antriebstechnik 1-2/2018
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DRIVES GOING GLOBAL I SPECIAL<br />
Dichten statt schmieren<br />
Neue Dichtungen lassen Rollgangsrollen bei U.S. Steel laufen<br />
Im Werk Granite City der U.S. Steel Corporation „streikten“ immer wieder mal die<br />
Rollgangsrollen. Was zunächst nach einem Schmierungsproblem aussah, erwies sich<br />
bald als Dichtungsfrage. SKF Österreich lieferte die passende Lösung.<br />
Die Erzeugnisse der United States Steel<br />
Corporation, kurz U.S. Steel, kommen<br />
im Automobil- und Anlagenbau, im Baugewerbe<br />
sowie in einer Vielzahl anderer Branchen<br />
zum Einsatz. Der Stahlproduzent mit<br />
Sitz in Pittsburgh verfügt über eine Produktionskapazität<br />
von 24,4 Mio. Nettotonnen<br />
Stahl pro Jahr und betreibt große Stahlwerke<br />
in Europa und Nordamerika. Eines<br />
davon, Granite City Works, befindet sich in<br />
St. Louis, Illinois. Hier kam es oft zu vorzeitigen<br />
Lagerausfällen in den Rollgängen der<br />
Warmbreitbandstraße: Über einen Zeitraum<br />
von 16 Jahren ließen sich 30 % aller<br />
Probleme mit den Rollgangsrollen auf deren<br />
Lagerung zurückführen. In den vergangenen<br />
drei Jahren hatten die Ausfälle sogar so zugenommen,<br />
dass sie nunmehr die Hälfte<br />
dieser Störungen verursachten.<br />
Umfangreiche Ursachenforschung<br />
Um dem entgegenzuwirken, pumpte U.S.<br />
Steel – gemäß der gängigen Praxis – zunächst<br />
mehr Schmierfett in die Lagergehäuse.<br />
Doch dadurch verschlimmerte sich<br />
das Problem noch. Daraufhin beauftragte<br />
der Stahlhersteller SKF als strategischen<br />
Dietmar Seidel ist Leiter Technische Fachpresse<br />
bei der SKF GmbH in Schweinfurt<br />
Partner, Möglichkeiten für eine höhere Zuverlässigkeit,<br />
Effizienz und Wirtschaftlichkeit<br />
zu ermitteln. Dabei entschieden sich<br />
die Unternehmen zu einer ebenso konsequenten<br />
wie strukturierten Vorgehensweise,<br />
um der wahren Ursache für die Lagerausfälle<br />
auf den Grund zu gehen: 18 Monate<br />
lang sammelte ein gemeinsames Team aus<br />
SKF- und U.S. Steel-Experten detaillierte Informationen.<br />
Im Zuge ihrer Untersuchungen<br />
prüften die Spezialisten jede Rollenkomponente<br />
– von der Welle über das Lager<br />
und das Lagergehäuse bis hin zu Dichtungen<br />
und dem Schmiersystem. Außerdem<br />
stellte die „Task Force“ im Werk diverse<br />
Wartungsdaten zusammen; z. B. in Sachen<br />
„Schmierungsprocedere“ oder auch „Wirksamkeit<br />
des Dichtungssystems“. Erste Erkenntnisse:<br />
Schiefstellungen beim Lager-<br />
Einbau und starke Verunreinigungen begünstigten<br />
die Ausfälle.<br />
Also machten sich die Experten daran,<br />
die Einbau- und Instandhaltungsverfahren<br />
zu verbessern. Darüber hinaus befassten sie<br />
sich auch mit einer möglichen neuen<br />
Schmierungslösung. Wie sich allerdings<br />
bald herausstellte, lag hier nicht der Kern<br />
des Problems. „Was zunächst nach einer<br />
Frage der Schmierung aussah, entpuppte<br />
sich in Wirklichkeit als Dichtungsfrage“, sagt<br />
Paul Conley, Cheftechniker im Geschäftsbereich<br />
Schmiersysteme von SKF in den<br />
USA. Denn eine genauere Betrachtung der<br />
Statistiken, Tests und Analysen ergab: Die<br />
Dichtungen in den Rollgängen der Warmbreitbandstraße<br />
funktionierten nicht ordnungsgemäß.<br />
Dadurch konnten z. B. Kühlwasser,<br />
Schlacke und sonstige Partikel in<br />
die Lagerhohlräume eindringen – mit weitreichenden<br />
Konsequenzen: Wenn Lager<br />
ausfielen und die Rollgangsrollen sich nicht<br />
mehr drehten, musste die Produktion gestoppt<br />
werden. Darüber hinaus kam es<br />
durch das zwischenzeitliche Gleiten der<br />
heißen Brammen auf den blockierten<br />
Rollen zu Einschlüssen im Rohling. Der so<br />
geschädigte Metallblock konnte dann nur<br />
noch verschrottet werden.<br />
Die passende Lösung<br />
Um die Dichtungssysteme nachhaltig zu<br />
verbessern, setzte U.S. Steel auf Lösungen<br />
von SKF Österreich. „Unsere nordamerikanischen<br />
Kollegen baten uns dafür um<br />
Unterstützung“, berichtet Christian Kogler,<br />
Entwicklungsingenieur bei SKF in Judenburg.<br />
Angesichts der sehr anspruchsvollen<br />
Bedingungen im Stahlwerk sei das eine<br />
durchaus anspruchsvolle Aufgabe gewesen.<br />
„Letztlich schlugen wir speziell angepasste<br />
Doppellippendichtungen aus Ecopur vor“,<br />
so Kogler.<br />
Dieses thermoplastische Polyurethan-<br />
Elastomer (TPU) besitzt eine außergewöhnlich<br />
hohe Abriebfestigkeit, eine geringe<br />
Druckverformung, gute physikalische<br />
Eigenschaften und eine hohe Einreißfestigkeit.<br />
Die hier genutzte Werkstoff-Variante<br />
S-Ecopur kann aufgrund ihrer höheren<br />
28 <strong>antriebstechnik</strong> 1-2/<strong>2018</strong>