E_1933_Zeitung_Nr.060
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60%. Eine Erhöhung der Bahntarife würde<br />
also jedenfalls stark lähmend auf den Handel<br />
einwirken und die ökonomischen Trans-*<br />
Portfähigkeit mancher Ware schädigen.<br />
Die Prüfung der Sachlage ergibt, dass,das.<br />
Problem Bahn^Auto nicht aktuell'sein kann,<br />
obwohl es künstlich in den. Brennpunkt des<br />
allgemeinen Interesse« gestellt werden soll.<br />
Der Angelpunkt des Ertragsproblems der<br />
Eisenbahn liegt nicht bei einer imaginären<br />
Konkurrenz des Kraftwagens, sondern vielmehr<br />
in Strukturwandlungen der Weltwirtschaft<br />
begründet und ist Wesensgleich trat<br />
demselben Problem bei der Seeschiffahrt,<br />
die heute in genau derselben -Krise steckt<br />
wie alle Eisenbahnen. - '• , "<br />
Dieses für die Transportunternehmungen<br />
der ganzen Welt so folgenschweren Strukturwandlungen<br />
sind zum Teil in den Fort-*<br />
schritten der Technik begründet, jedenfalls'<br />
aber zum weitaus; grösseren Teil die-unselft-,<br />
gen Folgen, des Protektionismus und des<br />
Autarkiestrebens der einzelnen Länder in<br />
der Nachkriegszeit. . ,. " . ,.<br />
Während sich nämlich, vor dem ..Kriege die<br />
einzelnen Länder klar in Industrie- und in'<br />
Agrarstaaten scheiden Hessen, ist diese:<br />
Trennung immer mehr verwischt als Folge<br />
des in der Nachkriegszeit .extrem gewordenen<br />
Protektionismus, als jedes Land die 7 Entfaltung<br />
möglichst' sä;mtli>chef .'PrödüktiCünszweige<br />
innerhalb der Zollgrenzen mit allen<br />
möglichen Kunstkniffen anstrebte. TJieS,<br />
musste dazu führen, dass heute allgemein<br />
auf der ganzen Welt die Güter über weniger<br />
lange Strecken, also überhaupt weniger,<br />
transportiert werden.<br />
'<br />
Für die 'Schweiz findet die. Verkürzungder<br />
Transportwege und also die: : ; relative,<br />
Minderung der .Transporte:..an sich .einen<br />
zahlenmässigen Ausdruck In den >Transportzifferh<br />
der S.B.B. Nach diesen .Zahlen ist<br />
der interne Güterverkehr von '6,144,650 Tonnen<br />
im Jahre 1913 auf. 7,724,348 Tonnen'im<br />
Jahre 1932,. oder also von 100 auf 125,7 %<br />
gestiegen. Dagegen ist der, Güterverkehr mit<br />
dem. Auslande vcfti '5,639,548 Tonnen- sauf<br />
4,918,997 Tonnen öder auf ,87,2% gefallen,<br />
während ebenfalls ,der Transitverkehr- von<br />
2,084,686 Tonnen auf 1,991,435/Tonnen'heruntersank,<br />
oder also auf 95,3?,, Mit andern<br />
Worten: Während der gesamte Güterverkehr<br />
1932 105 % des Güterverkehrs von 1913<br />
ausmacht (14,218,000 t im' Jähre 1913 und<br />
14,993,000 t im Jahre 1932), steigt der relative<br />
Anteil des Ihlandfransportes auf 125,7%,<br />
wogegen die relativen Anteile des 'Verkehrs/<br />
mit dem Ausland* und des •Transitverkenres<br />
!<br />
auf 87,2% und 95,5% sinke«.' ^wi-r-r<br />
Diese Zahlen beweisen zweierlei: Einmal<br />
ist effektiv die Konkurrenz des Automobils<br />
kaum spürbar, steigt doch der Inlandgüterverkehr,<br />
dem allein das Automobil Konkurrenz<br />
machen könnte, stark an. Zweitens aber<br />
hat der Protektionismus eine : enorme<br />
Schrumpfung des Anteils des internationalen<br />
Austausches von Gütern verursacht, ,weshalb<br />
die Entwicklung des Verkehres weit<br />
hinter dem zurückbleibt, was den Kapitalinvestitionen<br />
bei den Bahnen entsprochen<br />
hätte. Das Zurückgehen des internationalen<br />
Handels hat nun noch zur Folge, dass immer<br />
mehr Transporte auszuführen sind, für die<br />
die Bahn mangels genügender Entfernung,<br />
gar nicht oder nur als minderwertiger Ersatz<br />
in Frage kommt oder kommen könnte.<br />
Neben diese geographisch sich auswirkenden<br />
Struktur-Wandlungen treten nun noch<br />
technisch bedingte, durch-die Fortschritte der<br />
Technik verursachte Struktur-Wandlungen in<br />
der Weltwirtschaft, wie z. B. durch Elektrifizierung,<br />
Gasfernleitung usw. Durch diese<br />
technischen Neuerurigen sind Transporte, zum<br />
Beispiel grosser Mengen Kohle, in Wegfall<br />
geraten., So sind für die Schweiz Importe an<br />
Steinkohlen und* Briketts von 29,4 Millionen<br />
Zentner im Jahre 1913 auf 22,2 Millionen Zentner<br />
zurückgegangen. Dieser Rückgang ist<br />
nicht zuletzt auch-durch die'S.B.B.'Selbst<br />
verursacht worden, indem ihr Kohlenverbrauch<br />
von 7 Millionen Zentner im Jahre 1913<br />
auf 2.Millionen Zentner im Jahre 1932 oder<br />
um über 70 Prozent gesunken ist.<br />
Diese Struktur-Wandlungen sind der Grund<br />
der Krise des Transportwesens; sie sind aber<br />
unabänderliche -Tatsachen geworden. Eine<br />
Kritik der Kurzsichtigkeit protektionistischer<br />
Wirtschaftspolitik Tcann die Lage nicht ändern,<br />
und es bleibt nur das eine, sich ihr anzupassen.<br />
Die dargelegten Veränderungen<br />
haben allgemein die Bedeutung und damit<br />
den Ertragswert der Transportmittel, für<br />
grosse Distanzen herabgemindert. Eine wirkliehe<br />
Sanierung der S. B. B. darf deshalb nicht<br />
darauf.hinauslaufen, irgendein anderes'Transportmittel<br />
in seiner Bewegungsfreiheit einzuengen,<br />
denn dadurch kann die Lage, der Bahn<br />
nicht gebessert werden, dafür aber 1 wird' der<br />
Wirtschaft des ganzen Landes ein Krebsübel<br />
angehängt, so dass der Auswanderung der<br />
Industrie aus /unserem Landein ünvei'äTitwortiicher<br />
Weise Vorschub geleistet' wird.<br />
In, Wirklichkeit ist heute bereits das in<br />
den Bundesbahnen angelegte Vermögen des<br />
Schweizervolkes entwertet. Diese Entwertung<br />
beruht einerseits auf einem bleibenden Verkehrsrückgang.,<br />
als Folge der veränderten<br />
NVirtschaftsstruktur,. anderseits aber wurzelt<br />
'sie in überteuerten Neu-Investitionen, die mit<br />
dem Weltkriege. einsetzten. Beide, Faktoren<br />
haben dieselbe Wirkung:" die Ueberkapitalisation.<br />
Es hat gar keinen Sinn,,dem Automobil<br />
einengende Fesseln aufzuerlegen, tun den<br />
fingierten Kapitalwert der Bundesbahnen<br />
noch länger aufrechterhalten zu können, denn<br />
die Wertfiktion bricht doch bald', zusämmert.<br />
Soll nun in der Zwischenzeit der Strässerivörkehr<br />
abgedrosselt werden? "-Auch in • den-<br />
Strassenzügen' 'hat das ' Schweizervölk ' sein<br />
Kapital investiert! Schon heute beginnt die<br />
Kraftwagenindustrie in der Schweiz unterden<br />
einengenden Bestimmungen des Automobilgesetzes<br />
zu" "leiden, da* dieses das Maximal*-:-<br />
gewicht für Strassentransporte angibt -und"<br />
allzu niedrig festsetzt. Dadurch wird aber<br />
gerade unsere inländische LaStwagenindu-r<br />
strie betroffen, da diese sich als Qualitätsindustrie<br />
auf schwere Wagen spezialisieren<br />
musste, deren Verwendungsmöglichkeit durch<br />
das neue Gesetz stark beschnittetr worden ist.<br />
Soll nun auch diese Industrie geopfert'werden,<br />
nur damit eih- : unwahref Wert einige<br />
Jahre,länger in den Bilanzen der S.B.B, erscheinen<br />
kann? Wenn wir dauernd nicht<br />
mehr existierende Werte verzinsen und also<br />
auch hier über unsere Verhältnisse leben<br />
wollen,, so wird über kurz oder lang unsere<br />
Kraftreserve verbraucht sein, die wir gegen;*<br />
über dem im Weltkriege 'Verarmten Völker^<br />
noch besitzen.<br />
Dr. O. E. Imhof.<br />
AIirOMQBIL-REVUC <strong>1933</strong> - N» «0<br />
Schweizerische Rundschau<br />
Gründung<br />
der Rundstrecken-A.-G. in Bern<br />
Bekanntlich musste der im internationalen<br />
Sportkalender <strong>1933</strong> eingeschriebene Grosse<br />
Preis, der Schweiz abgesagt werden, weil<br />
keine Möglichkeit bestand, die hiefür vorgesehene<br />
Rundstrecke im Bremgartenwald so<br />
auszubauen, dass sie genügende Gewähr für<br />
eine einwandfreie Durchführung des Rennens<br />
geboten hätte. Strassen- und renntechnische<br />
Gutachten verlangten eine durchgehende Verbreiterung<br />
der Strasse auf 8 m, sowie den<br />
Ausbau verschiedener Kurven. Am guten Willen<br />
zur Abhaltung des Rennen hat es weder<br />
beiden Organisatoren, für welche die Sektion<br />
Bern des A. C. S. verantwortlich zeichnet,<br />
noch bei den städtischen und kantonalen Behörden<br />
gefehlt. Dagegen mangelte es an den<br />
notwendigen Finanzen, ohne die nun einmal<br />
die notwendigen Vorarbeiten für eine Veranstaltung<br />
von diesem Ausmass nicht mehr<br />
denkbar sind. Sorgfältige Berechnungen haben<br />
ergeben, dass ein Betrag von Fr. 624,000<br />
notwendig ist, wovon Fr. 464,000 allein auf<br />
den Ausbau der Strecke und Fr. 110,000 auf<br />
die baulichen Anlagen entfallen. Weitere Fr.<br />
50,000 wurden als notwendige Reserve in<br />
Rechnung gestellt. Da der Strassenbau im<br />
kommenden Winter als Notstandsarbeit<br />
durchgeführt werden soll, so kann, von Seiten<br />