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27. Januar <strong>2018</strong> Varel 19<br />

Bahn will alte Brücke nun doch abreißen<br />

Sanierung und Umbau deutlich teurer als kalkuliert – Antrag auf Abbruch des Denkmals<br />

Varel. Deutlich höhere Kosten<br />

als bislang angenommen,<br />

dazu bautechnische Risiken:<br />

Die Deutsche Bahn hat ihre<br />

Pläne zur Sanierung des denkmalgeschützten<br />

Übergangs am<br />

Vareler Bahnhof aufgegeben.<br />

Das Bauwerk soll nun doch<br />

durch einen Neubau ersetzt<br />

werden. Über einen Abriss kann<br />

die Bahn indes nicht allein entscheiden:<br />

Da es sich bei der<br />

Brücke um ein Baudenkmal<br />

handelt, ist eine Genehmigung<br />

der Behörden erforderlich.<br />

Seit vielen Jahren schon wird<br />

in Varel ein barrierefreier Übergang<br />

über die Gleise gefordert,<br />

doch die Bahn tat sich bislang<br />

schwer, eine akzeptable Lösung<br />

für den Vareler Bahnhof umzusetzen.<br />

Bislang war die Sanierung<br />

der markanten historischen<br />

Fahrgastbrücke vorgesehen, ein<br />

Konzept dafür hatte die Bahn<br />

schon vor mehr als sechs Jahren<br />

in Varel vorgestellt. Ein Problem<br />

ergab sich dabei mit Blick<br />

auf die geplante Elektrifizierung<br />

der Bahnstrecke Oldenburg-<br />

Wilhelmshaven: Um die Fahrdrähte<br />

für E-Loks unter der Brücke<br />

hindurchführen zu können,<br />

müsste diese angehoben oder<br />

von unten ein wenig abgetragen<br />

werden. Das ist zwar möglich<br />

– aber der Umbau inklusive<br />

Anbau eines Fahrstuhles wäre<br />

sehr teuer geworden. Im Sommer<br />

2016 noch war der damalige<br />

Bahn-Konzernchef Rüdiger<br />

Grube zu Gast in Varel und hatte<br />

eine rasche Umsetzung der Umbaupläne<br />

versprochen. Doch es<br />

kam nicht dazu – Grund sind<br />

vor allem die immer weiter steigenden<br />

Kosten.<br />

So teilte die Deutsche Bahn<br />

jetzt mit, dass sich nach Abschluss<br />

der Planungen für eine<br />

Sanierung zunächst geschätzte<br />

Kosten von etwa 2,6 Millionen<br />

Euro ergeben hätten, und das<br />

noch ohne die Aufzüge. Dieser<br />

Wert sei bereits doppelt so hoch<br />

wie die Kosten für einen „zeitgemäßen<br />

Neubau“ und waren als<br />

„vertretbare Kostenobergrenze“<br />

definiert worden. Anfang 2017<br />

sei eine Ausschreibung der Arbeiten<br />

erfolgt, in deren Ergebnis<br />

nur ein Angebot eingereicht<br />

worden sei. Dieses Angebot<br />

habe mit knapp vier Millionen<br />

Euro deutlich über der vorgegebenen<br />

Kostenobergrenze<br />

gelegen. „Trotz weitergehender<br />

Überlegungen, die sogar einen<br />

Teilabbruch und -wiederaufbau<br />

der alten Brücke beinhalteten,<br />

konnte keine deutliche Kostenreduzierung<br />

erreicht werden“,<br />

Die markante Bahnsteigbrücke am Vareler Bahnhof, errichtet um das Jahr 1914 und seit 1998<br />

als Baudenkmal ausgewiesen, soll nach Plänen der Deutschen Bahn nun doch abgerissen<br />

werden. Das Bauwerk ist in einem schlechten Zustand, auch sonst lässt die Aufenthaltsqualität<br />

insbesondere auf dem hinteren Bahnsteig zu wünschen übrig: Seit geraumer Zeit fehlt<br />

hier unter anderem das Dach. <br />

Foto: Michael Tietz<br />

heißt es auf Seiten der Bahn.<br />

Vier Millionen Euro will die<br />

Bahn aber nun nicht aufbringen<br />

für das alte Gebäude: „Da<br />

eine Erweiterung des Finanzierungsrahmens<br />

ebenfalls nicht<br />

möglich ist, hat sich die DB AG<br />

dazu entschlossen, bei der weiteren<br />

Planung den Erhalt des<br />

Baudenkmals nicht mehr weiter<br />

zu verfolgen, sondern die<br />

Planungen für einen Abbruch<br />

der alten und Neubau einer modernen<br />

Bahnsteigbrücke aufzunehmen“,<br />

teilte Armin Skierlo,<br />

Sprecher für Großprojekte in der<br />

Nordwestregion mit.<br />

Bereits zu Beginn der Planungen<br />

für die Elektrifizierung<br />

hatte sich abgezeichnet, dass<br />

die notwendigen Änderungen<br />

für die Elektrifizierung und die<br />

Anforderungen an den Denkmalschutz<br />

im Bahnhof Varel schwer<br />

unter einen Hut zu bekommen<br />

sein würden. „Kern des Denkmalschutzes<br />

ist die massive<br />

Bauweise als Eisenbetonkonstruktion<br />

mit Mauerwerksausfachung.<br />

Es handelt sich um eine<br />

für die damalige Zeit Anfang des<br />

20. Jahrhunderts schon sehr<br />

fortschrittliche Bauweise“, so<br />

der Bahnsprecher. Nach umfangreichen<br />

Voruntersuchungen<br />

und der Betrachtung mehrerer<br />

Varianten war letztlich die Anhebung<br />

des Gesamtbauwerks<br />

als einzige Lösung herausgearbeitet<br />

worden. Zur Herstellung<br />

der Barrierefreiheit sollten dann<br />

Aufzüge an der Nordseite der<br />

Brücke angebaut werden.<br />

Nun aber wurde die sprichwörtliche<br />

Notbremse gezogen,<br />

die Deutsche Bahn will so rasch<br />

wie möglich den denkmalrechtlichen<br />

Abbruchantrag auf<br />

den Weg bringen. Das weitere<br />

Vorgehen hänge vom Ergebnis<br />

der Antragsprüfung ab. Die Einrichtung<br />

der Barrierefreiheit im<br />

Bahnhof Varel bleibe Bestandteil<br />

der Planung, wenngleich<br />

sich die Realisierung etwas hinauszögern<br />

werde. Ein Konzept<br />

für einen Neubau gebe es noch<br />

nicht, es müsse zunächst die<br />

Genehmigung für den Abbruch<br />

abgewartet werden, so Bahnsprecher<br />

Skierlo auf Nachfrage.<br />

Der entsprechende Antrag ist<br />

zunächst an die Untere Denkmalschutzbehörde<br />

beim Bauamt<br />

der Stadt Varel zu richten.<br />

Wie Ulrike Dänekas-Condé, bei<br />

der Stadtverwaltung zuständig<br />

für Denkmalschutzbelange,<br />

mitteilte, ist das weit mehr als<br />

eine Formalität: In einem Antrag<br />

auf Abriss muss überzeugend<br />

dargelegt werden, dass Erhalt<br />

und Sanierung wirtschaftlich<br />

unzumutbar sind. Dabei wird<br />

auch die finanzielle Leistungsfähigkeit<br />

des Eigentümers berücksichtigt.<br />

Die Stadt werde<br />

das zunächst prüfen und den<br />

Vorgang dann mit einer Einschätzung<br />

an das Landesamt<br />

für Denkmalschutz weiterreichen.<br />

Dort werde letztlich entschieden.<br />

Bei der Stadtverwaltung hat<br />

die Ankündigung der Bahn zunächst<br />

Skepsis hervorgerufen:<br />

Man sei überrascht, schließlich<br />

sei die bisherige Planung auch<br />

Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses<br />

für den Ausbau<br />

der Strecke, so Bürgermeister<br />

Gerd-Christian Wagner. Es<br />

sei mithin zu klären, ob dieser<br />

Feststellungsbeschluss geändert<br />

werden müsste. Die Bahn<br />

habe also ein ergebnisoffenes<br />

Verfahren für den Abbruch gestartet,<br />

der Antrag und die für<br />

eine Beurteilung notwendigen<br />

Unterlagen liegen noch nicht<br />

vor. „Die Stadt Varel bedauert<br />

den Schritt der DB AG, da<br />

zu befürchten ist, dass durch<br />

das Verlassen des gemeinsam<br />

abgestimmten Weges weitere<br />

Zeit verstreicht, bis eine barrierefreie<br />

Zugänglichkeit des<br />

gesamten Bahnhofsbereichs in<br />

Varel hergestellt wird“, heißt es<br />

in der Stellungnahme der Stadt.<br />

Geradezu erleichtert äußerte<br />

sich hingegen der Landtagsabgeordnete<br />

und frühere Verkehrsminister<br />

Olaf Lies: Für ihn sei ein<br />

Neubau von Beginn an die beste<br />

Lösung gewesen: „Die Pläne für<br />

den Neubau sind doch eigentlich<br />

schon fertig. Jetzt muss es auch<br />

zügig weitergehen. Ich bedauere<br />

die verschenkte Zeit“, so der jetzige<br />

Landesumweltminister zur<br />

Mitteilung der Bahn.<br />

Bei aller Wertschätzung für<br />

das Gebäude sei lange klar gewesen,<br />

dass der Erhalt sehr viel<br />

teurer und damit zu erheblichen<br />

Verzögerungen führen würde.<br />

„Nur gut, dass dies endlich geklärt<br />

ist“, so Olaf Lies. (tz)

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