Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Nicht für „Husch-Pfusch“ zu haben<br />
Landeshauptmann Günther Platter im RUNDSCHAU-Gespräch anlässlich der nahenden Landtagswahl<br />
(RS) Warum stößt sich der Tiroler Landeshauptmann am Wahlkampfauftakt<br />
eines seiner politischen Mitbewerber? Was ist Sache<br />
am Fernpass und wie will Günther Platter das 7,5-Tonnen-<br />
Limit dort beibehalten? Was ist der letzte Stand der Dinge bei<br />
der Gletscher-Ehe Ötztal-Pitztal und wie steht der Oberländer<br />
zur „Tabuzone Inn“? Für die RUNDSCHAU beantwortete der<br />
wahlkämpfende Spitzenkandidat der Tiroler Volkspartei etliche<br />
Fragen, die aktuell unter den Nägeln brennen.<br />
RUNDSCHAU: Der Wahlkampfauftakt<br />
der Tiroler Volkspartei kam<br />
ohne Trommelwirbel aus – warum hat<br />
Sie das beim politischen Mitbewerber<br />
gestört?<br />
Günther Platter: Ich habe nicht<br />
die Trommlergruppe kritisiert, sondern<br />
die Art und Weise, wie die Tiroler<br />
FPÖ ihren Auftakt inszeniert<br />
hat. Wenn man sich anschaut, welche<br />
Personen dort mittlerweile das<br />
Ruder übernommen haben, dann<br />
fällt es schwer, hier an Zufälle zu<br />
glauben. Fakt ist, dass Mitglieder<br />
und Funktionäre der Tiroler FPÖ in<br />
den letzten Monaten immer wieder<br />
durch extreme Aussagen aufgefallen<br />
sind. Wenn ich das Gefühl habe,<br />
dass jemand bewusst mit einschlägiger<br />
Symbolik provoziert, dann<br />
spreche ich das auch an.<br />
RS: Wie kann der Tschirgant-Tunnel<br />
finanziert werden?<br />
Platter: Keine Frage, ohne den<br />
Bund geht das nicht. Deshalb gilt es<br />
jetzt, gemeinsam daran zu arbeiten,<br />
dass der Tschirgant wieder in den<br />
Generalverkehrsplan des Bundes<br />
aufgenommen wird. Die ersten diesbezüglichen<br />
Gespräche mit dem<br />
neuen Verkehrsminister Norbert<br />
Hofer stimmen mich positiv. Für<br />
mich ist es auch eine Frage der Gerechtigkeit,<br />
dass zumindest ein Teil<br />
der Millionen, die über die Mauteinnahmen<br />
der Asfinag jedes Jahr von<br />
Tirol nach Wien fließen, vom Bund<br />
wieder in die heimische Infrastruktur<br />
investiert wird.<br />
RS: Sie kündigen die Inbetriebnahme<br />
des Scheiteltunnels für 2025 an:<br />
Bis wann sollte Ihrer Meinung nach<br />
der Tunnel durch den Tschirgant stehen?<br />
Platter: Nach längerem Stillstand<br />
gibt es beim Tschirgant-Tunnel endlich<br />
wieder Bewegung. Neben der<br />
Wiederaufnahme des Projekts in den<br />
Generalverkehrsplan des Bundes ist<br />
unser oberstes Ziel, möglichst rasch<br />
das UVP-Verfahren einzuleiten. Wir<br />
machen jedenfalls auf allen Ebenen<br />
Druck, dass wir möglichst schnell<br />
vorwärts kommen. Genaue Jahrzahlen<br />
kann man aber noch nicht nennen.<br />
Das wäre nicht seriös.<br />
RS: Dass der Tschirgant ab Nassereith<br />
untertunnelt wird, liegt auf der<br />
Hand, doch wo soll der Tunnel im Inntal<br />
heraus kommen?<br />
Platter: Es gibt mehrere Varianten,<br />
die möglich sind und die nun<br />
geprüft werden. Entscheidend sind<br />
hier mehrere Faktoren, unter anderem<br />
auch, welche Trassen geologisch<br />
überhaupt umsetzbar sind.<br />
RS: Der Zusammenschluss Ötztal-<br />
Pitztal habe „lange Zeit die politische<br />
Unterstützung missen lassen“, so die<br />
Kritik der Neos. Die FPÖ plakatiert,<br />
ein Zusammenschluss käme nur bei<br />
ihrer (Regierungs-)Beteiligung zustande<br />
– was sagen Sie Ihren Kritikern?<br />
Platter: Ich habe immer betont,<br />
dass ich das Projekt unterstütze,<br />
wenn die rechtlichen Voraussetzungen<br />
passen. Zurzeit sind die<br />
zweite Vollständigkeitsprüfung sowie<br />
die Umweltverträglichkeitsprüfung<br />
im Laufen. Der Ball liegt bei<br />
der unabhängigen Behörde. Für die<br />
Umsetzung dieses Projekts sind also<br />
mehrere Kriterien entscheidend.<br />
FPÖ oder Neos zählen nicht dazu.<br />
RS: Sicherheit ist eines Ihrer<br />
Kernthemen. Wenn es um Sicherheit<br />
vor Felsstürzen oder Hangrutschen<br />
geht, hat man in letzter Zeit das Gefühl,<br />
dass noch einiges auf den Bezirk<br />
Landeck zukommen könnte. Wird<br />
die Bewältigung dieser Herausforderungen<br />
finanzierbar sein? Konkret:<br />
Wird auf der Landecker Straße südlich<br />
der Bezirkshauptstadt in absehbarer<br />
Zeit eine Galerie gebaut?<br />
Platter: Grundsätzlich gilt: Sicherheit<br />
ist uns in Tirol viel wert. Wann<br />
immer Maßnahmen notwendig waren,<br />
um Leib und Leben zu schützen,<br />
war in Tirol das Geld dafür vorhanden.<br />
Das wird auch in Zukunft<br />
so sein. Nach den aktuellen Felsabbrüchen<br />
an der L 76 und der B 180<br />
Reschenstraße wird die Steinschlagsituation<br />
in den betreffenden Gebieten<br />
neuerlich einer umfassenden<br />
Beantwortete alle Fragen der RUNDSCHAU: Landeshauptmann Günther Platter,<br />
welcher die Tiroler Volkspartei als Vorsitzender in die Landtagswahl führt. Foto: VP<br />
Grundlagenerhebung unterzogen<br />
und neu beurteilt. Eine aktuelle Risikoeinschätzung<br />
für beide Straßenverbindungen<br />
wird im Frühsommer<br />
vorliegen. Auf Basis dieser Fakten<br />
werden wir dann entscheiden, welche<br />
Schutzmaßnahmen notwendig<br />
sind und umgesetzt werden.<br />
RS: Die Landesregierung hat den<br />
Inn zwischen Haiming und Kirchbichl<br />
zur Tabuzone erklärt. Insgesamt<br />
neun Millionen Euro wurden<br />
von den IKB für Vorprojektierungen<br />
von Laufkraftwerken bei Telfs und<br />
Flaurling in den Sand gesetzt. Der<br />
Telfer Bürgermeister Christian Härting<br />
spricht sich weiterhin für ein<br />
Innkraftwerk westlich der Marktgemeinde<br />
aus. Bleibt es beim Tabu<br />
oder sollte man eventuell doch noch<br />
einmal darüber diskutieren?<br />
Platter: Wir haben uns im Zusammenhang<br />
mit dem nachhaltigen<br />
Ausbau der Wasserkraft zum<br />
Schutz bestimmter Gewässerstrecken<br />
bekannt. Die angesprochene<br />
Tabuzone haben wir aber nicht<br />
verordnet, weil im Begutachtungsverfahren<br />
im Abschnitt Haiming<br />
bis Rotholz massive rechtliche und<br />
auch fachliche Bedenken aufgetreten<br />
sind. Diese Stellungnahmen<br />
werden deshalb nun Punkt für<br />
Punkt abgearbeitet. Für ein Husch-<br />
Pfusch-Gesetz vor der Wahl – so<br />
wie das die Grünen gefordert haben<br />
– bin ich nicht zu haben. Wenn wir<br />
etwas machen, dann machen wir es<br />
,g’scheit‘.<br />
RS: Immer mehr E-Autos oder mit<br />
Wasserstoff betriebene Fahrzeuge sollen<br />
in Zukunft für Mobilität sorgen.<br />
Damit wird der Stromverbrauch steigen.<br />
Mit erneuerbaren Energien wird<br />
der steigende Stromverbrauch nicht<br />
zu bewältigen sein. Heißt das nicht,<br />
dass es noch mehr Wasserkraftwerke<br />
braucht?<br />
Platter: In unserer Energiestrategie<br />
„Tirol 2050 energieautonom“ ist<br />
der steigende Stromverbrauch nicht<br />
nur für die E-Mobilität, sondern<br />
auch für den Ersatz fossiler Brennstoffe<br />
berücksichtigt. Unser Ziel<br />
ist, dass der Anteil der Wasserkraft<br />
am Tiroler Energiebedarf, den wir<br />
insgesamt senken wollen, im Jahr<br />
2050 bei mehr als 50 Prozent liegt.<br />
Derzeit beträgt er 20 Prozent. Wenn<br />
wir die Energiewende schaffen wollen,<br />
führt kein Weg am Ausbau der<br />
Wasserkraft vorbei. Tirol ist dabei<br />
auf einem guten Weg: 2020 wird das<br />
GKI ans Netz gehen, die Erweiterung<br />
des Inn-Kraftwerks Kirchbichl<br />
steht unmittelbar bevor und für<br />
die Kraftwerkserweiterung Sellrain-<br />
Silz gibt es einen positiven UVP-<br />
Bescheid.<br />
RS: Thema illegale Einwanderung:<br />
Wie viele Flüchtlinge kann sich Italien<br />
noch leisten? Könnte die Situation in<br />
absehbarer Zeit überschwappen und<br />
Tirol neuerlich zum Korridor in Richtung<br />
Norden werden?<br />
Platter: Die illegale Einwanderung<br />
nach Italien hat zum Glück<br />
nach dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise<br />
mittlerweile wieder stark<br />
abgenommen. Trotzdem: Die Situation<br />
bleibt durch die zahlreichen<br />
internationalen Krisen weiter angespannt.<br />
Wir werden deshalb die<br />
Brennergrenze weiterhin ganz genau<br />
im Auge behalten und den Grenzraum<br />
strikt überwachen. Sollte sich<br />
die Situation verschärfen, ist Tirol<br />
mit dem vorbereiteten Grenzmanagement<br />
gerüstet.<br />
RUNDSCHAU Seite 26 14./15. Februar 2018