28.02.2018 Aufrufe

E_1933_Zeitung_Nr.048

E_1933_Zeitung_Nr.048

E_1933_Zeitung_Nr.048

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Opel 1200, Wanderer 500, Hanomag 500. Im<br />

ersten 'Quartal des Vorjahres wurden in<br />

Deutschland pro Werktag durchschnittlich<br />

88 fabrikneue Personenautomobile und 15<br />

Lastwagen in Verkehr gesetzt, in den ersten<br />

drei Monaten <strong>1933</strong> waren es 115 und 20. In<br />

Italien ist der Verkauf fabrikneuer Personenwagen<br />

im Januar und Februar gegenüber den<br />

zwei ersten Monaten des Vorjahres um über<br />

100 Prozent gestiegen, der Lastwagenverkaui<br />

von 459 auf 497 Stück.<br />

In Fachkreisen erkennt man den Grund des<br />

Absatzrückganges auf dem schweizerischen<br />

Markte in den einschränkenden Vorschriften<br />

der Vollziehungsverordnung zum Automobilgesetz,<br />

die das Gesamtgewicht eines Lastenzuges<br />

auf 16 Tonnen herabsetzt. Da unsere<br />

einheimischen Qualitätserzeugnisse schwerer<br />

sind als die fremdländischen Wagen, geht<br />

jene Herabsetzung bei Schweizer Wagen auf<br />

Kosten der Nutzlast und setzt diese in Nachteil<br />

gegenüber ausländischen Fabrikaten. Ungünstig<br />

wirken sich ferner die hohen Steuern<br />

und Benzinzölle aus. Auch die Befürchtung,<br />

dass der Zoll auf Benzin und Rohöl neuerdings<br />

erhöht werde, macht sich in schwerwiegender<br />

Weise bemerkbar.<br />

Wie erklärt sich demgegenüber das Wiederaufblühen<br />

der Automobilindustrie in Deutschland<br />

und Italien? Im April wurde durch einen<br />

Erlass der Reichsregierung angeordnet, dass<br />

neue Automobile für eine vorläufig nicht bestimmte<br />

Zeit von jeder Besteuerung befreit<br />

sind. Italien gewährt für neue leichte Personenwagen<br />

einen vollständigen Steuererlass<br />

während der Dauer eines Jahres und richtet<br />

für schwere Lastwagen einheimischer Marken<br />

Subventionen aus.<br />

Im Interesse einer bedeutenden Schweizer<br />

Industrie sollte unverzüglich geprüft werden,<br />

welche Massnahmen geeignet sind, einer weiteren<br />

Verschlimmerung der Lage vorzubeugen.<br />

Die anderwärts gemachten Erfahrungen<br />

mit Steuererleichterungen, bei gleichzeitiger<br />

Unterstützung der einheimischen Fabrikation<br />

sind günstige. Soll sich bei uns die Erfahrung<br />

wiederholen, die wir mit der Personenwagen-Industrie<br />

gemacht haben? Wollen wir<br />

warten, bis in Ermangelung von Schutzmassnahmen<br />

auch die Lastwagen-Industrie dem<br />

Untergang entgegengeht? Ein Mittel zur Belebung<br />

der Lastwagen-Industrie wäre die<br />

Herabsetzung der Steuern auf neuen Wagen<br />

schweizerischer Konstruktion. Dass auch<br />

eine Ermässigung der Benzinzölle geeignet<br />

wäre, der Automobilindustrie einen neuen<br />

Impuls zu verleihen, liegt auf der Hand, wenn<br />

schon die derzeitige Lage der Bundesfinanzen<br />

eine solche Massnahme schwerlich ins Auge<br />

fassen lässt.<br />

Im weiteren darf erwartet werden, dass<br />

der Käufer eines Lastwagens die hochwertige<br />

Qualität schweizerischer Erzeugnisse in Rechnung<br />

stelle und sie auch deshalb nach Möglichkeit<br />

bevorzuge, weil einer leistungsfähigen<br />

Landesindustrie geholfen werden muss, aus<br />

ihrer schwierigen Lage herauszukommen und<br />

die entlassenen Arbeiter wieder zu beschäftigen.<br />

Feststellung von Trunkenheit<br />

aus dem Alkohol im Blut.<br />

Wenn Alkohol getrunken wird, gelangt dieser<br />

vom Magendarmkanal aus ins Blut und<br />

muss sich chemisch darin nachweisen lassen.<br />

Auch im Harn erscheint der Alkohol, indem<br />

er von den Nieren abgefiltert und ausgeschieden<br />

wird. Der Nachweis im Blut ist jedoch<br />

genauer als der im Harn.<br />

Durch jahrelange Arbeiten, so schreibt Dr.<br />

med. R. Qoldhahn in der «Umschau >, des<br />

schwedischen Forschers Widmark ist heute<br />

die Blutalkoholbestimmung soweit ausgebaut,<br />

dass sie als ein ganz unentbehrliches Hilfsmittel<br />

zum Trunkenheitsnachweis angesehen<br />

werden muss. Besonders wertvoll ist dabei,<br />

dass die verfeinerte Widmarksche Methodik<br />

zu diesem Nachweis nur ganz kleine Blutmengen<br />

benötigt. Mittels einer kleinen S-<br />

förmig gebogenen Kapillare, die sich infolge<br />

der Kapillarwirkung von selber füllt, wird<br />

aus einer Nadelstichöffnung im Ohrläppchen<br />

oder dem Finger ein Tröpfchen Blut entnommen.<br />

Die Kapillarröhrchen lassen sich<br />

durch Gummihütchen verschliessen und können<br />

zur weiteren chemischen Untersuchung<br />

an das Laboratorium verschickt werden. Noch<br />

nach Tagen ist infolge einer besonderen Vorbereitung<br />

der Röhrchen der Blutalkoholgehalt<br />

unverändert und das Blut noch flüssig.<br />

Durch quantitative Untersuchung lässt<br />

sich der Alkoholgehalt des Blutes bestimmen.<br />

Die Probe ist ausserordentlich empfindlich,<br />

denn schon 5 ccm getrunkenen Alkohols —<br />

das entspricht einem Zehntelliter Bier —<br />

lassen sich nachweisen. Normalerweise findet<br />

sich im Blute als Folge der Stoffwechselvorgänge<br />

eine nur ganz geringe Alkoholmenge,<br />

auch dann, wenn der Untersuchte<br />

zuvor keinen Alkohol getrunken hat, nämlich<br />

0,03 g pro Liter. Nach Alkoholgenuss steigt<br />

jedoch dieser Wert beträchtlich an, und man<br />

hat in Fällen von tödlicher Vergiftung bis zu<br />

6 g im Liter gefunden.<br />

Die gerichtliche Praxis fordert vom untersuchenden<br />

Chemiker ein Urteil über Menge<br />

des Alkoholkonsums und Grad der Trunkenheit.<br />

Widmark vermag diese Frage durch<br />

eine besondere Berechnung zu lösen. Mittels<br />

des Körpergewichtes, das in einer gewissen<br />

Parallele zur Blutmenge steht, und der seit<br />

dem Alkoholkonsum verstrichenen Zeit lässt<br />

sich die genossene absolute Alkoholmenge<br />

errechnen. Unsere Kontrolluntersuchungen<br />

sowie die zahlreichen von Widmark selbst<br />

angegebenen Werte lassen eine ausserordentliche<br />

Sicherheit in der Berechnung erkennen.<br />

Einige Beispiele sollen dies zeigen:<br />

Gemessene Errechnete Grosse dies<br />

Menge Menge Fehlers<br />

42 g 39 g —3g<br />

61 g 63 s 1+ 2 g<br />

95 g 93 g I —2g<br />

38 g 40 g (+ 2 g<br />

25 g 24,3 g — 0,7 %<br />

50 g 47 g —3g<br />

Schwieriger ist auf Grund der Blutalkohol-,<br />

bestimmung die Entscheidung der Prage,,.ob;<br />

ein Alkoholrausch vorlag, denn die individuellen<br />

Verschiedenheiten in der Verträglichkeit<br />

von Alkohol sind sehr gross. Trotzdem<br />

lässt sich aus Reihenuntersuchungen<br />

ein Massstab dafür gewinnen. Wir sehen dabei<br />

von jenen sich ganz entgegen der Regel<br />

verhaltenden Fällen ab, die infolge von Gehirnerkrankungen,<br />

Epilepsie usw. in krankhaft<br />

gesteigerter Weise auf Alkohol ansprechen.<br />

Man kann für normale Verhältnisse<br />

(organgesunde Menschen) folgende Normzahlen<br />

annehmen: Unter 0,7 g Alkohol im<br />

Liter Blut kommt niemals Alkoholbeeinflussung<br />

vor. — Bei 1,3 g zeigt die Hälfte aller<br />

Fälle, und bei 1,7 g 85% deutlichen Alkoholrausch.<br />

— Von 2 g an aufwärts ist Alkoholrausch<br />

immer anzunehmen. Es ergibt sich<br />

eine solche Staffelung aus der Gesetzmässigkeit,<br />

dass, je konzentrierter ein Gift ist, desto<br />

geringer die individuellen Schwankungen<br />

der Giftwirkung bei den Vergifteten sind.<br />

Mit steigender Konzentration wird demnach<br />

die Wirkung mehr und mehr typisiert. — In<br />

AUTOMOBIL-REVUE <strong>1933</strong> - N°48<br />

voller Bestätigung dieser Tatsache steht die<br />

von Widmark aus Hunderten von Fällen gefundene<br />

Häufigkeitskurve der Alkoholbeeinflussung.<br />

Für das Gericht wird sich sehr häufig die<br />

Frage ergeben, ob ein Motorfahrer soweit<br />

unter Alkoholwirkung stand, dass er zur sicherem<br />

Führung seines Fahrzeuges ausserstande<br />

war. Nach Widmark ist er von 1,6 g<br />

Alkohol im Liter Blut an nicht mehr in der<br />

Lage, sein Fahrzeug sicher zu führen. Dieser<br />

Wert ist nach meinen Erfahrungen sehr<br />

hoch gegriffen und ist vielleicht durch den<br />

in Schweden weit verbreiteten Genuss hochprozentiger<br />

Spirituosen und die Gewöhnung<br />

der Bewohner an diese zu erklären. Auch ist<br />

es wesentlich, ob es sich um Autofahrer oder<br />

Motorradfahrer handelt. Letztere werden<br />

weit mehr als die Autofahrer durch Alkoholbeeinflussung<br />

in der Führung ihres Fahrzeuges<br />

beeinträchtigt.<br />

Mindestens ebenso wichtig ist es, bei den<br />

Opfern eines Verkehrsunfalles durch die<br />

Blutalkoholbestimmung festzustellen, ob sie<br />

berauscht oder nüchtern waren, denn sehr<br />

oft schon ist ein Betrunkener auf einsamer<br />

Ländstrasse einem Auto vor die Räder gelaufen,<br />

ohne dass der Fahrer einen entlastenden<br />

Zeugen hatte, der ihm die Trunkenheit<br />

des Ueberfahrenen vor Gericht bestätigen<br />

konnte. Und selbst wenn Zeugen vorhanden<br />

sind, ist deren Aussage nur mit grösster Vorsicht<br />

zu bewerten. Meine eigenen, ausschliesslich<br />

von Unfallverletzten stammenden Erfahrungen<br />

und Mitteilungen von Widmark<br />

haben immer wieder die grosse Unsicherheit<br />

der Trunkenheitsdiagnose auf Grund der klinischen<br />

Erscheinungen (Prüfung des Gangvermögens,<br />

der Sprache usw.) erwiesen. Ausserdem<br />

aber sind bei Bewusstlosen und<br />

Schwerverletzten alle diese Untersuchungen<br />

ganz oder zum Teil undurchführbar. Dazu<br />

kommt die oft sehr stark ernüchternde Wirkung<br />

des Unfallerlebnisses. Viele Angetrunkene<br />

werden zudem beim Eintreffen des untersuchenden<br />

Arztes die Herrschaft über<br />

sich selbst schon soweit wiedererlangt haben,<br />

dass die klinische Trunkenheitsdiagnose<br />

nicht mehr gestellt werden kann.<br />

Nach den heute vorliegenden Ergebnissen<br />

muss die Anwendung der Blutalkoholbestim- i<br />

mung bei allen Verkehrsunfällen gefordert<br />

werden; aber nicht — wie es in einzelnen<br />

Ländern z. T. geschieht — einseitig auf den<br />

Fahrzeugführer angewandt, sondern in. gleichem<br />

Masse auch auf die bei einem .Unfall<br />

verletzten Personen.<br />

Reorganisation der deutschen<br />

Automobil-Clubs.<br />

Um die Führung im Autosport.<br />

Die bis in die feinsten Verästelungen des<br />

ganzen öffentlichen Lebens in Deutschland<br />

radikal eingreifende Gleichschaltung macht<br />

auch vor den Automobilclubs, wie nicht anders<br />

zu erwarten war, kaum Halt. Die politisch©<br />

Seite dieser Aenderungen hat für uns<br />

kein Interesse. Was jedoch auch für unsere<br />

Leser von Bedeutung sein dürfte, ist die Einstellung<br />

der gegenwärtig führenden Richtung<br />

in Deutschland zu den schon lange bestehenden<br />

Clubs, insbesondere auch zum Automobilsport.<br />

In dieser Hinsicht dürfte auf eine Rede<br />

hingewiesen werden, die kürzlich dex Chef<br />

Schweizerische Rundschau<br />

Reform der Verkehrssignale. In Genf hat<br />

in den Tagen vom 29. Mai bis 1. Juni der Ausschuss<br />

des Völkerbundes für Strassenverkehr<br />

getagt. Unter den von ihm geprüften Fragen<br />

befand sich zunächst die der Niveauübergänge.<br />

Im Anschluss an die Arbeiten des Eisenbahn-<br />

Kongresses in Kairo vom Januar <strong>1933</strong>, der<br />

für einzelne Arten von Niveau-Uebergängen<br />

die Anwendung der automatischen Signalisierung<br />

empfahl, hat der Ausschuss die Auffassung<br />

vertreten, dass dieses System nach<br />

international anerkannten Grundsätzen zu<br />

verwirklichen wäre. Da über diesen Punkt<br />

auch die Vertreter der Eisenbahnen mitzureden<br />

haben, ist die Bildung eines gemischt<br />

ten Komitees beantragt worden. Hinsichtlich<br />

der Lichtsignale ist, nach Kenntnisnahme<br />

der Ergebnisse der europäischen Strassenverkehrskonferenz,<br />

anerkannt worden, dass<br />

die beiden gegenwärtig bei Strassenkreuzungen<br />

angewandten Systeme, nämlich das einfarbige<br />

und das mit den Farben Rot-Gelb-<br />

Grün, die einzigen seien, welche die Regierungen,<br />

um unerwünschte Komplikationen zu<br />

vermeiden, anwenden sollten, und zwar so,<br />

dass sie zum mindesten in jedem Lande einheitlich<br />

wären. Für die Signale zur Kennzeichnung<br />

von zu umfahrenden Hindernissen,<br />

wie Verkehrsinseln, wird der Orangefarbe,<br />

gegenüber allen anderen Farben der Vorzug<br />

gegeben. Dabei wird noch besonders bemerkt,<br />

dass diese Signale in einer massigen Höhe<br />

anzubringen wären, damit sie auch von Fahrern<br />

in den modernen niedrigen Wagen leicht<br />

sichtbar sind. Betreffend die Signale der Verkehrspolizisten<br />

wünscht der Ausschuss die<br />

Aufrechterhaltung des von der europäischen<br />

Strassenverkehrs - Konferenz angenommenen<br />

Systems, wobei noch besonders betont wird,<br />

dass die Aufstellung und Ausrüstung des<br />

Polizisten ihn möglichst gut sichtbar machen<br />

müssen und dass die betreffenden Zeichen in<br />

jedem Lande einheitlich und, bei Beschränkung<br />

ihrer Zahl auf ein Minimum, leicht verständlich<br />

sein sollten. Nur in Ausnahmefällen<br />

wären sie durch ergänzende Signale für besondere<br />

Arten des Verkehrs zu vermehren.<br />

Für die Zeichen, die der Fahrer selbst zu<br />

geben hat, wird die durchgehende Anwendung<br />

mechanischer Vorrichtungen (Richtungszeiger<br />

in Form des Winkers, elektrisches Stopsignal),<br />

statt der leicht missverständlichen Zeichen<br />

mit dem,Arm empfohlen.<br />

Bi.<br />

Sportnachrichten<br />

der Motor S.A. und' des N.S.KJK. (soll heis-><br />

sen: Nationalsozialistisches Kraftfahrkorps)<br />

Major a. D. Hühnlein anlässlich eines S.A.-<br />

Aufmarsches hielt, und in der Entscheidendes<br />

über die zukünftige Erfassung und Formation<br />

der deutschen Automobilisten geäussert<br />

wurde. Die umfassende Neuorientierung<br />

ist schon deshalb für das Ausland von Bedeutung,<br />

weil zahlreiche Fragen im Automobilismus<br />

nur international gelöst und in der<br />

A.I.A.C.R. und ihren verschiedenen Unterverbänden<br />

behandelt werden können. In seinen<br />

einleitenden Ausführungen stellte der<br />

Redner fest, dass das N.S.K.K. eine Gesamtstärke<br />

von 70,000 Mann aufweise, und damit<br />

an die Spitze aller deutscher Automobilverbände<br />

getreten sei. Seine Stellung zu den<br />

gegenwärtigen deutschen Automob ilclubs<br />

gnädiges Fräulein, ich bin nämlich schuld,<br />

dass Herr Wermstedt nicht pünktlich ist; ich<br />

habe ihn gestern zu einem kräftigen Männertrunk<br />

verführt.»<br />

«Oh, mein prophetisches Gemüt,» lachte<br />

Anni, und zwei reizende Grübchen blühten in<br />

ihren Wangen auf.<br />

«Er wird gleich hier sein. Er hat mir auch<br />

seine Erfindungen gezeigt,» fügte Georg zur<br />

Entschuldigung hinzu, die dargebotene Hand<br />

drückend. «Deshalb hat es etwas länger gedauert<br />

Jedenfalls sind es starke Talentproben.»<br />

«Nicht wahr? Sie glauben auch an ihn?»<br />

fragte Anni, und ihre strahlenden Wunderaugen<br />

sahen ihn mit so viel innerem Leben<br />

an, dass Georg ein Schauer durchrieselte.<br />

Er wusste genug! Das war Liebe! Hüte dich,<br />

so sang die bessere Stimme in ihm... In unbefangenem<br />

Ton, mit leichtem Lächeln den<br />

Kopf wiegend, erwiderte er: «An ihn glauben<br />

— so möchte ich es nicht gerade ausdrücken.<br />

Aber ich bin überzeugt, er wird seinen Weg<br />

machen. Ich wäre nicht abgeneigt, die eine<br />

oder die andere Erfindung von ihm zu finanzieren.<br />

Aber er wird das für schnöden Eigennutz<br />

halten.»<br />

«Oh, das glaube ich nicht,» sagte Anni und<br />

trat aus dem Garten.<br />

«Jedenfalls, gnädiges Fräulein, bitte ich Sie<br />

um eins: seien Sie versichert, dass ich stets<br />

zur Verfügung stehe. Ich habe Ihre Frau<br />

Mutter, die Ihnen aufs Haar glich, einmal sehr<br />

verehrt, ich bin ihr treuester Freund — alles<br />

andere ist unwahr und ein trauriges Miss-<br />

Verständnis. Glauben Sie mir!» In seinem^ Georg blieb stehen. Wie seltsam: trotz<br />

Blick lag so viel Wahrheit und Aufrichtigkeit, aller Bedenken und Sorgen fühlte er sich jetzt<br />

dass Anni warm wurde.<br />

kräftig und unverzagt. War er nicht eingesponnen<br />

in diese Schönheit der Welt, die<br />

«Ich glaube Ihnen,» sagte sie herzlich und<br />

drückte ihm fest die Hand.<br />

selbst im Sterben des Jahres noch lächelte?<br />

In diesem Augenblick klang ein schnell Konnte nicht auch der Herbst noch schenken?<br />

näher kommender Schritt auf der Landstrasse.<br />

Der Nebel, obwohl schon leise von er jetzt, zum Städtchen zurückkehrend, die<br />

Ein Lächeln lag auch in seinen Augen, als<br />

der Sonne durchleuchtet, verbarg den Eiligen<br />

noch. «Da kommt er,» sagte Anni. «Er sog, als brauche er einen Vorrat davon für<br />

selige Ruhe dieser Landschaft in sich hinein-<br />

ist etwas stürmisch.»<br />

die kommenden Tage.<br />

«Ja, weiss Gott, das ist er,» lachte Georg.<br />

19.<br />

Schon von weitem entschuldigte sich Georg gab ein Telegramm nach Doberan<br />

Wermstedt. Anni winkte zur Beruhigung. auf, in dem er sein Kommen auf übermorgen<br />

«Ein Ungeheuer, hat Sie schon entschuldigt,» ankündigte und seine Post nach dem Berliner<br />

warf Georg hin. Er wollte noch etwas sagen, Hotel bestellte. In einem anderen Telegramm<br />

aber der tiefe Blick, den die beiden Liebenden sagte er der Staatsanwaltschaft sein Kommen<br />

austauschten, Hess ihn verstummen. Er verabschiedete<br />

sich nach einigen Worten und Rosenheim, wo er den Berliner D-Zug er-<br />

auf morgen an. Dann fuhr er im Auto nach<br />

ging ins Städtle zurück. Die Sonne brach reichte.<br />

durch die feinen Nebelschleier und leuchtete Die am nächsten Morgen im Berliner Hotel<br />

mit der rührenden Wärme des scheidenden eingelaufene Post war nicht sehr erfreulich.<br />

Herbstes auf Laubgold, Dahlien und Astern. Ein mit Krähenfüssen besäter Brief von Fräulein<br />

Tölsch lautete:<br />

Ein plötzlich aufwogendes Glücksgefühl nahm<br />

in Georg den Kampf auf mit schmerzlicher «Lieber Richard!<br />

Trauer. Er atmete tief und streckte beide Deine werten Zeilen empfangend, falle ich<br />

Arme aus. Vielleicht gab es noch Ziele für direkt vom Stengel. Ich lese wohl nicht, richtig:<br />

Priebenow willst Du versilbern? Das<br />

ihn... Ein Holzhäher schreckte ihn aus seinen<br />

Gedanken auf. Buntschillernd, mit krächzendem<br />

Schrei zog er im Bogenflug von so guter Abnehmer ist? Und deshalb hast<br />

schöne Gut mit die viele Milch, wo Berlin<br />

Wipfel zu Wipfel. Der herbe Duft gärenden Du Dir das Schloss im vorvorigen Frühjahr<br />

Laubes stieg vom Waldboden auf und würzte noch so vom Dach bis zum Keller neu renovieren<br />

lassen, bloss um zu verkloppen? Und<br />

die morgenfrische Herbstluft. Wie verträumt<br />

glitt hie ,und da ein 4 gelbes Blatt durch die bloss wegen dem dämlichen Herz? Entschuldige,<br />

das .dämliche' lief mir so in die Zweige herab.<br />

Feder.<br />

Aber ist es nicht war? Im Mittelgebirge wird,<br />

das Herz auch nicht besser, wenn Du da<br />

täglich Deine zwei Pullen hinter die Binde<br />

giessest, wie hier. Da liegt nämlich der Hase<br />

im Pfeffer, lieber Freund. Trink Du ein halbes<br />

Fläschchen täglich, Sonntags mal ein ganzes<br />

und pass mal auf, wie das Herz auch in<br />

Priebenow sachter puppert.<br />

Nein, lieber Freund, daraus wird nichts.<br />

Das überlege Dir freundlichst noch mal. Und<br />

denn: was soll das heissen, dass ich da in<br />

Stellung bleiben soll? Ich denke ja gar nicht<br />

dran! Hast Du mir nicht versprochen, dass,<br />

wenn unsere Liebe Folgen haben sollte, Du<br />

mich heiraten willst? Im März wird es so<br />

weit sein. Im März! Also was Du Dir da<br />

unter dem Einfluss Deiner sehr geehrten<br />

Frau Mama ausgeheckt hast, die mich, wie<br />

es scheint, noch immer mit ihrem gnädigen<br />

Hass verfolgt, das kommt nicht in Frage.<br />

Solltest Du aber wirklich die Unklugheit<br />

begehen und Priebenow verkaufen, was doch<br />

nur bei einem sehr starken Profit Sinn hätte,<br />

so kann deswegen unmöglich an unserem<br />

Verhältnis etwas geändert werden. Das hast<br />

Du Dir wohl nicht recht überlegt. Ich kann<br />

Dir den Eid zuschieben, dass Du mir die Heirat<br />

versprochen hast, für den Fall, dass ,<br />

Du kannst doch auch ein anständiges Mädchen<br />

nicht um Ehre und Reputation bringen!<br />

Ich weiss ja, Du hast einen öffentlichen Skandal<br />

nicht gern, und auch mit Recht, also,<br />

wenn Du den vermeiden willst, kann da nichts<br />

draus werden.<br />

(Fortsetzung im «Aütler-Feierabend».)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!