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Magazin Personalwirtschaft 01/2018

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haben unsere Projektbesprechungen mitten in der Fertigung<br />

durchgeführt sowie Hospitanzplätze, ein Feedback-Gremium<br />

und eine eigens installierte Webplattform mit Blog-<br />

Funktion geschaffen, um zusätzliche Transparenz und<br />

Kommunikationsmöglichkeiten zu schaffen. Auch für uns<br />

im Projektkernteam war es am Anfang sehr ungewohnt, in<br />

dieser neuen Art und Weise zusammenzuarbeiten. Aber<br />

nach den ersten acht Projekttagen, die sich überwiegend um<br />

das Thema Teamfindung drehten, waren wir richtig gut<br />

arbeitsfähig.<br />

Wie ging es weiter?<br />

Christlbauer: Der wichtigste Punkt zu Beginn lag darin,<br />

eine entsprechende Grundlage in der Zusammenarbeit zu<br />

schaffen. Also eine Arbeitskultur herzustellen, in der eine<br />

Mitarbeiterin aus der Produktion mit dem Geschäftsführer<br />

hierarchiefrei die wichtigen Themen besprechen kann.<br />

Systemerwünschtes Verhalten ist hier kein guter Treiber. Wir<br />

haben uns dem Thema zunächst sehr klassisch über Teamspiele<br />

genähert. Viel wichtiger war aber, dass die beteiligten<br />

Führungskräfte bestehende Glaubenssätze bewusst beiseitegelegt<br />

und das Team durch unerwartet offenes Verhalten<br />

ebenfalls zur Offenheit ermutigt haben. Im nächsten Schritt<br />

wurde das Know-how für Vergütungssysteme im Projektteam<br />

aufgebaut, unter anderem durch Exkursionen zu<br />

anderen Firmen, in denen wir uns verschiedene Systeme<br />

anschauen konnten. In der anschließenden Modellentwicklung<br />

mit agilen Projektmethoden haben wir in mehreren<br />

Sprints verschiedene Modelle entwickelt, die wir<br />

direkt vor Ort in der Belegschaft erprobt haben. Dank des<br />

prompten Feedbacks konnten wir schnell die Ideen aussortieren,<br />

die nicht im Sinne der Mitarbeiter waren. Den finalen<br />

Schritt der Implementierung haben wir mit einer Großveranstaltung<br />

gestartet, bei der das Projektteam zusammen<br />

die Modellvorstellung übernommen hat. Nach dem<br />

Abschluss des Projekts im Dezember 2<strong>01</strong>6 hat sich die Projektgruppe<br />

nicht aufgelöst. Bis zu viermal im Jahr finden<br />

regelmäßige Reviews statt.<br />

Wie haben Sie sich in das Thema eingearbeitet und wie<br />

konnten Sie das mit der Arbeitszeit vereinbaren?<br />

Sulzer: Wir, die Mitglieder des Projektkernteams, wurden<br />

für die Dauer des Projekts mit rund 20 Prozent unserer<br />

Arbeitszeit freigestellt. Wir konnten selbst Vorschläge<br />

einbringen, wie und wo wir unser Know-how aufbauen<br />

wollen. Hilfreich war der fachliche Input unterschiedlicher<br />

Firmen. Jeder von uns konnte auch direkt seine<br />

Erfahrungen einbringen, die er aus seinem Umfeld mitbrachte.<br />

Das Unternehmen<br />

Die Elobau GmbH & Co. KG in Leutkirch im Allgäu, ein weltweit agierendes, familiengeführtes<br />

Stiftungsunternehmen, entwickelt und fertigt Sensorik und Bediensysteme für den Maschinenbau<br />

und die Nutzfahrzeugbranche. Das Unternehmen beschäftigt rund 750 Mitarbeiter.<br />

Der Projektaufwand war nicht gering. Sind Sie zufrieden<br />

mit dem Ergebnis?<br />

Christlbauer: Das neue Vergütungssystem wurde am<br />

1. Januar 2<strong>01</strong>7 mit mehr als 96 Prozent Zustimmung eingeführt.<br />

Vom Modell profitieren nun alle rund 750 Mitarbeiter,<br />

da bei Erreichen der Liefertreue und Qualitätsziele<br />

alle Mitarbeitenden die gleiche Prämie erhalten. Aus unserer<br />

Sicht haben wir einen mehrfachen Nutzen erzielt. Zum<br />

einen hat Elobau ein neues Vergütungssystem für seine<br />

Produktionsmitarbeiter, welches zeitgemäß, transparent<br />

und fair ist. Darüber hinaus ist das Vergütungssystem<br />

marktfähig und versetzt uns somit in die Lage, weiterhin<br />

unser Wachstum zu ermöglichen.<br />

Was war für Sie das Wichtigste dabei?<br />

Christlbauer: Für mich persönlich ist am wichtigsten, dass<br />

unser Vorgehen für jedes einzelne Projektteammitglied<br />

eine tiefgreifende Personalentwicklungsmaßnahme war.<br />

Es war beeindruckend zu sehen, wie jeder von uns im Laufe<br />

des Projekts gewachsen ist und wir Dinge erreicht haben,<br />

die für mich im Vorfeld in dieser Form nicht absehbar<br />

waren. Wir alle haben erfahren und erleben dürfen, dass<br />

bei Elobau nicht nur im Unternehmen gearbeitet wird,<br />

sondern vor allem die Arbeit am Unternehmen wertvoll und<br />

machbar ist. Mit den Beiträgen aller Beteiligten haben wir<br />

wesentliche Teile unseres Geschäftsmodells gestaltet und<br />

somit gelebte Unternehmenskultur erfahren. Mit dieser<br />

Erfahrung sind wir in die Lage, zukünftig jegliche Herausforderungen<br />

auf eine gleiche oder ähnliche Art anzugehen.<br />

Wir können sagen: Es ist eine neue Form der Zusammenarbeit<br />

im Unternehmen entstanden.<br />

Sulzer: Für uns als Mitarbeitende in der Produktion war<br />

es am Anfang nicht einfach, mit unseren Chefs auf Augenhöhe<br />

zu sprechen. Es hat ein paar Wochen gedauert, bis meine<br />

Kollegen und ich das Vertrauen gewonnen haben. Wir<br />

haben viele Eindrücke gewonnen und sind der Meinung,<br />

dass sich die Zusammenarbeit bei uns in der Produktion<br />

spürbar verändert hat. Das Gesamte im Blick zu haben, ist<br />

mittlerweile das A und O, und wir arbeiten viel mehr abteilungsübergreifend.<br />

Ich konnte für mich persönlich viel mitnehmen,<br />

besonders die Erfahrung, was alles möglich ist,<br />

wenn man Vertrauen und Unterstützung genießt.<br />

Was sind die wichtigsten Learnings aus Ihrem HR-<br />

Projekt?<br />

Christlbauer: Veränderungsprozesse brauchen Mut und<br />

Offenheit. „Fail and Learn“ sind zwei wesentliche Begleiter.<br />

Sie bringen uns weiter. Und: Der Erfolg eines Projekts<br />

ist abhängig von einem positiven Menschbild und einer<br />

menschenliebenden Haltung. Unsere Organisation kann<br />

Dinge bewegen, die wir nie für möglich gehalten hätten.<br />

Voraussetzung ist, dass wir unseren Mitarbeitenden die<br />

Chance bieten, in die Verantwortung zu kommen. p<br />

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