E_1929_Zeitung_Nr.008
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Eisenbahn und Motorlastwagen J<br />
II. Kapitel.<br />
Automobil, Handelsbilanz u. Volkswirtschaft.<br />
Ein weiteres Argument, das von den Bahnen<br />
immer wieder angeführt wird, lautet dahin,<br />
dass der Bezug ausländischer Automobile<br />
und ausländischen Betriebsstoffes unsere<br />
Handelsbilanz verschlechtern.<br />
Gegen diese Behauptung ist folgendes in<br />
Erwägung zu ziehen: Die Schweiz ist an und<br />
für sich ein rohstoffarmes Land. Sozusagen<br />
unsere gesamte Industrie ist auj, die Einfuhr<br />
der nötigen Rohprodukte angewiesen und sogar<br />
unsere Bahnen müssen für den Bau und<br />
für den Betrieb ihrer Unternehmungen diese<br />
Rohprodukte aus dem Ausland beziehen. Wir<br />
haben nur eine einheimische Triebkraft: Die<br />
Elektrizität. Diese wird nun in immer grösserem<br />
Masse produziert, wobei es auffallend<br />
ist, dass der billigere Strom ins Ausland wandert,<br />
während wir mit dem teurem vorlieb<br />
zu nehmen haben. Aber nicht nur Rohprodukte,<br />
sondern auch Halbfertigprodukte<br />
in.<br />
Staatseinnahme geworden sind, die der eidgenössische<br />
Fiskus heute gar nicht mehr entbehren<br />
könnte, wogegen Kohle und andere<br />
bei den Bahnen verwendete eingeführte Produkte<br />
dieser Zollbelastung nicht unterliegen.<br />
Im übrigen handelt es sich für uns in der<br />
Hauptsache wohl nicht darum, über das<br />
« Was » und « Wie viel» eingeführter Produkte<br />
zu streiten. Hauptsache für uns ist,<br />
dass wir mit diesen Produkten wirtschaften<br />
und leben können, und dass unsere Einfuhr<br />
dazu angetan ist, unser Gewerbe, unsern<br />
Handel und unsere Industrie neu zu beleben<br />
und lebenskräftig zu erhalten.<br />
Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet<br />
darf füglich und mit aller Prägnanz die Behauptung<br />
aufgestellt werden, dass unsere<br />
Volkswirtschaft ohne Automobil überhaupt<br />
nicht mehr auskommen könnte und dass sich<br />
deshalb die durch den Bezug von Automobilen<br />
und von Benzin dem Ausland abgelieferten<br />
Summen ohne weiteres rechtfertigen las-<br />
werden in grosser Menge aus dem Aus-senland bezogen. Das gilt sowohl für die Bah-<br />
wie sich der Verband der Transportgesell-<br />
Es ist uns heute noch unverständlich,<br />
nen als für die Automobile. Schienen, Schwellen,<br />
Rohmaterial für die Lokomotiven, Wadirektoren-Konferenz<br />
zur Behauptung verschaften<br />
in seiner Eingabe an die Polizeigen,<br />
Leitungen, die Kohle, alles dies stammt steigen konnte, dass das Automobil in allen<br />
aus dem Ausland.<br />
seinen Arten für uns und unser Wirtschaftsleben<br />
überflüssig sei. Diese Behauptung<br />
Mit unendlicher Energie arbeitet unsere steht übrigens im grellsten Gegensatz zur<br />
Automobilindustrie daran, den Automobilaussenhandel<br />
zu unseren Gunsten zu verbessern. kennt, dass ohne das Motorfahrzeug auch die<br />
Ansicht der Postverwaltung, die offen aner-<br />
Beliefen sich beispielsweise die Einfuhrziffern primitivsten Verkehrsbedürfnisse nicht mehr<br />
im Jahre 1927 noch auf rund 79 Millionen befriedigt werden könnten.<br />
Franken, so sanken sie im Jahre 1928 auf 75,9<br />
Millionen Franken herunter, was eine Einfuhrabnahme<br />
von 3,8 Millionen Franken aus-<br />
Es ist wohl überflüssig, an dieser Stelle<br />
noch weiter den Beweis erbringen zu wollen,<br />
macht. Im Gegensatz dazu gelang es unserer<br />
Industrie, die Ausfuhr um 13,5 Millionen<br />
zu erhöhen und den Wert von 5,2 Millionen<br />
Franken im Jahre 1927 auf 18,7 Millionen zu<br />
steigern. Die Verbesserung der Bilanz im<br />
Jahre 1928 belief sich deshalb auf 17,3 Millionen<br />
Franken, eine Zahl, die gewiss gewertet<br />
sein will. Man darf im übrigen wohl als<br />
sicher annehmen, dass die für die Bahnen<br />
eingeführten Produkte eine wesentlich höhere<br />
Summe ausmachen, als die Einfuhrprodukte<br />
der Automobilwirtschaft. Der wesentliche<br />
Unterschied wird wohl nur darin bestehen,<br />
dass die Automobile und der Betriebsstoff<br />
einer sehr hohen Zollbelastung unterworfen<br />
und damit die Ursache einer beträchtlichen<br />
•) biehe Auto-Revue No. 5 und 6.<br />
dass Handel und Industrie das Automobil<br />
nicht mehr entbehren können. Dagegen<br />
möchten wir betonen, dass auch für das Gewerbe<br />
und die Landwirtschaft je länger je<br />
mehr das Motorfahrzeug zum unentbehrlichen<br />
Hilfsmittel werden wird. Sowohl für<br />
den Landwirt als auch für den Gewerbler<br />
hat das alte englische Sprichwort seine Berechtigung:<br />
«Time is money». Der Gewerb!er<br />
im schweren Konkurrenzkampf mit den<br />
Warenhäusern, mit der Grossschlächterei<br />
oder Grossmetzgerei oder mit irgend einem<br />
Grosslieferanten, ist direkt auf das Motorfahrzeug<br />
angewiesen. Nicht nur die vielerwähnte<br />
Rationalisierung des Betriebes, sondern<br />
die schnelle und gute Bedienung der<br />
Klientschaft, die rasche Erledigung der Aufträge<br />
und die Sicherung eines grössern<br />
AUTOMOKn-REVUE <strong>1929</strong> — N n 8<br />
Aktionsradius, wofür ihm das Motorfahrzug<br />
ausgezeichnete Dienste leistet, kann ihn konkurrenzfähig<br />
erhalten.<br />
Das gleiche gilt für unsere Landwirtschaft.<br />
Hilfsmassnahmen bleiben Hilfsmassnahmen<br />
und sind vorübergehender Natur. Ein angemessener<br />
Zollschutz und vorübergehendes<br />
Schliessen der Grenzen werden dem Bauern<br />
eine Plattform erspriesslicher Arbeit geben<br />
können. Daneben aber kommt das von den<br />
Bauern immer und immer wieder betonte<br />
«aus eigener Kraft». Diese eigene Kraft liegt<br />
unter anderm in der bessern Organisation<br />
des Absatzes und in der Wiedereroberung<br />
des inländischen Marktes. Dazu kann auch<br />
der Bauer das Automobil nicht mehr entbehren.<br />
So wie die landwirtschaftlichen Genossenschaften<br />
beispielsweise dazu gekommen<br />
sind, eigene Zuchtstiere zu halten, so<br />
liegt es in ihrem vitalsten Interesse, mit<br />
eigenen Automobilen ihre Produkte so rasch<br />
als möglich frisch und in gefälliger Form<br />
auf den Markt zu bringen. Es führte im Rahmen<br />
dieser Arbeit zu weit, näher auf das<br />
Problem «Automobil und Landwirtschaft»<br />
einzugehen. Für jeden weitsichtigen Volkswirtschafter<br />
steht wohl fest, dass ohne Automobil<br />
als Hilfsmittel der Aufstieg der Landwirtschaft<br />
nur schwer wird erfolgen können.<br />
Referendum zur Va'lziehungsverordnung<br />
zum Automobilkonkordat Im Kanton Schvvyz.<br />
Das Aktionskomitee zum Referendum hatte<br />
auf Sonntag, den 20 Januar <strong>1929</strong> nach Einsiedeln<br />
eine öffentliche Versammlung einberufen,<br />
um dort über die erfolgten Schritte bei<br />
der Regierung auf Abänderung derVerordtiung<br />
und die erzielten Resultate Aufschluss zu erteilen.<br />
Diese Versamm'ng hat dann nach<br />
langer Diskussion die Schritte des Komitees<br />
und der Verbandsvorstände gutgeheissen<br />
und einstimmig bei einigen Enthaltungen beschlossen,<br />
gestützt auf die erhaltenen Zusicherungen<br />
die Vorlage nicht weiter zu bekämpfen.<br />
Die Regierung hat schriftlich erklärt,<br />
im nächsten Kantonsrate die Abänderung<br />
der neuen Verordnung in folgenden<br />
Punkten mit Nachdruck zu beantragen:<br />
1. Hohlvoügummibereifung wird der Pneubereifung<br />
gleichgestellt.<br />
2. Der G&bührenzuschlag von 20 Prozent<br />
bei Vollgummibereifung wird gestrichen. Dafür<br />
wird eine Bestimmung aufgenommen,<br />
dass Hartvollgummibereifung nur noch bis<br />
zum 31. Dezember 1932 gestattet ist.<br />
3. Die Taxe für Anhänge- und Seitenwagen<br />
bei Motorrädern wird von Fr. 40.— auf<br />
Fr. 20.— reduziert, wobei der Soziussitz<br />
mitbezahlt ist.<br />
4. Die Gebühren für Anhängewagen an<br />
Traktoren werden von Fr. 100.— für den<br />
zweiten Einachser auf Fr. 75.— und von 200<br />
Franken für den zweiten Zweiachser auf 150<br />
Franken reduziert.<br />
5. Anhängewagen an Personenautos, die in<br />
der Vorlage gänzlich verboten waren, sind<br />
nur für Personentransport verboten.<br />
6. Wettfahrten ' können vom Regierungsrate<br />
gegen eine Gebühr bis zu Fr. 500.— gestattet<br />
werden. Damit soll auch den Radfahrern,<br />
entgegen der bisherigen Praxis, geholfen<br />
werden.<br />
7. Das zulässige Gewicht des Lasteazuges<br />
wird von 12 Tonnen auf 15 Tonnen<br />
erhöht.<br />
8. Die maximale Breite des Motorfahrzeuges<br />
mit Last wird von 2,2 m auf 23 m<br />
erweitert.<br />
Da auch die Fraktionsvorstände des Kantonsrates<br />
zugesichert haben, im nächsten<br />
Kantonsrat für diese mit der Regierung vereinbarten<br />
Abänderunigen einzutreten, darf erwartet<br />
werden, dass diese Abänderungen im<br />
Kantonsrate angenommen werden.<br />
Dank dem Verständigungswillen der Regierung<br />
und den Initianten der Referendumsbewegung<br />
wird also im Kanton Schwyz nun<br />
kein Kampf stattfinden. Es ist das namentlich<br />
auch deswegen zu begrüssen, weil damit<br />
nun auch der Boden geebnet ist für den<br />
in Aussicht gestellten Strassenausbau.<br />
Die Hoffnung, dass es in dieser Hinsicht<br />
nun auch vorwärts gehe, ist umsomehr berechtigt,<br />
als von massgebender Seite mitgeteilt<br />
worden ist, dass die konservative Partei,<br />
entgegen der ursprünglichen Pressemeldung,<br />
auch für einen Ausbau im Rahmen der<br />
Mittel (Autogebühren und Benzinzoll) eintrete.<br />
H.<br />
Neue Verkehrsverordnung iür Winterthur.<br />
Vor wenigen Tagen ist nun auch in Winterthur<br />
die vom Grossen Gemeinderat besch'ossene<br />
revidierte Verkehrsordnung in Kraft getreten.<br />
Sie stützt sich bezüglich der Verkehrszeichen<br />
und -tafeln auf die vom Schweizerischen<br />
Städteverband aufgestellten Normalien.<br />
Damit wären wir der Vereinheitlichung<br />
der Verkehrszeichen in der Schweiz<br />
wiederum einen Schritt näher gerückt. Durch<br />
die Neuordnung werden einzelne besonders<br />
schmale oder steile Gässchen in Winterthur<br />
für den Motorfahrzeugverkehr gesperrt und<br />
gleichzeitig einzelne Strassenzöge als Einbahnstrassen<br />
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