28.02.2018 Aufrufe

E_1930_Zeitung_Nr.067

E_1930_Zeitung_Nr.067

E_1930_Zeitung_Nr.067

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

N° 67 — 1830 AUTOMOBIL-REVUE<br />

Luftfahrt<br />

Neue Luftschiffprojekte.<br />

1 Von der definitiven Beantwortung der<br />

Streitfrage « Flugzeug oder Luftschiff» sind<br />

wir immer noch weit entfernt. Wohl haben<br />

der «Graf Zeppelin» und kürzlich auch der<br />

englische «R 100» Leistungen aufgestellt,<br />

die von Flugzeugen bisher unerreicht sind,<br />

wenigstens was die Zielsicherheit und die<br />

mitgeführte Nutzlast anbetrifft. Auf der andern<br />

Seite aber heben die Befürworter des<br />

Flugzeuges immer dessen grössere Schnelligkeit,<br />

Wirtschaftlichkeit und Unabhängigkeit<br />

von Witterungseinflüssen hervor,- womit auch<br />

sie wieder recht haben.<br />

Will man die spezifischen Vorzüge des Luftschiffes<br />

deutlicher zur Geltung bringen, so<br />

ist das nur durch abermalige Vergrösserung<br />

der Luftschiff-Ausmasse möglich. Dieser<br />

Weg wird nun auch in der nächsten Zeit von<br />

allen Luftschiff - Konstrukteuren beschriften<br />

werden. Deutschland projektiert drei neue<br />

Gross-Luftschiffe, England will auf Grund<br />

der Erfahrungen mit « R 100» und « R 101»<br />

ebenfalls zu noch grösseren Bauten übergehen<br />

tmd die Vereinigten Staaten planen gar<br />

einen Luftriesen mit 183,900 Kubikmeter Inhalt<br />

und 170 Tonnen Auftrieb. Ob dadurch allerdings<br />

die Festigkeit des Luftschiffkörpers<br />

verbessert werden kann, wie es dringend notwendig<br />

wäre, ist noch eine umstrittene Frage.<br />

Die drei deutschen Luftschiffe werden 250<br />

Meter lang sein, 40 Meter Durchmesser und<br />

135,000 Kubikmeter Inhalt haben. Sie sollen<br />

eine Reisegeschwindigkeit von 120 Stundenkilometern<br />

entwickeln, eine Leistung von<br />

5300 PS aufweisen (die durch zehn Maybach-<br />

Motoren erzeugt wird) und sollen imstande<br />

sein, 46 Mann Besatzung, 120 Passagiere und<br />

10 Tonnen Fracht zu befördern. Beidseitig<br />

des Ballonkörpers sollen Promenadengänge<br />

eingebaut werden und neben dem Speisesaal,<br />

in dem ein Orchester spielt, sind ein Tanzsaal<br />

und ein Lesezimmer vorgesehen. Selbst der<br />

Rauchsalon fehlt nicht. Selbstverständlich erhalten<br />

die Luftschiffe auch Radiotelephonie<br />

und Fernseh-Einrichtungen. Die Passagierkabinen<br />

werden im Innern des Luftschiffkörpers<br />

untergebracht. Die bisherige Gondel vorn<br />

unten verschwindet zum grössten Teil und<br />

dient dann nur noch zur Navigation und Flugleitung.<br />

Der erste dieser «Super-Zeppeline», « L. Z.<br />

128 •» benannt, wird im Sommer 1931 betriebsbereit<br />

sein. Er kostet ca. 7 Millionen Mark.<br />

Man hofft, mit ihm in zwei Betriebs] ahren<br />

eine Strecke von 900,000 km zurückzulegen.<br />

Auf 9000 m Höhe.<br />

Von Dr. Hugo Mauerhofer.<br />

Obschon am 11. August 1928 — ich werde<br />

den Tag nie vergessen, er jährt sich demnächst<br />

— eine warme Sommersonne auf die<br />

Piste in Thun schien, stapfte ich dennoch<br />

in Pelzschuhen und im pelzgefütterten<br />

Winterfliegeranzug zu meiner Maschine,<br />

einem schweren Potez-Doppeldecker mit<br />

Hispanomotor, der eben vor der Flughalle<br />

warm lief Mein Fluglehrer hatte mir den<br />

erfreulichen Auftrag gegeben, «einmal so<br />

hoch zu gehen, als ich könne». Das lässt<br />

sich ein Militärpilot nicht zweimal sagen!<br />

Der Barograph baumelte hinten im leeren<br />

Beobachtersitz und die grosse Kümmerlykarte<br />

der Schweiz lag — immerhin zur<br />

Sicherheit — mit dem aufgeschlagenen Gotthardgebiet<br />

in der Bordtasche. Abbremsen,<br />

zur Piste rollen, Vollgas geben und losziehen<br />

waren im Nu geschehen. Schon lag<br />

die Halle mit ihren Maschinen klein und<br />

ruhig in der Morgensonne drunten.<br />

Zuerst bot sich mir das übliche Bild von<br />

Alpenflügen: blau und manchmal windgesprenkelt<br />

lag der Thunersee da, rechts<br />

schaute ich auf gleicher Höhe zum Niesensignal<br />

hinüber und hinter mir dehnte sich,<br />

wenn ich zurückschaute, in sommerlicher<br />

Wärme das Mittelland. Bern leuchtete als<br />

weisslicher Steinfleck dahinten irgendwo...<br />

Der Hispano lief gut und regelmässig; der<br />

Höhenmesser vor mir am Bordbrett kletterte<br />

unablässig und der Vergleich mit der<br />

Borduhr Hess mich zufrieden mit dem Anfang<br />

sein. 3000 m waren bald erreicht und<br />

überschritten. Unter dem linken Flügel verschwand<br />

eben Interlaken; kleine weisse<br />

Schiffe ruhten scheinbar unbewegt auf dem<br />

Spiegel der beiden Seen, irgendwo wehte<br />

die Rauchfahne eines Zuges. Rechts drüben<br />

— schon nicht mehr «droben» — blendete<br />

die Schneefläche der Jungfraugruppe.<br />

Weissliche Schneefahnen strahlten silbern<br />

in den Himmel hinauf; offenbar war Föhn<br />

über den Bergen. Dahinter schoben sich bereits<br />

hier und dort einige Wallisergipfel in<br />

die Lücken. Grindelwald und seine Gletscher<br />

rutschten langsam unter die unermüdlich<br />

tragenden und steigenden Flügel.<br />

Von 4000 m an verschwand die sommerliche*<br />

Hitze. Nur auf der blossen Wangenhaut<br />

brannte die Sonne nackt und stechig,<br />

Füsse und Hände dagegen wurden langsam<br />

kühl. Die Fernsicht nimmt zu, ich kann<br />

den oberen Teil des Wallis schon gut einsehen;<br />

gegen den Genfersee zu zeigen sich,<br />

etwa auf gleicher Höhe mit mir, weissliche<br />

Sommerwolken (sie sind ungefährlich).<br />

Links aber öffnet sich unter mir das Rheintal;<br />

weiter drüben liegt in der Vormittagssonne<br />

die Gegend um den Bodensee. Die<br />

österreichischen Alpen tauchen langsam<br />

und in rötlichem Glast hinter den blauweissen<br />

Schweizerbergen am Rande des<br />

Horizontes auf. Unter mir beginnt sich die<br />

Ebene von Andermatt zu zeigen. Die kleine<br />

Passhöhe vor einiger Zeit, rechts unten, war<br />

die Grimsel.<br />

Was man wohl so als Flieger denke, wenn<br />

man 5000 m über Meer in den Alpen fliegt?<br />

Nun, rein Sachliches einerseits und dann<br />

Persönliches anderseits. Sachliches: wie<br />

steht es mit der Oelkühlung? Wie ist meine<br />

Steigkurve, d. h. wie verhalten sich gewonnene<br />

Höhe und dazu gebrauchte Zeit? Hört<br />

man nichts Verdächtiges im Motorgeräusch?<br />

Wo würde ich landen, wenn mir<br />

der Motor eben jetzt «verreckt», wie man<br />

sagt? Ach, von oben sind alle Plätze eben!<br />

Andermatt z. B. scheint eine einzige wunderbare<br />

Allmend zu sein, solange der Höhenmesser<br />

gegen 6000 klettert... Persönliches:<br />

ein grosses, aber gar nicht etwa<br />

deprimierendes Einsamkeitsgefühl, das Gefühl<br />

einer unbegrenzten Freiheit, ja des<br />

Uebermutes. Dazu eine weiter nicht zurückführbare<br />

Freude am rein Fliegerischen...<br />

Der Kampf mit der Höhe wurde erst<br />

mühsam von 8000 m an, die ich laut Barograph<br />

in 32 Minuten erreicht hatte. Hier<br />

droben aber begann—obschon ich über dem<br />

Gotthard warme Aufwinde erwartet und<br />

auch gefunden hatte — der Kampf mit der<br />

nun merklich dünneren Luft: die schwere<br />

Maschine schwankte ganz langsam, aber<br />

stetig in den kühlen Räumen. Ich durfte<br />

nur unmerklich «ziehen», d. h. Höhensteuer<br />

geben, damit die Maschine' nicht einfach<br />

durchsackte und wie ein Drache gradaus<br />

flog, statt zu steigen.. Dazu musste ich mit<br />

offenem Munde und aus voller, luftdurstiger<br />

Lunge atmen, weil ich keinen Sauerstoffapparat<br />

mitgenommen hatte. Der Hauch<br />

flog mir in weisslichen Schwaden vom<br />

Munde weg, aber ich fühlte mich vollständig<br />

wohl. Um weitere 1000 m zuzusetzen,<br />

brauchte ich wohl ganze Dreiviertelstunden!<br />

ftatt und niedrig lagen die Schneeberge<br />

h

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!