E_1929_Zeitung_Nr.016
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— <strong>1929</strong> AUTOMOBTL-RFVUE<br />
Verkehrserschütterungen und<br />
ihre. Messung.<br />
unter den Problemen der neuzeitlichen<br />
Strassenforschung steht die Frage der einwandfreien<br />
Beurteilung einer gegebenen<br />
Strassendecke auf ihr© Eignung für den Motorfahrzeugverkehr<br />
an erster Stelle. Die<br />
schlechte Strasse beansprucht durch ihre<br />
grosse cStosshaftigkeit» nicht nur das Fahrzeug<br />
ausserordentlich stark, sie führt auch<br />
zu Bodenerschütterungen, die in der Nachbarschaft<br />
fühlbar werden und das Qefüg© der<br />
Strassen und Gebäude lockern. In Anbetracht<br />
des zunehmenden Motorfahrzeugverkehrs<br />
ergibt sich die Notwendigkeit, die Grosse<br />
dieser Einwirkungen in Abhängigkeit von der<br />
Art der Strassendecke und ihrem Zustand<br />
näher kennenzulernen. Bemerkenswerte Un-<br />
einer Strassendecke massgebend ist nnd in<br />
diesem Sinne eine Wertungszahl der Strasse<br />
darstellt, ist für die Beurteilung von Verkehrserschütterungen<br />
in erster Uni« die<br />
höchste auftretende Beschleunigung wichtig.<br />
Man ermittelt sie aus den Aufzeichnungen<br />
der Beschleunigungsmesser durch die Extrapolation<br />
und hat für ihre Aenderung mit der<br />
Fahrgeschwindigkeit folgende Zusammenhänge<br />
aufgefunden: die höchsten Bodenbeschleunigungen<br />
wachsen schneller an als<br />
die Fahrgeschwindigkeit; bei der Stadtstrasse<br />
ist diese Zunahme geringer als bei der Landstrasse.<br />
Sie nehmen schnell mit der Entfernung<br />
von der Erregerstelle ab, bei der Stadtstrasse<br />
ist der Abfall schwächer als bei der<br />
Landstrasse. Ein Pferdefuhrwerk mit Eisenbereifung<br />
erregt bei sechs Kilometer Stundengeschwindigkeit<br />
auf der Landstrasse<br />
tersuchungen von Prof. Langer und Dr. etwa die gleiche höchste Bodenbeschleunigung<br />
wie ein Lastwagen mit stark abgefah-<br />
Thorne (Laboratorium für Kraftfahrwesen<br />
an der Technischen Hochschule Aachen), rener Vollgummibereifung bei 30 Kilometer<br />
über die in dem Sonderheft «Kraftfahr-<br />
Geschwindigkeit im gleichen Abstand von<br />
der Erregerstelle. Bei guter Pneubereifung<br />
und gleicher Fahrgeschwindigkeit ist die<br />
höchste Bodenbeschleunigung nur etwa ein<br />
Drittel so gross.<br />
wesen» der Zeitschrift des V. D. J. berichtet<br />
wird, haben ergeben, dass die seismographischen<br />
Verfahren zur Ermittlung der<br />
Höchstbeschleunigung der Bodenbewegung<br />
wenig brauchbar sind. Die genannten Forscher<br />
haben auf Grund längerer Vergleichsversuche<br />
ein zuverlässiges Verfahren zur<br />
Bestimmung der Verkehrserschütterungen<br />
entwickelt. Sie gewinnen ein Mass für die<br />
Stärke der Verkehrserschütterungen nicht<br />
aus dem höchsten Wert der senkrechten Bodenbeschleunigung,<br />
die ein Motorwagen bei<br />
bestimmter Geschwindigkeit hervorruft, weil<br />
dieser Wert durch zufällige grössere Unebenheiten<br />
leicht beeinflusst werden kann, sondern<br />
aus der Grosse derjenigen senkrechten<br />
Bodenbeschleunigungen, die auf 1000 Meter<br />
Fahrweg hundertmal auftreten. Diese Grosse,<br />
die rrfit Hilfe federnd vorgespannter Gewichtspendel<br />
gemessen werden kann, bezeichnen<br />
sie als den Stossgrad der Strasse.<br />
Ihre Dimension ist die der Beschleunigung<br />
(m/s 2 ).<br />
Bei Messungen in der Stadt Essen ergaben<br />
sich, wie die «Fr. Ztg.» berichtet, z. B.<br />
folgende Stossgrade:<br />
Sehr schlechtes Grosspflaster 58,0 m/s 2<br />
Schlechtes Kleinpflaster 31,0 <<br />
Mittleres Grosspflaster 30,0<br />
Gutes Grosspflast. mit Fugenvenguss 21,0<br />
Teermakadam 16,0<br />
Hartgussasphalt 12,5<br />
Gutes Kleinpflastef 11,5<br />
Während der Stossgrad für die Beurteilung<br />
s»<br />
Anfrage 732. Haftung der Versicherung. Ich<br />
bin letzten Monat mit einem Lastwagen in D. zueammengestossen,<br />
wobei beide Wagen sehr stark<br />
beschädigt wurden. Der Wagen, welchen ich gefahren<br />
habe, gehört aber nicht mir.<br />
An demselben Wagen hatte ich aber meine<br />
Kollektivnummer, wofür ich eine gewöhnliche Haftpflichtversicherung<br />
besitze.<br />
Ist jetzt die Versicherung verpflichtet, den Wagen<br />
zu bezahlen, da er ja nicht mein Eisentum ist,<br />
auch wenn ich gerichtlich schuldig gesprochen<br />
würde ? Ich wurde vom Eigentümer das Wagens<br />
ermächtigt, den Wagen zu fahren. Er waT beim<br />
Unfall selbst bei mir. R. C. in Z.<br />
Antwort: Die Hauptsache ist. dass Sie mit<br />
Bewilligung des Wa-gen-Eigentümers gefahren<br />
sind. In diesem Falle haftet die Automobilhaftpflichtversicherung<br />
des Wageneigentümers. Die<br />
Nummer spielt hier an und für sich keine Rolle.<br />
Sollte sich aus einem hierseits nicht bekannten<br />
Grunde die Versicherungsgesellschaft des Wageneigentümers<br />
sträuben, die Versicheruns zu bezahlen,<br />
so wäre in Frage zu ziehen, ob die Versicherung<br />
Ihrer Kollektivnummer andernfalls haftbar<br />
würde. Immerhin ist der richtige und rechtlich<br />
einfachste Weg der erstbezeichnete, d. h. Haltbarmachung<br />
der Versicherungsgesellschaft des Wageneigentümers.<br />
Die Gesellschaft kann eich ihrer<br />
Haftpflicht nicht entziehen, wenn Sie vom Eigentümer<br />
dea Wagens ausdrücklich zum Fahren desselben<br />
ermächtigt worden sind, und er zudem<br />
selbst persönlich anwesend eewesen ist. *<br />
Anfrage 733. §lstlemng einer Versicherung. Ich<br />
bin seit vielen Jahren Im Besitze einer Autohaftpflicht-Police<br />
für meinen Wagen, nebenbei bemerkt,<br />
ohne jemals den geringsten Unfall gehabt zu haben.<br />
Ich stehe gegenwärtig in Unterhandlung betreffend<br />
einer Villa im Tessin. um meinen Wohnsitz vorübergehend<br />
zu verlegen. Da die Regelung der dortigen<br />
Garagebaute noch auf diverse Hindernisse<br />
stösst, müsste ich zweifellos den Wagen vorläufig<br />
hier belassen. Demzufolge gedenke ich die Verkehrsbewilligung<br />
bis nächsten Juli hieroru nicht mehr<br />
zu lösen und habe diesbezüglich die Versicherung<br />
auf Neujahr benachrichtigt. Dieselbe verlangt nun<br />
ein Suspensationsgesuch. von mir unterzeichnet, und<br />
ich lege Ihnen ein Doppel davon bei, da ich dieses<br />
nicht benötig«.<br />
Hat die Versicherung das Recht, wegen 9u*pendierung<br />
vom Vertrage zurückzutreten oder ist sie<br />
gehalten, wenn keine andern Gründe hinzutreten —<br />
wie Schadenfall, Zahlung&rückstäudigkeit, staatliche<br />
oder private Erhöbung der Hapftpflichtsummen<br />
(keiner dieser Fälle kommt hier vorläufig in Betracht)<br />
—, die derzeitige Police bis nach deren Ablauf<br />
innezuhalten ? Die Agentur Luzern berichtet<br />
mir mit Schreiben, dass, falls ich ü Jahr Suspendierung<br />
nehme, der neue Kartelltarif mit Fr. 141.—<br />
jährlich zur Anwendung komme. Bis jetzt zahlte<br />
ich für 11,8 PS. Fr. 104.— mit Fr. 100 und 10%<br />
Eigenhaft bei Sach- und Personenschaden. Die Erhöhung<br />
auf Fr. 141 scheint mir übergriffen. H. W<br />
Antwort: Wenn Sie Dar Automobil für das<br />
erste Halbjahr <strong>1929</strong> nicht in Betrieb setzen, müssen<br />
Sie, um Steuern und Versicherungskosten zu ersparen,<br />
die Nummern beim kantonalen Automobilbureau<br />
hinterlegen. Die Versicherung wird dann solange<br />
sistiert. bis Sie wieder mit Fahren beginnen.<br />
Der ursprüngliche Vertrag wird nicht aufgelöst, sondern<br />
eben bloss sistiert, d. h. er ruht solange, als<br />
das Automobil im Betrieb eingestellt ist. und lebt<br />
nach dessen Inbetriebsetzung unverändert wieder<br />
auf. Es handelt sich hier nicht um eine Vertragsänderung,<br />
sondern um eine Weiterführung des ursprünglichen<br />
Vertrages nach zeitweiliger Unterbrechung.<br />
Wir 6ind daher der Auffassung, dass Ihre<br />
Versicherungsgesellschaft nach erfolgter Sistierung<br />
nicht höhere Prämienaasätze in Rechnung bringen<br />
darf, wenn die Versicherung unverändert, unter den<br />
gleichen Bedingungen und unker gleichbleibenden<br />
Verhältnissen weitergeführt wird. Wir glauben daher,<br />
dass Sie die Ansprüche der Versicherung auf<br />
höhere Piämie unbedingt ablehnen können, sofern<br />
die soeben erwähnten Voraussetzungen vorliegen.<br />
Wir würden Ihnen zudem empfehlen, solange hierüber<br />
eine Auseinandersetzung und Einigung nicht<br />
erfolgt ist, den Danen von der Versicherung" unterbreiteten<br />
Antrag nicht zu unterzeichnen. Es genügt,<br />
wenn Sie der Versicherungsgesellschaft schriftlich<br />
mitteilen, dass Sie den Betrieb Ihres Automobils<br />
unter Hinterlegung Ihrer Nummern eingestellt<br />
haben und dass Sie der Versicherung bei<br />
Wiederinbetriebsetzung Kenntnis geben werden, damit<br />
der ursprüngliche Versicherungsvertrag nachher<br />
wieder unverändert und zu den gleichen Prämianansätzen<br />
weitergeführt werden kann. *<br />
Anfrage 734. Kaufvertrag. Ich erwarb im taufe<br />
des letzten Sommers einen gebrauchten Wagen, laut<br />
Kaufvertrag in gutem, fahrbereitem Zustande, mit<br />
üblicher Zubehör. Während der Fahrschule wurde<br />
ich vom FahrJeiter der verkaufenden Firma auf die<br />
mangelhafte Beschaffenheit des zweiten Ganges aufmerksam<br />
gemacht. Bei der üebernahme dea Wagena<br />
machte Ich die Verkäufer auf die« aufmerksam,<br />
erhielt aber die lakonische Antwort, ich soll<br />
diesen Gang möglichst wenig verwenden. Bei der ;<br />
gegenwärtigen Revision zeigt «ich, dass die Wechselräder<br />
«ehr stark abgenützt, beim zweiten Gang<br />
die Zähne sogar am Abbrechen sind. Nach den<br />
Üebernahme hatte ich Anstände mit der Bremse,<br />
mit dem Anlasser und auf einer Fahrt verlor ich<br />
einen Bolzen der Steuerung infolge mangelhaften]<br />
Gewindes und entging knapp einem Unglück.<br />
Auf den» Vertrag wurde mir ferner bemerkt; dass<br />
der Wagen laut Police seit 1924 im Betrieb sei;<br />
in der Verkehrsbewiligung ist aber als Erstellungsjahr<br />
1919 vermerkt. Der Motor hat sich bis jetzt,<br />
trotz Klopfen und Klappern, gut bewährt und wir<br />
hoffen, die Mängel mit der Revision beseitigen zu<br />
können. Kann nun der Verkäufer, gestützt auf den<br />
Vermerk • in gutem, fahrbereitem Zustande > und<br />
meine Beanstandungen sowie betreffend Erstellungsjahr,<br />
haftbar femacht werden für Ersatz der Wechselräder<br />
des zweiten Ganges. Die erste Verkehrsbewilligung<br />
wurde, laut dem gegenwärtigen Ausweis,<br />
1924 erteilt. L. in W. ,<br />
Antwort: Es handelt sich rorliegendenfalls<br />
tnn einen Kaufvertrag. Der Verkäufe! ist dafür<br />
verantwortlich, daes die Kaufsache diejenigen<br />
Eigenschaften, welche er Ihnen nachweisbar zugesichert<br />
hat. aufweist. Es ist nun selbstverständlich,<br />
dass beim Ankauf gebrauchter Automobils<br />
nicht die gleichen Anforderungen gestellt werden!<br />
können wie beim Ankauf von neuen. Der Käufer<br />
eines gebrauchten Automobils muss eich bewusst<br />
sein, dass er ein gewisses Risiko auf sich nimmt<br />
und Deberraschungen zu gewärtigen hat. Dafür<br />
zahlt er aber einen reduzierten Kaufpreis. Vorliegendenfalls<br />
handelt es sich um eine Expertenfrage,<br />
d. h. ein technischer Sachverständiger hätte<br />
zu beurteilen, ob der Zustand des Wechselgetriebes<br />
derart war. dass der Wagen die Eigenschaften « gut<br />
und fahrbereit» nicht verdient hat. Immerhin ist<br />
zu bemerken, dass offenbar Ihrerseits nie eine richtige<br />
Mängelrüge erhoben worden ist. Wenn festgestellt<br />
wird, dass eine Kaufsache den gemachten<br />
Zusicherungen nicht entspricht, oder wenn sonstwie<br />
irgendwelche Fehler oder Mängel an derselben!<br />
festgestellt werden, so sind dieselben dem Verkäufer!<br />
gegenüber sofort zu rügen. Sie hätten, als Sie bemerkt<br />
haben, dass der zweite Gang nicht richtig<br />
funktionierte, den Wagen eben nicht bedingungslos<br />
kaufen sollen. Damals wäre der Moment gewesen,<br />
die Sache genauer zu untersuchen, und es wära<br />
dann abei der Zustand des Wechselgetriebes richtig<br />
feststellbar gewesen. Wenn Sie eich natürlich<br />
mit der Antwort des Verkäufers, den zweiten Gang<br />
möglichst wenig zu verwenden, zufrieden erklärt<br />
haben, so haben Sie eben damit den vorhandenen<br />
Mangel genehmigt. Anders verhält es eich damit,<br />
wenn Ihnen unwahre Angaben bezüglich der Maschine<br />
gemacht worden sind. Selbstverständlich ist<br />
es nicht gleichgültig, ob ein Automobil aus dem,<br />
Jahre 1924 oder aber aus dem Jahre 1919 stammt.<br />
Wenn Ihnen der Wagen als Modell 1924 verkauft<br />
worden ist und wenn der Verkäufer wissen konnte,<br />
dass der Wagen bedeutend älter war, so handelt<br />
es eich hier um eine absichtliche Täuschung, gestützt<br />
auf welche der Kaufvertrag für Sie unverbindlich<br />
wird. In diesem Falle haben Sie binnen;<br />
Jahresfrist dem Verkäufer zu eröffnen, dass Sie<br />
den Vertrag für unverbindlich betrachten und den<br />
Kaufpreis Ton. ihm zurückfordern, • j<br />
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