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Familienrecht Fach 11, Seite 1441<br />
Ehegattenunterhalt<br />
Praxishinweise:<br />
• Abzustellen ist dabei auf das – fiktive – Einkommen der Unterhaltsberechtigten in ihrem – fiktiven –<br />
Lebensverlauf als ledige und kinderlose Erwerbstätige in ihrem gelernten und früher ausgeübten Beruf.<br />
• Maßgeblich ist das hypothetische (Netto-)Einkommen, das sie ohne Ehe und Kindererziehung aus<br />
eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Es ist fiktiv anhand der Steuerklasse I ohne Kinderfreibetrag zu<br />
ermitteln (BGH NJW 2013, 528).<br />
a) Vorliegen eines ehebedingten Nachteils<br />
aa) Voraussetzung<br />
Ehebedingte Nachteile liegen folglich vor, wenn die Gestaltung der Ehe, insbesondere die Arbeitsteilung<br />
der Ehegatten, die Fähigkeit eines Ehegatten, für seinen Unterhalt zu sorgen, beeinträchtigt hat (BGH<br />
FamRZ 2010, 538; FamRZ 2009, 406; FamRZ 2008, 582, 586).<br />
Praxishinweise:<br />
• Zur Darlegung der tatbestandlichen Voraussetzungen ist umfassender anwaltlicher Sachvortrag zu den<br />
Umständen des Einzelfalls erforderlich.<br />
• In der anwaltlichen Beratung im Vorfeld muss der Mandant entsprechend informiert und die erforderlichen<br />
Sachverhaltsangaben müssen erfragt werden.<br />
• Der Lebenslauf des Unterhaltsberechtigten muss abgeklärt werden, um eine Befristung mit möglichst<br />
vielen Fakten als unbillig erscheinen zu lassen: Inwieweit waren ehebedingte Nachteile zu verzeichnen<br />
und inwieweit wirken sie weiter fort?<br />
bb) Kausalität<br />
Zwischen der Ehegestaltung und dem Erwerbsnachteil muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen<br />
(eindeutige Kausalität). Für die Ehebedingtheit des Nachteils ist erforderlich, dass die Umstände, die zu<br />
dem unterschiedlichen Einkommen führen, Folgen des Lebenszuschnitts der Ehegatten während der<br />
Ehe sind, also aufgrund der Rollenverteilung und der vereinbarten Aufgabenverteilung in der geschiedenen<br />
Ehe eingetreten sind (Kausalität; BGH FamRZ 2011, 189; FamRZ 2010, 1414).<br />
Checkliste:<br />
1. Im ersten Schritt muss festgestellt werden, dass überhaupt ein Nachteil im oben dargelegten Sinne<br />
eingetreten ist.<br />
2. Danach muss in einem zweiten Schritt geprüft werden, ob dieser Nachteil ehebedingt ist oder allein auf<br />
persönliche Umstände der Unterhaltsberechtigten zurückzuführen ist („persönliches Pech“).<br />
3. Im letzteren Fall können die eingetretenen Nachteile nicht zur Begründung herangezogen werden, eine<br />
Begrenzung oder Befristung nach § 1578b BGB zu verhindern!<br />
b) Fehlender ehebedingter Nachteil<br />
Kein ehebedingter Nachteil ist gegeben,<br />
• wenn für die Arbeitsplatzaufgabe Gründe maßgeblich waren, die keinen Bezug zur Ehegestaltung<br />
haben, wie etwa betriebs- oder krankheitsbedingte Kündigungen (BGH NJW 2013, 1738 = FamRZ<br />
2013, 935), Arbeitslosigkeit aus konjunkturellen Gründen, wegen Arbeitsmangel, Insolvenz (BGH NJW<br />
2010, 3653),<br />
• wenn eine zur Erwerbsunfähigkeit führende Erkrankung durch zu Unrecht erlittene Haft ausgelöst<br />
wird (OLG Hamm FamRZ 2016, 64),<br />
<strong>ZAP</strong> Nr. 4 14.2.2018 171