E_1931_Zeitung_Nr.030
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22<br />
Ein Mensch wird ruiniert<br />
Kann man 6 Millionen Fr. in wenigen Monaten<br />
durchforingen ? Gute Rechner werden<br />
sagen : Nein ! Aber schlechte Gesellschaft ist<br />
stärker als gute Rechner. Man kann es : Der<br />
25 Jahre alte Millionär Godfrey Basil Mundy<br />
hat in verblüffend kurzer Zeit 250,000 Pfund<br />
bis auf den letzten Penny vergeudet und in<br />
einem Hotel in Royan bei Bordeaux vor wenigen<br />
Tagen Selbstmord verübt. Ganz London,<br />
ganz England beschäftigt sich mit dieser<br />
Tragödie eines zu glücklichen Mannes.<br />
Dem jungen Mann, der zuvor in den bescheidenen<br />
Verhältnissen eines kleinen Angestellten<br />
gelebt hat, fiel eines Tages aus<br />
heiterem Himmel die Millionenerbschaft seir<br />
nes Grossvaters in den Schoss. Er gewann<br />
6 Millionen und verlor den Verstand.<br />
Wie man einen Menschen ruiniert<br />
Zunächst machte der junge Mundy in einem<br />
feudalen Westend-Club die Bekanntschaft<br />
eines Mannes, der Spezialist in der<br />
Ermittlung und Umgarnung junger Narren<br />
mit viel Geld war. Dieser machte ihn mit seinen<br />
Freunden bekannt, jungen Lebemännern,<br />
die das Geld der andern nobel und mit grosser<br />
Geste auszugeben verstehen, und es bildete<br />
sich bald ein undurchdringlicher Ring<br />
um Mundy, der sich noch geschmeichelt<br />
fühlte, als gesellschaftlicher Debütant in so<br />
vorausgesehen. Und doch setzte er sich kaltblütig<br />
in seinen Todessitz. Heute schreitet<br />
Malcolm Cambell in seinen Spuren. Eine<br />
flotte Gesellschaft geraten zu sein. furchtbare Maschine treibt ihn mit wahnsin-<br />
Geschwindigkeit vorwärts, er weiss<br />
Man stahl ihm nicht das Geld aus derniger<br />
Tasche, man ging raffinierter vor: mit Psychologie.<br />
Man machte ihn zunächst auto-<br />
der Stunde! Dabei sieht er keine 300 m weit-<br />
selbst nicht wohin. Vierhundert Kilometer in<br />
wild. Die kostbarsten Luxuswagen mussten Ein grässlicher Luftdruck liegt auf seinen<br />
womöglich wöchentlich oder wenigstens monatlich<br />
gewechselt werden. Man verkaufte und die Lunge zu sprengen droht, ist, wäh-<br />
Augen, der Wind, der ihm entgegenschlägt<br />
ihm durch Zwischenhändler, die mit im Komplott<br />
waren, einen massigen Wagen für ringste Luftbewegung wahrnehmen, viermal<br />
rend die zahllosen Zuschauer nicht die ge-<br />
60 000 Franken, und nicht nur einmal. Als die stärker als der furchtbarste Orkan, der je<br />
Automanie vorbei war, suggerierte man ihm<br />
über die Erde gefegt ist. Campbell sitzt wie<br />
eine Liebhaberei für Schmuck. Minderwertige<br />
betäubt in der rasenden Maschine, sein Trommelfell<br />
wird vom Donnern des Orkans, von<br />
Juwelen gingen für viele Tausende von Pfund<br />
an seinen Besitz über und man machte es so,<br />
den Kanonenexplosionen seiner gigantischen<br />
Motoren, die sich wie das Trommelfeuer von<br />
dass er sich noch für einen guten Geschäftsmann<br />
hielt<br />
tausend, knapp bei seinen Ohren schiessenden<br />
Geschützen ausnehmen, zum Platzen<br />
Eine Mayfair-Villa wurde gegen einen horrenden<br />
Mietsaufschlag gemietet, in dem dieals ob er in die Unendlichkeit fallen<br />
bearbeitet. Er sagt, dass er das Gefühl hatte,<br />
würde,<br />
Freunde des Millionärs ein Leben von unbeschreiblichem<br />
Luxus führten. Er hielt das so<br />
für in Ordnung.<br />
Dann begann man die Villa, wie man ihm<br />
einredete, seiner Stellung entsprechend einzurichten.<br />
Kolonnen von Möbelwagen schleppten<br />
Teppiche, Kunstgegenstände, antike Möbel<br />
und «alte» Meister an, und nicht ein<br />
Stück war echt Er bezahlte über eine Million<br />
dafür.<br />
Wie im Kino: Von Stufe zu Stufe,<br />
Zu dieser Zeit war infolge des betäubenden<br />
Tempos der Verschwendungssucht das Riesenvermögen<br />
schon äusserst zusammengeschrumpft.<br />
Man beschloss, ein schnelles Ende<br />
zu machen. Ein schnelles Ende — das heisst<br />
Kokain, Bakkarat und falsche Renntips. Ein<br />
neuer Schwärm von Ausbeutern stürzte sich<br />
auf den Unglücklichen und leerte ihm nach<br />
einem sinnvollen System die letzte Tasche<br />
Und dann gab man ihm, mit perfider Gewissenlosigkeit<br />
den Rest: als er keinen eigenen<br />
Pfennig mehr besass, brachte man ihn zu<br />
Geldverleihern, die nicht im Komplott waren<br />
und an die unbegrenzte Bonität des Millionenerben<br />
glaubten, und Hess ihn dort Schulden<br />
über Schulden machen, für die er nie Dekkung<br />
oder Rückzahlungsmöglichkeit hatte.<br />
So machte man ihn strafbar, zum Komplicen<br />
der an ihm selbst begangenen Verbrechen.<br />
Ein paar Tage lang versuchte er sich materiell<br />
und geistig als Autochauffeur über Wasser<br />
zu halten.<br />
Aber die Revolverkugel vom Hotel in<br />
Royan stak schon im Schaft.<br />
Heroen<br />
oder Selbstmörder?<br />
Zu Campbeils neuem Weltrekord.<br />
Gewiss — diese Frage ist erlaubt. Es hat<br />
keinen Zweck, Campbeils Erfolg in einem lügenden<br />
Zauberlichte sehen zu wollen. In der<br />
«Prager Presse» wird deshalb nach den<br />
wesentlichen Hintergründen solcher rasenden<br />
Fahrten gefragt<br />
Es ist nicht viel mehr als ein Jahr verflossen,<br />
da sich prompt das eingestellt hat, was<br />
man Segrave, dem vom Schnelligkeitswahn<br />
besessenen Engländer, schon lange prophezeit<br />
hat. Wie leicht und mit welcher Sicherheit<br />
man hier das tragische Ende voraussehen<br />
konnte, ebenso leicht und mit tödlicher-<br />
Sicherheit konnte und hat es Segrave selbst<br />
aber dabei nicht nach abwärts, sondern in<br />
der Richtung gegen den Himmel. Alle seine<br />
Sinnesempfindungen, seine Gefühle, seine<br />
Wahrnehmungen geraten in ein Chaos. Das<br />
grauenhafte Ungetüm trägt einen beinahe bewusslosen<br />
Menschen mit sich fort.<br />
Aber Campbell sagt: Er habe noch nicht<br />
Vollgas gegeben, nächstens will er der Maschine<br />
noch einige Kilometer mehr abgewinnen.<br />
Was treibt diesen Mann so blindlings<br />
in das Verderben? Gewinnsucht? Nein, er ist<br />
reich genug- Dient er dem Automobilismus?<br />
Nein, für die Praxis des Alltages sind seine<br />
Erkenntnisse, die überdies noch sehr unklar<br />
und verworren sind, so gut wie wertlos. Eine<br />
dunkle Macht treibt ihn in das mörderische<br />
Abenteuer, er will das erreichen und erleben,<br />
was bisher kein Mensch erreicht und erlebt<br />
hat. Die menschliche Erkenntnis will in neue<br />
Sphären dringen: das ist die unterbewusste<br />
Triebkraft alles menschlichen Fortschrittes.<br />
Neue Welten zu entdecken, ein neues Geheimnis<br />
der Welt um uns und in uns zu entlocken.<br />
Es ist die Dispersion des Geistes,<br />
v<br />
der geistige horror vacui.<br />
AUTOMOBIL-REVUE <strong>1931</strong> — N° 30<br />
Unsere humoristische Ecke<br />
Deplacierte Entschuldigung.<br />
Der Mann am<br />
Steuer: «Nun, schimpfen<br />
Sie man nicht gleich; so<br />
•was kann schon mal vorkommen<br />
bei dem Verkehr<br />
heutzutage.»<br />
Für die Schlechtwetterzeiten<br />
sollte eine Miniatur-<br />
.Berg- und Talstrasse für<br />
Automobilisten eröffnet<br />
werden, welche ihnen all<br />
die Reize der Sommerausflüge<br />
vermittelt. (Einzig<br />
die Kontrolle kommt in<br />
Wegfall!)<br />
Dilemma. «Wie ärgerlich, dass man zum Waschen<br />
des Wagens nicht den Staubsauger verwenden<br />
kann!»<br />
« Hallo I haben Sie keine Angst, dass Sie<br />
Schwindel kriegen und herunterstürzen?><br />
Fussgänger: «Unfall gehabt?»<br />
v «Was fällt Ihnen ein ! Sehen Sie denn nicht. Gewissenhafter Fahrer: «Nein, Führerschein verdass<br />
ich angebunden bin?» (Prager Presse.) gessen.»<br />
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