E_1931_Zeitung_Nr.067
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10 ÄUTOMOBIL-KEVÜE <strong>1931</strong><br />
Henriod in Paris verbracht. Während den<br />
Jahren 1896—1905 baute er dort in einer eigenen<br />
Fabrik einige tausend Wagen, die damals<br />
besonders in der feudalen Gesellschaft<br />
geschätzt wurden. Später trat Henriöd von<br />
der Fabrikation zurück, um sich ausschliesslich<br />
dem Studium und der Vervollkommnung<br />
von Motoren und Uebertragungsorganen zu<br />
widmen. Im Jahre 1884 nahm er mit seinem<br />
Bruder den Bau eines Dampfautomobils in<br />
Angriff. 1892 nahm er den Bau von Explosionsmotoren<br />
auf, die er als industrielle Moioren<br />
an die Beaucourt-Werke verkaufte.<br />
Henriod war es, der später die Grossfabrikation<br />
der Motoren in jenen Werken organisierte,<br />
jener Fabrikation, die bis heute immer<br />
noch grössere Dimensionen angenommen<br />
hatj Im Jahre 1896 stellten die Gebrüder Henriod<br />
an der Genfer Ausstellung ihr erstes Petrolautomobil<br />
aus, das einzige Automobil<br />
übrigens, das denn auch mit einer silbernen<br />
Medaille prämiiert wurde. Auf der gleichen<br />
Ausstellung war G. E. Henriod mit automatischen<br />
Präzisionsmetallbearbeitungsmaschinen<br />
vertretea<br />
Nachdem sich sein Bruder um die gleiche<br />
Zeit aus den Geschäften zurückgezogen hatte,<br />
ging C. E. Henriod speziell zum Automobilbau<br />
über. Im Jahre 1896 nahm er sein erstes<br />
Patent für sein auf der Achse aufgebautes<br />
Getriebe und ein anderes für eine Petroleinspritzvorrichtung,<br />
die den Vergaser ersetzte.<br />
Im gleichen Jahre beteiligte er sich in Paris<br />
an einem Wettbewerb um den Ersatz der<br />
tierischen Traktion durch mechanische Traktion<br />
für den Omnibusbetrieb Madelaine-Bastille<br />
und erhielt den ersten Preis. Fast<br />
gleichzeitig auch legte er das Projekt einer<br />
Trambahn mit Vierradantrieb vor.<br />
1897 kaufte ihm eine Pariser Gesellschaft<br />
alle seine Patente- ab und er verliess die<br />
Schweiz, um für 18 Jahre nach Paris überzusiedeln.<br />
Bis zum Jahre 1902 führte C. E. Henriod<br />
als Erster einen grossen Feldzug für die<br />
Verwendung des Alkohols als Motorbetriebsstoff<br />
und Heizstoff für die Serpollet-Tramways<br />
durch, wobei sein Brennstoff aus 50%<br />
Alkohol, 45% Wasser und Schweröl zusammengesetzt<br />
war. An der Weltausstellung 1900<br />
erhielt Henriod die höchste den Alkoholkraftwagen<br />
zugeteilte Auszeichnung. Stichwortartig<br />
zusammengefasst entfallen in diesen<br />
Zeirauffl noch folgende grosse Erfolge: 1900:<br />
Rennen Paris-Rouen, goldene Medaille für<br />
den von den Alkoholkraftwagen benützten<br />
Henriod-Brentistoff. 1902: Ein Henriod-Wagen<br />
ist der Erste der Alkoholwagen für die<br />
Henriod-Sechszylinder-Motor mit Drehschieber Steuerung. Luftkühlung nnd dem. vom Lenkrad aus<br />
schaltbaren geräuschlosen Getriebe.<br />
Tonnenkilometerprüfung Paris-Corbail. 1902:<br />
Zwei Medaillen anlässlich der Exposition de<br />
Ministere de l'Agriculture. 1902: Goldene<br />
Medaille an der Ausstellung im Kristallpalast<br />
von London und nochmals im gleichen Jahre<br />
erzielte Henriod für seinen Motor auch in<br />
Lima (Peru) noch zwei erste Auszeichnungen.<br />
Noch bevor dieses Jahr zu Ende ging, versanken<br />
die Aussichten auf eine rationelle<br />
Verwendung dieses Brennstoffes infolge der<br />
Ablehnung eines neuen Brennereigesetzes ins<br />
Nichts. Der Alkohol wurde zu teuer und Henriod<br />
ging wieder dazu über, sich ausschliesslich<br />
seinen Motoren und Uebertragungen «u<br />
widmen.<br />
Im Jahre 1902 wurde ihm ein zweites Par.<br />
tent auf einen Hinterachsantrieb mit eingebautem<br />
Getriebe^ erteilt, das er sofort nach<br />
Amerika verkaufte. Nach Amerika, zu<br />
Packard, wanderten auch zwei Antriebapparate<br />
und Motoren als Modelle. Kurz danach<br />
gingen mehrere andere amerikanische Automobilfabriken<br />
zum Einbau der Henriod-Achse<br />
über; einige Jahre später kamen noch einige<br />
englische Firmen hinzu und heute noch findet<br />
sich diese Konstruktion bei Wagen der<br />
grössten Firmen Frankreichs.<br />
1905 verkaufte Henriod seine Patente der<br />
Firma Darracq, die im gleichen und in den<br />
nachfolgenden Jahren mit Henriod-Achsetf<br />
französischen und überseeischen Bootsrennen<br />
zahreiche erste Preise.<br />
Mit zähem Zielbewusstsein verfolgte unser<br />
Landsmann noch ein weiteres Programm:<br />
die Beseitigung jedes mechanischen Zusatzorganes<br />
zwischen Motor und Differential,<br />
die vom Antrieb unabhängige Lagerung der<br />
Antriebsräder auf der Hinterachse und die<br />
Abstützung der Hinterachse am Chassis durch<br />
ein Schubrohr mit Gelenkkugel. Heute weisen<br />
8 / 10 aller Automobile diese oder jene<br />
Charakteristik auf.<br />
Das Trachten Henriods ging immer weiter<br />
auf Vereinfachungen aus. Um die Bedienung<br />
des Wagens zu erleichtern und das Antriebsaggregat<br />
zu vereinfachen, suchte Henriod die<br />
Kupplung zu umgehen und die Geschwindigkeits-Schaltorgane<br />
auf dem Lenkrad selbst<br />
anzuordnen. Im Jahre 1906 wurde ihm auf<br />
ein «Volant transformateur de vitesse» ein<br />
erstes Patent erteilt, das sich im darauffolgenden<br />
Jahr eine grosse französische Firma<br />
erwarb. Schon mit diesem ersten Apparat war<br />
es möglich, mit einer Fingerbewegung das<br />
Getriebe vom direkten Vorwärtsgang auf<br />
Rückwärtsgang umzustellen, ohne die Bremsen<br />
zu betätigen. Noch im Jahre 1914 wurde<br />
von dem gleichen Gegenstand einer zweiten<br />
Firma eine Lizenz erteilt, deren Ausbreitung<br />
dann aber der Ausbruch des Weltkrieges<br />
verhinderte. Die Federlagerung in Gummi<br />
den Grand Prix des A. C. F. gewann. Die.<br />
wurde von Henriod ebenfalls schon im Jahre<br />
Henriod-Achse selbst wurde nun in grossen<br />
1907 -zum Patent angemeldet.<br />
Serien hergestellt und nach Amerika -ausgeführt.<br />
Henriod-Motoren erzielten auch bei der Getriebe unternommenen Studien<br />
Die seitdem wieder auf dem,Spezialgebiet<br />
haben<br />
NO «7<br />
ihren definitiven Abschluss erst jetzt gefunden.<br />
Wir glauben, dass der immer erfolgreiche<br />
Henriod gerade hier seinen höchsten<br />
Triumph errungen hat.<br />
Aber damit nicht genug. Kaum ist das Getriebe<br />
in seinem letzten Typ endgültig fertiggestellt,<br />
macht sich der unermüdliche Erfinder*noehmals<br />
an die Durchkonstruktion eines<br />
ganzen dazu passenden Motors. Wir haben<br />
den seinerzeit als eine der grössten<br />
Sensationen aufgenommenen Henriod-Motor<br />
weiter oben schon erwähnt. Gebaut wurde<br />
er erstmals im Jahre 1909. Sein Hauptcharakteristikum<br />
besteht im Ersate der Ventile<br />
durch einen einzigen seitlich der Zylinder<br />
angeordneten Drehschieber. Unzählige Konstrukteure<br />
hatten sich vorher und haben sich<br />
auch seitdem an dieser Lösung erfolglos die<br />
Zähne ausgebissen. Erst dadurch, dass<br />
Henriod den Schieber so einbaute, dass er<br />
in den Momenten der Explosion, und damit<br />
der Hohen Drucke und Temperaturen, von<br />
den Verbrennungskammern isoliert ist. war<br />
das Problem gelöst. Der Schieber arbeitet<br />
nun unter den günstigen Bedingungen an<br />
der vorzüglich geschmieTten Welle und ist<br />
vollkommen unempfindlich.<br />
Ein Jahr nach der Erschaffung dieses Motors<br />
kaufte eine grosse französische Firma<br />
dem Erfinder das Patent ab. Ohne die vollständige<br />
Mise au point abzuwarten, nahm sie<br />
den Motor in Fabrikation und erzielte Resultate,<br />
die alle Erwartungen übertrafen.<br />
Fast alle damaligen Grossen des Volants<br />
Hessen sich den Motor in ihre Wagen einbauen<br />
und erzielten an schwersten Prüfungsfahrten<br />
Erfolge um Erfolge. An ruhigem,<br />
turbinenähnlichem Lauf und Robustheit war<br />
der Motor einzigartig und seine Einfachkeit<br />
ist noch heute unübertroffen, weist der Motor<br />
doch beispielsweise 220 Einzelteile weniger<br />
auf als jeder andere Achtzylinder mit<br />
oder ohne Ventile.<br />
Unter offizieller Kontrolle des Automobil- 1<br />
clubs von Frankreich wurde in dessen Laben<br />
ratorium für den Motor ein Verbrauch von<br />
nur 229 Gramm Brennstoff für die Pferde-*<br />
kraft-Stunde festgestellt, bei einer Leistung;<br />
von 31,5 HP bei 1311 Touren pro Minute.<br />
Auf der Brooklands-Rennbahn stellte ein<br />
serienmässiger Tourenwagen von 1600 kg<br />
fünf Stunden lang einen Stundendurchschnitt<br />
von 90 km auf, wobei die einzelnen Rundenzeiten<br />
nur um 1—2 Sekunden variierten.<br />
Dieser Motor, der übrigens mit Luftkühlung<br />
arbeitet, ist nun in der Zeit zwischen<br />
1914 und 1930. während welcher Zeit man,<br />
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