E_1928_Zeitung_Nr.019
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N»I9 - <strong>1928</strong> AUTOMOBIL-REVUE 15<br />
lieh zwei bis drei Gesellschaften. Das klingt<br />
nach mehr Arbeit, aber dafür hatte Te seine<br />
Schmerzensgelder. Zunächst brauchte er<br />
nicht draussen zu warten, sondern durfte<br />
sich gemütlich im Restaurant niederlassen,<br />
aun sich inmitten des herrlichen Speisenduftes<br />
und beim Summen des Teekessels mit seinen<br />
Chauffeurfreunden zu unterhalten. Ferner gebietet<br />
ein streng befolgtes Gesetz in Peking,<br />
dass die Chauffeure der Gäste, die im Hotel<br />
speisen, von der Direktion je einen Dollar<br />
erhalten, angeblich zur Bezahlung ihres Essens.<br />
So dass Tc-Wu alles bezog, was er bei<br />
mir bezog, und darüber hinaus noch diese<br />
Hoteltriukgcldcr, alles in allem weitere sechzig<br />
bis siebzig Dollars im Monat. Bei so üppigen<br />
Einnahmen ging sein Bauch sichtlich<br />
auf.<br />
Unter diesen Umständen machte ich mir<br />
klar, dass ich einen andern Chauffeur engagieren<br />
musste, und einige fürchterliche Wochen<br />
kamen für mich. Schmutzige Kerle stellten<br />
sich nacheinander vor, bewiesen, dass sie<br />
keine Ahnung vom Fahren hatten und ruinierten<br />
meinen Motor vorzeitig. Der letzte<br />
war der Schlimmste. Er liiess Mao und wies<br />
ein Zeugnis vor, worin es liiess, er habe bereits<br />
in ausländischen Diensten gestanden<br />
und sei die Kureroute von Kaigan nach Urga<br />
durch die Wüste Gobi gefahren. Ferner sei<br />
er ein geschickter Mechaniker. In einem<br />
schwachen Augenblick engagierte ich ihn. An<br />
den leichten, uirrcgelmässigen Wüstendieust<br />
gewöhnt, benahm er sich in der Eingespanntheit<br />
des häuslicl»cn Dienstes wie ein wildes<br />
Tier im Käfig. Zfcit vor allem gab es nicht<br />
für ihn. Bestellte ich den Wagen auf acht<br />
Uhr, so war er entweder um sieben oder um<br />
Das<br />
chinesische <strong>Zeitung</strong>swesen.<br />
Auch in China, dam Land mit Jahrtausende<br />
ialter Kultur, hat das <strong>Zeitung</strong>swesen einen gewaltigen<br />
Aufschwung genommen, so dass<br />
auch der Mehrzahl der einfachen Kuli, sofern<br />
sie lesen können, der Vorteil täglicher Berichterstattung<br />
zuteil werden kann. Hören<br />
wir, was der Korrespondent eines Wienerblattes<br />
darüber zu berichten weiss:<br />
Den Anfang machten die Missionäre, die<br />
ins Land kamen, um dem Knli die Religionen<br />
des Westens näher zu bringen. Sie kamen<br />
bald darauf, dass das geschriebene Wort<br />
neun da.. Niemand und nichts vermochte ihm<br />
beizubringen, dass die Zeiger der Uhr eine<br />
bestimmte Bedeutung hatten. Ich nehme an,<br />
dass er lediglich auf das Gefühl seines Magens<br />
hörte, wenn ihm dessen Leere sagte, er<br />
habe so und so lange nichts gegessen. Und<br />
seine Fahrerei! Er beschwor damit Erinne-><br />
rungen an die Zeit herauf, als die Mongolen<br />
als Eroberer durch Peking fegten. Weder<br />
Alter noch Gebrechen erregte sein Mitleid,<br />
ebenso wenig das schwache Geschlecht. Jung<br />
und Alt, Arm und Reich' mussten vor ihm<br />
Keissaus nehmen. Uralte Weiber mit eingeschnürten<br />
Fassen, die im glücklichen Besitze<br />
vieler Lebensjahre für uutastbar halten, pflegten<br />
längelang vor uns in den Strasseuschmutz<br />
zu fliegen. Nach einem Unfall, bei dem ein<br />
Rickshaw (chinesischer Wagen) in Streichhölzchen<br />
zersplittert und seine erschreckte<br />
Insassin, ehe sie sich besinnen konnte, zu unsern<br />
Füsseu sass, erklärte ich Mao unmissverständlich,<br />
der nächste Zusammenstoss<br />
werde auch der letzte sein. Am nächsten<br />
Tage sollte er mich mit dem Wagen abholen.<br />
Er kam nicht. Nach einer Weile telephouierte<br />
er dem Bureaujungen, er habe das Auto der<br />
Polizeistation in der und der Strasse zur<br />
Aufbewahrung hinterlassen. Ich ging hin und<br />
stellte fest, dass er einen Radfahrer überfahren<br />
und aus Angst vor meinem Zorn in<br />
aller Stille seinen Abschied genommen hatte<br />
und heimgegangen war.<br />
Ich muss sagen, dass er mir die Sache nicht<br />
nachträgt. Wenn wir uns in der Stadt begegnen,<br />
grüsst er mich stets mit einem weitausholenden<br />
Schwenken seiner Kappe, die<br />
sein rechtes Ohr und sein verschmitztes Gesicht<br />
zu schützen pflegt. M. K.<br />
Schritt auf dem Wege zur Organisierung der<br />
chinesischen Presseerzeugnisse nach euro-<br />
Muster vollzogen. Die Misslons-<br />
einen grösseren Wirkungskreis hat als daspäischem<br />
gesprochene und gründeten eine Anzahl der blätter wurden auf ihren ursprünglichen, abgezirkelten<br />
Wirkungsbereich zurückgedrängt,<br />
Wochen- und Tagesblätter, die in chinesischer<br />
Sprache der Propaganda des christlichen<br />
Glaubens dienen sollten. Diese primiblätter<br />
den im Rahmen der Missionsblätter<br />
während die weltlich aufgemachten Tagestivste<br />
Alisdrucksform des chinesischen <strong>Zeitung</strong>swesens<br />
warf selbstverständlich keinen über aktuelle Vorkommnisse übernahmen und<br />
stiefmütterlich behandelten Nachrichtendienst<br />
Gewinn ab. Niemand dachte auch daran, aus weiter ausbauten. Der Nachrichtendienst gewann<br />
damit au Raum und Bedeutung, und die<br />
diesen Gründungen Kapital zu schlagen. Die<br />
Missionäre waren durchdrungen von der Heiligkeit<br />
ihrer Aufgabe und arbeiteten unermüd-<br />
ihr Erscheinen sistierten.<br />
Folge davon war, dass viele Missionsblätter<br />
lich am Ausbau ihrer periodischen Druckschriften,<br />
bis der erste europäische Reporter<br />
Was uns wundernehmen mag, ist die Tatsache,<br />
dass das Analphabetentum in China<br />
den Weg nach China fand. Anpassungsfähig<br />
und agil, wie ein in allen Sätteln gerechter<br />
eine verhältnismässig sporadisch vorkommende<br />
Erscheinung ist. Fast jeder Kuli kann<br />
und mit allen Wassern gewaschener Reporter<br />
gerade ist, fand der Mann sofort den Angelpunkt,<br />
der ein lukratives Geschäft garan-<br />
lesen und liest leidenschaftlich gern. Wenn<br />
der Sänftenträger oder Rikschakuli auf seinen<br />
tierte. Ihm erschienen die erbaulichen Missionsblätter<br />
nicht bloss langweilig, sondern<br />
Herrn wartet, dann finden wir ihn sicher neben<br />
seinem Wagen auf dem Boden kauern,<br />
auch billig, billiger als irgendein europäisches<br />
vertieft in ein <strong>Zeitung</strong>sblatt, um seinen Wortschatz<br />
aufzufüllen. Der Kuli ist ein dankbarer<br />
<strong>Zeitung</strong>sleser und ein anhänglicher<br />
Abonnent. Darum ist die chinesische <strong>Zeitung</strong><br />
Haushoniehi für die bessere Familie<br />
zirka 12 Sorten, nur das Beate von rein Eier and<br />
Naturbutter hergestellt. Makrönli, Waffeln, HaseloussbvJrtrits,<br />
Basierleokerli usw., versendet in Büchsen<br />
von 2 kg gegen Nachnahme v. Ft. 10.— franko.<br />
Wer einmal bezogen, bestellt wieder!<br />
A. WIEDEMANN, Biskuilfabrik<br />
Horw bei Luzern.<br />
Blatt. Er kam auf die famose Idee, den redaktionellen<br />
Teil auf Kosten der erbaulichen<br />
Artikel auszubauen und als Aequivalent für<br />
diese kulturfördernde Tätigkeit einen angemessenen<br />
Kostenbeitrag in Form von Bezugsgebühren<br />
einzukassieren. Der erfolgreiche<br />
Mrepreneur war also sozusagen der erste<br />
Propagandist europäischer Reportagemethoden<br />
auf chinesischem Boden. Die Drachensaat<br />
sprang auf und bald hatten die Missionsblätter<br />
in sämtlichen grösseren Städten und<br />
Provinzen Konkurrenzblätter, die zwar weniger<br />
erbaulich und achtungsvoll waren, aber<br />
dafür Geld kosteten. Damit war der erste<br />
auch ein ausgezeichnetes Geschäft.<br />
Die Einrichtung eines chinesischen <strong>Zeitung</strong>sbetriebes<br />
ähnelt im grossen Ganzen der<br />
einer europäischen <strong>Zeitung</strong>. Redaktion, Administration<br />
und Expedition sind nach europäischem<br />
Muster organisiert. Der Redaktionsstab<br />
rekrutiert sich in grösseren Blättern<br />
aus einem Leitartikler, einem Feuilletonisten,<br />
zwei bis zwei Lokalredakteuren, einem<br />
Politiker von Format, einem Redakteur,<br />
der das sogenannte Kulturreferat inne hat,<br />
das ist Theater, Film, Tanz, Literatur und<br />
Einschlägiges, dann aus einem halben<br />
Dutzend redaktioneller Hilfskräfte und einer<br />
grösseren Schar Reporter, die präzis und zuverlässig<br />
arbeitet und ihren europäischen Berufskollegen<br />
in nichts nachstehen. Die chinesische<br />
<strong>Zeitung</strong> wird auf Reispapier gedruckt,<br />
ihr graphisches Bild ist äusserst einprägsam<br />
und gefällig, ihr redaktionelles Material ist<br />
sachlich, reichhaltig und auf der Höhe moderner<br />
Anforderungen.<br />
Die grossen chinesischen Tagesblätter entwickeln<br />
ein schwungvolles Annoncengeschäft.<br />
Der Annoncenteil einer Sonntagsausgabe der<br />
« Schewuschepau», des namhaften Schanghaier<br />
Tagblattes, das in seinem feuilletonistischen<br />
Teil ein ansehnliches Niveau wahrt,<br />
hält zum Beispiel einen Vergleich mit den<br />
grössten kontinentalen Blättern ans.<br />
Die chinesischen Pressgesetze liegen im argen,<br />
und im ärgsten, seit das wechselvolle<br />
Schicksal Chinas von einer Handvoll einander<br />
in den Haaren liegender Generale diktiert<br />
wird. Jeder dieser Generale übt diktatorische<br />
Gewalt aus, ist Zensor und Richter, Kläger<br />
und Staatsanwalt, Kaufmann und Redakteur<br />
in einer Person. Die Machtvollkommenheit<br />
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Französischen Schweiz<br />
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eines chinesischen Generals hat keine Grenzen.<br />
Wenn ihm der Ton des einen oder anderen<br />
Blattes nicht passt, wird kurzerhand<br />
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Direcieur: RENE W1DEMANN<br />
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der ganze Redaktionsstab verhaftet und wandert<br />
in den Arrest. Die Folge davon ist, dass<br />
entweder die <strong>Zeitung</strong> zu erscheinen aufhört<br />
oder durch Delegierung von Gesinnungsgenossen<br />
des Diktators nach seinen Intentionen<br />
redigiert wird. Aber der Chinese ist findig.<br />
Er weiss, dass auf den" Europäer das Gesetz<br />
des Minoritätenschutzes Anwendung findet.<br />
Darum halten sich die meisten Blätter Europäer<br />
als Chefredakteure. Das sind Strohmänner,<br />
die sich im Ernstfall als die ausschliesslich<br />
verantwortliche Instanz gerieren.<br />
Natürlich kann dann der Diktator nichts ausrichten,<br />
denn eine Attacke auf den europäischen<br />
Chefredakteur einer chinesischen <strong>Zeitung</strong><br />
brächte ihn mit den europäischen Mächten<br />
in Konflikt, und ein Konflikt mit den europäischen<br />
Mächten ist eine Sache, der ein chinesischer<br />
General von vornherein abhold ist.<br />
Das dominierende Format der chinesischen<br />
<strong>Zeitung</strong> ist schmal und länglich, denn der<br />
Chinese liest von unten nach oben und will<br />
ein handliches Blatt in Händen halten. Aehnlich<br />
der Titelseite namhafter europäischer<br />
Blätter prangen auf der ersten Seite die grossen<br />
Annoncen zahlungskräftiger Inserenten,<br />
dann folgen Edikte und Depeschen, und dann<br />
kommt der Leitartikel. Der Leitartikel gefällt<br />
sich gewöhnlich in Zitaten, Tiraden und geistvollen<br />
Apercus und ist die langweiligste Rubrik<br />
der <strong>Zeitung</strong>. Dann folgt der Briefkasten,<br />
der abwechslungsreichen Inhalts ist, denn der<br />
Chinese fragt gern und viel und ist überhaupt<br />
im Gegensatz zu der in Europa verbreiteten<br />
Auffassung ein wissbegieriges und lerneifriges<br />
Geschöpf. Der Briefkasten nimmt einen<br />
grossen Raum ein, denn der dem europäischen<br />
Briefkastenonkel ähnelnde chinesische<br />
Redakteur antwortet nicht minder gern und<br />
viel. Der Briefkasten ist der amüsanteste<br />
Teil der chinesischen <strong>Zeitung</strong>, denn dort<br />
kramt der Chinese sein ganzes, tiefgründiges<br />
Wesen aus, trumpft mit seinem blütenreichen<br />
Wortschatz auf und doziert mit der souveränen<br />
Gelassenheit des über allen thronenden<br />
Weltweisen, dass oft dem armen Abonnenten<br />
angst und bang vor der geistigen Superiorität<br />
seines journalistischen Lehrmeisters wird.<br />
Dann kommen die Auslandkorrespondenzen,<br />
nach Staaten geordnet. Darauf folgen<br />
die Inlandkorrespondenzen, nach Provinzen<br />
übersichtlich geordnet, die in prägnanter<br />
i Kürze über alles Wissenswerte informieren.<br />
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Teil, in dem sich wieder, die philosophisch angehauchten<br />
Sprachästheten in langatmigen<br />
Betrachtungen, Kommentaren gefallen, folgen<br />
wieder Annoncen, Annoncen, Annoncen. Diese<br />
Reihenfolge wird bloss in der Sonntagsnummer<br />
durch eine reichhaltige, europäischen<br />
Vorbildern nachgebildete literarische Beilage,<br />
die Feuilletons, Humor, Rätsel und chinesische<br />
Lyrik bringt, unterbrochen. Als Aequivalent<br />
für den sporadisch auftauchenden<br />
Fortsetzungsroman, den das zeitunglesende<br />
Publikum vorläufig noch nicht goutiert, ist<br />
das reichhaltige Bildermaterial gedacht<br />
Mit einem Wort: die chinesische <strong>Zeitung</strong><br />
sieht ihren europäischen und amerikanischen<br />
Schwestern zum Verwechseln ähnlich. Das<br />
einzige Unterscheidungsmerkmal ist das graphische<br />
Bild, das sich uns Europäern als ein<br />
mit sieben Siegeln verschlossenes Buch repräsentiert.<br />
Zwei Fliegen auf einen Schlag.<br />
Wer viel mit Auto oder Fahrrad unterwegs<br />
ist, weiss ein Lied zu singen von dem Missgeschick,<br />
das ein Nagel auf der Strasse bereiten<br />
kann. Manche Tour hat durch solch<br />
einen tückischen Hufnagel im Pneu zu einem<br />
frühzeitigen Ende geführt. Nun haben sich in<br />
Amerika unternehmungslustige Leute zu einer<br />
Aktiengesellschaft zusammengeschlossen, die<br />
mit einem Auto und mit Hilfe eines Elektromagneten<br />
die Strasseu von allen Eisenteilen<br />
befreien wollen. Der Elektromagnet, der nur<br />
einen Duchmesser von 55 Zentimeter besitzt,<br />
hängt nur wenige Miljimeter über der Strassenoberfläche<br />
an dem Auto und wird durch<br />
eine Akkumulatorenbatterie gespeist. Die Versuche,<br />
die mit diesem Apparat durchgeführt<br />
wurden, waren sehr zufriedenstellend. Während<br />
drei bis vier Stunden wurden auf offener<br />
Landstrasse nicht weniger als 75 kg Metall<br />
gefunden, die sich auf eine Strecke von<br />
nur acht Kilometer verteilten. Innerhalb einer<br />
Stadt konnte der Apparat während zweier<br />
Tage sogar 2500 kg «Metall sammeln. Das<br />
Geld liegt also buchstäblich auf der Strasse.<br />
Man muss es nur aufheben!<br />
Darüber hinaus werden sämtliche Automobilisten<br />
diesen modernen Alteisensammlern<br />
dankbar sein. Die Gefahr, einen Nagel zu erwischen,<br />
wird sich entsprechend vermindern,<br />
je häufiger die mit diesen Magneten ausgerüsteten<br />
Wagen zirkulieren und Je weiter sie<br />
ihre Tätigkeit ausdehnen. Hoffentlich blüht<br />
ihr Geschäft, dass sie bald bei uns Nachahmer<br />
finden!