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Jörg`s Bärenhund- und Storywelt

Jörg`s Bärenhund- und Storywelt- Bücher, Kurzgeschichten, Pyrenäenberghund und der Germanische Bärenhund

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Informationen zum Germanischen<br />

<strong>Bärenh<strong>und</strong></strong><br />

www.baerenh<strong>und</strong>-witten.de


Das zwanzigste Jahrh<strong>und</strong>ert. Zwei Weltkriege erschüttern Europa.<br />

Hilde Niggetiet, 1910 geboren, erzählt in ihrer Biografie von dem Versuch, in den Wirren der<br />

Kriege ein normales Familienleben zu führen.<br />

Bombenangriffen, Kinderlandverschickung <strong>und</strong> persönlicher Schicksalsschläge zum Trotz<br />

lässt sie sich nie entmutigen.<br />

Als sie aber gegen den Willen ihrer Familie mit ihrem Geliebten Erwin durchbrennt, scheint<br />

für sie die Chance auf ein glückliches Familienleben endgültig gescheitert.<br />

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Textprobe<br />

Die Katastrophe<br />

Das Leben ging weiter, als wäre nichts geschehen. In diesem<br />

Jahr war das Weihnachtfest wieder besonders schön.<br />

Erich sagte: „Sieh nur, Heini, wie die Augen von dem Kleinen<br />

strahlen. Mir wird direkt warm ums Herz.“<br />

„Ja“, sagte Heini, „ihr verwöhnt ihn ja auch ganz schön.“<br />

Vater war ein bisschen traurig. Seine Stimme klang heute ganz<br />

anders. Später haben wir oft gesagt, ob er etwas geahnt hat.<br />

Er war doch sonst immer der Verrückteste.<br />

Silvester waren wir alle platt. Vater ging schon um neun Uhr<br />

ins Bett. Als wir um zwölf mit ihm anstoßen wollten, sagte er:<br />

„Bitte, Kinder, lasst mich schlafen. Seid nicht böse.“<br />

Ich küsste ihn: „Päpsken, nur einen ganz kleinen Schluck.“ Da<br />

trank er mir zuliebe.<br />

Mutter meinte: „Er wird doch nicht krank werden. Er trinkt<br />

doch sonst so gerne einen.“<br />

Alle im Haus prosteten sich zu. „Frau Hake, wo ist denn Ihr<br />

Mann? Er ist doch nicht krank?“<br />

„Nein, er fühlt sich nicht gut.“<br />

Neujahr war Vater wieder als Erster auf. Zuerst fütterte er<br />

seine Tauben. Er hatte eine Fußbank auf dem Taubenschlag, da<br />

saß er eine geschlagene St<strong>und</strong>e <strong>und</strong> beobachtete seine<br />

Lieblinge. Dann schälte er die Kartoffeln, holte Kohl rauf <strong>und</strong><br />

stocherte den Herd, bis die Platte rot war. Es sollte doch<br />

schön warm sein. Mutter <strong>und</strong> wir schliefen sonntags gerne ein<br />

bisschen länger. „Na, ihr Schlafmützen, jetzt wird es aber<br />

Zeit, sonst können wir gleich zu Mittag essen.“<br />

Da wurden wir flink. Ich fragte noch: „Du treulose Tomate hast<br />

uns schön sitzenlassen gestern Abend. Du weißt doch, ohne dich<br />

gibt’s keine Stimmung.“<br />

„Ach, Kind, ich war nicht in Form. Macht euch nichts daraus.<br />

Heute werde ich euch dafür verwöhnen. Oh Gott, nächste Woche<br />

wirst du schon zwanzig, Hilde. Das wird aber gefeiert. Dann<br />

bin ich wieder obenauf. Wo sind die Jahre nur geblieben?“ Wir<br />

Jungen gingen am Abend tanzen. Da waren die beiden froh, dass<br />

sie mal alleine waren. Erich <strong>und</strong> Rudi kamen zeitig ins Bett.<br />

Mutter war immer froh, wenn die Feiertage wieder um waren <strong>und</strong><br />

alles seinen Lauf ging. Jetzt waren wir schon sechs Personen,


mit meinem Fre<strong>und</strong> sieben. Aber er war ja nur am Samstag <strong>und</strong><br />

Sonntag da. Die Wohnung war auch nicht allzu groß.<br />

Ich freute mich schon auf meinen Geburtstag. Da wurde ich so<br />

richtig verwöhnt. Morgens musste ich erst zur Arbeit. Vater<br />

hatte Mittagsschicht, aber er war schon ganz früh aufgestanden<br />

<strong>und</strong> hatte das Frühstück für mich gemacht. Er war der Erste,<br />

der mir gratulierte. „Mein Mädel, zwanzig Jahre! Wie schnell<br />

doch die Zeit vergeht!“<br />

„Oh, Paps, wie schade, dass du nicht mitfeiern kannst.“<br />

„Das holen wir nach, mein Mädel. Aber zur Vorsicht esse ich<br />

jetzt schon ein Stück Kuchen, sonst kriege ich vielleicht<br />

keinen mehr mit.“<br />

„Vater, da kennst du mich aber schlecht. Zuerst lege ich etwas<br />

für dich zurück.“<br />

Wir haben noch eine ganze Zeit geredet. Dann sagte er laut,<br />

dass alle wach wurden: „Hilde hat Geburtstag!“<br />

Da sprangen sie auf ihrem Betten. Selbst unser kleiner Rudi<br />

krähte. Der Tag fing ja gut an. Ich wäre bald zu spät zur<br />

Arbeit gekommen, habe es noch so eben geschafft.<br />

Mittags nach dem Essen konnte ich nach Hause gehen.<br />

Das war ein Geburtstag! Erich spielte M<strong>und</strong>harmonika.<br />

Wir haben getanzt <strong>und</strong> gejucht. Die Füße brannten uns.<br />

Mutter war so lustig wie lange nicht mehr. Tante Anna schlug<br />

immer wieder die Hände über dem Kopf zusammen <strong>und</strong> sagte:<br />

„Lisbeth, du bist gar nicht wiederzuerkennen. Deinem Heinrich<br />

wird doch nichts passieren.“<br />

„Oh, Anna, mal bloß nicht den Teufel an die Wand.“<br />

Von da an war Mutters Stimmung hin. Es wurde Abendbrot<br />

gegessen <strong>und</strong> noch ein Gläschen getrunken. Dann verabschiedete<br />

sich der Besuch. Es war schon fast zehn.<br />

Mutter sagte: „Hilde, geh du auch ins Bett.“<br />

„Ach, ich möchte warten, bis Vater kommt.“<br />

„Nein, es wird zu spät für dich, mein Mädel, du musst morgen<br />

früh aus den Federn.“<br />

„Dann gute Nacht.“ Ich gab ihr noch einen herzhaften Kuss:<br />

„Das war für die schönen Geschenke <strong>und</strong> für den schönen Tag.“<br />

Plötzlich hörte ich einen furchtbaren Schrei. Zuerst dachte<br />

ich, ich träume. Aber da hörte ich Männerstimmen <strong>und</strong><br />

dazwischen immer wieder Mutters Worte: „Das kann nicht sein!“<br />

Ich zog mir schnell einen Mantel über <strong>und</strong> lief in die Küche.


Morgenröcke gab es ja nicht.<br />

Da sagte einer der Männer: „Frau Hake, beruhigen Sie sich<br />

doch, er ist doch nur eingeschlossen. Vielleicht können ihn<br />

seine Kumpels noch retten.“<br />

„Oh ja, so wird es sein. Hilde, hol schon meine Sachen, dann<br />

kann ich gleich bei ihm sein.“<br />

Die Leute aus dem Haus liefen zusammen. Sie hatten das<br />

Schreien gehört. Sie versuchten, Mutter zu trösten.<br />

Da kam Heini von der Zeche, er hatte auch Mittagsschicht. Sie<br />

sah gleich, was los war, da war sie auf einmal ruhig. Sie<br />

konnte es nicht glauben. Er war doch noch so jung: 44 Jahre.<br />

Sie hatte ihn noch mittags mit Rudi ein Stück begleitet.<br />

Heini sagte: „Mutter, seine Kumpels hatten ihn schon fast<br />

frei, da kam die Kohle von neuem runter. Es gab keine Rettung.<br />

Vielleicht wenn ich dabei gewesen wäre, wäre mir noch was<br />

eingefallen. Sein bester Fre<strong>und</strong> ist mit ihm umgekommen. Er war<br />

noch ein paar Jahre jünger als Vater. Die Kumpels, die ihn<br />

befreien wollten, waren ganz erschöpft <strong>und</strong> klitschnass<br />

geschwitzt <strong>und</strong> wären beinahe noch mit verschüttet worden.“<br />

„Oh Gott“, sagte Mutter, „nur das nicht.“<br />

Mutter konnte es nicht fassen, dass Vater sie alleine gelassen<br />

hatte. Drei Tage lang hat sie nichts angerührt. Tante Anna hat<br />

ihr immer eine kräftige Brühe gemacht, davon trank sie nach<br />

vielem Bitten einen Schluck.<br />

„Lisbeth“, sagte Tante Anna, „du musst dich zusammenreißen.<br />

Denk an die Kinder. Besonders an Erich, er braucht dich.“<br />

Ich habe nie wieder so einen traurigen Menschen gesehen. Sie<br />

war so weit weg mit ihren Gedanken, hat uns einfach nicht<br />

verstanden. Am Beerdigungstag mussten wir sie wie ein kleines<br />

Kind anziehen. Als wir nach draußen kamen, waren wir platt:<br />

Tausende von Menschen! Der Trauerzug wollte kein Ende nehmen.<br />

Selbst die Zeitungen waren voll, dass noch nie ein Arbeiter<br />

eine solche Beerdigung gehabt hätte. Ein paar von seinen<br />

Tauben begleiteten den Trauerzug. Der Korb war mit einem<br />

schwarzen Tuch bedeckt. Mutter ging hinter dem Sarg her, sie<br />

wollte nicht gefahren werden. Aber als alles vorbei war, brach<br />

sie auf dem Friedhof zusammen.<br />

Der Taubenkorb wurde zum Schluss geöffnet. Es war unglaublich:<br />

Die Tiere hatten keine Angst <strong>und</strong> setzen sich um das Grab<br />

herum. Der Totengräber erzählte uns später, dass die Tauben


noch nach drei Tagen über das Tag geflogen seien. Wir haben es<br />

manchmal nicht geglaubt, aber es wird schon so gewesen sein.<br />

Jeden Abend ging Mutter zum Friedhof, danach wurde sie<br />

ruhiger. Wenn ich es eben schaffte, begleitet ich sie. Unser<br />

Stummel ging auch mit. Er hatte eine ganz w<strong>und</strong>erschöne Taube<br />

gemalt <strong>und</strong> sie Vater in den Sarg gelegt, ohne etwas zu sagen.<br />

Mutter freute sich darüber <strong>und</strong> sagte: „Mein Kleiner, du wirst<br />

mir keine Sorgen machen.“<br />

Heini <strong>und</strong> ich gingen nach ein paar Monaten wieder unserem<br />

Vergnügen nach. Damit war Mutter auch einverstanden. Aber ein<br />

ganzes Jahr gingen wir jeden Sonntag zum Friedhof. Vaters Grab<br />

war wie ein Blumenmeer. Die anderen waren noch nicht verwelkt,<br />

dann waren schon wieder frische drauf. Schaffte es Mutter mal<br />

nicht, fuhr ich mit dem Fahrrad. Wir hatten ja selbst viele<br />

Blumen im Garten, da brauchten wir kein Geld dafür auszugeben.<br />

Mit der Zeit hatte Mutter sich mit dem Schicksal versöhnt.<br />

Tante Anna, auch Tante Mimmi standen Mutter immer zur Seite.<br />

Auch Vaters Geschwister, besonders sein Bruder Ludwig <strong>und</strong><br />

seine Frau, die tolle Emma. Er kümmerte sich um die Rente <strong>und</strong><br />

nahm Mutter alles ab, was eben möglich war.<br />

Sie kannte sich ja in nichts aus. Onkel Ludwig umso besser.<br />

Tante Emma ließ keine Trauermine aufkommen. Wenn sie uns<br />

besuchten, war was los. Ich machte ja die schönsten<br />

Handarbeiten. Dafür hatte sie immer Verwendung. Sie hatten ein<br />

ganzes Haus <strong>und</strong> waren herrlich eingerichtet, das war für jede<br />

Handarbeit ein besonderer Platz. Darum gab ich auch immer<br />

gerne etwas ab.<br />

Ich liebte das Schöne <strong>und</strong> freute mich, wenn ich sie besuchen<br />

durfte. Onkel Ludwig hatte einen Narren an mir gefressen.<br />

Mutter hatte mich auch immer piekfein, <strong>und</strong> ich war immer guter<br />

Laune. Sie hatten drei Söhne, da war ich Hahn im Korb. Aber je<br />

älter wir wurden, umso seltener wurden die Besuche.<br />

Auch Vaters Schwestern besuchten uns. Eine war netter als die<br />

andere. Sie hatten gerade Vater alle besonders lieb. Es ging<br />

nur immer um ihn. „Unser Heinrich, unser Heinrich.“<br />

Sie konnten es nicht begreifen, dass gerade ihn, der niemandem<br />

etwas zuleide getan <strong>und</strong> nur Frohsinn <strong>und</strong> Freude verbreitet<br />

hatte, das Schicksal so hart traf…


1865: Das Ehepaar Biel lebt mitten im Ruhrgebiet. Johannes<br />

Biel ist Bergmann auf der Zeche Neu-Iserlohn. Seine Ehefrau,<br />

Wilhelmine Biel, bringt acht Kinder zur Welt, die sie in armen<br />

Verhältnissen resolut aber liebevoll großzieht.<br />

Abseits der glanzvollen Geschichten bekannter<br />

Industriellenfamilien gewährt der Autor tiefe Einblicke in das<br />

Leben der einfachen Bergleute.<br />

Die Arbeit auf der Zeche ist dabei nur am Rande Thema. Der<br />

Blick ist immer in die Familie <strong>und</strong> das Gefühlsleben hinein<br />

gerichtet.<br />

Der Leser lernt die Werte dieser Zeit kennen, <strong>und</strong> wie sie<br />

vermittelt wurden. Werte, die sich teilweise gravierend von<br />

unseren heutigen unterscheiden.<br />

Die genannten Personen haben alle gelebt; die Schauplätze<br />

existieren teilweise heute noch. So ist die Zeche Neu-Iserlohn<br />

die heutige JVA Bochum-Langendreer.<br />

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Textprobe<br />

Familie Biel<br />

Chronik einer Bergarbeiterfamilie im Ruhrgebiet ab Achtzehn- h<strong>und</strong>ertfünf<strong>und</strong>sechzig<br />

(Eine wahre Familiengeschichte)<br />

Im Jahre Achtzehnh<strong>und</strong>ertfünf<strong>und</strong>sechzig lebte in dem abgelegenen Dorf Kleyberg, in<br />

der Nähe von Stockum, eine junge Familie.<br />

Ich möchte ein bisschen aus ihrem Leben erzählen. Der Mann war von Beruf<br />

Bergmann, seine Frau Haus-<br />

frau <strong>und</strong> Mutter. Sie waren noch sehr jung. Die ersten fünf Kinder kamen schnell; jedes<br />

Jahr eines. Da gab es viel, viel Arbeit.<br />

...<br />

Endlich kam die Hebamme. „Na, Frau Biel, das ist doch fein, dass es das Baby so eilig<br />

hat, da haben sie bis zur Konfirmation alles hinter sich. Es ist ja gleich soweit, nur Mut.<br />

Sie kleines Fräulein, machen heißes Wasser.“ „Johanna, bring mich nach oben, du weißt<br />

doch, die Möbel kommen gleich.“ „Oh, Mutter, das habe ich ganz vergessen. Wie kannst<br />

du nur jetzt daran denken?“ „Mimmi <strong>und</strong> Elisabeth kommen auch aus der Schule.<br />

Halte sie unten fest, bis alles vorbei ist. Wo ist August? Johanna, den haben wir ganz<br />

vergessen.“ „Frau Biel, regen sie sich nur nicht auf, der ist so pfiffig, hat sich bestimmt<br />

versteckt.“<br />

Mutter schrie so laut, dass es Johanna unten hörte, dann war es wieder ein paar<br />

Minuten still. Johanna suchte alles ab <strong>und</strong> rief immer wieder:“August, bitte komm aus<br />

deinem Versteck!“ Aber es rührte sich nichts. Vor Angst merkte sie gar nicht, dass die<br />

Mädels gekommen waren. „Johann, was ist denn los, warum weinst du so?“ „Ach,<br />

Kinder, Mutter bekommt ihr Baby <strong>und</strong> August ist weg. Ich habe in jeden Winkel<br />

nachgesehen, er ist nirgends zu finden.“ „Darum brauchst du doch nicht weinen. Der<br />

spielt uns mal wieder einen Streich.“ „Hoffentlich habt ihr Recht. Jetzt esst <strong>und</strong> macht<br />

eure Schulaufgaben.“ „Nein, wir wollen erst zu Mutter.“ „Elisabeth, ihr seid doch<br />

vernünftig, ein bischen müsst ihr noch warten.“ Endlich kam Vater. Johanna lief ihm<br />

entgegen. „Komm schnell zu Mutter!“ „Johanna, es ist doch nichts passiert, beruhige<br />

dich.“ Vater nahm immer drei Stufen auf einmal. Die Hebamme rief:“Es wird höchste<br />

Zeit. Ich glaube wir brauchen einen Arzt.“ Er rannte gleich los, so schwarz wie er war.<br />

Jetzt kamen auch Fritz, Johann <strong>und</strong> Wilhelm. Sie konnten kaum etwas aus Johanna<br />

raus kriegen, so aufgeregt war sie. Als sie hörten, dass Vater den Arzt holen musste<br />

wurden sie auch unruhig. Fritz sagte nur immer:“Beruhige dich, Johanna, es ist gleich<br />

vorbei.“ Aber diesmal war es doch schwieriger. Als Vater mit dem Arzt kam dauerte es<br />

nicht mehr lange. Alle atmeten auf, ein kleines Mädchen, mit grauschwarzen Haaren.<br />

Vater musste erst seinen Kohledreck abwaschen, erst durfte er das Zimmer nicht<br />

betreten, <strong>und</strong> dann nur ganz kurz.


„Ihre Frau braucht äußerste Ruhe.“ Vater weinte das erste Mal, dass es seine Kinder<br />

sahen. Er hatte den ganzen Tag gebetet:“Lieber Gott, lass sie nicht sterben.“ „Aber<br />

Johann,“ sagte Mutter „es ist vorbei.“ „Mein Liebes, ich verspreche dir, es war das<br />

letzte Mal.“ Mutter nickte nur, sie war so erschöpft. Die Kinder durften nicht zu ihr,<br />

vielleicht Morgen. Sie musste unbedingt schlafen. Als sich alle ein bischen beruhigt<br />

hatten fragte Vater:“Wo steckt August denn?“ „Oh,“ sagte Johanna „das habe ich ganz<br />

vergessen. Er ist schon den ganzen Mittag weg. Mimmi meinte, der hat sich versteckt.“<br />

„Aber doch nicht den ganzen Nachmittag. Jungs, wir müssen ihn suchen.“ Er war<br />

einfach nirgends zu finden.<br />

Oma traf fast der Schlag. „Mein Bub, du bist doch nicht ganz allein gekommen?“ „Aber<br />

Junge,“ rief Großvater „weiß Mutter, das du hier bist?“<br />

„Nein,“ sagte August „die ist ganz krank. Sie hat so laut geschrien, da bin ich vor Angst<br />

weggelaufen.“ „Mein Gott, Vater, schnell hol meinen Mantel!“ August fragte:“Oma,<br />

kann ich nicht hier bleiben?“ „Ja,“ sagte Opa „dann bist du schneller da. Was denkst<br />

du, wie die den Kleinen suchen. Es glaubt doch keiner, das der Knirps den Weg zu uns<br />

findet.“ „Junge, wie kannst du so was machen?“<br />

Opa grinste, so ernst die Sache auch war. Oma lief so schnell sie konnte, sie hatte sich<br />

noch nicht mal den Mantel zugeknöpft.<br />

Elisabeth rief:“Oma kommt! Mein Gott, der Junge ist bestimmt zu ihr gelaufen.“<br />

„Nein,“ sagte Johanna „das ist doch unmöglich.“ Vater dachte:“Jetzt geht ein<br />

Donnerwetter los.“ Aber Oma sagte nur:“August ist bei uns. Wo ist Wilhelmine?“ Sie<br />

war so ruhig oder täuschten sie sich? Ganz bestimmt, denn Oma war noch nie so<br />

aufgeregt gewesen. Sie schaffte kaum noch die Stufen rauf. Wilhelmine schlief so ruhig,<br />

da zog sie leise die Tür zu <strong>und</strong> ging wieder nach unten. „Was glotzt ihr mich alle so an,<br />

hab ich was Besonderes an mir?“ „Nein, Oma, du hast nur vergessen deinen Mantel zu<br />

zuknöpfen.“ Alle atmeten auf. „Was war hier ein Theater um August.“ „Dem werde ich<br />

ganz schön den Hosenboden versohlen, oder hast du das besorgt, Oma?“ „Wie könnte<br />

ich, wo er in seiner Angst zu mir gelaufen ist um Hilfe zu holen? Opa behält ihn ein paar<br />

Tage bei sich. Da ist hier ein bischen Ruhe. Wie ist das alles so plötzlich gekommen?“<br />

Johanna erzählte alles ausführlich. Da meinte Oma:“Das sieht meiner Tochter ähnlich,<br />

aber es tut mir schon ein bischen leid, dass die Überraschung nicht gelungen ist.“<br />

„Doch,“ sagte Fritz „es lief nur anders als es sich die Beiden ausgedacht hatten. Jetzt<br />

machen wir den Rest, dann freut Mutter sich, wenn sie aufsteht. Hoffentlich schafft sie<br />

es!“<br />

Vater war schon wieder zu ihr gegangen. Er sagte nur immer wieder:“Mutter, das war<br />

das letzte Mal.“ Damit wollte er Mutter beruhigen. „Ist Oma da?Sie soll zu mir<br />

kommen.“<br />

„Sag, Oma, woher wusstest du es?“ „Das erzähl ich dir, mein Mädel, wenn du wieder<br />

auf den Beinen bist.“<br />

Mutter erholte sich langsam wieder. Sie dachte nur an Mimmis Konfirmation, es waren<br />

nur noch Tage. „Ich muss es bis dahin schaffen.“ Sie hatte ja so einen eisernen Willen.<br />

Oma sah nach dem Rechten, dass jeder seine Aufgabe erfüllte. Damit Mutter ja ihre<br />

Ruhe hatte. Johanna kam jeden Tag vorbei. „Siehst du, Mutter, alles hat sein Gutes, du<br />

hast dein Baby <strong>und</strong> Mimmi bekommt ihre Konfirmationsfeier. Ich habe mit dem Bauer


gesprochen. Er bringt dich <strong>und</strong> Vater mit dem Kutschwagen zur Kirche.“ „Aber<br />

Johanna, was sollen die Leute denken?“ „Mutter, sie kennen dich doch alle so lange <strong>und</strong><br />

werden es verstehen. Du würdest es nie zu Fuß schaffen.“ „Vielleicht hast du Recht“<br />

„Du brauchst dir auch so keine Sorgen zu machen. Es läuft alles wie geschmiert. Du<br />

kennst Oma; jeder hat sein Pensum zu erfüllen, <strong>und</strong> jeder macht es mit viel Liebe.“<br />

„Johanna, ich hab dich richtig lieb!“ „Ich dich auch, Mutter. Jetzt muss ich schnell zur<br />

Arbeit, die Mittagspause ist um.“ „Oh Gott, streng dich nur nicht zu sehr an, es geht mir<br />

ja schon viel besser.“<br />

Als Johanna gegangen war, ging Oma zu Wilhelmine. Sie öffnete ganz leise die Tür.<br />

„Das habe ich mir fast gedacht, dass du schläfst. Johanna versteht es mit Menschen<br />

umzugehen. Sie strahlt so eine herrliche Ruhe aus. Alle haben sie lieb gewonnen. Berta<br />

<strong>und</strong> Viktoria sind auch in Ordnung. Aber Johanna ist anders, ich kann es nicht so<br />

beschreiben.“ Man konnte keinen Fehler an ihr entdecken. Fritz konnte wirklich stolz<br />

auf sie sein. Heinrich versuchte seine Gefühle zu unterdrücken. Er wollte sich nicht<br />

eingestehen, dass er in Johanna verliebt war. Das durfte einfach nicht sein. Trotzdem<br />

ging immer wieder ein Strahlen über sein Gesicht, wenn er Johanna sah. Mutter hatte es<br />

längst gemerkt, <strong>und</strong> sie war ein bischen in Sorge. „Vielleicht ist es nur eine<br />

Schwärmerei. Wie bei der ganzen Familie.“<br />

Großvater hielt es auch nicht mehr aus. Er nahm August an der Hand: „Weißt du, mein<br />

Junge, ich glaube die Bagage hat uns vergessen. Wir wollen doch wissen was los ist.“<br />

August lief immer ein Stück vor, Opa konnte bald nicht mit, aber er ließ sich nichts<br />

anmerken. Alle waren platt, als sie die beiden kommen sahen. „Opa“, rief Mimmi „fein,<br />

dass du kommst, Oma hatte schon ein schlechtes Gewissen.“ „Das hat sie auch zu Recht,<br />

ich müsste sie übers Knie legen. Uns einfach zu vergessen.“ „Aber Alter, wie könnte ich<br />

das? Aber hier geht’s drunter <strong>und</strong> drüber. Da bleibt keine Zeit zum vielen Denken. Geh<br />

erst mal zu deiner Tochter.“ „Oh, Vater“, sagte Wilhelmine „das ist aber eine<br />

Überraschung.“ „Und erst mal für mich. Willst du mir die kleine Zigeunerin nicht<br />

zeigen?“ „Doch, Vater. Sieh nur, wie süß.“ „Ja, mein Kind. Ich dachte, Oma hätte mal<br />

wieder übertrieben, aber die Kleine ist wirklich hübsch. Sag mal, wie viele möchtest du<br />

denn noch?“ „Bitte, Vater, hör bloß auf. Mir reichts.“ „Das habe ich schon öfter gehört.<br />

Die Hauptsache ist, du bist wieder auf dem Posten.“ „Sag das mal deiner Frau.<br />

Vielleicht kann ich dann aufstehen.“ „Bleib du ruhig noch zwei Tage liegen, es geht auch<br />

ohne dich r<strong>und</strong>.“ „Ja, Opa“, sagte Johanna „mir glaubt sie das nicht.“<br />

„ Jetzt lass dir erst mal einen guten Kaffee kochen, dann trinken wir einen Schnaps<br />

zusammen. Einverstanden?“ „Ja, mein Junge, geht in Ordnung.“<br />

Alle saßen um Großvater rum, jeder wollte erzählen. Großmutter sagte: „Immer hübsch<br />

einer nach dem anderen.“<br />

August war schnell zur Mutter gelaufen. „Mein Junge, gut, dass du wieder hier bist.“<br />

„Weißt du, Mami, ich hatte solche Angst um dich, da bin ich einfach zu Oma <strong>und</strong> Opa<br />

gelaufen.“ „August, ganz allein? Um Gottes Willen!“ „Warum bist du so erschrocken?<br />

Ich bin doch schon ganz groß.“ Mutter drückte ihn feste an sich. „Ja, mein Junge, das<br />

bist du. Jetzt geh nach unten, sonst suchen sie dich wieder.“ Er rief gleich: „Mutter ist<br />

ganz stolz auf mich, weil ich euch ganz allein gef<strong>und</strong>en habe.“ „Hoffentlich hat sie sich<br />

nicht aufgeregt.“ „Warum sollte sie denn? Es ist doch nichts passiert.“ Alle schauten<br />

sich an. Opa meinte: „Er ist ein ganz gewitzter Bursche.“ „Ja“, sagte Vater „manchmal<br />

ist er mir zu gewitzt. Die anderen habe ich einfach verdroschen, wenn sie so etwas


angestellt hatten, aber bei ihm mag ich es nicht.“ „Johann, ich weiß auch warum. Er<br />

kennt genau seine Grenzen, vor allen Dingen, er kennt dich <strong>und</strong> gibt dir keinen richtigen<br />

Gr<strong>und</strong> zu schlagen. Bei ihm hilft gutes Zureden.“ Mimmi rief: „Opa, der Kaffee ist<br />

fertig.“ „Prima“, sagte Opa „wie fühlst du dich denn so, Mimmi? Bist ein richtiges<br />

Fräulein.“ „Bleibst du die Nacht bei uns, Großvater?“ „Du bist gut, soll ich auf dem<br />

Fußboden schlafen?“ „Warum nicht, wir haben noch einen Schlafsack auf dem<br />

Speicher. Den könnten wir runter holen. Dann brauchst du nicht mehr allein für dich<br />

sorgen. Wir haben so viel zu tun, da können wir Oma nicht entbehren.“ „Weißt du,<br />

Mimmi, es ist nett von dir, dass du dir Sorgen um mich machst. Ich schaff das schon bis<br />

Sonntag, ich muss ja auch noch ein bischen Geld verdienen. Du möchtest doch gern ein<br />

schönes Geschenk haben, oder nicht?“ „Ach Opa, das ist nicht so wichtig.“ „Doch, mein<br />

Kleines, jetzt seid ihr schon acht Geschwister. Jeder möchte wenigstens zu Weihnachten<br />

<strong>und</strong> zum Geburtstag ein kleines Geschenk <strong>und</strong> konfirmiert wird man nur einmal im<br />

Leben. Da muss es schon etwas Besonderes sein. Jeder bekommt das Gleiche zu diesem<br />

Fest.“ „Opa, das muss aber doch nicht sein.“ „Doch, mein Kind, wir möchten es so.<br />

Deine Eltern freuen sich über jede Mark. Es ist nicht so einfach acht Kinder groß zu<br />

ziehen.“ „Sieh mal, Großvater, unsere vier Jungs sorgen ja schon für sich allein.“<br />

„Trotzdem, Großmutter <strong>und</strong> mir macht es Spaß ein bischen zuzusteuern.“ So lange<br />

hatten die beiden noch nie miteinander gesprochen. Da erschienen Elisabeth <strong>und</strong><br />

August. „Was habt ihr für ein Geheimnis?“ „Gar keins“, sagte Mimmi „ich habe<br />

Großvater nur gebeten heute Abend bei uns zu schlafen.“ „Oh ja“, riefen die beiden<br />

„das wäre fein.“ Also gab Opa nach. „Dann wollen wir mal den Strohsack runter<br />

holen.“ „Das machen wir allein. Du bist viel zu alt, es ist viel zu schwer für dich.“ Ehe<br />

Opa sich versah waren die Kinder weg. Oma rief: „Ihr spinnt wohl, was soll denn der<br />

Blödsinn.“ Mimmi sagte: „Großvater bleibt die Nacht bei uns, da braucht er doch den<br />

Strohsack.“ „Wie habt ihr das denn geschafft? Das ist das erste Mal, dass Opa über<br />

Nacht hier bleibt.“ „Oma, wir haben ihn so lange gebeten, bis er weich wurde <strong>und</strong> „ja“<br />

sagte.“ Oma dachte: „Die wickeln dich ganz schön um den Finger.“ Alle freuten sich, die<br />

Jungen, Vater, aber besonders Mutter <strong>und</strong> Oma.<br />

Am nächsten Tag konnte Mutter schon ein paar St<strong>und</strong>en aufstehen.<br />

Es war schon etwas Besonderes, dass Großvater mit am Tisch saß. Es gab so viel zu<br />

erzählen. „Mein Mädchen, ich staune nur, wie du das schaffst, so eine große Familie.“<br />

„Aber Opa, was denkst du, wie wir Mutter helfen, dafür hat Oma gesorgt. Sie hat uns<br />

von Klein an unsere Aufgabe gegeben. Heute sind wir ihr dankbar dafür. Wenn wir<br />

früher auch manchmal gemault haben.“...


Die Rückkehr des Germanischen <strong>Bärenh<strong>und</strong></strong>es.<br />

Als Hof-, Hirten- <strong>und</strong> Jagdh<strong>und</strong>e setzten die Germanen robuste, ausdauernde <strong>und</strong> wachsame H<strong>und</strong>e,<br />

sogenannte Germanische <strong>Bärenh<strong>und</strong></strong>e, ein. Diese mussten in einer harten, lebensfeindlichen Umwelt<br />

überleben <strong>und</strong> ihre Sippe verteidigen. Im Laufe der Zeit verlor sich die Spur dieser H<strong>und</strong>e.<br />

In den 80er-Jahren des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts entwickelten sich aus einem Fehlwurf zwischen<br />

Bernhardiner <strong>und</strong> weißem Hirtenh<strong>und</strong> Welpen, die dem alten Germanischen <strong>Bärenh<strong>und</strong></strong> nahekamen.<br />

1994 wurde der moderne Germanische <strong>Bärenh<strong>und</strong></strong> schließlich vom Deutschen Rasseh<strong>und</strong>e Club<br />

anerkannt.<br />

Jörg Krämer schildert die Geschichte der Geburt dieser H<strong>und</strong>erasse, illustriert die historischen Details<br />

mit kleinen Geschichten <strong>und</strong> Anekdoten sowie Bildern <strong>und</strong> gibt Ratschläge zu Haltung <strong>und</strong> Erziehung<br />

der sanften Riesen.<br />

Germanischer <strong>Bärenh<strong>und</strong></strong>- Portrait einer aussergewöhnlichen H<strong>und</strong>erasse bei Amazon:<br />

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Leseprobe<br />

Die Geburtsst<strong>und</strong>e der Germanischen <strong>Bärenh<strong>und</strong></strong>e<br />

Carsten Kieback erzählt von der Geburtsst<strong>und</strong>e der Germanischen <strong>Bärenh<strong>und</strong></strong>e:<br />

„1975 wurde „Wuschel“, der Vorläufer der <strong>Bärenh<strong>und</strong></strong>e geboren. Entstanden aus einem<br />

Fehlwurf zwischen weißem Hirtenh<strong>und</strong> <strong>und</strong> Bernhardiner. Zu diesem Zeitpunkt fuhr ich noch<br />

LKW <strong>und</strong> mein Zwingername lautete „von Damnarz“.<br />

„Wuschel“ weilte von 1975 bis 1989 auf dieser Erde. Eine Woche nach seinem Tod gebar<br />

meine Bernhardinerhündin „Krümel“ den ersten Wurf Germanischer <strong>Bärenh<strong>und</strong></strong>e. An diesem<br />

Tag tobte ein schweres Gewitter. Als am Himmel ein w<strong>und</strong>erschöner Regenbogen erschien<br />

wurden fünf zauberhafte Welpen geboren. Am 19.07.1989 gab es den historischen, ersten<br />

Eintrag Germanischer <strong>Bärenh<strong>und</strong></strong>e im Zuchtbuch. Die Welpen hießen: „Balu“, „Troll“,<br />

„Jilly“, „Gila“ <strong>und</strong> „Maja“!


Veröffentlichte<br />

Kurzgeschichten


Rettung<br />

Erschienen im net-Verlag 2013. Mit einer Zeichnung von Jonah<br />

Krämer.<br />

Fast geräuschlos glitt der letzte Nachtzug aus der Halle. Der Bahnsteig war leer, bis auf<br />

einen einzelnen Mann. Er hatte sich eine Zigarette angezündet <strong>und</strong> starrte dem Zug<br />

nach, dessen rote Schlusslichter rasch kleiner wurden.<br />

„Gerettet“, murmelte er leise. „Sie ist gerettet. Zum Schluss habe ich selbst nicht mehr<br />

daran geglaubt.“ Es war erst gestern, da war sie hier am Bahnhof aus dem Zug<br />

gestiegen. Nur durch Zufall bemerkte er sie. Wie jeden Tag seit einem Jahr stand er am<br />

Gleis <strong>und</strong> schaute den Zügen nach. Ein großer Mann. Wenn man genau hin sah, konnte<br />

man noch erkennen, dass er vor langer Zeit einmal ziemlich durchtrainiert war. Der<br />

Bauchansatz, sein speckiger Ledermantel <strong>und</strong> das ungepflegte Äußere hatten aber<br />

inzwischen deutlich die Vorherrschaft übernommen. Zu Füßen des Mannes lag ein<br />

riesiger H<strong>und</strong>. Bewegungslos wie der Mann. Lemmys Alkoholpegel lag schon locker<br />

bei zwei Promille.<br />

Er hatte einen tiefen Fall hinter sich. Seit seine Familie ums Leben gekommen war,<br />

hatte er kaum noch geschlafen. Ernährt hatte er sich seitdem vorwiegend von Whisky<br />

<strong>und</strong> Fastfood. Sein Ritual wurde der Bahnhof. „Hätte ich mich nur nicht ans Steuer<br />

gesetzt. Sie würden alle noch Leben sein.“ Der Gedanke nahm immer wieder von ihm<br />

Besitz, vor allem nachts. Dann trank er. Manchmal bis zur Bewusstlosigkeit.<br />

„Hallo, Fremder.“ Die Frau aus dem Zug. Sie schaute ihm ohne mit der Wimper zu<br />

zucken in die Augen. Den H<strong>und</strong> beachtete sie gar nicht. „Wo finde ich hier ein sauberes<br />

Zimmer?“


Lemmy musste erst den Alkoholschleier verdrängen. „Die Straße runter. Bei „Mario“.<br />

Der Name hängt groß über der Tür. Können Sie gar nicht verfehlen.“ Die Frau war eine<br />

Schönheit. Mindestens 1,75m groß, schwarze Haare, braune Augen, tief wie Seen. Die<br />

allerdings, wie er erst jetzt bemerkte, leicht flackerten. Auch ihre gepflegten Hände<br />

zitterten. „Irgendwas stimmt nicht“, dachte er.<br />

„Soll ich Sie hinbringen?“<br />

„Ja, gerne.“<br />

„Sind Sie sicher? Ich gelte nicht gerade als gesellschaftsfähig.“<br />

„Ja, bin ich. Ich erkenne sofort, wenn jemand nett ist. An dem Rest kann man ja<br />

arbeiten.“ Ihr Lächeln bei diesen Worten ließ ihn schlagartig nüchtern werden.<br />

Sie hakte sich bei ihm ein. Von dieser Sek<strong>und</strong>e an war Lemmy ihr verfallen. „Odin,<br />

komm!“ Der achtzig Kilo schwere Germanische <strong>Bärenh<strong>und</strong></strong> erhob sich völlig lautlos,<br />

schien den Kopf zu schütteln <strong>und</strong> trottete hinter ihnen her.<br />

„Sie reisen ganz ohne Gepäck?“, w<strong>und</strong>erte sich Lemmy.<br />

„Ich heiße Julia, lassen wir das doch mit dem Sie. Ja, ich musste ziemlich plötzlich<br />

aufbrechen.“<br />

In der Hotelbar lud Julia ihn zu einem Kaffee ein. Dabei erzählte sie ihm eine<br />

haarsträubende Geschichte. Alles in allem hatte sie h<strong>und</strong>erttausend Euro dabei, die sie<br />

einem Wetthai abgeluchst hatte. Nun folgten ihr fünf Typen, die ihr das Geld wieder<br />

abnehmen wollten. Einmal wurde sie bereits von ihnen zusammengeschlagen, konnte<br />

aber entkommen.<br />

„Wenn du Hilfe brauchst …“ Für Lemmy war das keine Frage.<br />

„Brauch ich. Aber sei mir nicht böse. Nach einer großen Hilfe siehst du mir nicht aus.“<br />

„Vertrau mir. Ich war nicht immer so. Nur, wenn ich dich beschützen soll, müssen wir<br />

zu mir.“<br />

„Okay!“ Ohne weiteren Kommentar nahm sie seine Hand.


Bei ihm zu Hause gab er ihr das sicherste Zimmer, das nur eine Tür hatte. „Odin,<br />

wach!“ Der riesige H<strong>und</strong> ließ sich vor dem Eingang nieder. Lemmy zog sich einen<br />

Stuhl dazu, <strong>und</strong> zusammen wachten sie über die ungewöhnliche Frau. Und es kam<br />

Lemmy nicht einmal seltsam vor. Am nächsten Tag verbrachte er einen w<strong>und</strong>erschönen<br />

Morgen mit Julia. Erst gegen Mittag, als der nächste Zug in dem kleinen westfälischen<br />

Dorf ankam, schickte er sie ins Haus. „Odin, wach!“ Lemmy ließ den H<strong>und</strong> aufpassen,<br />

während er sich im Dorf umsah. Seit zwölf St<strong>und</strong>en hatte er schon keinen Whisky mehr<br />

getrunken. Er fühlte sich gut. Bei „Mario“ sah er sie dann. Fünf Mann, alle Jeans, weiße<br />

Hemden, durchtrainiert.<br />

Nur die Gesichter unterschieden sich. Drei russisch, zwei arabisch. Mario erklärte ihnen<br />

gerade den Weg zu seinem Haus.<br />

„Idiot“, knurrte Lemmy <strong>und</strong> ging auf die Fremden zu. „Schönen guten Tag. Kann ich<br />

euch helfen?“ Lemmy war schon immer für den direkten Weg. „Ich glaube, Julia will<br />

euch nicht sehen. Am besten, ihr verschwindet.“<br />

Die Reaktion fiel wie erwartet aus. Die drei Russen kreisten ihn ein, die beiden Araber<br />

gingen weiter. „Was willst du Penner denn?“ Beim Reden zog der Wortführer einen<br />

Totschläger aus der Tasche. Gleichzeitig mit den beiden anderen. „Wirklich wie<br />

Zwillinge.“, dachte Lemmy. „Aufpassen!“, rief der Wortführer, der die plötzliche<br />

Veränderung bei Lemmy bemerkte. Doch es war bereits zu spät. Lemmys gespreizte<br />

Hand schlug bereits im Kehlkopf des Wortführers ein. Fast zeitgleich krachte sein Fuß<br />

ins Kniegelenk des zweiten Russen. Aus derselben Bewegung erwischte er ihn mit dem<br />

Ellenbogen an der Schläfe. Erst jetzt hatte sein dritter Gegner Zeit zu reagieren: Wie ein<br />

Irrer drosch er mit seinem Totschläger zu. Lemmy tauchte unter den Schlägen weg, kam<br />

im Rücken des Russen wieder hoch <strong>und</strong> hämmerte ihm die hohlen Handflächen auf die<br />

Ohren. Der Fremde ging in die Knie. Blut sickerte aus seinen Ohren. Ein trockener<br />

Schlag gegen die Schläfe gab ihm den Rest. „Nicht schön, aber wirkungsvoll“, dachte<br />

Lemmy.<br />

Er machte dem Wortführer noch schnell eine kurze Ansage <strong>und</strong> lief dann besorgt nach<br />

Hause. „Odin ist nicht mehr der Jüngste. Und zwei bewaffnete Gegner. Das wird eng“,<br />

dachte er. Seine Sorge erwies sich aber als unnötig. Bei seinem Haus angekommen,<br />

fand er zwei jammernde Schläger vor. Einer saß in der Ecke <strong>und</strong> hielt sich den<br />

blutenden Arm, der zweite lag unter Odin. Mit dem riesigen Germanischen <strong>Bärenh<strong>und</strong></strong>


auf sich war ihm jegliche Aggressivität vergangen. Nachdem Lemmy auch die zwei<br />

Schläger verjagt hatte, ging er zu Julia.<br />

„Danke.“ Zärtlich hauchte sie ihm einen Kuss auf die Wange. „Morgen muss ich das<br />

Geld zu meinem Bruder bringen. Wenn du möchtest, komme ich wieder.“ Das<br />

Versprechen in ihrer Stimme war nicht zu überhören.<br />

„Unbedingt!“ Viele Worte waren noch nie sein Ding. „Komm, ich bring dich zum<br />

Bahnhof.“<br />

Odin


Ungewissheit<br />

2014 im net-Verlag erschienen. Mit einer Zeichnung von Jonah Krämer.<br />

Seit nur noch wenige Menschen in diesem Gebiet leben, ist die Luft viel klarer <strong>und</strong> das Grün<br />

der Pflanzen viel intensiver geworden.<br />

Ich kann daran nichts Schlimmes finden.<br />

Wenn man genau hinsieht erkennt man meine Silhouette unter dem silbernen Mond. Es ist<br />

eine laue Sommernacht. Die warme Luft unter meinen Flügeln lässt mich mein knappes<br />

Pf<strong>und</strong> Gewicht kaum spüren. Ich genieße die Freiheit. Nichts stört meinen Flug. Langsam<br />

gleite ich über Wittens größtes zusammenhängendes Waldgebiet; mein Revier.<br />

In der Ferne höre ich eine Maus fiepen. Lautlos nähere ich mich meiner Beute. Nur ein<br />

Waldkauz wie ich kann sich derart leise bewegen. Die Maus hat keine Chance. Meine<br />

messerscharfen Krallen schlagen in ihr Genick. Mit dem Kopf im Nacken schlucke ich den<br />

noch warmen, blutigen Körper. Befriedigt bewege ich mich wieder in die Luft. Nahrung gibt<br />

es für mich in Hülle <strong>und</strong> Fülle.<br />

Seit die Seuche vor einigen Jahren die meisten Menschen <strong>und</strong> viele der großen Säugetiere<br />

dahin gerafft hat, haben sich die kleinen Nager massenhaft vermehrt. Und nur ein alter<br />

Habicht macht mir Konkurrenz bei der Jagd.<br />

In Durchholz, wo ich im Giebel eines verlassenen Bauernhofs meinen Unterschlupf habe, gab<br />

es schon vor der Katastrophe nur wenige Menschen. Jetzt lebt nur noch eine Familie hier.<br />

Eric, seine Frau Lena <strong>und</strong> ihre kleine Tochter Nanuk.<br />

Das große Haus, in dem sie wohnen, ist ein kleines Paradies. Das Paar hat die schönsten<br />

Sachen, die im ausgestorbenen Durchholz zu finden waren zusammengetragen. Im Garten<br />

gibt es Klettergerüste <strong>und</strong> einen großen Pool für Nanuk. Das Gelände ist mit einer großen<br />

Bruchsteinmauer mit S-Draht oben drauf abgesichert. Der Garten ist Nanuks Reich. Hier tobt<br />

sie den ganzen Tag herum.<br />

Wenn ich in der Dämmerung zu ihr fliege, kreischt sie immer <strong>und</strong> tut so, als würde sie sich<br />

vor mir erschrecken. Dann lacht sie laut los. Das Spiel ist schon zum Ritual geworden.<br />

Manchmal sitzt sie aber auch nur ganz ruhig am Pool <strong>und</strong> schaut traurig ins Leere. „Mom,<br />

warum gibt es hier keine anderen Kinder zum Spielen?“, fragt sie dann <strong>und</strong> Lena nimmt sie<br />

nur stumm in den Arm.


Erik, der fast zwei Meter große Menschenmann, ist heute Morgen an mir vorbei Richtung<br />

Stadt gelaufen. Die rhythmischen Bewegungen seiner geschmeidigen Muskeln ließen die<br />

langen braunen Haare wild um seinen Kopf fliegen. Trotz seiner abgewezten Kleider macht<br />

er, mit dem über den Rücken geb<strong>und</strong>enem Schwert, einen imposanten Eindruck.<br />

An seiner Seite der große Germanische <strong>Bärenh<strong>und</strong></strong> Odin, 70 Kilo Muskeln. Sein Kopf ist<br />

riesig. Die großen Pfoten würden mich komplett unter sich begraben. Meistens betrachtet er<br />

ein bisschen schläfrig die Welt, <strong>und</strong> niemand würde auf den Gedanken kommen, dass sich<br />

dieses Tier schnell bewegen kann.<br />

Mit Odin verbindet mich etwas. Ich verstehe es nicht, aber es ist da. Er bemerkt sofort, wenn<br />

ich in seine Nähe komme. Dann stiehlt sich immer ein belustigtes Leuchten in seine Augen.<br />

Ich fühle dabei so etwas wie eine leichte Berührung in meinem Kopf. Es macht mir Angst.<br />

Aus purer Langeweile begleite ich die Beiden durch den friedlich wirkenden Wald bis zur<br />

Stadtgrenze.<br />

Dann werde ich ein wenig durch Lea, einem niedlichen Waldkauzmädchen abgelenkt. Lea ist<br />

das heißeste Käuzchen der Gegend. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals <strong>und</strong> unter meinem<br />

Gefieder wird mir ganz warm. Ich versuchte alles, um sie in mein Nest zu locken. Heute<br />

brachte ich ihr die fetteste Maus, die je von einem Kauz gefangen wurde. Ich zeigte die<br />

halsbrecherischsten Flugmanöver, die ein Waldkauz vollbringen kann. Es half alles nichts, sie<br />

ließ mich abblitzen, wie immer. Nach diesem Desaster zog ich frustriert meine Kreise im<br />

Wald.<br />

Erst die kleine Zwischenmahlzeit besserte meine Stimmung wieder auf.<br />

Im Wald ist es jetzt unnatürlich still. Kein Laut ist zu hören. Beunruhigt schraube ich mich<br />

hoch in die Luft. Irgendetwas stimmt hier nicht. Jetzt sehe ich Erik wie einen Irrwisch durch<br />

den Wald jagen. Den großen H<strong>und</strong> lautlos rennend an seiner Seite. Ich schraube mich höher in<br />

die Luft. Nun sehe ich den Gr<strong>und</strong> für Eriks Eile: Ein dutzend Roks, die über eine Lichtung<br />

eilen.<br />

Mutanten, die kaum noch menschliche Züge haben. Entstellt von der Seuche. Haarlos, mit<br />

Zähnen wie Raubtiere <strong>und</strong> Händen, die an Klauen erinnern. Am ganzen Körper behaart tragen<br />

sie nur Shorts. Alle sind bewaffnet. Rostige Schwerter, schartige Messer <strong>und</strong> schwere Äxte<br />

sind zu erkennen.<br />

Roks töten alles, was ihnen begegnet. Sie werden von einem unbändigen Hass auf alle<br />

Lebewesen getrieben. Einige von ihnen fressen auch Menschenfleisch. Diese Mutantenmeute<br />

bewegt sich zielstrebig auf Eriks Haus zu. Dabei sind sie erstaunlich leise. Ich hoffe, Erik<br />

kann sie rechtzeitig stoppen.


Als würde er meine Gedanken lesen, schaut mich der große H<strong>und</strong> mitten im Laufen an. Ich<br />

kreische auf. Irgendetwas berührt meinen Geist. Fester <strong>und</strong> intensiver als sonst. Der H<strong>und</strong><br />

blickt seinen Herrn an. „Okay!“ Nur dieses eine Wort, <strong>und</strong> Odin schießt los. Sek<strong>und</strong>enschnell<br />

holt er die Mutanten ein. Ich fliege tiefer, um besser sehen zu können. Da liegen bereits zwei<br />

der Roks mit zerfetzter Kehle im Dreck. Der Rest der Meute bildet einen Kreis, damit der<br />

H<strong>und</strong> sie nicht einzeln angreifen kann. Wütend schwingen sie ihre Waffen.<br />

In diesem Augenblick kommt der Mann über sie. Sie müssen erleben, dass die größte Gefahr<br />

nicht von dem H<strong>und</strong> ausgeht. Der ist der Harmlose des Duos. Erik hat sein antikes Samurai-<br />

Schwert in der Hand. Die zarten Runen im Griff glühen. Die gleichen Runen, die auf Eriks<br />

Schulter tätowiert sind.<br />

Bevor der erste Mutant reagieren kann, tränkt bereits das Blut dreier seiner Brüder den<br />

Waldboden. Während Erik einem weiteren Gegner mit gewaltiger Kraft den Körper zerteilt,<br />

schwingt der Anführer der Meute seine Äxte gegen Eriks Kopf. Erik taucht ab. Die Äxte<br />

zerteilen nur noch die Luft. Der Rok faucht wütend. Erik taucht hinter ihm auf <strong>und</strong> zerfetzt<br />

ihm die Sehnen der Kniekehlen. Das schmerzerfüllte Gebrüll ihres Anführers jagt den Rest<br />

der Meute in die Flucht. Erik erlöst den Mutanten von seinen Schmerzen.<br />

„Gut gemacht, Odin.“ Liebevoll krault der Mensch seinem großen H<strong>und</strong> den Kopf, dann<br />

reinigt er sein Schwert von dem grünlichen Blut der Mutanten.<br />

Weder Erik noch sein H<strong>und</strong> atmen schneller. Erik wirkt völlig entspannt. Von dieser Meute<br />

geht keine Gefahr mehr aus. „Na komm, Odin. Die Mädels warten bestimmt schon auf uns.<br />

Ich hab` schöne Sachen für sie in der Stadt gef<strong>und</strong>en. Die Plünderer haben einiges beim<br />

Juwelier übersehen.“<br />

Langsam machen sich die Zwei wieder auf den Weg. Inzwischen fliege ich voraus zu Eriks<br />

Haus. Manchmal legt mir Lena einen Leckerbissen hinaus. Doch heute ist sie nicht zu sehen.<br />

Dafür steigt Rauch aus allen Fenstern. Aus der Musikanlage tönt laute Rockmusik.<br />

Ich fliege tiefer <strong>und</strong> gleite durch das Dachfenster ins Haus. Die Schränke sind umgekippt, die<br />

Matratzen aufgeschnitten, alles Glas ist zerschlagen <strong>und</strong> überall sind kleine Brandherde. Aber<br />

es gibt keine Spur von Leben. Geschockt fliege ich zurück <strong>und</strong> nehme widerstrebend Kontakt<br />

mit dem H<strong>und</strong> auf.<br />

Keine Ahnung, wie Odin es schafft, seinen Herrn zu informieren, aber die beiden rasen sofort<br />

los. Dann nähert sich Erik vorsichtig dem Anwesen. Mit einem Stab schiebt er die Haustür<br />

auf. Schüsse fallen. Erik wirft sich auf den Boden. Jemand hat die Tür mit einer<br />

Selbstschussanlage gesichert. Wäre Erik durch die Tür gegangen, wäre er jetzt tot. Das<br />

konnten kein Roks gewesen sein, denn die benutzen keine Schusswaffen, überlege ich.<br />

Angespannt betritt Erik das Haus <strong>und</strong> durchsucht alle Räume. Die Gewalt, die hier gewütet<br />

hat lässt ihn zittern. Dann sinkt er auf einen alten Stuhl <strong>und</strong> vergräbt die Hände im Gesicht.<br />

„Keine Spur von ihnen, Odin. Aber auch keine Leichen. Sie müssen sie mitgenommen haben.<br />

Das waren keine Roks, mit denen wäre Lena fertig geworden. Was sie nur mit den beiden<br />

wollen? Verdammte Ungewissheit!“


Noch während er das sagt straffen sich seine Schultern <strong>und</strong> auf seinem Gesicht zeigt sich<br />

eisige Entschlossenheit. „Wir müssen los, H<strong>und</strong>. Sorg dafür, dass die Eule mitkommt.“<br />

Nach einem mitfühlenden Blick auf seinen Herrn macht mir der H<strong>und</strong> klar, dass ich bei der<br />

Suche dabei bin. Ich werde der K<strong>und</strong>schafter sein. Ein leichter Schauder schüttelt meinen<br />

Körper. Wenn sie Schusswaffen haben, bin ich auch in der Luft nicht sicher. Andererseits;<br />

stehen Mädels nicht auf Abenteurer? Lea wird mich lieben! Aufgeregt fliege ich los.<br />

Wir werden Eriks Familie retten.


Männer<br />

(geschrieben für einen besonderen Menschen)<br />

Veröffentlicht 2015 im Beyond Affinity- Verlag.<br />

Wasser! Soweit das Auge reichte, Wasser! Solaris, eine Welt ohne Festland. Menschen, die<br />

den Untergang der Kontinente vor 10.000 Jahren überlebt hatten konnten sich über die<br />

Jahrtausende an das Leben auf den Meeren anpassen. Sie errichteten riesige schwimmende<br />

Festungen, in denen sich der größte Teil ihres Lebens abspielte. Die Festungen waren so<br />

vereinzelt, dass sich ihre Bewohner unterschiedlich entwickelten.<br />

Heute wurde der weite Horizont von einem kleinen Segel unterbrochen. Das Segel wuchs aus<br />

einem kleinen Einmann- Segler. Aus Walknochen mit Robbenhaut überzogen jagte das Boot<br />

über das Meer. Am Ruder stand eine junge Frau. Männer der Antike hätten bei ihrem Anblick<br />

das Atmen vergessen. Ach ja, Männer, genau das war das Problem mit dem sich Krista, die<br />

blonde Kriegerin am Ruder beschäftigte. Konzentriert beobachteten ihre blauen Augen die<br />

Wasseroberfläche. Ihre Gedanken wanderten jedoch immer wieder zurück zum Tag ihrer<br />

Abreise. „Mutter, warum muss ich gehen?“<br />

„Weil du die Tochter der höchsten Priesterin bist. Und weil mit dem Tod deines Vaters der<br />

letzte Mann unserer Festung gestorben ist. Du bist die beste K<strong>und</strong>schafterin, die wir haben.<br />

Wenn es dir nicht gelingt wenigstens einen Mann mit zu bringen,<br />

wird unser Stamm aussterben. Alle unsere Hoffnungen ruhen jetzt allein auf deinen<br />

Schultern.“<br />

„Ja, Mutter, ich werde nicht scheitern.“<br />

In dem halben Jahr ihrer Reise hatte sie bisher noch keine anderen Menschen getroffen. Vor<br />

zwei Wochen hatte sie die Grenze zu den unbekannten Regionen überschritten. Niemals<br />

zuvor war jemand aus ihrem Stamm so weit gesegelt.<br />

„Ru, besorg uns etwas zu Essen.“<br />

Sofort glitt der Querl ins Wasser. H<strong>und</strong>eähnlich, mit Kiemen <strong>und</strong> Lunge ausgestattet war er<br />

ein idealer Fischjäger. Er brauchte keine zwei Minuten um den ersten großen Barsch ins Boot<br />

zu bringen.


Krista rann der Schweiß in kleinen Rinnsalen über die Schulterblätter. Ihre blauen Augen<br />

registrierten jede noch so kleine Bewegung des Wassers. Da war es wieder. Nur ein leichtes<br />

Kräuseln. Kristas Nackenhaare richteten sich auf. Sie war sich sicher, dass sie seit drei Tagen<br />

beobachtet wurde. Aber so sehr sie sich auch konzentrierte, sie konnte nichts erkennen.<br />

“Radumm!“ Ru war ins Boot gesprungen. Im Maul einen noch zappelnden vier Kilo Barsch.<br />

Das Mittagessen war gesichert. Krista kraulte ihrem Querl die glatte Haut. „Gut gemacht.“<br />

Da sah sie es. Nur ganz kurz erkannte sie einen Schatten im Wasser vor ihrem Boot. „Ru,<br />

los.“ Sofort sprang der Querl über Bord <strong>und</strong> schoss auf den Schatten zu. Die<br />

Wasseroberfläche wurde ruhig. Krista biss sich auf die Lippe. Ein kleiner roter Tropfen Blut<br />

sammelte sich in ihrem M<strong>und</strong>winkel. Die Wasseroberfläche blieb wie ein Spiegel. Krista<br />

lief an der Reling auf <strong>und</strong> ab, blieb stehen, wippte auf den Füßen, lief weiter.<br />

Nichts!<br />

Ein Jaulen. Krista drehte sich um <strong>und</strong> sah, wie Ru ins Boot flog <strong>und</strong> übers Deck schlitterte.<br />

Dabei stieß er ein jämmerliches Wimmern aus.<br />

„Ru!“ Krista nahm ihren Querl in die Arme. Sie konnte keine W<strong>und</strong>en entdecken. Aber sie<br />

hatte ihn noch nie so ängstlich gesehen. Aus den Augenwinkeln bemerkte sie, wie eine mit<br />

Schwimmhäuten überzogene Klaue die Reling ergriff. Krista zog ihren Dolch. Blitzartig<br />

bewegte sich ihr schlanker Körper auf die Hand zu. Der Dolch war kaum zu erkennen, als er<br />

auf die Hand niederfuhr – um mitten in der Luft stehen zu bleiben.<br />

Die zweite Hand hatte mühelos Kristas Angriff gestoppt. Ihr folgte ein drei Meter großer, mit<br />

Schuppen überzogener, menschlicher Körper. Kristas freie Hand schoss auf die Augen der<br />

Kreatur zu, mit demselben Ergebnis wie vorher. Ihre Hand wurde mitten in der Luft gestoppt.<br />

Ru hatte sich in die hinterste Ecke verkrochen.<br />

Die Kreatur ließ sich auf ein Knie nieder <strong>und</strong> schaute Krista tief in die Augen. Dabei gab sie<br />

ein leises Knurren von sich. Krista atmete tief durch. Sie zitterte. Offensichtlich wollte das<br />

Geschöpf sie nicht verletzen. „Lass mich bitte los“, bat Krista mit sanfter Stimme. Die<br />

Kreatur legte den Kopf schief, als würde sie sich langsam an Worte erinnern. Der Druck auf<br />

Kristas rechte Hand ließ nach. „Die andere auch.“ Sie zeigte auf ihre linke Hand <strong>und</strong> blickte<br />

der Kreatur in die Augen. Da ließ es sie ganz los <strong>und</strong> rutschte ein Stück zurück. Ließ Krista<br />

aber nicht aus den Augen. Und dann lächelte es. Krista wich unwillkürlich zurück. Das<br />

Lächeln entblößte vier, zehn Zentimeter lange Reißzähne. Aber es war eindeutig ein Lächeln.<br />

Krista fing sich wieder. „Wer bist du? Wieso verstehst du mich?“<br />

Vorsichtig berührte die Hand der Kreatur Kristas Gesicht. „Ich wurde als Mensch geboren,<br />

dann habe ich mich verändert.“<br />

„Wieso bist du auf mein Boot gekommen?“<br />

„Du bist so schön. Ich habe seit Jahren keinen Menschen mehr gesehen <strong>und</strong> noch nie einen so<br />

schönen.“ Ein Kompliment von einem drei Meter großen, mit Reißzähnen <strong>und</strong> Klauen,<br />

ausgestattetem Ungeheuer, <strong>und</strong> doch wurde Krista rot. Sie lächelte <strong>und</strong> nahm die Pranke der<br />

Kreatur in ihre zarten Hände. „Setz dich zu mir, <strong>und</strong> erzähl mir mehr von dir.“ Als sie saßen<br />

wollte sich Ru anschleichen. Ein ohrenbetäubendes Knurren ließ ihn sofort wieder in der


hintersten Ecke verschwinden. Beruhigend strich Kristas Hand über den Arm der Kreatur.<br />

„Bleib ruhig. Mein Querl will nur auf mich aufpassen.“<br />

„Die Menschen der nächsten Festung haben Rudel solcher Tiere auf mich gehetzt, um mich<br />

zu töten.“<br />

„Es gibt hier Menschen?“<br />

„Ja, zwei Festungen in einer Tagesreise. Aber es sind keine fre<strong>und</strong>lichen Männer.“„Männer?“<br />

„Ja, vorwiegend.“<br />

„Führ mich hin! Bitte.“<br />

„Wenn du unbedingt willst.“ Die Worte kamen mehr geknurrt als gesprochen.<br />

Doch Krista dachte: „Jetzt kann ich meinen Auftrag erfüllen.“ Dabei strich sie der Kreatur<br />

sanft über den Kopf.


Die Götter kehren zurück<br />

Erschienen 2015 als Kurzgeschichte des Monats Dezember.<br />

Der Fotograf, der dieses idyllische Foto, mit dem kleinen Jungen auf der Wiese, geschossen<br />

hat ist tot. Sein völlig zerfetzter Körper liegt nur 100 Meter von dem Ort entfernt, an dem er<br />

das Foto gemacht hat.<br />

Als Robert, so hieß der junge, gut aussehende Tierfotograf, auf der Suche nach dem Bild<br />

seines Lebens durch den Bayrischen Wald des Jahres 2078 streifte, hatte er eine unglaubliche<br />

Begegnung. Mitten auf einer Lichtung erblickt er einen kleinen, etwa zehnjährigen Jungen,<br />

der verträumt in den Himmel schaute. Unscheinbar, in Jeans <strong>und</strong> T-Shirt gekleidet, mit einer<br />

altmodischen Baseballkappe auf dem Kopf, bot er Robert ein so romantisches Bild, dass er es<br />

einfach aufnehmen musste. Der Junge schaute nur kurz auf, lächelte abwesend zu dem<br />

Fotografen hin, konzentrierte sich dann wieder auf den Apfel in seiner Hand. Wolken zogen<br />

auf. Robert näherte sich langsam dem Kind. In der Ferne blitzte es. Ein Gewitter näherte sich.<br />

Robert bemerkte jetzt ein seltsames Glitzern in den stahlblauen Augen des Jungen. „Lauf<br />

weg!“, schrie der Junge plötzlich. Robert zuckte zusammen. Er blieb abrupt stehen <strong>und</strong><br />

kratzte sich nervös seinen zweigeteilten Wikingerbart. Langsam bekam er eine Gänsehaut.<br />

Mit dem Jungen stimmte etwas nicht. Der Donner wurde lauter. Robert ging nun noch näher<br />

zu dem Jungen. Er schaut durch den Zoom seiner Kamera <strong>und</strong> erkannte, dass der Gegenstand<br />

in der Hand des Jungen kein Apfel war. Robert wurde schlecht. Der Junge hielt ein großes<br />

Auge, von dem noch Blut tropfte, in der Hand. Die Pupille war noch gut zu erkennen. Auf<br />

dem Rücken des Kindes sah er jetzt einen langstieligen, groben Vorschlaghammer, von<br />

dessen Kopf ein leichtes Leuchten ausging. Ein Blitz schlug in der Nähe ein. In dem Licht des<br />

Blitzes nahm Robert das getrocknete Blut an dem Hammerkopf wahr. Inzwischen war es<br />

durch das Unwetter so dunkel geworden, als wäre es Nacht. Ein Sturm zog auf. Der Junge<br />

wirkte irgendwie weggetreten. Vielleicht auch nur hoch konzentriert. Robert konnte nicht<br />

länger auf den Knaben achten. Ein Knacken, vermischt mit einem grässlichen Brüllen riss ihn<br />

aus seinen Betrachtungen. Er wollte sich gerade umdrehen, als er einen alles zerreißenden<br />

Schmerz in der Brust fühlte. Er schaute an sich hinunter <strong>und</strong> sah die Schneide der Axt, die<br />

ihm ein riesiger, vernarbter Bergtroll von hinten durch die Brust geschlagen hatte. Der<br />

Schmerz wurde unerträglich. Er schrie <strong>und</strong> versuchte sich los zu reißen. Dann spürte er nichts<br />

mehr. Der Troll warf Roberts abgerissenen Kopf achtlos zur Seite.<br />

Der Junge ist verwirrt. Es macht ihm gar nichts aus, einen Menschen so grässlich sterben zu<br />

sehen. Er hat auch keine Angst. Eigentlich unmöglich. Warum das so ist, versteht er nicht.<br />

Schon seit Tagen, genau genommen, seitdem er aus einer tiefen Ohnmacht erwacht ist, fragt<br />

er sich: „Wer bin ich? Woher komme ich?“ Nicht einmal seinen eigenen Namen kennt er.<br />

Alles, was länger als drei Tage her ist, liegt für ihn im Dunkeln. Nur an den Namen seines<br />

Hammers, der inzwischen in seiner Hand liegt, erinnert er sich: „Mjölnir“. Aber wozu hat ein<br />

Werkzeug einen Namen? Er versteht das alles nicht. Weitere Gedanken kann er sich jetzt


nicht machen. Seine ganze Aufmerksamkeit wird von dem hässlichen Troll, der auf ihn<br />

zustürmt, in Anspruch genommen. Er kann seinen Schweiß riechen, so nah ist er schon. Das<br />

Gewitter ist jetzt genau über ihnen. Der Troll, mit einer imposanten Größe von weit über drei<br />

Metern, ist durch den Blitz kurz abgelenkt. Der Hammer fliegt augenblicklich auf den Troll<br />

zu. Er wird von dem Knaben geschleudert, als würde er nichts wiegen. Der Troll schaut auf<br />

<strong>und</strong> bekommt den Hammer genau vor die Stirn. Er taumelt leicht, fängt sich aber sofort<br />

wieder <strong>und</strong> stürzt sich auf den Jungen. Seine Wut ist unfassbar. Das Auge in der Hand des<br />

Kindes stammt von seinem Bruder, den er morgens zerschmettert im Wald gef<strong>und</strong>en hat, den<br />

Körper förmlich zermatscht. Er hat den Jungen bis hierhin verfolgt <strong>und</strong> will jetzt Rache.<br />

Bisher konnte ihm noch kein Gegner standhalten. Und bestimmt wird kein Kind damit<br />

anfangen. Seine riesige Axt schwingt auf den Knaben nieder. Der springt in letzter Sek<strong>und</strong>e<br />

zur Seite, fängt den Hammer, der nach dem Treffer<br />

wie ein Bumerang zu ihm zurück fliegt <strong>und</strong> rollt sich ein Stück von seinem Gegner weg. In<br />

seinen Augen ist nur noch das Weiße zu sehen. Der Troll setzt zu dem alles entscheidenden<br />

Angriff an. Er holt weit mit seiner Axt aus <strong>und</strong> springt auf den Jungen zu. Der Hammer fliegt<br />

diesmal nicht. Der Junge hebt die Hand <strong>und</strong> ein gewaltiger Blitz zuckt zur Erde. Der Troll<br />

wird mitten im Sprung getroffen. Der Blitz schlägt in seinem Kopf ein <strong>und</strong> verbrennt ihn bis<br />

zu den unförmigen Füßen. Nur ein verkohlter Rest bleibt von dem gewaltigen Bergtroll übrig.<br />

In aller Seelenruhe schultert der Junge seinen Hammer, wirft noch einen bedauernden Blick<br />

auf Roberts Leiche, keinen Blick auf die Überreste des Trolls, <strong>und</strong> verschwindet im Wald.<br />

Der Himmel ist wieder blau <strong>und</strong> wolkenlos. Roberts Leiche wird zwei Tage später von einem<br />

Ranger gef<strong>und</strong>en. Die Kamera ist zwar völlig zerstört, aber die Speicherkarte mit den Fotos<br />

wird gerettet. Es ist nur ein Bild darauf zu sehen. Das Foto mit einem Jungen auf der Wiese,<br />

mitten im Bayrischen Wald, wird zum idyllischten Bild des Jahres gekürt. Niemand ahnt, dass<br />

Robert damit die Rückkehr der Götter aufgenommen hat.


Pech<br />

Erschienen im Novum-pro Verlag 2014.<br />

Montagmorgen 06:00 Uhr. Max öffnete langsam die Augen. Neben ihm im Bett rekelte sich<br />

Olga auf dem Laken.<br />

„Morgen“, grummelte Max. In seinem Kopf hämmerte ein ganzes Kraftwerk. Es waren wohl<br />

ein paar Drinks zu viel am Abend.<br />

Olga rollte sich auf ihn, küsste ihn <strong>und</strong> ließ ihre Hände langsam über seinen Körper gleiten.<br />

„Morgen, Schatz“, säuselte sie ihm ins Ohr, „wenn du mich liebst musst du mir helfen.“<br />

„Klar. Wie denn?“ Max war noch nicht richtig da.<br />

„Wenn ich Mirko 50.000,- € zahl, bin ich frei.“<br />

„Du gehst jetzt seit drei Jahren für ihn anschaffen <strong>und</strong> er meint immer noch, du gehörst ihm?“<br />

„Er hat hier das Sagen, <strong>und</strong> niemand, den ich kenne, ist ihm gewachsen. Du auch nicht!“<br />

Ganz langsam ließ Max seine Zunge um ihre Brustwarze kreisen.<br />

„Mal sehn, was sich machen lässt.“<br />

Geld hatte Max noch nie. Er arbeitete zwar jeden Tag zehn St<strong>und</strong>en im Getränkelager, aber<br />

bei fünf Euro die St<strong>und</strong>e blieb nichts übrig. Normalerweise störte das Max nicht. Er hatte<br />

alles, was er brauchte.<br />

Nachdem sie noch eine St<strong>und</strong>e im Bett verbracht hatten, stand Max auf <strong>und</strong> verabschiedete<br />

sich von Olga. „Ciao, Ende der Woche hast du das Geld.“<br />

Dann ging er kurzentschlossen in seine Einzimmerwohnung, holte eine Motorradmaske aus<br />

der Kommode, stieg auf seinen alten Drahtesel <strong>und</strong><br />

trampelte gemütlich Richtung Sparkasse. Unterwegs kaufte er einem Jungen seine<br />

Spielzeugpistole für fünf Euro ab.


Die letzten Meter zur Bank legte er zu Fuß zurück.<br />

Der Überfall verlief ganz unspektakulär: Max bedrohte die Kassiererin mit der<br />

Spielzeugpistole, nahm das Geld entgegen <strong>und</strong> flüchtete zu seinem, zwei Kreuzungen entfernt<br />

stehendem, Fahrrad. Das Geld, die Maske <strong>und</strong> die Spielzeugpistole packte er in eine große<br />

Alditüte.<br />

So fuhr er ein paar Straßen weiter zu seiner Stammkneipe „The Sun“.<br />

„Morgen, Max“, begrüßte ihn der Wirt, „lässt du dich mal wieder zum Frühschoppen sehn?<br />

Frank <strong>und</strong> Ole sitzen schon am Tisch.“<br />

„Hi, Hajo. Ja, hab heute frei bekommen <strong>und</strong> noch zehn Euro zum Verballern in der Tasche.“<br />

Max schlenderte zum Stammtisch, schmiss die Tüte unter seinen Stuhl <strong>und</strong> setzte sich.<br />

„Wasn das fürn Lärm?“ fragte Ole.<br />

„Keine Ahnung. Die Bullen scheinen gut beschäftigt zu sein.“<br />

„Uns kanns egal sein.“<br />

Sechs St<strong>und</strong>en später <strong>und</strong> vierzig Euro reicher machte Max sich auf den Rückweg nach<br />

Hause. Die Motorradmaske <strong>und</strong> die Spielzeugpistole vergrub er unterwegs.<br />

Abends traf er sich mit Olga.<br />

„Hallo, Schatz, weißt du, was heute in der Stadt los war?“<br />

„Keine Ahnung. Hier, hab dir dein Geld mitgebracht.“<br />

Olga sprang ihm in die Arme <strong>und</strong> überschüttete ihn mit Küssen. Ihr Bett kam diese Nacht<br />

nicht zur Ruhe.<br />

Am nächsten Morgen ging Max wieder zur Arbeit. Olga schlief noch.<br />

Seine Mittagspause verbrachte er mit einem doppelten Espresso im „Sun“.<br />

„Hi, Max.“<br />

„Hi, Mario. Was treibt dich hier hin?“<br />

„Erinnerst du dich noch an unsere Schulzeit? Hajo, gib mir ein Bier.“<br />

„Klar, ich konnte nie mit dir mithalten. Hast dir deinen Hauptkommissar sicher verdient.“<br />

„Hab hart dafür gearbeitet. Ich bin aber nicht hier, um über alte Zeiten zu plaudern. Max, wo<br />

warst du gestern Morgen um 09:30h?“


„Sag mal, darfst du überhaupt Alkohol im Dienst?“<br />

„Max! Lenk nicht ab.“<br />

„Ist das nen Verhör?“<br />

„Ja, ich wollte einen alten Fre<strong>und</strong> nur nicht aufs Revier bestellen. Also?“<br />

„Hatte frei <strong>und</strong> hab ne Radtour gemacht.“<br />

„Zeugen?“<br />

„Keine. Was zum Geier ist denn los?“<br />

„Die Sparkasse ist überfallen worden. Die Täterbeschreibung passt genau auf dich.“<br />

„Seh ich so aus, als hätte ich Geld?“<br />

„Du siehst aus, als hättest du Geld bitter nötig <strong>und</strong> du hast kein Alibi.“<br />

„Hätt ich gewusst, dass ich eins brauch, hätt ich eins. Und; ich seh seit Jahren so aus <strong>und</strong> hab<br />

nie ne Bank ausgeraubt.“<br />

„Brauchste Hilfe, Max?“ Ole <strong>und</strong> Frank hatten sich hinter Mario aufgebaut.<br />

„Kein Stress, Jungs. Mario, ist Zeit zu gehen.“<br />

„Hattest ja schon immer viele Fre<strong>und</strong>e. Ich komm wieder!“ Mario verließ die Kneipe.<br />

„Danke, Jungs.“<br />

Max ging wieder an die Arbeit.<br />

Abends radelte er zu Olga. Als sie nicht aufmachte holte er seinen Schlüssel aus der Tasche<br />

<strong>und</strong> steckte ihn ins Schloss. Vielmehr, er versuchte den Schlüssel in das Schloss zu stecken, er<br />

passte nicht mehr. „Olga! Verdammt, mach auf!“ Max hämmerte vor die Tür.<br />

„Verzieh dich. Olga ist nicht mehr hier.“ Mirko hatte die Tür geöffnet.<br />

„Was?“<br />

„Du musstest ihr ja das Geld geben. Jetzt ist sie weg. Du hast doch wohl nicht geglaubt, dass<br />

sie bei dir bleibt, oder? So blöd kann man doch gar nicht sein.“<br />

Wortlos drehte sich Max um <strong>und</strong> verließ das Haus. Noch auf der Straße hörte er das Lachen<br />

des Zuhälters.<br />

Max ging auf direkten Weg ins „Sun“. Er setzte seine gewonnenen vierzig Euro an diesem<br />

Abend komplett in Brandy um. Er sprach kein Wort. Seine Fre<strong>und</strong>e drängten ihn nicht. Den<br />

ganzen Abend wichen sie nicht von seiner Seite, Später brachten sie ihn nach Hause.


Am nächsten Morgen wachte Max von einem penetranten Klopfen an seiner Tür auf.<br />

Verschlafen öffnete er die Tür. Bevor er noch jemanden ankeifen konnte, wurde er von vier<br />

Maskierten auf den Boden geworfen <strong>und</strong> mit Handfesseln fixiert.<br />

„Scheiße, SEK“, dachte er noch. Dann hörte er Marios Stimme: „Tut mir Leid, Max. Du hast<br />

deine Maske direkt vor der Außenkamera der Sparkasse abgenommen <strong>und</strong> dein Gesicht genau<br />

vor die Linse gehalten. Du bist verhaftet.“<br />

„Pech“, antwortete Max.


Veröffentlicht 2015.<br />

Die Entscheidung<br />

„Dieser verdammte Regen.“ Seit Tagen hatte Mateo keinen Fuß vor die Tür gesetzt. Ein Blick<br />

in den Spiegel ließ ihn schief grinsen. Mit seinen 1,65m bei h<strong>und</strong>ert Kilo Gewicht war er<br />

sowieso keine Schönheit. Der Dreitagebart, die ungewaschenen schulterlangen Haare <strong>und</strong> die<br />

speckigen Klamotten machten die Sache nicht besser. Mateo sah aus wie der Inbegriff eines<br />

drittklassigen Kriminellen.<br />

„Zeit, sich frisch zu machen.“ Ein tiefer Schluck aus dem Flachmann, dann wollte er los. Nur<br />

bei genauem Hinsehen konnte man erkennen, dass Mateo nicht trank. Er spülte sich nur den<br />

M<strong>und</strong> aus.<br />

Von der Couch erklang das Schnarchen eines riesigen H<strong>und</strong>es. „Ciao, Cato, bis später.“<br />

Mateo tätschelte dem H<strong>und</strong> den dicken Kopf, dann verließ er das Haus. Nach wenigen Metern<br />

lief ihm das Wasser in die Schuhe. „Verfluchtes Deutschland! Gibt es denn hier überhaupt<br />

keine Sonne?“<br />

Mateos größter Wunsch war die Rückkehr nach Italien. Nur, so einfach war das nicht. Seit er<br />

bei einer Schlägerei zu fest zugeschlagen hatte, befand er sich in den Fängen der deutschen<br />

Polizei. Er wanderte nicht ins Gefängnis, dafür musste er als V- Mann bei der Mafia ran. Er<br />

war immer erfolgreich, aber nur, weil ihn mit dem Dortm<strong>und</strong>er Paten „Silvio“ eine alte<br />

Fre<strong>und</strong>schaft verband.


Mateo steuerte auf die magentafarbene Telefonzelle zu. Bedächtig nahm er den Hörer ab <strong>und</strong><br />

wählte eine Dortm<strong>und</strong>er Nummer. „Ciao Silvio … ja, 30 Grad … den ganzen Tag Sonne …<br />

du weißt ja, Spanien … ja, danke … denk an das Geld … bis Freitag.“<br />

Als Mateo die Telefonzelle verließ, schaute ihn die Frau, die vor der Zelle gewartet hatte,<br />

kopfschüttelnd an. „30 Grad, den ganzen Tag Sonne“, flüsterte sie.<br />

Mateo war es egal. Das Telefonat gehörte zur Absprache mit Silvio. Nur, diesmal sollte es<br />

sein letzter Job sein. Er wusste nur noch nicht, wie er das anstellen sollte. Grübelnd<br />

schlenderte er zurück zu seiner Wohnung. Als er das Zimmer betrat, legte ihm sein H<strong>und</strong><br />

freudig die Pfoten auf die Schultern <strong>und</strong> leckte ihm durchs Gesicht. Dabei überragte er seinen<br />

Herrn um mehr als einen Kopf. „Cato, du bist das Einzige, was ich aus diesem verfluchten<br />

Land mit nach Hause nehme.“ Genau genommen war der riesige Germanische <strong>Bärenh<strong>und</strong></strong><br />

sein einziger Gesprächspartner. Mateo war sich sicher, dass der H<strong>und</strong> inzwischen perfekt<br />

Italienisch verstand.<br />

Am Donnerstag holte Mateo ein Päckchen von Silvios Kontaktmann in Dortm<strong>und</strong> ab. Silvio<br />

beteiligte sich nie persönlich an den Geschäften. Bislang konnte ihm die deutsche Polizei<br />

noch nie etwas nachweisen. Umso verbissener waren sie hinter ihm her. Mateo wusste, das<br />

Päckchen enthielt eine viertel Million Euro für die Sizilianer, die Freitag mit der Ware kamen.<br />

Lange schaute er sich das Päckchen an. Dann hatte er sich entschieden.<br />

Mateo stieg in seinen rostigen alten Fiat <strong>und</strong> steuerte eine Telefonzelle an. Von dort aus<br />

informierte er seinen Kontakt bei der Polizei über den Deal, der Freitag laufen sollte. Und<br />

diesmal erzählte er ihnen auch alles, was nötig war, um Silvio festzunageln.<br />

Wenn die Polizei ihre Arbeit richtig machte, würde sie alle aus den Verkehr ziehen, die Mateo<br />

gefährlich werden könnten.<br />

Zurück in seiner Wohnung, packte er seinen Koffer <strong>und</strong> trank in aller Ruhe einen letzten<br />

Cappuccino. Dann griff er zur Türklinke. „Cato, lass uns los. Dann haben wir einen schönen<br />

Vorsprung.“<br />

In diesem Moment wurde die Tür mit aller Macht von außen aufgedrückt. „Hey, was soll<br />

das?“ Noch bevor Mateo ausgesprochen hatte, hämmerte ihm sein Gegenüber einen<br />

Pistolenlauf ins Gesicht. „Du willst Silvio abziehn? Anfänger!“ Bei jedem Wort schlug ihm<br />

der Fremde die Faust in den Bauch. „Wie kommste denn darauf?“, keuchte Mateo.<br />

„Bist verwanzt“, grinste der Fremde.<br />

„Verdammt, wo ist der blöde Köter, wenn man ihn braucht?“, dachte Mateo verzweifelt. Der<br />

Fremde holte weit mit seiner Waffe aus, um Mateo den Schädel zu zertrümmern. „Für dich ist<br />

jede Kugel zu schade“, meinte er noch. Als sein Arm ganz gestreckt war, hechtete ein<br />

Schatten durch das Zimmer. Messerscharfe Zähne gruben sich in den Arm des Fremden. „Ah,<br />

verdammt!“ Schreiend ließ er die Waffe fallen. Schon war der H<strong>und</strong> wieder weg. „Halt mir<br />

deinen scheiß Köter vom Hals!“, keifte der Killer entnervt. Doch Mateo lächelte nur<br />

schmerzverzerrt. Da schnellte Cato erneut auf den Fremden zu, warf ihn um <strong>und</strong> begrub ihn<br />

unter sich. Blitzschnell legten sich die muskelstrotzenden Kiefer des H<strong>und</strong>es um die Kehle<br />

des Mannes. Fragend schaute Cato seinem Herrn in die Augen. „Nein, nicht nötig, Cato.“


Mateo klopfte dem Fremden mit dem Pistolenknauf auf den Kopf <strong>und</strong> fesselte ihn. Dann griff<br />

er seinen Koffer <strong>und</strong> das Geldpäckchen.<br />

„Los Cato. Ab in den Fiat. Jetzt hilft nur noch schnell sein <strong>und</strong> beten.“<br />

Am selben Tag erhielt die Polizei eine anonyme Einbruchsmeldung. Als die Streife den Tatort<br />

erreichte, fanden die Polizisten einen der gefährlichsten Mafiakiller Europas vor; gefesselt<br />

<strong>und</strong> völlig verwirrt. Seine Taschen waren vollgestopft mit Informationen über den<br />

Dortm<strong>und</strong>er Mafiapaten Silvio.<br />

Sie fanden auch eine hypermoderne Wanze.


Greg <strong>und</strong> die Rocker<br />

Jörg Krämer Greg <strong>und</strong> die Rocker<br />

Letzte Woche Dienstag. Gregs Lieblingsmannschaft hatte gerade das Zweitligaduell gegen<br />

den 1. FC Köln gewonnen. Zur Feier des Tages hatte Greg ein paar Bierchen gezischt <strong>und</strong><br />

fühlte sich angenehm beschwipst. Auf dem Weg zum Zug hörte er ein paar Jungs tuscheln:<br />

„Guck mal, der Alte, der sieht aus wie der Prof aus „Zurück in die Zukunft. Ob der auch so<br />

durchgeknallt ist?“ „Naja, habe nur nicht mehr so viele Haare wie der“, dachte Greg <strong>und</strong> stieg<br />

in die Bahn. Der saure Geruch von Schweiß, vermischt mit einer penetranten Biernote stieg<br />

ihm in die Nase. Er drängte sich zwischen die feiernden Fans <strong>und</strong> grölte ein wenig mit. Der<br />

Zug rollte an <strong>und</strong> Greg kam ins Straucheln. Umfallen konnte er nicht, dafür war es zu eng.<br />

„Mit fast fünfzig werde ich langsam zu alt dafür“, dachte er. Die Fans im Zug tanzten <strong>und</strong><br />

sangen. Immer wieder lagen sie sich in den Armen. Aber der Alkohol machte Greg träge.<br />

Langsam schob er seinen mageren Körper Richtung Erste Klasse Abteil. An der Tür<br />

angekommen, schlüpfte er schnell hinein. „Hallo“, rief er <strong>und</strong> drückte sich in die hinterste<br />

Ecke. Die Passagiere nahm er nicht wahr. Sonst hätte er mitbekommen, wie ihn fünf<br />

mürrische Rocker verdutzt anstarrten. „Ist der lebensmüde?“ fragte der mit den Gesichtstatoos<br />

seinen Nachbarn mit der mehrfach gebrochenen Nase. „Erst legen die unsere Maschinen still<br />

<strong>und</strong> jetzt stolpert hier noch so’n Irrer rein. Scheiß Tag.“ „Lass gut sein, Boss. Der lohnt<br />

keinen Stress. Außerdem ist der Zug zu voll. Für heute hatten wir schon Ärger genug.“<br />

Greg hatte inzwischen realisiert, mit wem er da zusammen saß. Stören tat es ihn nicht. Munter<br />

begann er über Fußball zu philosophieren. „Und! Kommt ihr auch von dem Spiel.“ Die Kerle<br />

sahen sich an <strong>und</strong> verdrehten die Augen. Keiner antwortete. Doch Greg verfügte über das<br />

Talent mit jedem ins Gespräch zu kommen. So wusste er bereits nach wenigen Minuten die<br />

Namen seiner Reisegesellschaft: Hacho war der Boss, Tom sein Stellvertreter, Mücke war der<br />

Hühne, Sillo der Schlafende <strong>und</strong> Tim der Kleine. „Was ist denn mit eurem Kumpel Mücke?“,<br />

fragte Greg „der guckt ja als wollte er gleich aus dem Zug springen.“ „Seine Alte hat Schluss<br />

gemacht. Meint er is’n unromantisches Arschloch! Womit sie Recht hat. Wusste sie aber auch<br />

vorher. Naja, jetzt schiebt er ne Depri <strong>und</strong> vermiest allen die Stimmung.“ „Vielleicht kann ich<br />

ihm helfen!“ „Ne, is zwecklos. Der hat schon unsere Maschinen aufm Gewissen. Hat gepennt<br />

als die Bullen kamen. Haste gehört, Mücke, wenns so weiter geht biste raus!“ „Is’gut, Boss“<br />

„Siehste, Greg, er wehrt sich nich mal.“ Greg drückte sich wieder in seine Ecke, holte einen<br />

Notizblock aus der alten, zerknitterten Jacke <strong>und</strong> kramte einen Bleistiftstummel hervor. Dann<br />

fing er konzentriert an zu schreiben. Im Abteil wurde es wieder bedrückend still. Das kurze


Gespräch hatte die Stimmung etwas aufgebessert, aber nun, wo keiner mehr sprach, schlug<br />

die Übellaunigkeit der Rocker wieder durch. Das monotone Rattern der Räder verstärkte die<br />

bedrückende Stimmung zusätzlich. „Hier, schreib das deiner Fre<strong>und</strong>in.“ Greg war<br />

aufgestanden <strong>und</strong> drückte Mücke seinen Notizblock in die<br />

Hand. Mücke schaute Greg zweifelnd an, blickte kurz auf den Block <strong>und</strong> fing an auf seinem<br />

Smartphone zu tippen. „Das machste doch nich wirklich?“, meinte Hacho. „Halts Maul, Boss!<br />

Schlimmer kanns eh nich werden. Was solls also?“ Dann war es wieder ruhig. Keiner wollte<br />

sich ernsthaft mit Mücke anlegen. Das Rattern der Bahn dominierte wieder die Szene. Zwei<br />

Haltestellen lang redete niemand. „Fahrkarten , bitte!“ Alle zuckten zusammen, als der<br />

Kontrolleur in die Stille platzte. Hacho sprang auf <strong>und</strong> baute sich vor dem Kontrolleur auf.<br />

Doch bevor er etwas sagen konnte, ging Tom dazwischen <strong>und</strong> drückte dem Bahnangestellten<br />

fünf Fahrkarten in die Hand. „Wir wollten doch heute keinen Ärger mehr, Boss.“ „Alles in<br />

Ordnung.“, meinte der Kontrolleur <strong>und</strong> gab die Karten zurück. „Ihre auch, bitte.“ Sagte er zu<br />

Greg. Der wurde kreidebleich <strong>und</strong> fing an fahrig in seinen Taschen zu wühlen. Dann begann<br />

er zu stottern: „Ich … ich … ich glaube … ich weiß nicht … eigentlich müsste sie …“ Der<br />

Kontrolleur zückte bereits seinen Block. Zur selben Zeit las Mücke eine Nachricht auf seinem<br />

Handy. „Passen Sie auf; Sie haben keine Fahrkarte <strong>und</strong> ich keine Lust mir Lügengeschichten<br />

anzuhören. Geben Sie mir ihren Namen <strong>und</strong> Ihre Anschrift.“ Der Kontrolleur, der sich bei der<br />

Kontrolle der Rocker fast in die Hose gemacht hätte, versuchte nun sein Selbstvertrauen durch<br />

Härte bei Greg wieder aufzubauen. „Er gehört zu uns, <strong>und</strong> du hast keine Fragen mehr.“,<br />

flüsterte es da direkt in seinem Ohr. Mückes warmer Atem streifte über den Nacken des<br />

Kontrolleurs. „Ich<br />

hab dein Bild im Handy. Komm nich auf die Idee Stress zu machen.“ Der Kontrolleur drehte<br />

sich langsam um, schaute hoch in Mückes Gesicht <strong>und</strong> verließ wortlos das Abteil. Dabei zog<br />

er einen leichten Uringeruch nach sich. „Wir wollten doch keinen Stress machen.“ Meinte<br />

Hacho. Doch Mücke ignorierte ihn <strong>und</strong> ging zu dem verdatterten Greg. „Danke, Alter.“ Dabei<br />

nahm er Greg in eine herzhafte Umarmung, die ihn vom Boden abhob <strong>und</strong> fast die Rippen<br />

brach. „Emma will sich mit mir versöhnen.“ „Gern geschehen.“ Keuchte Greg „Danke auch.“<br />

Noch nie im Leben war er schwarz gefahren.


Eine kleine Weihnachtsgeschichte zum Vorlesen<br />

Das kleine Mädchen Stiefelchen ist oft traurig, weil es immer alleine zu Hause<br />

ist. Ihr größter Wunsch ist es, dass Christkind zu sehen. Auf der Suche nach<br />

dem Christkind begegnet sie den Tieren des Waldes <strong>und</strong> fre<strong>und</strong>et sie sich mit<br />

ihnen an. Besonders ins Herz geschlossen hat sie das Rehchen <strong>und</strong> den Bär, der<br />

auf sie aufpasst. Gemeinsam erleben sie die Vorweihnachtszeit. »Siefelchen,<br />

der Wald <strong>und</strong> die Tiere« ist eine klassische Geschichte zum Vorlesen für Kinder<br />

im Vorschulalter.

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