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LEUTE<br />
Linz hat seine Valie Export. In Steyr<br />
hingegen arbeitet Bernadette<br />
Huber, die sich medienübergreifend<br />
verschiedenen Themen an ganz<br />
unterschiedlichen Orten widmet.<br />
Von der Stadt erhielt sie zuletzt das<br />
Ehrenzeichen für ihre Arbeit, die sich<br />
auch sehr kritisch mit gesellschaftpolitischen<br />
Themen auseinandersetzt.<br />
Mein steyr<br />
EIN STADTGESPRÄCH<br />
KUNST, DIE BERÜHRT.<br />
Bernadette Huber vor<br />
einem Bild, das von<br />
ihr neu interpretiert<br />
wurde.<br />
Ich komme auch gerne zurück<br />
Was die internationale Medienkünstlerin Bernadette Huber mit Steyr verbindet<br />
Steyr ist für Bernadette Huber einerseits<br />
der Ausgangspunkt für ihre<br />
internationale Arbeit und andererseits<br />
auch ein Ort der Rückkehr und<br />
Einkehr, wo sie fokussiert tätig sein kann.<br />
„Entscheidend ist, dass ich hier in einem<br />
angenehmen Maße arbeiten kann. Die<br />
Ideen kommen wann und wo sie wollen<br />
und je mehr sich tut, desto mehr Inspiration<br />
habe ich“, so die Künstlerin,<br />
die zwar viel unterwegs ist, sich<br />
aber auch freut, wenn sie zurück<br />
nach Steyr kommt, wo<br />
sie nicht nur eine Atelierwohnung,<br />
sondern auch eine Atelierhalle<br />
hat. Letztere befindet<br />
sich neben einer ehemaligen<br />
Fabrikshalle und beherbergt<br />
quasi auch das Archiv, worin viele<br />
der früheren Arbeiten zu finden sind.<br />
Auseinandersetzung gesucht. An<br />
ihnen wird auch sichtbar, dass Bernadette<br />
Huber zwar sehr ernste Themen aufgreift,<br />
es ihr allerdings nicht an Ironie und an<br />
Humor fehlt, um ihre kritischen Botschaften<br />
zu vermitteln. Dabei verlässt sie auch<br />
die traditionellen Räume der Kunst und<br />
wagt sich hinaus in die Öffentlichkeit, um<br />
die Menschen dort spontan zu berühren,<br />
sie auch zu verstören und so eine Diskussion<br />
anzuregen. „Eine meiner ersten großen<br />
Arbeiten im öffentlichen Raum gemeinsam<br />
mit Tassilo Blittersdorff war eine<br />
interaktive Video-Computer-Lichtinstallation<br />
beim Werndldenkmal in Steyr,<br />
anlässlich der Landesausstellung 1998“,<br />
erinnert sich Huber und beschreibt auch<br />
die damals noch schwierige technische<br />
Umsetzung an diesem Denkmal, das sich<br />
gleich in der Nähe ihres Ateliers befindet.<br />
Künstlerisches Wagnis. Auch<br />
wenn sich die technischen Voraussetzungen<br />
heute für die Medienkünstlerin<br />
geändert haben,<br />
wodurch in mancher Hinsicht<br />
die Umsetzung vielleicht einfacher<br />
geworden ist, so bleibt<br />
für Huber nach wie vor die<br />
Herausforderung, dass ihre<br />
Arbeiten stets im Kontext einer<br />
konkreten räumlichen Situation<br />
stehen. Darin ist immer das Wagnis<br />
in ihren künstlerischen Konzepten zu sehen,<br />
die nicht nur etwas vermitteln wollen,<br />
sondern auch einen experimentellen<br />
Charakter haben. Ihre Kunst ist zu einem<br />
gewissen Grad abhängig von Faktoren,<br />
die nicht immer vorhersehbar sind. Dieses<br />
Ausgesetzt-Sein hat vielleicht auch<br />
etwas mit ihrer Rolle als Frau zu tun, die<br />
in ihrer Arbeit häufig thematisiert wird.<br />
Und es ist auch kein Zufall, dass Bernadette<br />
Huber sich in ihren Arbeiten auch<br />
selbst als Kunstfigur inszeniert.<br />
Morddrohung. Die Künstlerin, die zuvor<br />
an Kunsthochschulen auch als Aktmodell<br />
arbeitete, widmet sich insbesondere<br />
dem Rollenverständnis der Geschlechter<br />
und thematisiert u.a. Erotik und Sexualität.<br />
Ihr gesellschaftskritisches Engagement<br />
stieß dabei nicht immer auf Wohlwollen,<br />
und sie wurde am Telefon auch schon<br />
mit einer hässlichen Morddrohung konfrontiert.<br />
Ein heftig diskutiertes Projekt<br />
in Steyr war u.a. „Bar NADETTE – Die<br />
Macht des Tratsches“, wobei Huber in einem<br />
leer stehenden Gebäude die Eröffnung<br />
eines Nachtclubs ankündigte und mit zwei<br />
Flashmobs inszenierte. Für dieses Projekt,<br />
das sie schließlich auch auflöste, erhielt sie<br />
den Gabriele-Heidecker-Preis 2012.<br />
Kunst als Alltagserfahrung. „Wichtig<br />
zur Ideenfindung ist für mich der Dialog“,<br />
beschreibt Bernadette Huber ihre<br />
Herangehensweise. Deutlich wurde dies<br />
auch anhand eines Projektes, das sie letztes<br />
Jahr in Steyr verwirklichte. „Kunst, die<br />
berührt“ wurde nicht nur in einem Gebäude<br />
des Kunstvereins Steyr ausgestellt, sondern<br />
durch das Affichieren des Bildes auf<br />
einen Stadtbus wurde auch die Schwelle<br />
zur Hochkultur umgangen und die Kunst<br />
mobil und barrierefrei gemacht. Die Passanten<br />
hatten zudem die Möglichkeit, eine<br />
Telefonnummer zu wählen, um mehr über<br />
dieses Projekt zu erfahren.<br />
■<br />
Fotos: Gustav Klimt | Wien 1900-Privatstiftung /APA-Fotoservice/Vogl, Archiv Bernadette Huber<br />
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