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E_1929_Zeitung_Nr.017

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Das Anspringen des<br />

Motors<br />

Der Motor will nicht laufen.<br />

Gibt es heute, nach bald 30 Jahren Entwicklung<br />

hn Automobilbau, noch Motoren, die<br />

nicht soiort anspringen? Man sollte auf diese<br />

Rundschau der Technik.<br />

Frage ein kategorisches «Nein» erwarten.<br />

Und doch kann man tägücji immer wieder beobachten,<br />

wie Automobilisten sich minutenlang<br />

erfolglos mit dem Anwerfen abrakern.<br />

Mancher Automobilist ist dabei über den<br />

schüesslichen Ausgang seiner Bemühungen<br />

so im Ungewissen, wie ein Verliebter beim<br />

Orakelblumen-Zerzupfen, wo man auch erst<br />

am Schluss erfährt, ob sie einem «von Herzen»,<br />

«mit Schmerzen», «ein wenig» oder<br />

«gar nicht» liebt.<br />

Wie reimt sich das zusammen? Die Motoren<br />

unserer modernen Wagen sind laut Prospekt<br />

so absolut vollkommen, dass man eigentlich<br />

die Konstruktionsbureaux getrost<br />

schliessen könnte. Dutzende von Zubehör-<br />

Apparaten garantieren ein sicheres Anspringen<br />

des Motors, selbst am Nordpol, «ä quart<br />

de tour». Abgesehen davon sind die sämtlichen<br />

guten Eigenschaften dieser Zusatzapparate<br />

schon von vornherein in sämtliche<br />

modernen Vergaser hineingebaut, beim einen<br />

immer noch etwas sämtlicher als beim andern<br />

Konkurrenten.<br />

Nun?<br />

Des Rätsels Lösung ist, dass wir es trotz allem<br />

doch immer mit Maschinen zu tun haben.<br />

Maschinen verlangen Bedienung. Und Bedienung<br />

erfordert Verständnis. Schlusfolgerung:<br />

Wer seinen Motor nur schwer anbringt,<br />

macht einen Bedienungsfehler; und er<br />

macht den Bedienungsfehler, weil ihm das<br />

Verständnis für physikalische Vorgänge fehlt.<br />

Wohl wäre es möglich, durch weitere Automatisierung<br />

der erforderlichen Bedienung das<br />

Verständnis noch mehr auszuschalten. Aber<br />

der Konstrukteur hütet sich, in dieser Beziehung<br />

allzuweit zu gehen: Die Verfeinerung<br />

des Mechanismus bringt unvermeidlich grössere<br />

Komplikation und Empfindlichkeit mit<br />

sich, und versagt dann ein Glied in der Kette<br />

der Zusammenhänge, so ist der verständnislose<br />

Automobilist erst recht am Hag.<br />

Eine schematisch auswendig gelernte Bedienungsweise<br />

ersetzt das Verständnis nicht.<br />

AU<br />

Sie hat immer nur unter ganz eng begrenzten<br />

Umständen Geltung und versagt, wenn neue<br />

andere Umstände auftreten.<br />

Allgemeine Bildung des Automobilisten.<br />

Die Kenntnis der allgemeinen Wirkungsweise<br />

eines Viertaktmotors gehört zu der allgemeinen<br />

Bildung eines Automobilisten unseres<br />

technischen Jahrhunderts, sie ist selbstverständlich.<br />

Ein Reiter, Droschkenlenker<br />

oder Fuhrmann muss aber nicht nur wissen,<br />

dass ein Pferd Muskeln, Knochen, Fleisch<br />

und diverse regulierende Organe besitzt, er<br />

muss auch wissen, was man dem Pferd zu<br />

fressen gibt, damit der ganze Organismus<br />

seine volle Leistungsfähigkeit entfaltet. Die<br />

Zubereitung des Futters spielt dabei eine<br />

grosse Rolle. Es kommt nicht auf's gleiche<br />

heraus, ob man dem Pferd Hafer in gewöhnlicher<br />

Form zu fressen gibt oder ob man ihm<br />

diesen Hafer beispielsweise zu riesigen, steinharten<br />

Würfeln ä la Maggi-Suppenwürfel<br />

komprimiert» vorsetzt. Mit den Suppenwürfeln<br />

könnte das Pferd beim besten Willen<br />

nichts anfangen.<br />

Ganz ähnlich verhält sich ein Automobilmotor.<br />

Es genügt nicht, dass man ihm einfach<br />

Benzin zu fressen vorsetzt: Das Benzin<br />

muss auch richtig zerkleinert sein, damit er<br />

es fressen kann. Wir müssen den Benzin-<br />

Suppenwürfel sozusagen in einzelne Benzinkörner<br />

zerteilen.<br />

Mit dieser Aufgabe wird der Vergaser betraut.<br />

Er bereitet aus dem flüssigen Benzin<br />

tin Benzin-Gas, d. h. ein Gemisch aus Luft<br />

und fein zerteilten Benzintröpfchen. Das Gemisch<br />

kann prozentual mehr oder weniger<br />

Benzin enthalten, es kann — automobilistisch<br />

gesprochen — mehr oder weniger benzinreich<br />

sein. Dem Motor zuträglich ist aber nur<br />

ein Fressen von ganz bestimmtem Mischungsverhältnis,<br />

nämlich ein Gemisch von<br />

12,5 Kubikmeter Luft pro Kilo Benzin. Ferner<br />

müssen die Benzin-«körner» in diesem Gemisch<br />

fein genug zerteilt sein.<br />

Unter normalen Umständen vermag man<br />

diesen Anforderungen in ziemlich hohem<br />

Grade zu entsprechen. Durch Wahl einer<br />

passenden Düsenweite (die «Düse» ist das<br />

feine Röhrchen, das das Benzin in abgemessenem<br />

Quantum der grösseren Luftmenge<br />

zugibt) erreicht man ohne weitres das korrekte<br />

Mischungsverhältnis, und durch Anwendung<br />

besonderer Formen der Saugleitung<br />

erzielt man eine leidlich gute Zerteilung des<br />

Benzins.<br />

Was nun aber störend in Erscheinung<br />

tritt, das sind die wechselnden Einflüsse der<br />

Aussentemperatur und der atmosphärischen<br />

Luftdichtigkeit. Ein für die Normaltemperatur<br />

richtig eingestellter Vergaser ergibt beim<br />

Fallen der Temperatur ein Gemisch mit gröberer<br />

Benzinzerteilung. Der Motor frisst dieses<br />

Gemisch nur mit Widerwillen, was er<br />

dadurch äussert, dass er es von Zeit zu Zeit<br />

in den Vergaser zurückspuckt. Das gröbere<br />

Gemisch ist für ihn auch schlecht verdaulich,<br />

es lässt sich nicht entzünden — was man an<br />

Aussetzern erkennt — oder verbrennt doch<br />

nur träge und ohne grosse Kraftabgabe, ganz<br />

ähnlich, wie es ein zu benzinarmes Gemisch<br />

täte.<br />

Einfluss der Temperatur.<br />

Was nun? Drei Möglichkeiten sind denkbar.<br />

Man könnte die vom Motor angesaugte<br />

Luft von vornherein auf die Normaltemperatur<br />

erwärmen. Diese Massnahme ist aber<br />

erst dann ohne Umstände durchführbar,<br />

wenn der Motor schon angelaufen ist und<br />

nun Wärme in Hülle und Fülle zur Verfügung<br />

steht. Sie wird auch oft angewendet,<br />

hilft aber nicht über die Ablass-Schwierigkeiten<br />

bei kaltem Motor hinweg.<br />

Man könnte weiter den ungünstigen Einfluss<br />

der niedrigen Lufttemperatur dadurch<br />

unschädlich machen, dass man durch irgend<br />

ein Mittel die Benzintröpfchen nachträglich<br />

nochmals zerkleinerte. Leider ist dieser Vorgang<br />

nicht so einfach durchzuführen.<br />

Wenn aber das zu wenig zerkleinerte Benzin<br />

im Gemisch die Wirkung eines zu benzinarmen<br />

Gemisches hat, wäre es dann nicht<br />

möglich, seine Nachteile durch eine Anreicherung<br />

des Gemisches zu vermeiden? Doch.<br />

Und hierin besteht das Mittel, das auf einfachste<br />

Weise zum Erfolg führt.<br />

Um das Gemisch reicher zu gestalten,<br />

könnte man die Düse durch eine grössere<br />

auswechseln Da aber das reichere Gemisch'<br />

nur während deri ersten Betriebsminuten notwendig<br />

ist, wäre das zu umständlich. Man<br />

sorgt daher dafür, dass man die Düse vom<br />

Führersitz aus leicht verändern kann, oder<br />

man verändert, was noch viel einfacher ist,<br />

einfach den Querschnitt, welcher der angesaugten<br />

Luft beim Einströmen zur Verfügung<br />

steht. Durch eine solche Verengung des<br />

Luft-Einströmquerschnittes wird die Menge<br />

der einströmenden Luft vermindert und damit<br />

der Prozentgehalt des Gemisches an Benzin<br />

erhöht.<br />

litt» — N ü 1?<br />

Der «Common sens» der Amerikaner. Wie<br />

unglaublich weit — nach unseren europäischen<br />

Begriffen — der Common sens in<br />

Amerika entwickelt ist und das Motto:<br />

«Leben und leben lassen» Nachachtung findet,<br />

erzählt ein Berichterstatter der «Prager<br />

Presse» anhand einiger Beispiele. In einer<br />

Automobilfabrik wurden bereits ein Jahr lang<br />

hydraulische Bremsen gebaut, die ein mehr<br />

oder weniger getreues Abbild der Bremsen<br />

einer anderen Wagenmarke waren. Trotzdem<br />

wollte die Sache nicht recht klappen. Der Direktor<br />

der Konkurrenz soll das erfahren, sieh<br />

ans Telephon gehängt und gefragt haben:<br />

«Warum plagt Ihr Euch? Wir senden Euch<br />

gerne Ingenieure, die die Geschichte in Ordnung<br />

bringen. Wir wollen, dass alle hydraulischen<br />

Bremsen gut sind, nicht nur die unsern.<br />

Dann verkaufen wir beide gut.»<br />

Der Amerikaner hat eben schon erkannt,<br />

dass es auf die Dauer schädlich ist, den Gewinn<br />

auf Kosten eines andern einzuheimsen.<br />

Auch auf dem Gebiet de« Patentwesens<br />

wurden durch gegenseitige Verständigung<br />

grosse Vorteile erzielt. Seit dem «Cross<br />

Licensing Agreement» sind alle Patentstreite<br />

verschwunden. Gesetzlich geschützte Erfindungen<br />

werden kostenlos gegenseitig ausgetauscht.<br />

An 700 Patente haben bisher so ihren<br />

Besitzer gewechselt, nur Patente prinzipiellen<br />

und revolutionären Charakters sind<br />

von dieser Behandlung ausgeschlossen. Auch<br />

Produktionsbulletins werden monatlich ausgetauscht.<br />

Das gleiche «Agreement» regelt<br />

die Beziehungen zwischen dem Erfinder und<br />

dem Fabrikanten. Als wertvollsten Erfolg<br />

der Verständigung schätzt man aber den<br />

Fortfall der Industriespionage.<br />

Die eigentliche Konkurrenz zwischen den<br />

amerikanischen Äutomobilfabriken besteht<br />

nur in bezug auf Gesamtanordnung, Baustil,<br />

werkmännische Vollkommenheit, Organisation<br />

und Initiative im Betrieb. Patente spielen<br />

eine Nebenrolle.<br />

Für den Reklamemann gilt als höchstes<br />

Gebot, dass der Name eines Konkurrenten<br />

ohne dessen Zustimmung niemals in einer<br />

Anzeige genannt werden darf. Ziffern dürfen<br />

keine Konkurrenzartikel bekämpfen. Psychologische<br />

Werbung ist zu vermeiden, wenn<br />

sie schwache Stellen des Konkurrenten blossstellen<br />

könnte.<br />

Das Gebot der Nächstenliebe befo'gt eine<br />

Automobilfirma sogar so weit, dass sie am<br />

Schluss ihrer Markenempfehlung noch eine<br />

Reihe weiterer Konkurrenzmarken der gleichen<br />

Preiskategorie aufführt. «Sollten Sie<br />

sich entsch Hessen, unseren Wagen nicht zu<br />

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