_flip_joker_2018-03
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12 KULTUR JOKER KUNST<br />
Galante Überraschungen<br />
La France in Freiburg. Das Haus der Graphischen Sammlung<br />
zeigt französische Druckgrafik<br />
Alexandre Clément nach Nicolas André Monsiau: „Die zerbrochene Pfeife“, 1796 (linkes<br />
Bild); Pierre-Étienne Moitte nach Jacques de Sève: „Die Hauskatze“, 1758 (rechts)<br />
Ob die Überraschung echt<br />
oder nur vorgetäuscht ist, lässt<br />
sich nicht eindeutig sagen. Die<br />
Hirtin, die nach dem Bade am<br />
Bach an dessen Ufer lagert, bietet<br />
für jeden verliebten Hirten<br />
einen angenehmen Anblick. Die<br />
eine Brust ist entblößt, ein Bein<br />
sogar so weit, dass man etwas<br />
von der Weichheit ihres Bauches<br />
ahnen kann. Das Hündchen mag<br />
kläffen, gut möglich jedoch,<br />
dass der junge Mann mit dem<br />
zerzausten Haar, der das Schilf<br />
zur Seite schlägt, um besser sehen<br />
zu können, mehr als willkommen<br />
ist. Man kennt derart<br />
übertölpelte Frauen beim Baden<br />
auch als christliches Motiv.<br />
Dann jedoch sind die Voyeure<br />
alte, unansehliche Männer und<br />
es liegt Gefahr in der Luft. Dann<br />
ist mindestens ein privater Moment<br />
gestört, wenn nicht gar Gewalt<br />
im Verzug. Die Druckgrafik<br />
„Die überraschte Hirtin“, die<br />
nach einer Zeichnung von Jean-<br />
Baptiste Huet vermutlich Ende<br />
des 18. Jahrhunderts entstand,<br />
ist im Vergleich dazu geradezu<br />
von natürlicher Erotik. Und es<br />
bleibt der Fantasie des Betrachters<br />
überlassen, wie sich die Szene<br />
weiter entwickeln wird.<br />
Doch es gab auch Zeitgenossen<br />
wie der Schriftsteller Louis-Sébastien<br />
Mercier, die solche Blätter<br />
verabscheuten und kritisierten,<br />
dass sie einfach so an den<br />
Ufermauern und den Boulevards<br />
von Paris verkauft wurden. Josef<br />
Lienhart, aus dessen Sammlung<br />
die Werke der Ausstellung<br />
„La France. Zwischen Aufklärung<br />
und Galanterie“ stammen,<br />
musste da schon mehr Aufwand<br />
betreiben. Lienhart erwarb die<br />
Grafiken und Bücher in Pariser<br />
Antiquariaten. Vor eineinhalb<br />
© Beide Fotos: Augustinermuseum - Städtische Museen Freiburg Fotos: Axel Killian<br />
Jahren schenkte er die Sammlung<br />
dem Augustinermuseum,<br />
wo sie nun erweitert durch einige<br />
Porzellanfiguren zu sehen ist<br />
und einen Einblick in die Druckgrafik<br />
aus der Zeit Watteaus<br />
gibt. Grafiken wie die nach Huet<br />
spiegeln etwas wider, das sich<br />
auch in der Hochkultur antreffen<br />
lässt: eine Rückkehr zur Natur,<br />
die mit einer Wiederentdeckung<br />
antiker Literatur einherging. Der<br />
Schweizer Autor, Maler und Grafiker<br />
Salomon Geßner, der seine<br />
Idyllen auch selbst illustrierte,<br />
bezog sich auf Herodot, verlieh<br />
den Geschichten jedoch oftmals<br />
einen moralischen, christlich geprägten<br />
Unterton. Es war deutlich,<br />
dass dieses Arkadien weniger<br />
archaisch als höfisch oder<br />
bürgerlich war.<br />
Dass die Druckgrafik insbesondere<br />
in Frankreich im 18.<br />
Jahrhundert derart blühte, hat<br />
gesellschaftliche Ursachen.<br />
Unter Ludwig XIV. wurde die<br />
Bindung an den Meisterberuf<br />
für Kupferstecher aufgelöst,<br />
die Gattung aber auch als repräsentatives<br />
Medium für den<br />
Hof interessant. Als unter seinem<br />
Nachfolger die königlichen<br />
Aufträge für die Drucker ausblieben,<br />
erschlossen sich diese<br />
andere Motive und eine andere<br />
Käuferschicht. Wie sehr die<br />
Druckgrafik ein bürgerliches<br />
Medium wurde, zeigt sich auch<br />
an einer veränderten Buchkultur.<br />
Denn Bücher wurden<br />
handlicher, weil sie nicht länger<br />
repräsentativ sein mussten. Sie<br />
wurden gelesen und waren mit<br />
Illustrationen versehen.<br />
Für Josef Lienhart begann<br />
die Liebe zur französischen<br />
Druckgrafik dann auch mit den<br />
Büchern. Eine entsprechende<br />
Bedeutung haben sie in der<br />
Ausstellung, in der etwa Illustrationen<br />
zu Rousseaus Roman<br />
„Die neue Héloise“ gezeigt werden.<br />
Im Fall von Jonathan Swifts<br />
„Gullivers Reisen“ lassen sich<br />
gar die Illustrationen mit den<br />
Vorzeichnungen vergleichen,<br />
bei denen das Schriftfeld für<br />
die Erklärungen der Szene leer<br />
blieb.<br />
War bei Swift die Gesellschaftskritik<br />
subtil, so wetzt<br />
Jean-Michel Moreau Le Jeune in<br />
seiner etwas anderen Geschichte<br />
der Jeanne d’Arc geradezu sein<br />
Messer und enthüllt den erotischen<br />
Unterton der nationalen<br />
Heilsgeschichte von der Heiligen<br />
Jungfrau. Und anscheinend<br />
ist die Druckgrafik gerade dann<br />
besonders innovativ, wenn sie<br />
eine angewandte Kunstform ist.<br />
Antoine Watteau etwa schuf im<br />
Rahmen einer Auflage zur Geburt<br />
der Venus eine Allegorie<br />
auf den Regen, in der das Wasser<br />
die strenge Form des Blattes<br />
auflöst. Auf die ländliche Idylle<br />
mit Hirten gehen vom oberen<br />
Rand des Medaillons Ladungen<br />
Wasser nieder, links ist vor Wolken<br />
kein Rand mehr zu erkennen.<br />
Aus dem Blatt, das womöglich<br />
die Vorlage für einen Paravent<br />
oder eine Wandbemalung<br />
war, ist eine offene Landschaft<br />
geworden. „La France zwischen<br />
Aufklärung und Galanterie“<br />
ist voll von solchen Details<br />
und lässt Frankreich zwischen<br />
Aufklärung und Galanterie als<br />
geistreiche Nation erscheinen.<br />
La France zwischen Aufklärung<br />
und Galanterie. Augustinermuseum,<br />
Haus der Graphischen<br />
Sammlung, Salzstr. 32,<br />
Freiburg. Di-So 10-17 Uhr. Bis<br />
3. Juni. Annette Hoffmann<br />
MUSEEN / AUSSTELLUNGEN<br />
FREIBURG 0761/<br />
AMTSGERICHT FREIBURG<br />
- „Anne Hooss und Christine<br />
Huss - 2” 24.<strong>03</strong>.-27.07.<br />
ARCHÄOLOGISCHES MUSEUM<br />
COLOMBISCHLÖSSLE<br />
- „Eisen, Macht, Reichtum - Kelten<br />
am südl. Oberrhein” b.a.w.<br />
- „Kultur - Umwelt - Wandel:<br />
Steinzeit und Bronzezeit am südl.<br />
Oberrhein”<br />
b.a.w.<br />
- „Versorgt fürs Jenseits? Neue<br />
Grabfunde aus Baden” -22.04.<br />
ARTKELCH<br />
- „Ngura Ninti - Knowing Country”<br />
10.<strong>03</strong>.-11.04.<br />
ATELIER 4E, GALERIE<br />
- „Eberhard Brügel - Menschen vor<br />
Ort und von unterwegs” -12.05.<br />
AUGUSTINERMUSEUM<br />
- „Im Laboratorium der Moderne -<br />
Hölzel und sein Kreis” -18.<strong>03</strong>.<br />
- „La France! Zwischen Aufklärung<br />
und Galanterie - Meisterwerke aus<br />
der Druckgraphik aus der Zeit Watteaus”<br />
(Haus d. Graph. Sammlung)<br />
-<strong>03</strong>.06.<br />
CENTRE CULTUREL FRANÇAIS<br />
- „Petra Blocksdorf - Bilder” -10.<strong>03</strong>.<br />
DEPOT.K<br />
- „Heidi Ambruster: Capre -<br />
Malerei” 24.<strong>03</strong>.-22.04.<br />
E-WERK<br />
- „Nachtstücke - Von Verdrängtem,<br />
der Nacht und der Farbe<br />
Schwarz” (Galerie für Gegenwartskunst)<br />
-25.<strong>03</strong>.<br />
FAULERBAD<br />
- „Kunst auf der Liegewiese und<br />
in der Faulerstraße” -26.05.<br />
GALERIE ALBERT BAUMGARTEN<br />
- „Jan Peter Tripp - Gepinseltes<br />
von ‘97 bis ‘17“ -02.<strong>03</strong>.<br />
GALERIE MEIER<br />
- „Schnee von gestern... und<br />
heute“ -31.<strong>03</strong>.<br />
GOETHE INSTITUT<br />
- „Selfie“ - GEDOK-Ausstellung<br />
-27.04.<br />
KATHOLISCHE AKADEMIE<br />
- „Henny Fleischmann - Schichtung<br />
+ Struktur“ -12.04.<br />
KULTURWERK T66<br />
- „2 Berliner - Adriana Donner und<br />
Igor Bleischwitz“ -24.<strong>03</strong>.<br />
KUNSTRAUM FOTH<br />
- „Stefan Bergmann“ -19.04.<br />
KUNSTVEREIN FREIBURG<br />
- „Hans-Christian Lotz“ -11.<strong>03</strong>.<br />
MECKELHALLE, SPARKASSE FR<br />
- „Im Gedenken der Kinder - Die<br />
Kinderärzte und die Verbrechen<br />
an Kindern in der NS-Zeit“ -16.<strong>03</strong>.<br />
MODO VERLAG<br />
- „kunstBUCHaktion - 45 Künstlerbücher“<br />
-29.04.<br />
MUSEUM FÜR NEUE KUNST<br />
- „In guten wie in schlechten<br />
Zeiten. Wie was bleibt” -15.04.<br />
MUSEUM F. STADTGESCHICHTE<br />
- „#freiburgsammelt - Erinnerungen<br />
für morgen” 17.<strong>03</strong>.-16.09.<br />
MUSEUM NATUR UND MENSCH<br />
- „Vom Ei zum Küken” -08.04.<br />
PRAXIS ZURMÜHLEN<br />
- „Michael Peters” 04.<strong>03</strong>.-30.06.<br />
STIFTUNG FÜR KONKRETE<br />
KUNST ROLAND PHLEBS<br />
- „Ingo Glass - Drei Formen, drei<br />
Farben: Basis Konkreter Kunst”<br />
18.<strong>03</strong>.-29.04.<br />
- „Roland Phlebs: Kreis- und Kugelvariationen”<br />
- Skulpturen -04.<strong>03</strong>.<br />
THEATER FREIBURG,<br />
PASSAGE 46<br />
- „Udo W. Hoffmann - Painted<br />
Layers” 08.<strong>03</strong>.-08.04.<br />
BASEL 0041 61/<br />
ANTIKENMUSEUM<br />
- „Scanning Sethos - Die Wiedergeburt<br />
eines Pharaonengrabes”<br />
-06.05.<br />
- „Die Griechen und ihre Welt -<br />
Identität und Ideal” (Dauer)<br />
FONDATION BEYELER<br />
- „Georg Baselitz” -29.04.<br />
- „Sammlung der Klassischen<br />
Moderne”<br />
(Dauer)<br />
KUNSTHALLE BASEL<br />
- „Future Love - Begehren und<br />
Verbundenheit im Zeitalter geformter<br />
Natur” -15.04.<br />
- „Michael E. Smith” 02.<strong>03</strong>.-21.05.<br />
- „Sculture - Yuri Ancarani” -29.04.<br />
KUNSTHAUS BASELLAND<br />
- „Esther Hunziker” -02.04.<br />
- „Sehnsuchtsorte / Places of<br />
Longing” -02.04.<br />
KUNSTMUSEUM BASEL<br />
- „Kunst.Geld.Museum.” 50 Jahre<br />
Picasso-Story 10.<strong>03</strong>.-12.08.<br />
MUSEUM TINGUELY<br />
- „Re-Set - Aneignung und<br />
Fortschreibung in Musik und Kunst<br />
seit 1900” -13.05.<br />
- „Sofia Hultén - Here’s the<br />
Answer, What’s the Question?”<br />
-01.05.<br />
S AM<br />
- „Bengal Stream - Die vibrierende<br />
Architekturszene von Bangladesch”<br />
-06.05.<br />
SCHAULAGER<br />
- „Bruce Nauman - Retrospektive”<br />
17.<strong>03</strong>.-26.08.<br />
SPIELZEUG MUSEUM WELTEN<br />
- „Parfumflacons - Hüllen verführerischer<br />
Düfte” -08.04.<br />
ANDERE ORTE<br />
ALBSTADT<br />
Kunstmuseum<br />
- „Märchenhaft!” -01.07.<br />
- „Menschensohn, Ecce Home,<br />
Crucifixus” - Christusbilder im 20.<br />
und 21. Jahrhundert -02.04.<br />
ALTKIRCH<br />
Crac Alsace<br />
- „Il Pleut, Tulipe” -13.05.<br />
AMSTERDAM<br />
Foam Fotografiemuseum<br />
- „Lucas Foglia - Human Nature”<br />
-15.04.<br />
- „Jacob Riis - The Other Half”<br />
-15.04.<br />
Moco Museum<br />
- „Roy Lichtenstein - Lasting<br />
Influence” -31.05.<br />
AUGSBURG<br />
Galerie Noah<br />
- „7 Meisterschüler von Arno Rink<br />
& Neo Rauch” -13.05.<br />
- „Ilana Lewitan & Yury Kharchenko<br />
- Poesie & Pathos” -18.<strong>03</strong>.<br />
BADEN-BADEN<br />
Museum LA8<br />
- „Gediegener Spott - Bilder aus<br />
Krähwinkel” 24.<strong>03</strong>.-02.09.<br />
- „Hans Thoma - Wanderer zwischen<br />
den Welten” -04.<strong>03</strong>.<br />
Museum Frieder Burda<br />
- „America! America! How Real Is<br />
Real?“ -21.05.<br />
Staatliche Kunsthalle<br />
- „Ausstellen des Ausstellens -<br />
Von der Wunderkammer zur kuratorischen<br />
Situation“ <strong>03</strong>.<strong>03</strong>.-17.06.<br />
BADENWEILER<br />
Kurhaus<br />
- „Rolf Barth - Wege im Realismus”<br />
30.<strong>03</strong>.-20.04.<br />
BALINGEN<br />
Rathaus Galerie Balingen<br />
- „Mulugeta Tekle - Alte Heimat,<br />
neue Heimat” -08.04.<br />
BERLIN<br />
Galerie Brockstedt<br />
- „Rocco Hettwer - Fiesta in<br />
Chinchón” -28.04.<br />
Kunsthandel Jörg Maaß<br />
- „Annie Leibovitz” -27.04.<br />
Martin-Gropius-Bau<br />
- „Juden, Christen und Muslime<br />
- Im Dialog der Wissenschaften<br />
500-1500” -04.<strong>03</strong>.<br />
Museum für Kommunikation<br />
- „Oh Yeah! - Popmusik in Deutschland“<br />
15.<strong>03</strong>.-16.09.<br />
- „Why Are You Creative?“ -08.04.<br />
Willy-Brandt-Haus<br />
- „Bruno Barbey - Passages”<br />
-25.<strong>03</strong><br />
BERN<br />
Alpines Museum der Schweiz<br />
- „Schöne Berge - Eine Ansichtssache”<br />
-06.01.19