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Wann & Wo 11.02.2018

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14 Sonntag, 11. Februar 2018 WANN & WO<br />

Rotlicht-Report<br />

W&W-Serie zu Prostitution in und um Vorarlberg<br />

Rotlicht im Rheintal<br />

W&W geht im „Rotlicht Report“ auf das Thema<br />

Prostitution im Rheintal ein. Im ersten Teil geht<br />

es darum, wie es in der benachbarten Schweiz<br />

abläuft. Nächste <strong>Wo</strong>che wagen wir den Blick über<br />

die Rotlicht-Grenze nach Vorarlberg.<br />

an<br />

Abteilungsinspektor<br />

3Fragen<br />

Menschenhandel<br />

Manuel Seitlinger, Bereich<br />

„Gemacht wird es trotzdem“<br />

WANN & WO blickte im<br />

grenznahen Sex-, Saunaund<br />

Wellnessclub<br />

Palladium in Au (CH)<br />

durchs Schlüsselloch<br />

und sprach mit Betreiber<br />

Andreas Tomaschek.<br />

Wie ist die derzeitige<br />

Lage im Milieu in<br />

Vorarlberg?<br />

1<br />

In Vorarlberg gibt es kein<br />

offizielles Bordell. Bei<br />

Rotlicht-nahen Betrieben<br />

stellen wir einen Rückgang fest.<br />

Es besteht mitunter der Verdacht,<br />

dass es vereinzelt, außerhalb<br />

der Lokale zu Vereinbarungen<br />

zwischen Frauen und Männern<br />

kommt. Sofern es dabei aber<br />

nicht um Zuhälterei oder Menschenhandel<br />

geht, liegt „nur“<br />

eine Verwaltungsübertretung<br />

nach dem Vorarlberger Sittenpolizeigesetz<br />

und unter Umständen<br />

dem Aids- und Geschlechtskrankheitengesetz<br />

vor.<br />

Was droht den Frauen<br />

bei so einem Verstoß?<br />

2<br />

Das ist abhängig vom<br />

Aufenthaltsstatus und der<br />

Nationalität der Beschuldigten.<br />

Wenn jemand als Nicht-<br />

EU-Bürgerin keine Arbeitserlaubnis<br />

in Österreich hat, handelt es<br />

sich um einen Verstoß gegen<br />

das Fremdenpolizeigesetz, was<br />

in weiterer Folge zur Ausweisung<br />

führen kann.<br />

Gibt es illegale Bordelle<br />

in Vorarlberg?<br />

3<br />

Der ehemalige Straßenstrich<br />

hat sich schon vor<br />

geraumer Zeit immer<br />

mehr in Privatwohnungen und<br />

auch Hotels verlagert. Die Frauen<br />

bekommen ihre Kunden über<br />

die verschiedensten Kanäle, mit<br />

unterschiedlichen Telefonnummern.<br />

Daher ist es auch unmöglich,<br />

hier eine entsprechende<br />

Anzahl festzustellen. Hier<br />

werden wir nicht immer sofort<br />

aktiv. Wenn in diesem Zusammenhang<br />

aber der Verdacht auf<br />

Ausbeutung oder Zuhälterei<br />

besteht, schreiten wir ein.<br />

MARTIN BEGLE<br />

martin.begle@wannundwo.at<br />

Auf die Frage, ob er ein Zuhälter sei,<br />

antwortet der aus Vorarlberg stammende<br />

Palladium-Betreiber: „Hier<br />

drinnen gibt es keine Zuhälter, jeder<br />

ist selbstbestimmt. Bei uns sind<br />

Frauen genauso Gäste, wie die Männer.<br />

Die Clubbenutzung kostet 60<br />

Franken, für den ,Service‘ nehmen<br />

die Sex-Dienstleisterinnen je nach<br />

Dauer zwischen 75 und 220 Franken.<br />

Ich bekomme von ihnen<br />

sonst kein Geld und<br />

kann nicht bestimmen,<br />

mit wem sie aufs Zimmer<br />

A. Tomaschek<br />

gehen. Wir kassieren nur<br />

die Quellensteuer und<br />

die Mehrwertsteuer für den Staat,<br />

sind sozusagen der Zuhälter des<br />

Staates, die Finanzpolizei im Rotlicht.<br />

Was man vom Fernsehen so kennt,<br />

Drogengelder, Schutzgebühren und<br />

dergleichen, gibt es bei uns nicht.<br />

<strong>Wo</strong> Prostitution verboten ist, treten<br />

diese Probleme jedoch zwangsläufig<br />

auf. Was draußen passiert, kann ich<br />

nicht beeinflussen. Wir dürfen uns<br />

keine Illusionen machen, dass hinter<br />

diesen glücklich erscheinenden<br />

Frauen vielleicht eine Familie steht,<br />

ein Freund, ein Mann, der das billigt<br />

oder sie sogar anhält, das zu tun.“<br />

Schweizer System<br />

Bald nach der Eröffnung machte sich<br />

die Polizei, Einheit für Organisiertes<br />

Verbrechen, vorstellig: „In uns sähe<br />

die Polizei eine Chance, Informationen<br />

zu bekommen, was im Milieu<br />

vorgeht. Im Gegenzug sorgen sie für<br />

unseren Schutz. Diese Zusammenarbeit<br />

läuft seit über vier Jahren sehr<br />

gut.“ Tomaschek ist voll des Lobes<br />

für dieses System: „Wir merken es<br />

kaum und bekommen maximale<br />

Unterstützung, das gilt auch für<br />

alle Frauen“, versichert er. „Wenn<br />

eine Frau zu uns kommen möchte,<br />

schickt sie uns eine Passkopie und<br />

einen maximal drei <strong>Wo</strong>chen alten<br />

„Die Frauen im Palladium sind genauso Gäste, wie die Männer“, betont Tomaschek. Fotos: MiK<br />

Test von einem eingetragenen Frauenarzt.<br />

Wir machen dann das Ansuchen<br />

hier bei der Gemeinde. Ihre<br />

Arbeitsbewilligung muss die Frau<br />

persönlich beim Polizeiposten abholen.<br />

Dort wird sie nochmals über<br />

ihre Rechte gegenüber Zuhältern<br />

und Menschenhändlern sowie ihre<br />

Pflichten gegenüber dem Schweizer<br />

Staat aufgeklärt. Man kann das also<br />

gut machen, oder eben verbieten –<br />

gemacht wird es aber trotzdem.“<br />

„40 Prozent Vorarlberger“<br />

Früher war Tomaschek Unternehmer<br />

in der Textilbranche: „Einige meiner<br />

vielen internationalen Kunden<br />

350 kg<br />

Wäsche täglich fallen im<br />

Palladium an.<br />

400.000<br />

Franken an Steuern zahlt<br />

der Saunaclub im Jahr.<br />

fragten mich bei ihren Besuchen, wo<br />

man am Abend ,Spaß haben‘ könne.<br />

Also bin ich mit denen 15 Jahre lang<br />

drei Mal in der <strong>Wo</strong>che nach Zürich<br />

gefahren. In Vorarlberg und auch<br />

auf der Schweizer Seite gibt es gute,<br />

große Betriebe, die alle das gleiche<br />

Problem hatten. Ich war nicht selten<br />

in Zürich und stand neben vier<br />

anderen Fahrern aus Vorarlberg<br />

an der Bar. Als die Hallen hier frei<br />

wurden, habe ich überlegt, was man<br />

hier an der Grenze machen könnte.<br />

Ich habe eine Marktlücke für einen<br />

Saunaclub, wie wir ihn betreiben,<br />

entdeckt. Schätzungsweise kommen<br />

etwa 40 Prozent unserer Gäste aus<br />

Österreich bzw. Vorarlberg.“<br />

700<br />

Meter Luftlinie sind es von<br />

der Grenze zum Palladium.<br />

7000<br />

Gäste aus Vorarlberg besuchen<br />

den Club jährlich.

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