E_1931_Zeitung_Nr.046
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22 AUTOMOBIti-tfEVUB <strong>1931</strong> — N° 41<br />
Tourismus<br />
Autoausflug von Lugano nach Mailand<br />
Von Hede Linsmayer.<br />
II.<br />
Milano kündigt sich an wie jede Industrieund<br />
Handelsstadt; sie ist tatsächlich die bedeutendste<br />
von Italien. Man merkt es sofort<br />
an den prunkvollen Grabstätten des «Cimitero<br />
Monumentale», der ersten Sehenswürdigkeit<br />
Mailands an der Peripherie der Stadt. Ein<br />
Friedhof der Reichen, eine unerhörte Orgie<br />
von künstlerischen Bildwerken und Qrabmälern,<br />
zahllose Kunstschöpfungen aus Marmor,<br />
Bronze, Alabaster ... Man möchte vor<br />
manchen stundenlang verweilen, tagelang in<br />
diesem phantastischen Garten des Todes<br />
Spazierengehen. In der mittleren Säulenhalle<br />
des imposanten Einganges ist das würdige<br />
Grab des italienischen Dichters Aless. Manzoni.<br />
Ein kurzer Besuch kann nur einem flüchtigen<br />
Ueberblick des Ganzen gelten, aber er<br />
hinterlässt einen unvergesslichen Eindruck.<br />
Jeder Mailand-Besucher fährt natürlich zunächst<br />
zum Dom, diesem viel umstrittenen<br />
*) 8iehe auch Autler-Feierabend Nr. 44<br />
gotischen Marmorgebäude, das der Mailänder<br />
selbst stolz als das siebente Wunder der<br />
Welt bezeichnet. Ein Wunder an Säulen,<br />
Türmchen und Verzierungen ist er allerdings,<br />
aber man hat seine Abbildung so oft gesehen,<br />
dass das Original kaum mehr überrascht.<br />
Ueberraschend ist eher das wundervolle Innere,<br />
sowohl in seiner grossartigen Gesamtheit<br />
als auch in der Kostbarkeit einzelner<br />
Stücke. Die Turmbesteigung ist sehr merkwürdig,<br />
nicht allein deshalb, weil oben eine<br />
Erfrischung kredenzt wird! Vom Dom zur,<br />
weltberühmten Scala ist nur ein Katzensprung<br />
durch die glasüberwölbte, elegante<br />
Verkaufshalle Galleria Vittorio Emanuele.<br />
Wer Lust hat, kann das Scala-Theater gegen<br />
Entree besichtigen; eine Opernaufführung<br />
muss man sich bei einem Tagesausflug allerdings<br />
verkneifen.<br />
Kunstinteressierte werden sich die Besichtigung<br />
des « Abendmahls » von Leonardo<br />
da Vinci in der Kirche Santa delle Grazie<br />
nicht entgegen lassen. Es ist leider nicht<br />
glänzend erhalten. Der Raum (Refektorium<br />
eines ehemaligen Dominikanerklosters) wurde<br />
von Napoleon seinerzeit als Pferdestall benützt,<br />
der Nebenraum als Küche! Das riesige<br />
Wandgemälde hat dadurch entsetzlich gelitten,<br />
immerhin ist die Wirkung heute noch<br />
faszinierend. Freunde des Mittelalters betrachten<br />
sich wohl auch das Castello Sforzesco,<br />
die alte Burg der Geschlechter<br />
Visconti und Sforza, die in der Entwicklungsgeschichte<br />
Mailands eine hervorragende Rolle<br />
spielen. Dem persönlichen Geschmack des<br />
Einzelnen bleibt es überlassen, wieviel er von<br />
den sehenswerten Kirchen, Museen, Galerien<br />
etc. noch betrachten bzw. verdauen kann. Zuviel<br />
ist auch hier ungesund, da die Eindrücke<br />
sich allzu sehr häufen. Die Strassen im Zentrum<br />
Milanos sind grau und manchmal lebensgefährlich<br />
eng bei dem lebhaften Getriebe,<br />
das dort herrscht. Man hat übrigens den<br />
Eindruck, dass insbesondere männliche Passanten<br />
bündelweise ziel- und planlos herumstehen.<br />
Wie man hört, ist eine gründliche<br />
Umgestaltung und Verschönerung des Domplatzes<br />
geplant, wie auch anderer unschöner<br />
Partien Mailands. So darf man hoffen, dass<br />
diese reiche und interessante Stadt in absehbarer<br />
Zeit das hübsche und freundliche<br />
Gesicht bekommt, das ihr Name verheisst.<br />
Auf dem Rückwege empfiehlt es sich, im<br />
echt italienischen Como Station zu machen.<br />
Da Como der Geburtsort der beiden römischen<br />
Schriftsteller Plinius, zweier bekannter<br />
Päpste und des Physikers Volta ist und<br />
überhaupt eine bewegte Vergangenheit hat,<br />
ist es vor allem historisch interessant. Bei<br />
einem Bummel am Quai geniesst man einen<br />
herrlichen Ausblick auf die von bepflanzten<br />
Berghängen eng eingerahmte Spitze des<br />
Comersees. Der Besichtigung wert ist auch<br />
der marmorne Dom mit seinen kostbaren<br />
Portalen und Innenschätzen.<br />
Für einen Tagesausflug hat man nun genug<br />
gesehen und man kann beruhigt wieder der<br />
Südschweiz zustreben. Man freut sich dann<br />
zu Hause über drei Dinge: erstens, dass man<br />
seinen Wagen wieder in der Garage, zweitens<br />
sein Nachtessen im Leibe und — last<br />
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