E_1933_Zeitung_Nr.077
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NO 77<br />
II. Blatt<br />
BERN, 15. Sept. <strong>1933</strong><br />
7 7<br />
II. Blatt<br />
BERN, 15. Sept. <strong>1933</strong><br />
Tedin.<br />
inds«Ji<br />
Neue autotechnische<br />
Forschungsergebnisse.<br />
Vom 28. August bis zum 4. September<br />
tagte in Chicago ein internationaler automobiltechnischer<br />
Kongress, der von der amerikanischen<br />
Society of Automobil Engineers<br />
organisiert worden war. Zahlreiche Autoritäten<br />
des Automobilbaues sprachen sich dabei<br />
über ihre neuesten Erkenntnisse und<br />
Forschungsergebnisse aus, von denen nicht<br />
wenige von grossem Wert für die Weiterentwicklung<br />
der Automobiltechnik sein werden.<br />
Im folgenden sind vorläufig die wichtigsten<br />
Mitteilungen kurz wiedergegeben. Wir<br />
behalten uns vor, später nochmals auf die<br />
Materie zurückzukommen, wenn bis dahin<br />
noch ausführlichere Berichte Vorliegen sollten.<br />
Ausserordentlich interessante Mitteilungen<br />
wurden von verschiedenen Rednern zum<br />
Thema<br />
Oelverbrauch eines Automobilmotors<br />
gemacht. Insgesamt konnte man ihnen entnehmen,<br />
dass in Zukunft der Oelverbrauch<br />
viel grössere Beachtung erfahren wird als<br />
bis jetzt, und dass man sich mit leidlich zufriedenstellenden<br />
Resultaten nicht mehr zufrieden<br />
zu geben braucht. Bisher hielt man<br />
den Oelverbrauch fast ausschliesslich für<br />
ein© Kolben- und Kolbenringfrage. Die neuesten<br />
Forschungen haben aber gezeigt, dass<br />
der Oelverbrauch auch sehr stark mit der<br />
Bauform der Zylinder und des ganzen Motorblockes<br />
zusammenhängt. Bei gewissen Bauformen<br />
und Herstellungsarten der Zylinder<br />
werden diese durch die Erwärmung unrund,<br />
was dann einen dichten Abschluss der Kolbenringe<br />
verunmöglicht. Schon das \ufset-<br />
.en des Zylinderkopfes oder, bei Motoren<br />
mit separatem Kurbelgehäuse, das Aufsetzen<br />
des Zylinderblockes auf das Kurbelgehäuse,<br />
können die Rundheit der Zylinder kritisch<br />
verändern. Als Beispiel wurde angeführt,<br />
dass in einem Fall, in welchem der Zylinderkopf<br />
wie üblich auf den vorher rundgeschliffenen<br />
Zylinderblock aufgesetzt wurde,<br />
ein sechsmal grösserer Oelverbrauch zu verzeichnen<br />
war, als wenn die Zylinder nach<br />
I dem Aufsetzen des Kopies nochmals rundgeschliffen<br />
wurden.<br />
Sehr nachteilig auf den Ölverbrauch wirkt<br />
es sich meistens aus, wenn die Kühlwassermäntel<br />
nicht über die ganze Länge der von<br />
den Kolben bestrichenen Zylinderlänge hinabreichen.<br />
Durch die ungleichmässige Abkühlung<br />
entsteht dann in der Kolbenlaufbahn<br />
eine Unebenheit, die ein gutes, ununterbrochenes<br />
Anliegen der Kolbenringe verhindert.<br />
Um Deformationen der Kolbenlaufbahn und<br />
damit einen übermässigen Oelverbrauch zu<br />
vermeiden, wurden mit gutem Erfolg aussen<br />
an den Zylindern besondere Versteifungsrippen<br />
angewandt. Um zu verhindern, dass<br />
die Befestigungsstehbolzen des Zylinderkopfes<br />
die oberen Zylinderpartien deformieren<br />
können, wie es sonst fast immer der Fall zu<br />
sein scheint, wurde deren Anker zuunterst<br />
an den Zylindern festgelegt. Ein Zwölfzylindermotor,<br />
bei dem ausserdem auch noch<br />
durch die spezielle Disposition der Ventilkammern<br />
jede Deformation der oberen Zylinderpartien<br />
ausgeschlossen worden war,<br />
zeigte unter diesen Umständen einen Oelverbrauch<br />
von nur 0,13 Liter pro 100 km.<br />
Ein möglichst geringes Einbauspiel des<br />
Kolbens ist deshalb günstig für einen geringen<br />
Oelverbrauch, weil sich damit der Kolben<br />
im Zylinder nicht schief stellen kann,<br />
und nicht etwa, weil so der Kolben selbst<br />
besser abdichtet. Die Abdichtung kommt fast<br />
ausschliesslich durch die Kolbenringe zustande.<br />
Stellen sich aber die Kolbenringe mit<br />
dem Kolben schief, so verlieren sie einen<br />
grossen Teil ihrer Abdichtungsifähigkeit.<br />
Bei fast allen Motoren ist auch in Bezug<br />
auf den Oelverbrauch eine ganz bestimmte<br />
Oelabstreifring laufen Hess, als wenn der<br />
Oelabstreifring auf dem Kolben belassen<br />
kritische Tourenzahl zu konstatieren. So wurde. Welchen Widerstand das kalte Oel<br />
zeigt es sich z. B. dass ein Motor bis zu der Kolbenbewegung entgegensetzt, war daran<br />
zu erkennen, dass insgesamt nur noch<br />
einer Tourenzahl von 3000 massig, beim<br />
Ueberschreiten dieser Tourenzahl aber ganz 4, PS. gegenüber den oben erwähnten 7,9 PS<br />
unverhältnismässig viel Oel konsumiert. Es gemessen werden konnten, wenn die Kühlwassertemperatur<br />
statt 67 Grad 90 Grad be-<br />
ist anzunehmen, dass oberhalb dieser kritischen<br />
Tourenzahl die Kolbenringe nicht mehr trug.<br />
richtig mit den Zylinderwänden in Kontakt Ein anderer Redner sprach über die Einflüsse<br />
auf die<br />
bleiben.<br />
Bemerkenswert ist weiter, dass der Oelverbrauch<br />
bei fast allen Motoren während<br />
der ersten 8000—13,000 Kilometer abnimmt,<br />
um dann wieder langsam zuzunehmen. Die<br />
effektiven Verbrauchszahlen können dabei<br />
jedoch auch bei Motoren .gleicher Konstruktion<br />
und gleicher Verwendungsart anfänglich<br />
sehr verschieden sein. Bei 40,000 Fahrkilometern<br />
sind sie aber wieder fast gleich.<br />
Bekanntere Ursachen für einen übermässigen<br />
Oelverbrauch stellen unzureichend bemessene<br />
oder verstopfte Ablflussnuten oder<br />
-kanäle unterhalb des Oelabstreifringes, oder<br />
ausgelaufene Pleuel- und Kurbelwellenlager<br />
dar, die zuviel Oel an die Zylinderwände<br />
gelangen lassen.<br />
Bei Berücksichtigung aller bis heute bekannten<br />
Möglichkeiten zur Verringerung des<br />
Oelverbrauches können schon Motoren gebaut<br />
werden, die weniger als. 0,1 Liter Oel<br />
pro 100 km verbrauchen.<br />
Sehr interessante Aufschlüsse erbrachten<br />
zwei Vorträge über<br />
die inneren Reibungsverluste des Motors.<br />
Die wichtigsten der dabei vorgebrachten<br />
Punkte sind im nebenstehenden Diagramm<br />
zusammengefasst. Di© Versuche wurden mit<br />
einem Vierzylinder-« White »-Lastwagenmotor<br />
von 108 mm Bohrung und 146 mm Hub<br />
angestellt. Bei einer Kühlwassertemperatur<br />
von 16 Grad und einer Oeltemperatur von<br />
67 Grad C verursachten die hin- und hergehenden<br />
Teile 7,9 PS Verlust, d. h. 59,8 %<br />
der Verlustleistung, die zur Ueberwindung<br />
aller mechanischen Reibung im Motor aufgewandt<br />
werden musste. Einen sehr grossen<br />
Anteil haben an diesen Verlusten wieder die<br />
Kolbenringe. Interessant war anderseits die<br />
Beobachtung, dass die Verlustleistung grösser<br />
wurde, wenn man den Kolben ohne den<br />
Brennstoffverbrauchs-Wirtschaftlichkeit des<br />
• Motors.<br />
Die im Brennstoff enthaltene Energie verteilt<br />
sich, bildlich gesprochen,, in vier Kanäle:-<br />
In den « Verschwendungsanteil». in Motorreibung,<br />
Chassisreibung und Luftwiderstand.<br />
Zum «Verschwendungsanteil» wurde die<br />
Brennstoffmenge gerechnet, die beim Warmlaufen<br />
des Motors verloren geht, weiter diejenige,<br />
die durch die überreichliche, aber im<br />
Interesse einer leichten Wagenbedienung<br />
erwünschte Vergasereinstellung zustande<br />
kommt; dann das Brennstoffquantum, das<br />
durch die Beschleunigungspumpe am Verga-<br />
HP<br />
O 200<br />
1600 1109 Vmi«.<br />
Der Anteil an Reibungsarbeit der verschiedenen<br />
Motororgane, a = Kurbelwelle, Nockenwelle und<br />
Steuerräder; b = Nebenantriebe; c = Pleuelstange<br />
und Kolbenbolzen; d = Oelabstreifring und Kolben;<br />
e = mittlerer Kolbenring; { = oberer Kolbenring;<br />
g = Ventilmechanismus; h = seitliche<br />
Kolbemeibung während Kompression; i — Pumpwirkung<br />
der Kolben. Am rechten Rand durch<br />
einen Pfeil markiert die Reibungsarbeit des Kolbens<br />
ohne Ringe.<br />
ser abgegeben wird, und schliesslich aller<br />
Brennstoff, der infolge von Undichtigkeiten<br />
im Motor oder bei Fehlzündungen verloren<br />
geht.<br />
Bei einer Fahrgeschwindigkeit von 65 km/<br />
St. werden 50 % der indizierten Motorleistung<br />
zur Ueberwindung der inneren Motorreibung<br />
verbraucht. Die Chassisreibung<br />
nimmt ca. 21 % von der indizierten Motorleistung<br />
weg. 30 % der indizierten Motorleistung<br />
werden bei einer Fahrgeschwindigkeit<br />
von 65 km/St, durch den Luftwiderstand absorbiert,<br />
bei einer Fahrgeschwindigkeit von<br />
112 km/St, sind es sogar 50%.<br />
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