E_1929_Zeitung_Nr.105
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ich ja noch Platz für sie ; ich meine später<br />
mal. Und du für die deine auch ! »<br />
Guido Bachmayr begeisterte sich, ohne auf<br />
die Frage des Freundes zu achten, blind und<br />
taub.<br />
« Helle Strümpfe, Jumper rotbraun !»<br />
Arno entflammte erneut.<br />
« Und eine schicke braune Tasche.»<br />
« Eine braune Tasche ? Du kennst sie auch<br />
schon? Na, was meinst du? Ist sie für mich<br />
etwas ? »<br />
Guido Bachmayr schnitt ein schmerzliches<br />
Gesicht und schwieg sich gründlich und tiefsinnig<br />
aus.<br />
« Was hast du. alter Schwede ? Gönnst du<br />
sie mir nicht? Ist die deine nicht so hübsch ?»<br />
« Freund», schwang sich Guido Bachmayr<br />
zu einer pathetischen Entgegnung auf. « Wir<br />
lieben ein und dieselbe Frau ! Du begegnest<br />
ihr bei der Kreuzung der Bergwaldstrasse,<br />
kurz vor halb acht Uhr, ich ihr um % acht<br />
Uhr am Eichplatz .»<br />
« Und da — du meinst — was meinst du<br />
eigentlich? Mir dankt sie reizend meinen<br />
Gruss — »<br />
Guido Bachmayr ward heftig.<br />
«Sie lacht dich an, sie lacht mich eine<br />
Viertelstunde später an ! Beweis ! sie taugt<br />
trotz des durchsichtigen Gesichtleins, des<br />
feschen Kostüms und des neuen Hutes so wenig<br />
wie alle anderen Frauen, und wir'tun gut,<br />
sie uns aus dem Kopfe zu schlagen !<br />
« Hm », meinte Arno Vögtlin nach einer beängstigenden<br />
Pause.<br />
Und schlug sie sich nicht aus dem Kopf.<br />
Er Hess in modern-romantischer Anwandlung<br />
ein Detektivbureau Erkundigungen über die<br />
junge Dame einziehen.<br />
Das tat er.<br />
Ja.<br />
Und Guido Bachmayr auch.<br />
Keiner sagte vom Vorhaben dem andern.<br />
Und keiner wusste, dass dasselbe Detektivbureau<br />
für sie tätig war.<br />
Aber beide waren gute Freunde und bewusst<br />
gut. Als die enttäuschungsrejche, vernichtende,<br />
aus allen Himmeln reissende Auskunft<br />
gelesen und die schmerzliche Erkenntnis<br />
überwunden war, da sprachen beide<br />
gleichzeitig von ihrer geheimen Auskunft und<br />
gestanden sich errötend die krasse Blamage.<br />
Ja, die junge Dame hatte gelächelt. D. h.,<br />
sie hatte eigentlich nicht gelächelt, sondern<br />
gelacht. Ausgelacht. Die Freunde ausgelacht.<br />
Wegen dem Kleinauto?<br />
Das war's. Bestimmt !<br />
Die junge Dame war eine der rassigsten<br />
Autorennfahrerinnen der Stadt, eine Sportgrösse.<br />
Und als die beiden Junggesellen, unsäglich<br />
stolz, vom Lenkrad des Kleinautos<br />
grüssten, sie, die erfahrene Automobilistin,<br />
die Grosse aus dem Reich des Sports, da<br />
hatte sie eben gelacht.<br />
Weil sie zu Fuss ging? Das wäre Milderungsgrund.<br />
— . Immerhin. Auch der kleine<br />
Automobilist konnte ein grosser werden.. Jawohl.<br />
Warum die Sportdame zu Fuss ging, das<br />
sagte die Auskunft der Detektei auch : Täglich<br />
von 7—8 Uhr Hess sich die Dame im<br />
Interesse der schlanken Linie massieren ; unerlässlich<br />
war dabei ein anschliessender Spaziergang.<br />
Dies der Tatbestand.<br />
«Natürlich kennen wir sie nun nicht mehr!»<br />
rief Arno Vögtlin.<br />
«Nein!» entgegnete Guido Bachmayr.<br />
«Der Rennwagen, den sie hat und den sie<br />
uns nicht vorfährt, das ist unverzeihlich!»<br />
un quotidien :<br />
(Lieber Leser, es tut mir leid um etwaige<br />
getäuschte Hoffnungen.)<br />
Ein geborener Pechvogel.<br />
Im Krankenhaus von Blackburn (England)<br />
liegt der fünfjährige Peter Lancaster, um<br />
Heilung zu finden, da er vor kurzem durch<br />
den Hufschlag eines Pferdes schwer verletzt<br />
wurde. Der Fall wäre an und für sich nichts<br />
Besonderes, aber der kleine Peter ist ein<br />
Unglückskind, denn er hat in seinem kurzen<br />
Leben bereits sechs ernste Unfälle erlitten.<br />
Zuerst wurde er von einem Pferdefuhrwerk<br />
überfahren und erlitt bedenkliche Verletzungen<br />
am Kopf. Dann stiess ihn ein Radfahrer<br />
nieder, so dass er einen Armbruch davontrug.<br />
Hierauf fiel er aus dem Fenster des<br />
Schlafzimmers der elterlichen Wohnung und<br />
renkte sich eine Schulter aus. Nicht lange<br />
danach kletterte' er auf das Dach einer Fabrik<br />
und stürzte ab, was wieder Knochenbrüche'<br />
zur Folge hatte. Dann fiel er in einen<br />
Kanal und wäre fast ertrunken und<br />
schliesslich streckte ihn ein Hufschlag nieder.<br />
Der erste Brief von Amerika nach Europa.<br />
Durch Vermittlung eines Londoner Antiquars<br />
wurde ein erst kürzlich entdeckter<br />
AUTOMOBIL-REVUE <strong>1929</strong> - NT" 105<br />
Brief von Diego Columbus, einem Sohn des<br />
Entdeckers von Amerika, nach den Vereinigten<br />
Staaten für den stattlichen Preis von<br />
35,000 Dollar verkauft. Der Brief vom 12. Januar<br />
1512 ist an den Erzbischof von Toledo<br />
gerichtet. Diego Columbus nahm an der ersten<br />
Reise seines Vaters teil und wurde zwei<br />
Jahre nach dessen Tod Gouverneur beider<br />
Indien. Aber erst 1520 wurde er Vizekönig,<br />
wonach sein Ehrgeiz zielte, nachdem er dem<br />
Kaiser Karl V. 10,000 Dukaten geliehen<br />
hatte. Er starb 1526 im Alter von 52 Jahren.<br />
Von ihm sind nur drei Briefe 'bekannt, und<br />
der soeben verkaufte gilt in Sammlerkreisen<br />
als besonders interessant. Es ist der erste<br />
Brief, der von Amerika nach Europa ging<br />
und zugleich von dem Gouverneur selbst<br />
diktiert wurde. Darin beschreibt Diego sein<br />
Leben auf dem Pionierposten, die Arbeiten<br />
und Pflichten der spanischen Siedler und die<br />
erste Expedition nach Cuba. Er hatte 300<br />
Mann unter Velazquez nach der Insel geschickt,<br />
die sehr gross sei, und ausserdem<br />
seien Perlen dort zu finden. Den ersten<br />
Platz, am Himmelfahrttag erreicht, der sich<br />
zur Ansiedlung eignete, nannten sie Asuncion<br />
(Himmelfahrt). Er gibt auch sehr freimütig<br />
zu, dass die Eingeborenen die Spanier fürchteten<br />
und ihnen misstrauten. Auch Misshandlungen<br />
gesteht er ein. Dan bittet er den<br />
Erzbischof, ihm doch bessere Missionare zu<br />
schicken, ein Teil habe sich «skandalös»<br />
benommen. Dadurch, dass er sich der Eingeborenen<br />
angenommen habe, ziehe er sich den<br />
Hass der Siedler zu. Der Brief, schliesst mit<br />
der Formel: «Ruhmreichster Herr, es küsst<br />
die wahrhaft prächtigen Hände Euer wirklich<br />
verehrungswürdigen Herrlichkeit der restlos<br />
bewundernde D. C.»<br />
Der Preis galt als einer der höchsten, der<br />
bisher für einen Brief gezahlt wurde. Jedenfalls<br />
hat ihn einer der « demokratischen»<br />
Amerikaner bezahlt, die sich gegenseitig<br />
überbieten, wenn es «Tradition» zu kaufen<br />
gilt.<br />
Durch Afrika<br />
mit Kamera, Kind and Kegel<br />
Warum der Forscher seine ganze Familie mitnimmt.<br />
Bor Name Colin Ross ißt mit der Erinnerung<br />
an genussreiche Stunden verbunden, sei es daheim<br />
über dem Buch oder im Kino vor dem Film. Den<br />
Zauber fremder Erdteile, dio Gefahren auf der<br />
Kamerajagd nach wilden Tieren, spannende Erlebnisse<br />
mit dunkelhäutigen Menschen haben wenige<br />
andere so eindringend und doch so modern sachlich<br />
zu schildern gewusst. In seinem Buche «Mit<br />
Kamera, Kind und Kegel durch Afrika» (Verlas<br />
Brockhaus), ist &s das erstemal, dass Colin Bos3<br />
die persönlichen Schicksale und Empfindungen in<br />
einem seiner Reisebücher schildert. Stehen sonst<br />
die wirtschaftlichen und politischen Sachlichkeitm<br />
in seinen Büchern im Vordergrund, so zieht er hier<br />
den Schleier weg von den Gefühlen, die auf das<br />
Herz einer Mutter einstürmen, wenn sie mit einem<br />
13jährigen Mädel und einem 3jährigen Jungen<br />
ihren Mann ins abgelegenste Afrika begleitet. Wia<br />
kann man das nur verantworten, mit Frau und<br />
Kindern unbekannten Gefahren entgegenzuzieheti ?<br />
Hören wir. was Colin Ross selbst zu seiner Verteidigung<br />
zu sagen hat:<br />
«Seit 1919 reise ich mit Frau und Kindern<br />
in der ganzen Welt umher, und da ist allmählich<br />
doch etwas davon durchgesickert,<br />
dass meine Fahrten ,Familienreisen' sind.<br />
So haben mein treuer, tapferer .Reisekamerad'<br />
und ich uns entschliessen müssen, in<br />
meinen Büchern wie in meinen Filmen auch<br />
ein wenig von unsern persönlichen Erlebnissen<br />
preiszugeben.<br />
Das ist schon aus dem Grunde notwendig,<br />
um der etwaigen falschen Vorstellung zu begegnen,<br />
es könnte der Mitnahme der Kinder<br />
irgendwelche Rekord- oder Sensationssucht<br />
zu Grunde liegen. Gewiss, dass ein Dreijähriger<br />
durch Afrika reist, ist zweifelsohne ein<br />
Rekord, und im Innern des Kontinents hat<br />
die Ankunft unserer Karawane bei den ältesten<br />
Farmern und Kolonisten blasses Erstaunen<br />
erregt. Aber ich bin zu ausgesprochen<br />
altmodisch, um Sinn für Rekorde und noch<br />
dazu solche Rekorde zu haben.<br />
Nein, der Grund, warum ich meine Kinder<br />
mitnehme, ist sehr einfach und überdies rein<br />
persönlich und egoistisch. Ich muss reisen,<br />
das liegt einfach in meiner Natur. Wenn ich<br />
ein Jahr in einem richtiggehenden Hause gelebt<br />
und in einem richtiggehenden Bett geschlafen<br />
habe, dann muss ich unbedingt mal<br />
wieder im Zelt wohnen oder im Freien kampieren,<br />
ein Mongolenpony zwischen den Beinen<br />
haben oder mich irgendwo durch Busch<br />
und Urwald hindurchschlagen. Aber es macht<br />
mir gar keinen Spass, monate- oder gar<br />
jahrelang von den Meinen getrennt zu sein,<br />
na und da nehme ich sie eben mit. Das ist<br />
der ganze Grund. Wir haben alles durchprobiert.<br />
Ich bin allein gereist oder nur mit<br />
meinem «Reisekamerad». Aber schliesslich<br />
haben wir doch gefunden, das ist auf dio<br />
Dauer nichts; weitaus am schönsten ist es,<br />
wenn wir alle zusammen sind. Und seitdem<br />
reisen wir mit ,Kind und Kegel'.»<br />
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