Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
FILM<br />
Ich glaube, viel hatte damit zu tun, dass wir lange, ruhige<br />
Einstellungen gedreht haben und nicht alle paar Minuten die<br />
Kameraposition gewechselt werden musste. Das kam jemandem<br />
wie mir, der eigentlich eine Theaterausbildung hat, sehr<br />
entgegen, und wir konnten die Momente zwischen den beiden<br />
Jungs sich ganz natürlich entwickeln lassen. Es gibt auch gar<br />
nicht so viele Nahaufnahmen im Film, was wichtig war, weil im<br />
Näherkommen der beiden ja gerade auch die körperlichen Ungeschicklichkeiten<br />
eine große Rolle spielen. Deswegen mussten<br />
unsere Körper im Bild sein.<br />
Wenn die beiden sich schließlich wirklich nahekommen,<br />
gibt es natürlich auch allerlei sehr intime Szenen.<br />
Haben die dich nervös gemacht?<br />
Am Anfang dachte ich, das könnte vielleicht der Fall sein. Erwartet<br />
man ja irgendwie ein bisschen. Aber als es dann so weit war,<br />
war ich vollkommen ruhig und entspannt. Und zwar aus dem<br />
einfachen Grund, dass die Sexszenen für Luca Szenen wie alle<br />
anderen auch waren. Sie sind genauso ein wichtiger Bestandteil<br />
für die Geschichte wie die Dinner-Szenen oder wenn ich Klavier<br />
spiele. Da war null Aufregung angesagt, sondern einfach business<br />
as usual. Wahrscheinlich liegt das auch zu einem großen<br />
Teil daran, dass wir in Europa und mit einem europäischen Team<br />
gedreht haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass in den USA<br />
jemals Sex und Nacktheit an einem Filmset mit einer solchen<br />
Normalität behandelt worden wären.<br />
Wahrscheinlich schadet es nicht, wenn man sich mit<br />
seinem Gegenüber gut versteht?<br />
Na klar, Armie war genauso wichtig wie Luca. Ich hatte mit<br />
ihm den besten Partner, den man sich vorstellen kann, weil<br />
er ein richtig talentierter Schauspieler ist, aber eben auch ein<br />
verdammt toller Typ. Ich habe mich in seiner Gegenwart total<br />
wohlgefühlt, und das ist natürlich bei einer solchen Liebesgeschichte<br />
ganz wichtig. Mir sind noch nicht viele Kerle begegnet,<br />
die eine so gesunde Einstellung unserer Branche und dem<br />
Showgeschäft gegenüber haben, wie er. Wenn ich mal einen Rat<br />
brauche, ist Armie auf jeden Fall mein erster Ansprechpartner.<br />
meine Dialoge doch nur phonetisch auswendig lernen. Aber ich bin<br />
stolz auf mein Italienisch im Film.<br />
Und du spielst also auch wirklich selbst Klavier!<br />
Ja, sicher. Ich habe früher jahrelang Klavier gespielt, nur die letzten<br />
zehn Jahre dann nicht mehr so wirklich. Als Luca und James mich<br />
am Anfang des Projekts fragten, ob ich denn in den entsprechenden<br />
Szenen selbst Klavier spielen könnte, habe ich gleich gesagt, dass<br />
das kein Problem sei. Aber je näher die Dreharbeiten rückten, desto<br />
ehrlicher musste ich sein und mir und allen anderen eingestehen,<br />
dass ich vielleicht doch etwas Nachholbedarf habe. Luca hat mich<br />
dann an den italienischen Komponisten Robert Solci vermittelt – und<br />
dank ihm habe ich es mittlerweile wieder richtig drauf.<br />
Eine letzte Frage noch zu Elio und Oliver: Wenn die sich<br />
nicht, wie in „Call Me By Your Name“, 1983, sondern <strong>2018</strong><br />
getroffen hätten, wie wäre ihre Begegnung dann wohl verlaufen?<br />
Puh, gute Frage. Ich würde mal vermuten, dass sich ihr Katz-und-<br />
Maus-Spiel heute nicht annähernd so lange hinziehen würde, denn<br />
wir leben ja mittlerweile im Zeitalter der unmittelbaren Befriedigung.<br />
Vermutlich hätten sie sich über irgendeine App kennengelernt und<br />
die Sache wäre schnell wieder vorbei gewesen. Aber gerade das finde<br />
ich ja das Schöne an ihrer Geschichte: dass all diese modernen Technologien<br />
und diese neuen Arten der Kommunikation damals noch<br />
nicht die geringste Rolle gespielt haben.<br />
*Interview: Jonathan Fink<br />
Wir verlosen zweimal 2 Kinofreikarten für den Film sowie zwei<br />
Soundtracks auf www.blu.fm/gewinne<br />
Das Drehbuch zu „Call Me By Your Name“ hat James<br />
Ivory geschrieben, der legendäre schwule Filmemacher,<br />
der Filme wie „Maurice“ oder „Zimmer mit Aussicht“<br />
gemacht hat. Hast du ihn überhaupt kennengelernt?<br />
Oh ja, das habe ich, auch wenn er bei den Dreharbeiten in Italien<br />
nicht dabei war. Vor vier Jahren, als ich auch Luca zum ersten<br />
Mal traf, habe ich ihn kennengelernt. Danach war ich mehrfach<br />
bei ihm zu Besuch, in seinem Haus an der amerikanischen Ostküste.<br />
Wir sind dann immer ein Wochenende lang gemeinsam<br />
das Drehbuch durchgegangen, haben zusammen „Maurice“<br />
gesehen oder uns über seine anderen Filme wie „Wiedersehen<br />
in Howards End“ unterhalten. Es kann für einen filmverliebten<br />
jungen Mann wie mich kein größeres Geschenk geben, als Zeit<br />
mit einer solchen Kino-Legende zu verbringen.<br />
Du beeindruckst im Film nicht zuletzt durch deine<br />
Mehrsprachigkeit. Das hast du aber nicht alles extra<br />
lernen müssen, oder?<br />
Ich bin zwar New Yorker, aber mein Vater ist Franzose und wir<br />
haben in meiner Jugend jeden Sommer in Frankreich verbracht.<br />
Deswegen spreche ich tatsächlich fließend Französisch. Beim<br />
Italienisch habe ich ein bisschen geschummelt. Sechs Wochen,<br />
bevor wir angefangen haben zu drehen, bin ich schon auf<br />
eigene Faust nach Italien gefahren, um nicht nur Klavier- und<br />
Gitarrenunterricht zu nehmen, sondern vor allem die Sprache<br />
besser zu lernen. Das war verdammt schwierig, weil ich das richtig<br />
ernst genommen habe, mit Grammatik und allem Schnickschnack.<br />
Würde ich vielleicht nicht wieder so machen, sondern