soziologie heute Februar 2017
Das erste und einzige illustrierte soziologische Fachmagazin im deutschsprachigen Raum. Wollen Sie mehr über Soziologie erfahren? www.soziologie-heute.at
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Pfl egenden. Ich möchte die Nähe<br />
nicht verlieren“, sagte etwa eine<br />
Pfl egerin aus der damaligen Zeit.<br />
Wie sich der Berufsalltag und Anforderungen<br />
an den Arbeitnehmer verändern,<br />
zeigen die Analysen von Isabel<br />
Atzl. Die Pfl egehistorikerin und<br />
Sammlungsforscherin vom Medizinhistorischen<br />
Museum der Charité<br />
in Berlin zeigt, wie mit dem Einsatz<br />
von Dingen Veränderungen im Pfl e-<br />
geberuf einhergehen. So wurde das<br />
Fieberthermometer früher zunächst<br />
von Ärzten und später von Pfl egekräften<br />
benutzt. Mit diesem Wechsel<br />
mussten Pfl egekräfte auch neues<br />
Wissen und neue Qualifi kationen<br />
erlernen. Beispielsweise mussten<br />
mit der Fieberkurve, die geschrieben<br />
wurde, Pfl egekräfte nun Lesen<br />
und Schreiben können.<br />
Außerdem wurde untersucht, wie<br />
Dinge zum Handeln anregen können.<br />
„In der stationären Langzeitpfl<br />
ege zeigt sich, dass es in erster<br />
Linie die Pfl egekräfte sind, die die<br />
Nutzung der Dinge und den Ablauf<br />
der Tätigkeiten dirigieren. Sie geben<br />
den Menschen, die sie pfl egen, Anstöße,<br />
Dinge zu nutzen“, sagt Artner.<br />
Über Dinge werden zum Beispiel ältere<br />
Menschen in einem Pfl egeheim<br />
aktiv gehalten, indem Pfl egekräfte<br />
beim Stuhlgang mit einem Toilettenstuhl<br />
eine Mobilisierungseinheit<br />
einbauen.<br />
Ob es auch nutzlose Dinge gibt im<br />
Pfl egealltag? Manche Utensilien,<br />
sagt Artner, fi nden erst mit der Zeit<br />
Anwendung. „In einem Pfl egeheim<br />
wurde der Hebelifter kaum genutzt.<br />
Man hängt von der Decke, wird in<br />
die Badewanne gehievt. Für viele<br />
Menschen ist das ungewohnt, man<br />
fühlt sich zunächst unsicher.“<br />
Lucia Artner forscht in einem sensiblen,<br />
intimen Bereich. „Ich kläre<br />
von Anfang an auf, was ich mache<br />
und warum, ich spreche viel mit Angehörigen<br />
von Demenzerkrankten.“<br />
Mit den Objekten, sagt Artner, „kann<br />
man nicht reden“. Es sind die Menschen,<br />
die ihr erzählen und zeigen,<br />
was die Dinge im Alltag machen und<br />
die Einblicke geben in ihr Leben mit<br />
den Dingen. Und dafür, für all diese<br />
Begegnungen, ist die junge Forscherin<br />
sehr dankbar.<br />
ÜBERWACHUNG<br />
Wie snappt Deutschland?<br />
Erste große Snapchatter-Befragung zur Nutzung von Inhalten<br />
von Simone Fischer, Hochschule Düsseldorf<br />
Der Hype um das Social-Media-Tool Snapchat ist derzeit groß. Doch wie snappt Deutschland? Um das herauszufinden, hat<br />
Prof. Dr. Claudia Gerhards vom Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Hochschule Düsseldorf im Wintersemester<br />
2016/<strong>2017</strong> gemeinsam mit Studierenden und in Kooperation mit der Kölner Digitalagentur whylder eine der ersten großen<br />
Snapchatter-Befragungen Deutschlands unter 1610 Befragten durchgeführt. Erstmals konnten so grundlegende Erkenntnisse<br />
darüber gewonnen werden, wie Snapchat-Nutzer in Deutschland mit der neuen Medienumgebung interagieren.<br />
Über die Hälfte der Befragten (55<br />
Prozent) folgt bis zu 10 Prominenten<br />
auf Snapchat, 22,2 Prozent sogar<br />
bis zu 20 Promis. Lieblingspromi-<br />
Snapper ist die US-Amerikanerin<br />
Kylie Jenner, gefolgt vom deutschen<br />
Model Stefanie Giesinger. Unternehmen<br />
hingegen haben es bislang<br />
schwer, mit eigenen Snapchat-Kanälen<br />
Follower zu fi nden. So gaben<br />
81,8 Prozent der Befragten an, keinem<br />
Snapchat-Account von Unternehmen<br />
zu folgen.<br />
Lange Inhalte werden von vielen<br />
Nutzern als unattraktiv empfunden:<br />
Knapp die Hälfte der Befragten (49,<br />
3 Prozent) steigt bei Snapchat-Storys<br />
bereits spätestens nach einer<br />
Minute aus, 27,1 Prozent haben<br />
eine Toleranzgrenze von immerhin<br />
bis zu zwei Minuten. „Will man erfolgreich<br />
Geschichten auf Snapchat<br />
erzählen, so sollte man Folgendes<br />
beachten: Kurz und knackig muss<br />
es sein, gerne vertont zum Beispiel<br />
in Videos, denn die deutliche Mehrheit<br />
der Nutzer (80,9 Prozent) hat<br />
den Ton bei der App-Nutzung angeschaltet“,<br />
so Professorin Gerhards.<br />
„Auch querformatige Inhalte werden<br />
von der Mehrheit akzeptiert. Das ist<br />
umso erstaunlicher, als Snapchat eigentlich<br />
für die Rezeption von vertikalen<br />
Videos konzipiert worden ist.“<br />
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