E_1930_Zeitung_Nr.076
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76 - <strong>1930</strong> AUTOMOBIL-REVUF<br />
Städteverband zur Lärmbekämpfung<br />
dass auch durch eine ganze Reihe ausserpolizeilicher<br />
Massnahmen, der Strassenlärm erfolgreich nach den paar Worten oder gar Monaten^ die meist<br />
druck, dass ja die Töne den eventuellen Zeugen<br />
bekämpft werden kann. Vor allem sei die Herstellung<br />
geräuschloser Fahrbeläge, Verbreiterung der noch in den Ohren liegen. Wer will es den Fah-<br />
Ereignis und Termin der Verhandlung trennen,<br />
Strassen, Schaffung guter Uebersicht an Strassenkreuzungen<br />
und Einmündungen erwähnt. Ebenurteilt<br />
zu werden) und Charybdis (unnötig Lärm<br />
rern verargen, dass sie ewig zwischen Scylla (verfalls<br />
sollten die Gesetze der Ordnungen und Dekrete,<br />
den durch das Material, durch lose sitzende gehen lassen. Der Fussgänger stumpft sich aber<br />
zu machen), den guten Willen verlieren und sich<br />
Bestandteile, durch unpackte Ladung usw. erzeugten auf diese Weise immer mehr ab. Im Gegenteil:<br />
Lärm energischer zu unterdrücken versuchen. Je weniger man hupt, desto besser erzieht man<br />
Der Hauptlärm wird aber ohne Zweifel von den auch den Fussgänger, nicht mehr hemmungslos in<br />
Signalapparaten erzeugt. Der Referent beantragt, den Strassen herumzuirren.<br />
die Lautstärke zu begrenzen und in Stadt- und Auch in Deutschland wird ein erbitterter Kampf<br />
Ortsverkehr nur das Hörn von tiefem Ton zuzulassen.<br />
Sobald wie möglich sollte eine einheitliche Wiesbaden sind organisierte Lärmabwehrbewegun-<br />
gegen den Lärm geführt. In Berlin, Frankfurt,<br />
internationale Regelung der Signalisierung angestrebt<br />
werden. Am besten wäre es, mehrtönige des Kraftverkehrgesetzes ist besser redigiert als der<br />
gen entstanden. Die betreffenden Bestimmungen<br />
Hupen, Klaxons mit durchdringendem Ton, Motorpfeifen,<br />
Auspuffhorne und dergleichen gänzlich wohl wird auch in Deutschland immer noch viel zu<br />
zitierte Artikel 31 unseres Konkordates, aber gleich-<br />
zu verbieten. Während heute sämtliche Errungenschaften<br />
der Technik auf diesem Gebiete in Gemacht,<br />
Sicherheit des Verkehrs mit Lärmabgabe zu<br />
viel gehupt. Auch dort wird noch der Fehler gebrauch<br />
sind, sollte bloss noch eine Einheitshupe identifizieren. Versuche haben gezeigt, dass man<br />
zugelassen werden. Es genügt vollständig, wenn<br />
diese auf 50 Meter hörbar ist. Wenn andere Fahrer<br />
und Strassenbenützer beständig starke Signale<br />
hören, ohne die betreffenden Wagen zu sehen, so<br />
bringt dies nichts als Verwirrung. (Gegen diese<br />
These nahm in der Diskussion Herr Nationalrat<br />
Naine, der schon gegen die Abschaffung des Klaxons<br />
war, als in Genf diese Frage diskutiert<br />
wurde, Stellung. Er sei ganz damit einverstanden,<br />
dass so wenig Signale als möglich gegeben werden<br />
sollen. Wenn sie aber schon gegeben werden, so<br />
müssen sie wirksam sein. Die dumpfe Hupe habe<br />
den Nachteil, dass sie die dreifache Zeit eines Klaxons<br />
beanspruche und dass — gerade wegen ihres<br />
gerühmten milden Tones — das Publikum absolut<br />
nicht darauf reagiere. (Der Einwand von Herrn<br />
Naine scheint uns ganz begründet zu sein).<br />
Der Referent bemerkte sodann mit grossem<br />
Recht, dass sowohl das Gesetz, wie die Praxis der<br />
Gerichte den Fahrer geradezu veranlassen, masslos<br />
Warnsignale zu geben. Der Artikel 31 des Konkordates<br />
schreibt vor: «Der Führer soll die Warnvorrichtung,<br />
so oft es zur Sicherheit des Verkehrs<br />
als nötig erscheint, namentlich auch bei scharfen<br />
Kurven und immer dann zur Anwendung bringen,<br />
•wenn er von einer Strasse in eine andere einbiegt.»<br />
Es ist klar, dass der Wortlaut dieser Bestimmung<br />
die Ansicht unterstützt, zu der ohnehin viele Fahrer<br />
und besonders die Anfänger neigen: Wichtigste<br />
Pflicht des Führers und erste Regel der Vorsicht<br />
sei möglich«! oft und lang und laut zu lärmen.<br />
Eine ganz logische Wirkung, die ein deutlicher Fingerzeig<br />
für das kommende Gesetz sein sollte. Auch<br />
die Gerichte haben die verderbliche Tendenz, bei<br />
der Beurteilung von Kollisionen und Unglücksfällen<br />
zu allererst die Frage zu stellen: hatte der<br />
Fahrer Signal gegeben oder nicht? Behaupten die<br />
Zeugen das Nein, so wird sehr oft glatt verurteilt,<br />
ohne noch irgendwie nachzuprüfen, ob die Führung,<br />
trotzdem oder ausserdem, technisch richtig war.<br />
Es ist klar, dass Fahrer, die diese Einstellung kennen,<br />
ausgiebig von ihren Hupen und Klaxons<br />
Gebrauch machen, und zwar mit solchem Nach-<br />
Fortsetzung von Seite 2)<br />
sozusagen ohne Warnsignale auskommen kann. In<br />
Berlin ist es verschiedenen Experten gelungen, durch<br />
den dichtesten Verkehr und in normalem Tempo zu<br />
fahren, ohne je ein Zeichen gegeben zu haben. In<br />
Finnland hat man, zuerst versuchsweise, in der<br />
Stadt Abo ein Signalverbot erlassen. Man hat damit<br />
so gute Erfahrungen gemacht, dass das Verbot nicht<br />
nur in Abo beibehalten, sondern auch in der Hauptstadt<br />
Helsingfors eingeführt wurde. Ueberhaupt<br />
zeigen die Nordländer eine erstaunliche Strässendisziplin.<br />
In Oslo und selbst in Stockholm, wo der<br />
Verkehr im Zentrum sehr dicht ist, hört man sozusagen<br />
keine Signale, obwohl, für unsere Begriffe,<br />
rasch gefahren wird. Die Zahl der Unfälle ist gleichwohl<br />
nicht grösser als anderswo. Auch in London<br />
fliesst der Strom des Verkehrs den ganzen Tag,<br />
ohne dass gellende Signale nötig wären. (Allerdings<br />
braucht es in London schon anglosächsische<br />
Fridigidät und Geduld, um nicht nervös zu werden.<br />
Der Berichterstatter.) Auch für Paris schreibt die<br />
Polizeiverordnung von 1928 vor, dass die Geschwindigkeit<br />
so weit herabzusetzen sei, bis Hupensignale<br />
überflüssig werden. Tatsächlich spielt sich der Riesenverkehr<br />
dieser Stadt sehr ruhig ab. (Eine Meinung,<br />
die der Berichterstatter nach langen wiederholten<br />
und gründlichen Erfahrungen nicht unterstreichen<br />
kann. Der Zauber dieser unvergleichlichen<br />
Stadt scheint Herrn Hauptmann Müller, was ihm<br />
sicher niemand verübeln wird, nicht nur Wind, sondern<br />
auch leicht taub gemacht zu haben.)<br />
Wenn schon am Tage ein Fahren ohne Warnsignale<br />
möglich ist. so natürlich noch viel mehr bei<br />
N'acht, wo die Scheinwerfer zu optischen Signalen<br />
verwendet werden können. Der Referent glaubt<br />
nicht, dass kurze Lichtsignale in gefährlichem<br />
Masse blenden können.<br />
Die Mehrzahl der Unglücksfälle erfolgt bei<br />
Strassenkreuzungen und Strassenmündungen. Gesetz<br />
und Publikum verlangen deshalb heute noch<br />
Zeichen bei jeder Kreuzung und Einmündung.<br />
Regelmässiges Auskuppeln und Abbremsen ersetzt<br />
aber manches Signal. Auch in dieser Beziehung<br />
können die Gemeinden viel dazu beitragen, ein<br />
«stummes» Fahren zu ermöglichen. Vor allem muss<br />
eine klare Regelung des Vortrittes getroffen werden:<br />
der Vortritt für die Führer zur Rechten. In<br />
der Stadt ist es ganz unzweckmässig, zwischen<br />
Haupt- und Nebenstrassen zu unterscheiden. Es<br />
versteht sich von selbst, dass immer Unklarheiten<br />
bestehen bleiben und dass die Fahrer durch ein<br />
ausgiebiges Konzert die Strasse, auf der gerade<br />
sie sich befinden, in den Rang einer Hauptstrasse<br />
zu erheben suchen. In besonderen Fällen, wo eine<br />
Abstufung wünschbar erscheint, sind die Einmündungen<br />
von Nebenstrassen in die Haüptstrassen als<br />
solche zu kennzeichnen.<br />
Auch eine Reihe meistens aus andern Gründen<br />
aufgestellter Verkehrsregeln können eine starke Verminderung<br />
der Signalabgabe bewirken. So z. B.<br />
die Einführung des Einbahnverkehrs, bei dem ein<br />
Kreuzen der Fahrzeuge nicht mehr vorkommt; das<br />
Einzeichnen von sogenannten Sicherheitslinien, was<br />
natürlich die Möglichkeit des stets mit Signalen<br />
verbundenen Vorfahrens beschränkt; Kreiselverkehr<br />
auf Plätzen, Rechtsverkehr ohne Kreuzungen, infolgedessen<br />
reibungsloses Ineinanderfliessen des<br />
Verkehrs usw. usw Für die Nachtruhe ist selbstverständlich<br />
eine einwandfreie Beleuchtung von<br />
Vorteil. Ferner sollte es sich die Polizei zur Pflicht<br />
machen, die Ruhe in der Nähe von Spitälern sicherzustellen.<br />
In der N'acht müssen deshalb die zur<br />
Kennzeichnung der Spitäler verwendeten Signaltafeln<br />
beleuchtet werden.<br />
Auf alle Fälle ist Ordnung und Strassendisziplin,<br />
und zwar bei allen Strassenbenützern, die Grundlage<br />
eines reibungslosen, ruhigen Verkehrs. Während<br />
die Jugend jetzt zum richtigen Verhalten auf<br />
der Strasse erzogen wird, fehlt den heute Erwachsenen<br />
in dieser Beziehung allen zusammen die Kinderstube.<br />
Einzig so lässt sich erklären, dass so<br />
viele Leute, die im übrigen Leben die personifizierte<br />
Korrektheit sind, auf der Strasse nicht das geringste<br />
Anstandsgefühl beweisen. Es ist oft erstaunlich,<br />
zu sehen, wie Kavaliere, die sonst lieber<br />
sterben würden als gegen die Regeln der Courtoisie<br />
zu verstossen, sobald sie am Lenkrad sitzen, ohne<br />
irgendwelche Hemmung einer Dame oder einem<br />
Greise in die Ohren gellen.<br />
Es ehrt uns, dass der Herr Referent zur Bekämpfung<br />
des Lärms unter anderem (Strassenverkehrsliga,<br />
Automobil-Club, Touring-Club, Chauffeurgewerkschaften<br />
usw.) auch an die Presse, speziell<br />
an die Fachpresse appelliert hat. Er soll unserer<br />
Mithilfe gewiss sein.<br />
Nachdem der Vortrag von Herrn Hauptmann<br />
Müller verdankt worden war, schob der Präsident<br />
eine kleine Pause ein, eine Pause, die bei uns bis<br />
zum Freitag dauern wird. W;<br />
St.<br />
ima<br />
Eine Umgehungsstrasse in Wohlenschwil<br />
(Aargau). Man schreibt uns: Anlässlich des<br />
Neubaues der Brücke Meilingen wurde die<br />
Anregung gemacht, die Engpässe von Meilingen<br />
zu umgehen und etwa 500 m unterhalb<br />
der Brücke Mellingen eine neue Reussbrücke<br />
zu erstellen mit direkter Fortsetzung bis zum<br />
Nordausgang von Wohlenschwil. Im aarg.<br />
Grossen Rat fand sich leider keine Mehrheit<br />
für diese grosszügige Lösung, so dass es beim<br />
Ersatz der hölzernen Brücke durch eine<br />
eiserne blieb. Mehr und mehr zeigt sich,<br />
dass diese Lösung auf die Dauer nicht befriedigt.<br />
Inzwischen ist es aber gelungen,<br />
wenigstens den unbefriedigenden Verhältnissen<br />
in Wohlenschwil durch eine Umgehungsstrasse<br />
auszuweichen. Den unübersichtlichen'<br />
Kurven am östlichen Dorfausgang mit dem<br />
berüchtigten Strassengraben wird wohl kaum<br />
ein Automobilist eine Träne nachweinen. Die<br />
neue Strasse führt nun nordöstlich um das;<br />
Dorf Wohlenschwil herum. Die Strasse ist<br />
ungefähr 1000 m lang, sehr übersichtlich, mit<br />
einer fahrbaren Breite von 7 m. Die Kurvenradien<br />
sind mindestens 150 m gross,. Der<br />
ganze Bau soll gegen Fr. 200,000.— kosten.<br />
Mit Rücksicht auf die teilweise recht hohen<br />
Anschüttungen, die sich vorerst gründlich<br />
setzen müssen, konnte der endgültige Belag<br />
noch nicht aufgebracht werden. Dem Vernehmen<br />
nach soll dies aber im Frühling 1931 erfolgen,<br />
w.<br />
Tiefer hängen! Der Bezirksrichter votr<br />
Merenschwand schreibt uns :<br />
In Nr. 70 der «Automobil-Revue» ärgert<br />
sich ein Einsender über einen Beschluss der<br />
Gemeinde Merenschwand, der auf Antfaz.<br />
des Unterzeichneten gefasst worden ist<br />
Einsender scheint nun nicht richtig orientiert<br />
zu sein, oder entstellt absichtlich-<br />
An fraglicher Kurve soll eine alte Scheune'<br />
an der Kantonsstrasse umgebaut werden.<br />
Die aargauische Baudirektion beabsichtigt<br />
nun, der Uebersichtlichkeit wegen, Ankauf,<br />
resp. Abbruch der Scheune, ohne die schon<br />
längst nötige Korrektion nördlich und südlich<br />
dieser Scheune vorzunehmen. Hiegegen wurde<br />
protestiert und die Zahlung eines Beitrages<br />
verweigert, weil die Gemeinde gar kein<br />
Interesse hat, sondern nur der durchgehende<br />
Verkehr, und weil man befürchtet, die schon<br />
vor Jahrzehnten versprochene Korrektion<br />
dieses Strassenstückes werde dann nochmals<br />
Jahrzehnte auf sich warten lasseh. Verkehrsverbesserungen,<br />
die nur dem •Automobil<br />
dienen, soll der Staat bezahlen, der die sowieso<br />
im Aargau unsinnigen Automobilgebühren<br />
bezieht, ohne den Gemeinden an die.<br />
ebenfalls in Mitleidenschaft gezogenen Ortsverbindungsstrassen<br />
etwas abzuliefern. Wenn<br />
es daher den aargauischen Strassenbauorganen<br />
ernst ist, sollen sie einen ganzen Korrektionsentwurf<br />
vorlegen, dann wird der Unteiv<br />
zeichnete und vermutlich auch die Gemeind«,-<br />
dafür eintreten, vorher aber nicht.<br />
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