19.02.2018 Aufrufe

Leo März 2018

  • Keine Tags gefunden...

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

FILM<br />

Ich glaube, viel hatte damit zu tun, dass wir lange, ruhige<br />

Einstellungen gedreht haben und nicht alle paar Minuten die<br />

Kameraposition gewechselt werden musste. Das kam jemandem<br />

wie mir, der eigentlich eine Theaterausbildung hat, sehr<br />

entgegen, und wir konnten die Momente zwischen den beiden<br />

Jungs sich ganz natürlich entwickeln lassen. Es gibt auch gar<br />

nicht so viele Nahaufnahmen im Film, was wichtig war, weil im<br />

Näherkommen der beiden ja gerade auch die körperlichen Ungeschicklichkeiten<br />

eine große Rolle spielen. Deswegen mussten<br />

unsere Körper im Bild sein.<br />

Wenn die beiden sich schließlich wirklich nahekommen,<br />

gibt es natürlich auch allerlei sehr intime Szenen.<br />

Haben die dich nervös gemacht?<br />

Am Anfang dachte ich, das könnte vielleicht der Fall sein. Erwartet<br />

man ja irgendwie ein bisschen. Aber als es dann so weit war,<br />

war ich vollkommen ruhig und entspannt. Und zwar aus dem<br />

einfachen Grund, dass die Sexszenen für Luca Szenen wie alle<br />

anderen auch waren. Sie sind genauso ein wichtiger Bestandteil<br />

für die Geschichte wie die Dinner-Szenen oder wenn ich Klavier<br />

spiele. Da war null Aufregung angesagt, sondern einfach business<br />

as usual. Wahrscheinlich liegt das auch zu einem großen<br />

Teil daran, dass wir in Europa und mit einem europäischen Team<br />

gedreht haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass in den USA<br />

jemals Sex und Nacktheit an einem Filmset mit einer solchen<br />

Normalität behandelt worden wären.<br />

Wahrscheinlich schadet es nicht, wenn man sich mit<br />

seinem Gegenüber gut versteht?<br />

Na klar, Armie war genauso wichtig wie Luca. Ich hatte mit<br />

ihm den besten Partner, den man sich vorstellen kann, weil<br />

er ein richtig talentierter Schauspieler ist, aber eben auch ein<br />

verdammt toller Typ. Ich habe mich in seiner Gegenwart total<br />

wohlgefühlt, und das ist natürlich bei einer solchen Liebesgeschichte<br />

ganz wichtig. Mir sind noch nicht viele Kerle begegnet,<br />

die eine so gesunde Einstellung unserer Branche und dem<br />

Showgeschäft gegenüber haben, wie er. Wenn ich mal einen Rat<br />

brauche, ist Armie auf jeden Fall mein erster Ansprechpartner.<br />

meine Dialoge doch nur phonetisch auswendig lernen. Aber ich bin<br />

stolz auf mein Italienisch im Film.<br />

Und du spielst also auch wirklich selbst Klavier!<br />

Ja, sicher. Ich habe früher jahrelang Klavier gespielt, nur die letzten<br />

zehn Jahre dann nicht mehr so wirklich. Als Luca und James mich<br />

am Anfang des Projekts fragten, ob ich denn in den entsprechenden<br />

Szenen selbst Klavier spielen könnte, habe ich gleich gesagt, dass<br />

das kein Problem sei. Aber je näher die Dreharbeiten rückten, desto<br />

ehrlicher musste ich sein und mir und allen anderen eingestehen,<br />

dass ich vielleicht doch etwas Nachholbedarf habe. Luca hat mich<br />

dann an den italienischen Komponisten Robert Solci vermittelt – und<br />

dank ihm habe ich es mittlerweile wieder richtig drauf.<br />

Eine letzte Frage noch zu Elio und Oliver: Wenn die sich<br />

nicht, wie in „Call Me By Your Name“, 1983, sondern <strong>2018</strong><br />

getroffen hätten, wie wäre ihre Begegnung dann wohl verlaufen?<br />

Puh, gute Frage. Ich würde mal vermuten, dass sich ihr Katz-und-<br />

Maus-Spiel heute nicht annähernd so lange hinziehen würde, denn<br />

wir leben ja mittlerweile im Zeitalter der unmittelbaren Befriedigung.<br />

Vermutlich hätten sie sich über irgendeine App kennengelernt und<br />

die Sache wäre schnell wieder vorbei gewesen. Aber gerade das finde<br />

ich ja das Schöne an ihrer Geschichte: dass all diese modernen Technologien<br />

und diese neuen Arten der Kommunikation damals noch<br />

nicht die geringste Rolle gespielt haben.<br />

*Interview: Jonathan Fink<br />

Wir verlosen zweimal 2 Kinofreikarten für den Film sowie zwei<br />

Soundtracks auf www.blu.fm/gewinne<br />

Das Drehbuch zu „Call Me By Your Name“ hat James<br />

Ivory geschrieben, der legendäre schwule Filmemacher,<br />

der Filme wie „Maurice“ oder „Zimmer mit Aussicht“<br />

gemacht hat. Hast du ihn überhaupt kennengelernt?<br />

Oh ja, das habe ich, auch wenn er bei den Dreharbeiten in Italien<br />

nicht dabei war. Vor vier Jahren, als ich auch Luca zum ersten<br />

Mal traf, habe ich ihn kennengelernt. Danach war ich mehrfach<br />

bei ihm zu Besuch, in seinem Haus an der amerikanischen Ostküste.<br />

Wir sind dann immer ein Wochenende lang gemeinsam<br />

das Drehbuch durchgegangen, haben zusammen „Maurice“<br />

gesehen oder uns über seine anderen Filme wie „Wiedersehen<br />

in Howards End“ unterhalten. Es kann für einen filmverliebten<br />

jungen Mann wie mich kein größeres Geschenk geben, als Zeit<br />

mit einer solchen Kino-Legende zu verbringen.<br />

Du beeindruckst im Film nicht zuletzt durch deine<br />

Mehrsprachigkeit. Das hast du aber nicht alles extra<br />

lernen müssen, oder?<br />

Ich bin zwar New Yorker, aber mein Vater ist Franzose und wir<br />

haben in meiner Jugend jeden Sommer in Frankreich verbracht.<br />

Deswegen spreche ich tatsächlich fließend Französisch. Beim<br />

Italienisch habe ich ein bisschen geschummelt. Sechs Wochen,<br />

bevor wir angefangen haben zu drehen, bin ich schon auf<br />

eigene Faust nach Italien gefahren, um nicht nur Klavier- und<br />

Gitarrenunterricht zu nehmen, sondern vor allem die Sprache<br />

besser zu lernen. Das war verdammt schwierig, weil ich das richtig<br />

ernst genommen habe, mit Grammatik und allem Schnickschnack.<br />

Würde ich vielleicht nicht wieder so machen, sondern

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!