolle in „Spider-Man“ der Durchbruch<br />
gelang, schreibt Bücher, macht<br />
Musik, stellt als Maler in Galerien auf<br />
der ganzen Welt aus und präsentiert<br />
jedes Jahr neue Regiearbeiten. Und<br />
natürlich steht er auch weiterhin ganz<br />
normal als Schauspieler vor der Kamera,<br />
mitunter sogar aus Jux und Tollerei<br />
für Seifenopern wie „General Hospital“<br />
oder in Gastauftritten wie zuletzt in<br />
„Alien: Covenant“.<br />
Nicht jedes dieser Projekte stößt auf große<br />
Gegenliebe bei Fans und Kritikern, doch<br />
mit „The Disaster Artist“ (ab 1. <strong>Februar</strong> im<br />
Kino) ist ihm nun wieder einmal ein echter<br />
Erfolg gelungen. Seine Komödie über den<br />
Filmemacher Tommy Wiseau – dessen Film<br />
„The Room“ 2003 ein völliges Debakel wurde<br />
und trotzdem bis heute mit kultigen Fan-<br />
Screenings gefeiert wird – gewann nicht nur<br />
beim Filmfestival in San Sebastián, sondern<br />
wurde auch für den Golden Globe und<br />
diverse andere Preise nominiert. Wir trafen<br />
den 39-jährigen Franco, der den Film als<br />
Regisseur und Hauptdarsteller verantwortete<br />
und zuletzt auch in der Serie „The Deuce“ (ab<br />
<strong>Februar</strong> auf DVD erhältlich) zu sehen war, in<br />
Los Angeles zum Gespräch.<br />
Sie stehen ja bekanntlich auf schräge<br />
Projekte. Haben Sie Ihren neuen Film<br />
„The Disaster Artist“ auch wieder als<br />
künstlerisches Experiment verstanden,<br />
so wie die Faulkner-Adaption „The<br />
Sound and the Fury“ oder „Interior.<br />
Leather Bar“?<br />
Zunächst einmal muss ich betonen, dass ich<br />
keines meiner Projekte nur mache, weil ich<br />
irgendetwas skurril finde oder provozieren<br />
will. Da steckt immer echtes Interesse hinter.<br />
Ganz besonders nun bei „The Disaster Artist“.<br />
Klar, natürlich ging es mir auch darum, dass<br />
es sich um eine ziemlich bizarre Hollywood-<br />
Story handelt, deren Protagonist einer der<br />
seltsamsten Vögel auf diesem Planeten<br />
ist. Doch im Kern entdeckte ich eine sehr<br />
universelle Geschichte über Träumer, die<br />
unbedingt das Zeug zu einem Film hatte.<br />
Besagter seltsamer Vogel und Träumer<br />
ist der Filmemacher Tommy Wiseau,<br />
dessen Film „The Room“ als einer der<br />
schlechtesten aller Zeiten gilt. Wann<br />
haben Sie den zum ersten Mal gesehen?<br />
Wahrscheinlich bin ich der einzige Mensch<br />
auf der Welt, der erst das Buch „The Disaster<br />
Artist: My Life Inside The Room, the Greatest<br />
Bad Movie Ever Made“ von Tommys Kumpel<br />
und Hauptdarsteller Greg Sestero gelesen<br />
und danach den Film gesehen hat. Also erst<br />
vor ein paar Jahren, als der Kult längst riesig<br />
war. Aber ich erinnere mich natürlich noch an<br />
die riesige Werbetafel, die Tommy damals auf<br />
der Highland Avenue gemietet hatte. Die war<br />
ja fünf Jahre lang nicht zu übersehen, mit<br />
seinem riesigen Gesicht und seiner Telefonnummer<br />
drauf.<br />
Haben Sie mal angerufen?<br />
Natürlich nicht! (lacht) Ich dachte damals,<br />
dass da jemand Werbung für sich selbst<br />
macht und hofft, auf diese Weise an Rollen<br />
zu kommen. So etwas gibt es ja in Hollywood<br />
immer mal wieder. Ich habe mich nie wirklich<br />
dafür interessiert, was „The Room“ tatsächlich<br />
ist. Bis ich eben das Buch gelesen habe.<br />
Dann war ich während der Dreharbeiten zu<br />
„The Interview“ zusammen mit Seth Rogen<br />
in Vancouver bei einem dieser irren Screenings<br />
– und damit war die Sache für mich<br />
geritzt. Ich musste einen Film über diesen<br />
Mann drehen.<br />
Haben Sie Wiseau nie als bloße Witzfigur<br />
gesehen?<br />
Ich weiß, dass das verlockend ist, aber ich<br />
habe im Gegenteil viel Respekt vor Tommy.<br />
Er ist wie so viele Tausende andere nach<br />
Hollywood gekommen und träumte vom<br />
Film. Und anders als so viele andere hat er<br />
es ja sogar geschafft. Überall kassierte er<br />
Ablehnungen und stieß auf Widerstände,<br />
aber trotzdem ist es ihm gelungen, seinen<br />
Film auf die Beine zu stellen und zu drehen.<br />
Im Übrigen sehe ich durchaus Parallelen<br />
zwischen ihm und mir. Wir haben die gleichen<br />
Vorbilder wie James Dean oder Marlon<br />
Brando, wir haben eine ähnliche Reihe von<br />
Schauspielschulen und -kursen besucht,<br />
teilweise sogar die gleichen. Ich kann mich<br />
also durchaus mit ihm identifizieren.<br />
Trotzdem gibt es da ein paar entscheidende<br />
Unterschiede ...<br />
Klar, wobei ich mir jetzt nicht die Blöße gebe<br />
und behaupte, ich hätte mehr Talent als<br />
er. Das wäre auch gar nicht der springende<br />
Punkt. Sein Problem war vielleicht eher,<br />
dass er nicht realisiert hat, dass Film und vor