E_1929_Zeitung_Nr.072
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12 AUTOMOBIL-REVUE <strong>1929</strong> — 72<br />
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und ä tout prix zu erzwingen. .Das Obergericht<br />
könne unmöglich den Einwand der<br />
ersten Instanz gelten lassen, wonach in<br />
diesem Verlangen eine unverständliche<br />
«Zumutung der Verteidigung an die Geschädigte»<br />
zu erblichen sei. In Art 34 des<br />
Konkordates werde mit aller wünschbaren<br />
Deutlichkeit gefordert, dass der Führer<br />
eines Fahrzeuges den Lauf verlangsame<br />
und nötigenfalls sofort anhalte, wenn das<br />
Fahrzeug Anlass zu einem Verkehrshemmnis<br />
oder einem Unfall bieten könnte. Diese<br />
Verkebrsvarschrift gelte nicht nur für den<br />
Automobilisten, sondern auch für den<br />
Velofahrer und die «Zumutung an die Verletzte»<br />
stamme m. a. W. nicht von der<br />
Verteidigung des Angeklagten, sondern<br />
vom Gesetzgeber selbst f Hätte die Verletzte<br />
auch nur mit einiger Sorgfalt und Ueberlegune<br />
gehandelt, so wäre ihre Kollision<br />
Lauschige Ecken im<br />
Schweizerland.<br />
Rtchttt Zörlchsttuftr. Eines der beliebtesten<br />
Sonntags-Atisfluggebiete der Zürcher Automobilisten<br />
ist unzweifelhaft das rechte Ufer des Zürichsees<br />
mit seinen blühenden Dörfern, die sich<br />
in langer Reihe, fast unmerklich ineinander übergehend,<br />
längs dem Seeufer hin ausbreiten.<br />
Da wäre vor allem Küsnacht zu nennen, das<br />
ja von Zürich in kürzester Frist erreicht werden<br />
kann und noch als Fahrtziel für einen kleinen<br />
abendlichen Ausflog in Betracht kommt. Weiter<br />
seeaufwärts sind ganz besonders hervorzuheben<br />
Männedorf und Stäfa, die Werktags und Sonntags<br />
sehr viel von Automobilisten besucht werden.<br />
Es ist eigentlich fast überflüssig, noch speziell<br />
der Roiensladt zu gedenken, denn wer das rechte<br />
Zürichseenfer befährt, wird in Rapperswil doch<br />
meistens Station machen. Das alte Schloss, das<br />
Wahrzeichen von Rapperswil, lockt schon von weitem,,<br />
dieser durch die ganze Schweizergeschichte<br />
eine Rolle spielenden Stadt einen Besuch abzustatten.<br />
Die Verkehrsstellung dieser Stadt ist aber<br />
auch einzig, indem sieh hier eine Menge von<br />
Strossen schneiden. Quer durch den See verläuft<br />
der Damm mit der Strasse, der nur auf relativ<br />
kurser Strecke durch eine Brücke mit dem andern<br />
Ufer verbunden ist, und hier herüber kommt die<br />
Strasse aus der Innerschweiz. Von Zürich, aus<br />
dem Zürcher Oberland, vom Ricken und vom Glarnerland<br />
her treffen die Strassenzüge in Rapperswil<br />
zusammen, Grund genüg, um diese Stadt zu<br />
einem bedeutenden ostschweizerischen Strassenknotenpunkt<br />
zu machen.<br />
Wallensee. Stall aus den blatten Fluten aufragende<br />
Felswände, nur hie Und da auf einem<br />
BadhstJhuttkegTel *täniK Platz füf eine Siede!tm» lassend,<br />
ausgenommen an den beiden Enden des Sees,<br />
das ist das Charakteristikum der Walenseeufer.<br />
Nur an seinem Südufer führt eine Autostrasse hin,<br />
die die beiden Endpunkte Weesen und Wallenstadt<br />
miteinander verbindet. Auch die Bezeichnung<br />
< Strasse am Südufer > ist nicht wörtlich zu nehmen,<br />
sondern sie führt von Weesen aus in Glarnerland,<br />
um bei Mollis dann anzusteigen gegen den<br />
Kerenzerberg. Auf dieser prächtigen Bergterrasse<br />
verläuft siei und man hat immer einen prachtvollen<br />
Blick hinunter auf den tiefblauen See. Vorteilhaft<br />
wird man in Obstalden, das prächtig in<br />
den Obstbäumen drin gelegen ist, einen kürzeren<br />
oder längeren Aufenthalt einschalten. Man übersieht<br />
auch von nirgends das ganze Kurgebiet des<br />
Wallensee so schön wie von hier: links unten das<br />
liebliche Weesen, das besonders im Frühling und<br />
im Herbst sich ganz ausserordentlich gut für einen<br />
Kuraufenthalt eignet, gegenüber auf ausgedehnter<br />
Bergterrasse Amden, der immer bekannter werdende<br />
Bergkurort.<br />
Wenn man von Obstalden Weiter fährt, so windet<br />
sich die Strässe in Kehren abwärts nach Mühlehorn,<br />
von wo aus man, ständig dem Seeufer folgend,<br />
nach Wallenstadt gelangt. Gerade als Standquartier<br />
für Ausflüge ist Wallenstadt empfehlenswert,<br />
indem man von hier aus das Seeztal aufwärts<br />
nach Sarirans und Ragas kann oder dann<br />
hinauf in die heute vielbesuchten Flumserberge<br />
und in entgegengesetzter Richtung über den schon<br />
erwähnten Kerenzerberg. Also Ferien am Wallensee<br />
notiere sich jeder Automobilist ins Merkbuch. L.<br />
Sommerwochen am Vierwaldstättersee. Droben<br />
in Engelberg, am Fusse des schneefirstigen<br />
Titlis haben eich diesen Sommer zwei bedeutungsvolle<br />
Begebenheiten zugetragen: zum ersten wurde<br />
als Denkmal für den Sänger des Tales, Konrad<br />
Ferdinand Meyer, ein Brunnen eingeweiht und<br />
damit dem Crescendo der Beliebtheit Engelbergs<br />
ein Markstein gesetzt; zum andern aber wurde in<br />
weitsichtigerFürsorge ein famoses Schwimmbad erbaut<br />
Und dem Betrieb übergeben. Derartige Begebenheiten<br />
bedeuten für einen Bergkurort allerhand;<br />
sie sind Schrittmesser der Entwicklung und<br />
Zeugen vorwärtsschauenden Sinnes. Wenn gegen<br />
Ende des Sonnenmonats August über den Bergen<br />
die kühlen, klaren Herbsttage aufzuziehen beginnen,<br />
wird sich das Wogenspiel der Verkehrswellen wieder<br />
vermehrt um die freundlich «um gütigen See<br />
blickenden Uferorte kräuseln. Auf diese Zeit rüstet<br />
die milde Bucht am Fusse des Rigi ihren vollen<br />
Zauber herbstlicher Schönheiten. In Vitznau und<br />
Weggis wird man noch -wochenlang milde Badetemperatur<br />
und brennende Uferlager finden, wenn<br />
droben in den Bergen -schon frühe Kaminfeuer angezündet<br />
werden müssen. Auch drüben am flachen<br />
Sandstrand von Stansstad wird das Badeleben bis<br />
in den Herbst hinein andauern, denn der besondere<br />
Vorzug dieses Strandbades liegt in dem weit<br />
in den 1 See hinaus leitenden seichten Sandbande,<br />
über dem das Wasser rasch Lufttemperatur annimmt<br />
und wo bei völliger Gefahrlosigkeit ein Do<br />
rado für grrasse nnd kleine Wasserratten aufgeht.<br />
Luzern seiher, dessen Türme und Zinnen die<br />
blaue Bucht beherrschen, nimmt mit seinem herrlichen<br />
neuen Strandbad lebhaftesten Anteil am Kurbetrieb<br />
der VierwaldsÄtterseegegend. Ueberdies<br />
vermag das reiche Sport- und Unterhaltungsprogramm<br />
dieses grössten schweizerischen Fremdenkurolatzes<br />
jedem Beiucher so viel Abwechsjung zu<br />
Tourismus<br />
mit dem Personenautomobil undenkbar gewesen.<br />
Jedenfalls aber habe dabei das an<br />
sich zwar konkordatswidrige Placieren<br />
des Bierautos keine entscheidende Rolle gespielt.<br />
Das Urteil des Obergerichts ist in hohem<br />
Masse erfreulich. Es zeigt sich darin das<br />
Bestreben, auch den Nichtautomobilisten<br />
daran zu erinnern, dass für ihn auf der<br />
Strasse die nämlichen Sorgfaltspflichten<br />
gelten wie für den Lenker eines Motorfahrzeuges<br />
und dass auch er kein Recht besitzt,<br />
sich eine Passage, die zum Teil versperrt<br />
ist, kurzerhand zu erzwingen und<br />
allfällige Hindernisse einfach zu ignorieren,<br />
um bei Eintritt eines Schadenereignisses<br />
die Verantwortung dem Automobilisten<br />
zuzuschieben, lediglich deshalb, weil dieser<br />
die Strassenversperrung veranlasste.<br />
Dr. L.<br />
bieten, dass selbst verwöhnte Globetrotter gerne<br />
immer wieder in die Stadt am See ziehen, wo es<br />
im späten Sommer und frühen Herbst eo mild und<br />
lieblich nach Himmelsblau und Sonnengold duftet.<br />
Im tatinengrünen Toggenburg. *<br />
Mein Tal, du bist so still und schon.<br />
Bist mehr als das, mein Heimattall<br />
Drum grüss ich deine Bergeshöhn,<br />
Und grüsse dich viel tausendmal!<br />
So singt J. Stauffacher sehnsuchtsvoll ober<br />
sein tannengrünes Toggenburg. Früher eine<br />
von der übrigen Welt abgeschlossene Gegend,<br />
hat sie sich zufolge der sich von Wll<br />
an aufwärts ausdehnenden Strassennetze zu<br />
einer bekannten Kurlandschaft entwickelt,<br />
die heute ihrer wirklich abwechslungsreichen<br />
Naturschönheiten wegen zum Tummelplatz<br />
der naturliebenden Feriengäste geworden<br />
ist. Da Tal zieht sich rechts und links der<br />
Thur entlang, von WH bis zum 1100 m hoch<br />
gelegenen Wildhaus; die Flurplätze sid bis<br />
hoch in die Berge hinauf bespickt von Wohnstätten<br />
in Gestalt charakteristischer Holzhäuschen,<br />
die die weite Gegend nicht einsam<br />
machen und dem Wanderer auch Unterschlupf<br />
bieten. Schon vom Hoüberg bei<br />
Wil erblickt man in grösserer Entfernung<br />
das Säntismassrr mit den schroffen Brustpanzern<br />
nnd rechts davon die sieben Häupter<br />
der Churfirsten, d!e sich teils in müdfrscheinender<br />
Haltung 1 , teils aber keck nnd<br />
trotzig in Reih und Glied stellen. Die 7 Cfcurfirsten<br />
sind neben dem Speer — dem «Rigi<br />
der Ostschweiz> — die HauptbeTge des Toggeriburgs,<br />
wozu sich linker Hand die Säntismassive<br />
gesellen, die alle zusammen besonders<br />
das Obertoggenburg wie eine Schutzmauer<br />
umschliessen. Daneben ragen noch<br />
viele kleinere Berge vor, alle besät von<br />
dunklen Tannenwäldern, die zu Spaziergängen<br />
und Luftkuren einladen. Der Thur entlang<br />
selbst erhebt sich eine Ortschaft ander<br />
andern; das einzige Städtchen ist das 700-<br />
jährige Lichtensteig, doch besitzt das Toggenburg<br />
noch eine Anzahl grösserer Ortschaften,<br />
die sich alle, dem Naturbild entsprechend,<br />
charakteristisch in Bau und Art<br />
der Landschaft anpassen. Schon dies macht<br />
das Toggenburg ungemein heimelig.<br />
Der Zufahrtwege sind heute gar viele. iDie<br />
Autostrassen sind ausgezeichnet und zweigen<br />
von allen Seiten her in die Hauptstrasse<br />
ein. Durch das ganze schöne Tal schlängeln<br />
sich anmutig die Wasser der Thur. Das<br />
Schauen der Berge lockt zum Besteigen.<br />
Wie die Landschaft, so sind auch die Menschen.<br />
Sie sind einfach in ihrem Aeussern, im<br />
Auftreten und im Verkehr, leiben ebenso einfach,<br />
aber lebensfroh und ungezwungen; ihnen<br />
hat der oft alles zerfressende Modernismus<br />
noch nichts anhaben können. Viele alte<br />
Volkssitten leben noch heute ungemindert<br />
fort, manchmal sieht man sogar noch die sehr<br />
originelle «Brautfudertragete», der Alpaufzug<br />
in Sennentracht besteht noch immer,<br />
und die Bergkinder legen besonderen Wert<br />
darauf, ihre typische Toggenburgertracht zu<br />
tragen. Weitest bekannt ist die grosse Gastfreundschaft<br />
und die schlichte, aufrichtige<br />
Herzlichkeit des Toggenburgers, der übrigens<br />
auch ein grosser Sängerfreund ist, was in<br />
den zahlreichen Jodlern und Jauchzern, die<br />
er im Freien, zu Hause während der Arbeit<br />
oder in Gaststätten immer wieder hören<br />
lässt, zum Ausdruck kommt.<br />
Seit einer Reihe von Jahren ist nun das<br />
Toggenlburg begehrter Kuraufenthalt für alle<br />
jene, die Erholung und Freude suchen, die<br />
Ruhe und Freiheit wünschen und die gleichzeitig<br />
mit massigen Preisen rechnen. F.B.<br />
Zweierlei Recht. In der