E_1931_Zeitung_Nr.027
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II. Blatt<br />
BERN, 27. März 1Q31<br />
N°27<br />
II. Biatt<br />
BERN. 27. März <strong>1931</strong><br />
feihnisshe Notnzen<br />
Immer höhere<br />
Wirtschaftlichkeit.<br />
Das Verhältnis der Rauminhalte des komprimierten<br />
und des unkomprimierten Brennstoff-Luft-Gemisches,<br />
«Verdichtungs»- oder<br />
«Kompressionsverhältnis» genannt, ist durchaus<br />
keine Erfindung rekordwütiger oder<br />
theoriebesessener Ingenieure, sondern ist von<br />
höchster praktischer, nämlich wirtschaftlicher<br />
Bedeutung für den Motorfahrzeug-Betrieb.<br />
Mit der Erhöhung des Verdichtungsverhältnisses<br />
wächst, schon aus wärmetechnischen<br />
Gründen, die Ausnutzbarkeit der im<br />
Brennstoff enthaltenen Energiemengen. Leider<br />
findet diese Ausnutzbarkeit eine Grenze<br />
in der Unmöglichkeit, das Verdichtungsverhältnis<br />
unbegrenzt zu erhöhen, weil einerseits<br />
die Brennstoffe nicht unbegrenzt verdichtungsfähig<br />
sind, ohne anzufangen zu<br />
klopfen, und anderseits die Motoren, aus konstruktiven<br />
und Festigkeits-Gründen, die bei<br />
wachsender Verdichtung immer stärker werdenden<br />
Höchstdrücke schliesslich nicht mehr<br />
vertragen, ohne beschädigt zu werden.<br />
Vor dem Krieg hatte man weder das Bedürfnis<br />
noch die technische Möglichkeit, die<br />
vorhandenen Benzine bis zu ihrer höchsten<br />
Verdichtungsfähigkeit auszunutzen.Inzwischen<br />
sind die Anforderungen der Wirtschaftlichkeit<br />
an den Motorenbetrieb immer grösser<br />
geworden. Der Leitgedanke der Sparsamkeit<br />
hat die ganze Technik bis ins Letzte beeinfliisst,<br />
und entsprechend ist im Motoren- bzw.<br />
Motorfahrzeugbau das durchschnittliche Verdichtungsverhältnis<br />
immer mehr angestiegen.<br />
Ebenfalls zwang ja in Europa die Steuer zur<br />
Entwicklung kleinvolumiger Motoren mit<br />
hoher Leistung und geringem Betriebstoff-<br />
Verbrauch. Anderseits war in derselben Zeit<br />
das Benzin immer wenig'er verdichtungsfähig<br />
geworden, einmal, weil gar nicht das Bedürfnis<br />
nach hochverdichtungsfähigen Brennstoffen<br />
vorlag, ausserdem aber auch, weil man<br />
für die weniger verdichtungsfähigen Anteile<br />
des Rohöls immer weniger Verwendung fand<br />
und sie deshalb im Laufe der Jahre immer<br />
mehr im Benzin beliess. Dann ergab sich, vor<br />
etwa 4, 5 Jahren die Notwendigkeit, in grossen<br />
Mengen verdichtungsfähige Brennstoffe<br />
Ein einzigartiges Luftströmungsbild, das in Amerika bei einem Versuch im künstlichen Windtunnol aufgenommen<br />
wurde. Das Bild charakterisiert den Strömungsverlauf bei einer Fahrgeschwindigkeit von<br />
80 Stundenmeilen. Man beachte die starke Stauung vor dem Kühler und die Luftverdünnung hinter<br />
der Karosserie.<br />
zu beschaffen. Im Laufe der Jahre ist infolge<br />
der technischen Entwicklung das Benzin wieder<br />
etwas kompressionsfester geworden, oder,<br />
soweit es nicht schon im Gewinnungsprozess<br />
klopffester gemacht bzw. erhalten wurde,<br />
durch Zusetzen von geringen Mengen Benzol<br />
oder von Chemikalien, die als Antiklopfmittel<br />
wirken, «gedopt» worden. Anderseits hat<br />
sich, vor 'allem in Deutschland, das in dieser<br />
Entwicklung an der Spitze steht, für Motoren<br />
mit höherem Verdichtungsverhältnis,- für die<br />
der normale Betriebsstoff nicht ausreicht oder<br />
unwirtschaftlich ist, der Gebrauch der Benzingemische<br />
mit Benzol oder Spiritus — die<br />
bis zu 50 Prozent davon enthalten — ausserordentlich<br />
eingebürgert, und im vergangenen<br />
Jahr sind in Deutschland etwa 65 Prozent des<br />
Betriebsstoffbedarfes durch diese hochprozentigen<br />
Gemische gedeckt worden.<br />
Dieser ausserordentliche Bedarf an Brennstoffgemischen<br />
beweist schon, dass in den<br />
letzten Jahren die technische Entwicklung<br />
des Motorenbaues in der aus wirtschaftlichen<br />
Gründen zweckmässigen Richtung fortgeschritten<br />
ist; denn wenn er sich nicht wirtschaftlich<br />
rechtfertigen Hesse, würde nicht<br />
gerade in so schlechten Zeiten der Verbrauch<br />
der durchschnittlich etwa 10—12 Prozent<br />
teureren Gemische so gestiegen sein. In der<br />
Tat ist Deutschland auch in dieser Entwicklung<br />
führend gewesen und wird es vermutlich<br />
auch in absehbarer Zeit bleiben. Der<br />
mittlere Verdichtungsgrad für Personenwagen<br />
war in Deutschland schon 1927 sehr<br />
hoch gestiegen, nämlich auf 1 :5,20, eine<br />
Zahl, die in England erst 1929, und in Amerika<br />
erst 1930 erreicht wurde, während<br />
Frankreich bisher 1 :5 kaum überschritten<br />
hat. In den letzten 3 Jahren ist diese Zahl<br />
in Deutschland nicht in dem Masse gestiegen,<br />
wie in den Jahren vorher. Sie liegt<br />
heute bei etwa 5,30, und damit immer noch<br />
höher als in irgendeinem andern Lande der<br />
Welt.<br />
Amerika, das sonst auf technischem Gebiet<br />
nicht hinter Europa zurückzustehen und<br />
in vielem sogar voraus zu sein pflegt, ist in<br />
dieser Entwicklung von Anfang an hinter<br />
Europa zurückgeblieben, vor allem natürlich,<br />
weil drüben der Betriebsstoff in scheinbar<br />
unerschöpflichen Mengen aus dem Erdboden<br />
quoll, und man, da er ja nicht mit einheimischem<br />
Geld ans Ausland bezahlt zu werden<br />
brauchte, mit dieser billigen Flüssigkeit nicht<br />
allzu sparsam umging. Ausserdem aber lebte<br />
Amerika bis vor gar nicht langer Zeit in<br />
einer Zeit ungewöhnlicher wirtschaftlicher<br />
Hochkonjunktur, die auch nicht gerade zum<br />
Sparen anregte. Seit 1928 ist allerdings mit<br />
echt amerikanischem Tempo das Fehlende<br />
nachgeholt worden, und das ist wohl der<br />
beste Beweis für die technische und wirtschaftliche<br />
Richtigkeit des Hochverdichtungs-'<br />
Gedankens. Amerika hat sich mit einem<br />
durchschnittlichen Verdichtungsverhältnis von<br />
5,20 im vergangenen Jahr den westeuropäischen<br />
Verhältnissen durchaus angepasst, um<br />
so mehr, wenn man bedenkt, dass 1927 die<br />
amerikanischen Fabriken erst bei 4,65 angelangt<br />
waren.<br />
Die Verwendung höher verdichtungsfähiger<br />
Brennstoffe steigt drüben sehr schnell,<br />
und die Verbrauchsmenge des bekanntesten<br />
unter ihnen, des Ethyl-Gasolins, ist allein<br />
1928 auf 1929 in den Vereinigten Staaten auf<br />
das Doppelte gestiegen. Für die wachsende<br />
Anerkennung des Hochverdichtungsgedankens<br />
in Amerika spricht auch noch etwas<br />
anderes, nämlich, dass die amerikanischen<br />
Fabriken ihm zuliebe ihr oberstes Prinzip,<br />
das der einheitlichen Konstruktion, durchbrochen<br />
haben. Eine grosse Zahl von amerikanischen<br />
Fabriken (z. B. Chrysler, Auburn,<br />
Stutz, Chevrolet) gibt ihren Kunden<br />
die Möglichkeit, durch den Kauf besonderer<br />
Zylinderköpfe ihre Wagen wunschgemäss<br />
auf einen höhern Verdichtungsgrad umzustellen.<br />
Die höchste Verdichtung drüben haben<br />
Auburn mit 6,56 und Marmon mit 6,0,<br />
und zwar serienmässig, während die höchste<br />
« Verdichtung auf Wunsch » mit 6,3 beim<br />
Chrysler erreicht wird.<br />
Es ist jedenfalls als sicher anzunehmen,<br />
dass die geschilderte Entwicklung durchaus<br />
noch nicht ihr Ende erreicht hat, um so mehr<br />
als ihre technischen und vor allem wirtschaftlichen<br />
Ursachen nach wie vor unvermindert,<br />
wenn nicht sogar verstärkt, weiterbestehen.<br />
A. L.<br />
Pannenstatistik der Alpenposten. Über die<br />
ganz hervorragende Betriebssicherheit der<br />
motorisierten Alpenposten gibt eine Statistik<br />
Aufschluss, die von der Schweizerischen<br />
Oberpostdirektion für das Betriebsjahr 1930<br />
aufgestellt worden ist. Auf die ganzen 814,040<br />
Kilometer, die mit den Alpenpostwagen abgefahren<br />
wurden, entfielen nur 25 Störungen.<br />
Die Zeit zur Belebung dieser Störungen betrug<br />
nur 1402 Minuten. Es ergibt sich somit<br />
eine durchschnittliche Reparaturzeit von 56<br />
Minuten pro Defekt, wobei aber in Wirklichkeit<br />
nur zwei Defekte mehr als 30 Minuten<br />
r bezahlen . •.<br />
macht sich bezahlt!<br />
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